Digha Nikaya

1. Der Teil über Moral

2. Der Große Teil

3. Der Teil des Patika

Vorwort

Digha Nikāya - Die Längere Sammlung  

16. Mahāparinibbāna Sutta, Teil 2


16.2.1 Beim Dorfe Koti, die vier Heiligen Wahrheiten

Da hat denn der Erhabene sich an den ehrwürdigen Ānando gewandt:

«Laß' uns, Ānando, nach dem Dorfe Koti aufbrechen, dahin wollen wir gehn.»

«Wohl, o Herr», sagte da aufmerksam der ehrwürdige Ānando zum Erhabenen. Da ist nun der Erhabene, von einer zahlreichen Jüngerschaft begleitet, nach dem Dorfe Koti hingezogen. Bei dem Dorfe Koti hat dann der Erhabene Rast gehalten. Dort nun wandte sich der Erhabene an die Mönche:

«Weil da, ihr Mönche, die vier heiligen Wahrheiten nicht verstanden, nicht durchdrungen waren, ist eben diese lange Laufbahn umwandelt worden, umkreist worden, von mir sowie von euch: und welche vier? 

  1. Weil das Leiden, ihr Mönche, als heilige Wahrheit nicht verstanden, nicht durchdrungen war, ist eben diese lange Laufbahn umwandelt worden, umkreist worden, von mir sowie von euch; 
  2. weil die Leidensentwicklung, ihr Mönche, als heilige Wahrheit nicht verstanden, nicht durchdrungen war, ist eben diese lange Laufbahn umwandelt worden, umkreist worden, von mir sowie von euch; 
  3. weil die Leidensauflösung, ihr Mönche, als heilige Wahrheit nicht verstanden, nicht durchdrungen war, ist eben diese lange Laufbahn umwandelt worden, umkreist worden, von mir sowie von euch; 
  4. weil der zur Leidensauflösung führende Pfad, ihr Mönche, als heilige Wahrheit nicht verstanden, nicht durchdrungen war, ist eben diese lange Laufbahn umwandelt worden, umkreist worden, von mir sowie von euch. 

Da ist jetzt, ihr Mönche, das Leiden als heilige Wahrheit verstanden, durchdrungen, die Leidensentwicklung als heilige Wahrheit verstanden, durchdrungen, die Leidensauflösung als heilige Wahrheit verstanden, durchdrungen, der zur Leidensauflösung führende Pfad als heilige Wahrheit verstanden, durchdrungen, abgeschnitten der Daseinsdurst, versiegt die Daseinsader, und nicht mehr gibt es Wiedersein.»

Also sprach der Erhabene. Als der Willkommene das gesagt hatte, sprach fernerhin also der Meister: 

«Vier Dinge sind es, heilig wahr: 
Und sieht man die nicht wirklich ein, 
Die lange Laufbahn kreist man um, 
Geburten um Geburten hin. 
 
«Jetzt also sind sie recht erkannt: 
Die Daseinsader ist versiegt, 
Des Leidens Wurzel abgesägt, 
Und nicht mehr gibt es Wiedersein[386].» 

Da hat denn noch der Erhabene, bei dem Dorfe Koti verweilend, also auch weiterhin den Mönchen lehrreiche Rede gehalten:

«Das ist Tugend, das ist Vertiefung, das ist Weisheit; in Tugend ausgediehene Vertiefung verleiht hohen Lohn, hohe Förderung, in Vertiefung ausgediehene Weisheit verleiht hohen Lohn, hohe Förderung, in Weisheit ausgediehenes Herz wird eben von allem Wahne frei, und zwar vom Wunscheswahn, vom Daseinswahn, vom Nichtwissenswahn.»


16.2.2 Bei Nādikā, der Spiegel der Lehre

Nachdem nun der Erhabene bei dem Dorfe Koti nach Belieben geweilt hatte, wandte sich der Erhabene an den ehrwürdigen Ānando:

«Laß' uns, Ānando, nach Nādikā aufbrechen, dahin wollen wir gehn.»

«Wohl, o Herr», sagte da aufmerksam der ehrwürdige Ānando zum Erhabenen. Da ist nun der Erhabene, von einer zahlreichen Jüngerschaft begleitet, nach Nādikā hingezogen. Auch bei Nādikā hat dann der Erhabene Rast gehalten, in der Steinernen Einsiedelei[387]. Da ist nun der ehrwürdige Ānando zum Erhabenen hingekommen, hat den Erhabenen ehrerbietig begrüßt und sich beiseite hingesetzt. Beiseite sitzend sprach dann der ehrwürdige Ānando zum Erhabenen also:

 

Über fünfzig, Ānando, der Anhänger, in Nādikā gestorben, waren nach Vernichtung der fünf nieder zerrenden Fesseln emporgestiegen um von dort aus zu erlöschen, nicht mehr zurückzukehren nach jener Welt.

Mehr als neunzig, Ānando, der Anhänger, in Nādikā gestorben, waren nach Vernichtung der drei Fesseln, von Gier, Haß und Irre erleichtert, fast schon geläutert, nur einmal werden sie wiederkehren, nur einmal noch zu dieser Welt gekommen dem Leiden ein Ende machen.

Etliche fünfhundert, Ānando, der Anhänger, in Nādikā gestorben, waren nach Vernichtung der drei Fesseln zur Hörerschaft gelangt, dem Verderben entronnen können sie zielbewußt der vollen Erwachung entgegeneilen.

 

«Nichts Besonderes ist es ja, Ānando, daß ein Menschenwesen zu sterben komme. Wenn ihr da bei jedem und jedem Verstorbenen an den Vollendeten herantreten und um eine Auskunft bitten wolltet, wäre das wohl eine Plage, Ānando, für den Vollendeten. Darum will ich, Ānando, den 'Spiegel der Lehre', wie hier die Darstellung heißen soll, aufweisen, mit dem versehn der heilige Jünger, wenn ihn danach verlangt, eben selber sich aufklären kann: "Versiegt hab' ich die Hölle, versiegt den Schoß der Tierheit, versiegt das Gespensterreich, versiegt den Abweg, die üble Fährte, das Verderben: Hörer der Botschaft bin ich geworden, dem Verderben entronnen, eile zielbewußt der vollen Erwachung entgegen."

Was ist das aber, Ānando, für eine Darstellung als Spiegel der Lehre, mit dem versehn der heilige Jünger, wenn ihn danach verlangt, eben selber sich also aufklären kann?

Da ist, Ānando, der heilige Jünger beim Erwachten mit begründeter Zuversicht ausgerüstet, so zwar:

Er hat Eigenschaften erworben, wie sie Heiligen lieb sind, ungebrochen, unverletzt, ungemustert, ungesprenkelt, aus freiem Entschlusse, als von Verständigen gepriesen, nicht angetastet, zur Vertiefung tauglich.

Das ist da nun, Ānando, der dargestellte Spiegel der Lehre, mit dem versehn der heilige Jünger, wenn ihn danach verlangt, eben selber sich aufklären kann: "Versiegt hab' ich die Hölle, versiegt den Schoß der Tierheit, versiegt das Gespensterreich, versiegt den Abweg, die üble Fährte, das Verderben: Hörer der Botschaft bin ich geworden, dem Verderben entronnen, eile zielbewußt der vollen Erwachung entgegen."»

 

Da hat denn noch der Erhabene, bei Nādikā verweilend, also auch weiterhin den Mönchen lehrreiche Rede gehalten.

 

«Das eben ist Tugend, das eben ist Vertiefung, das eben ist Weisheit; in Tugend ausgediehene Vertiefung verleiht hohen Lohn, hohe Förderung, in Vertiefung ausgediehene Weisheit verleiht hohen Lohn, hohe Förderung, in Weisheit ausgediehenes Herz wird eben von allem Wahne frei, und zwar vom Wunscheswahn, vom Daseinswahn, vom Nichtwissenswahn.»


16.2.3 Bei Vesālī, über die Achtsamkeit 

 

Nachdem nun der Erhabene bei Nādikā nach Belieben geweilt hatte, wandte sich der Erhabene an den ehrwürdigen Ānando:

«Laß' uns, Ānando, nach Vesālī aufbrechen, dahin wollen wir gehn.»

«Wohl, o Herr», sagte da aufmerksam der ehrwürdige Ānando zum Erhabenen. Da ist nun der Erhabene, von einer zahlreichen Jüngerschaft begleitet, nach Vesālī hingezogen. Bei Vesālī hat dann der Erhabene Rast gehalten, im Haine der Ambapālī. Dort nun wandte sich der Erhabene an die Mönche:

«Klar, ihr Mönche, soll der Mönch verweilen, wohlbewußt: das haltet als unser Gebot. Wie aber, ihr Mönche, bleibt der Mönch klar?

 

Also, ihr Mönche, bleibt der Mönch klar. Wie aber, ihr Mönche, bleibt der Mönch wohlbewußt? Da bleibt, ihr Mönche, der Mönch

Also, ihr Mönche, bleibt der Mönch wohlbewußt. Klar, ihr Mönche, soll der Mönch verweilen, wohlbewußt: das haltet als unser Gebot.»


16.2.4 Bei der Tänzerin Ambapālī - Ambapālīgaṇikā

Es vernahm aber Ambapālī die Tänzerin[391]: "Der Erhabene, heißt es, ist in Vesālī angekommen, hält bei Vesālī Rast, im Mangohaine bei mir!" Da ließ nun Ambapālī die Tänzerin prächtige Wagen bespannen, bestieg selbst einen solchen und fuhr, gefolgt von manchen anderen, von Vesālī hinaus, nach ihrem Garten, da fuhr sie hin. so weit gekommen als man fahren konnte, stieg sie vom Wagen ab und schritt dann zu Fuße dorthin, wo der Erhabene weilte. Dort angelangt begrüßte sie den Erhabenen ehrerbietig und setzte sich beiseite nieder. Ambapālī die Tänzerin, die da beiseite saß, wurde nun vom Erhabenen in lehrreichem Gespräche ermuntert, ermutigt, erregt und erheitert. Als dann Ambapālī die Tänzerin vom Erhabenen in lehrreichem Gespräche ermuntert, ermutigt, erregt und erheitert war, sprach sie zum Erhabenen also:

«Gewähre mir, o Herr, der Erhabene die Bitte, morgen mit der Jüngerschaft bei mir zu speisen!»

Schweigend gewährte der Erhabene die Bitte.

Nachdem nun Ambapālī die Tänzerin der Zustimmung des Erhabenen gewiß war, stand sie vom Sitze auf, begrüßte den Erhabenen ehrerbietig, ging rechts herum und entfernte sich.

Es hörten aber die licchavischen Fürsten[392] von Vesālī reden: "Der Erhabene, sagt man, ist in Vesālī angekommen, hält in Vesālī Rast, im Haine der Ambapālī." Da ließen denn jene Licchavier prächtige Wagen bespannen, bestiegen selber solche und fuhren mit großem Gepränge aus der Stadt weg. Einige Licchavier hatten da Blau gewählt, blaue Farben, blaue Gewänder, blaue Geschmeide, andere Licchavier hatten Gelb gewählt, gelbe Farben, gelbe Gewänder, gelbe Geschmeide, andere Licchavier wieder hatten Rot gewählt, rote Farben, rote Gewänder, rote Geschmeide, und wieder andere Licchavier hatten Weiß gewählt, weiße Farben, weiße Gewänder, weiße Geschmeide.

Da kam denn Ambapālī die Tänzerin den jungen jugendlichen Licchaviern Achse bei Achse, Rad bei Rad, Roß bei Roß[393] auf der Rückfahrt entgegen. Da haben nun jene Licchavier Ambapālī der Tänzerin zugerufen:

«Warum, he Ambapālī, kommst du uns jungen jugendlichen Licchaviern Achse bei Achse, Rad bei Rad, Roß bei Roß entgegengefahren?»

«Weil ich ja eben, gnädige Herren, den Erhabenen eingeladen habe, für morgen zum Mahle, mit der Jüngerschaft.»

«Laß' uns, he Ambapālī, dieses Gastmahl über, um hunderttausend!»

«Und wenn ihr, gnädige Herren, mir gleich Vesālī mit seinen Einnahmen zum Geschenke gäbt, so würd' ich ein so gewichtiges Gastmahl doch nicht hergeben[394].»

Da haben denn jene Licchavier mit den Fingern geschnalzt: «Geschlagen hat uns, ei seht nur, die Mangodame, übertrumpft hat uns, ei seht nur, die Mangodame!»

So fuhren denn nun jene Licchavier weiter, nach dem Haine der Ambapālī hin. Es sah aber der Erhabene die Licchavier, wie sie von ferne heranzogen, und wandte sich bei diesem Anblick an die Mönche:

«Wer von den Mönchen, ihr Mönche, die Dreiunddreißig Götter noch nicht gesehn hat, der mag, ihr Mönche, die versammelten Licchavier ansehn, der mag, ihr Mönche, die versammelten Licchavier betrachten, der mag, ihr Mönche, die versammelten Licchavier den versammelten Dreiunddreißig als ähnlich vergleichen[395].»

Als nun jene Licchavier so weit gefahren waren als man fahren konnte, stiegen sie von den Wagen ab und begaben sich dann zu Fuße dorthin, wo der Erhabene weilte. Dort angelangt begrüßten sie den Erhabenen ehrerbietig und setzten sich beiseite nieder. Jene Licchavier, die da beiseite saßen, wurden nun vom Erhabenen in lehrreichem Gespräche ermuntert, ermutigt, erregt und erheitert. Als dann jene Licchavier vom Erhabenen in lehrreichem Gespräche ermuntert, ermutigt, erregt und erheitert waren, sprachen sie zum Erhabenen also:

«Gewähre uns, o Herr, der Erhabene die Bitte, morgen mit der Jüngerschaft bei uns zu speisen!»

«Gewährt hab' ich, Licchavier, für morgen Ambapālī der Tänzerin die Mahlzeit.»

Da haben denn jene Licchavier mit den Fingern geschnalzt: «Geschlagen hat uns, ei seht nur, die Mangodame, übertrumpft hat uns, ei seht nur, die Mangodame!»

Alsbald nun sind jene Licchavier, durch des Erhabenen Rede erfreut und befriedigt, von den Sitzen aufgestanden, haben den Erhabenen ehrerbietig begrüßt, sind rechts herumgegangen und von dannen gezogen.

Ambapālī aber die Tänzerin ließ am nächsten Morgen in ihrem Garten ausgewählte feste und flüssige Speise auftragen und sandte alsbald einen Boten an den Erhabenen mit der Meldung: "Es ist Zeit, o Herr, das Mahl ist bereit." So begann denn der Erhabene sich beizeiten zu rüsten, nahm Mantel und Almosenschale und begab sich, von der Jüngerschaft begleitet, nach dem Empfangsorte bei Ambapālī der Tänzerin hin. Dort angelangt nahm der Erhabene auf dem angebotenen Sitze Platz. Ambapālī aber die Tänzerin bediente und versorgte eigenhändig den Erwachten voran und die Jüngerschaft mit ausgewählter fester und flüssiger Speise.

Nachdem nun der Erhabene gespeist und das Mahl beendet hatte, nahm Ambapālī die Tänzerin einen von den niederen Stühlen zur Hand und setzte sich zur Seite hin. Zur Seite sitzend sprach dann Ambapālī die Tänzerin zum Erhabenen also:

«Diesen Garten, o Herr, gebe ich dem Erwachten voran und der Jüngerschaft.»

Es nahm der Erhabene den Garten an.

Dann hat noch der Erhabene Ambapālī die Tänzerin in lehrreichem Gespräche ermuntert, ermutigt, erregt und erheitert, ist sodann aufgestanden und von dannen geschritten[396].

 

Auch bei Vesālī hat der Erhabene, im Hain der Ambapālī verweilend, also noch weiterhin den Mönchen lehrreiche Rede gehalten:

«Das ist Tugend, das ist Vertiefung, das ist Weisheit; in Tugend ausgediehene Vertiefung verleiht hohen Lohn, hohe Förderung, in Vertiefung ausgediehene Weisheit verleiht hohen Lohn, hohe Förderung, in Weisheit ausgediehenes Herz wird eben von allem Wahne frei, und zwar vom Wunscheswahn, vom Daseinswahn, vom Nichtwissenswahn.»


16.2.5 Beim Bilva-Weiler, Buddhas Ausspruch: seid euch selber Zuflucht

Nachdem nun der Erhabene im Hain der Ambapālī nach Belieben geweilt hatte, wandte sich der Erhabene an den ehrwürdigen Ānando:

«Laß' uns, Ānando, nach dem Bilva-Weiler[397] aufbrechen, dahin wollen wir gehn.»

«Wohl, o Herr», sagte da aufmerksam der ehrwürdige Ānando zum Erhabenen. Da ist nun der Erhabene, von einer zahlreichen Jüngerschaft begleitet, nach dem Bilva-Weiler hingezogen. Bei dem Bilva-Weiler hat dann der Erhabene Rast gehalten. Dort nun wandte sich der Erhabene an die Mönche:

«Geht hin, ihr Mönche, in die Gegend um Vesālī, und sucht womöglich freundliche, womöglich gern gesehene, womöglich gefällige Orte für die Regenzeit auf[398]; ich aber mag eben hier am Bilva-Weiler die Regenzeit verbringen.»

«Wohl, o Herr», sagten da gehorsam jene Mönche zum Erhabenen. Und in der Gegend um Vesālī suchten sie womöglich freundliche, womöglich gern gesehene, womöglich gefällige Orte für die Regenzeit auf. Der Erhabene aber mochte eben dort am Bilva-Weiler die Regenzeit verbringen.

Da hat nun den Erhabenen während der Regenzeit eine heftige Krankheit befallen, starke Schmerzen stellten sich ein, lebensgefährliche. Die hat denn der Erhabene klar und wohlbewußt erduldet, ohne sich verstören zu lassen.

Da sagte sich nun der Erhabene: "Das kommt mir nicht zu, daß ich, ohne die Nahestehenden[399]*) verständigt, ohne die Jüngerschaft bedeutet zu haben, zur Erlöschung einginge; wie, wenn ich nun diese Krankheit durch Kraft von mir abwendete und auf den Lebensgedanken gestützt verbliebe?" Alsbald hat nun der Erhabene diese Krankheit durch Kraft von sich abgewendet und ist auf den Lebensgedanken gestützt verblieben. Da hat denn beim Erhabenen diese Krankheit sich beschwichtigt[400].


* Upatthākā, die jeweilig Nahestehenden oder Aufwärter, wie etwa Ānando, Nāgito, Nāgasamālo, Upavāno u.a.m., siehe: D.6 Anfang, D.29 Ende, M.12 Ende


Als nun die Beschwer gewichen war, bald nach dem Aufhören der Beschwerden, kam der Erhabene aus der Klause hervor und nahm an der Schattenseite der Wand auf dem bereitstehenden Sitze Platz.

Da ist denn der ehrwürdige Ānando zum Erhabenen herangekommen, hat den Erhabenen ehrerbietig begrüßt und beiseite sich niedergesetzt. Beiseite sitzend sprach nun der ehrwürdige Ānando zum Erhabenen also:

«Zum Glücke, o Herr, geht es dem Erhabenen wohl, ein Glück ist's, o Herr, daß es dem Erhabenen leidlich geht! - Freilich war mir, o Herr, der Körper wie süßen Mostes trunken geworden, und ich wußte nicht links und nicht rechts und konnte an nichts mehr denken, bei den Beschwerden des Erhabenen; aber ich hatte, o Herr, eben doch noch eine gewisse Zuversicht: "Nicht eher wird der Erhabene zur Erlöschung eingehn, nicht bevor der Erhabene in Betreff der Jüngerschaft noch etwas anordnet."»

«Was hat denn, Ānando, die Jüngerschaft noch von mir zu erwarten?

Aufgewiesen hab' ich, Ānando, die Satzung, und habe kein Innen und kein Außen gemacht: nicht gibt es, Ānando, beim Vollendeten ein Aufsparen in der hohlen Faust[401] (ein vedischer Meister pflegt erst vor dem Ende dem Hauptjünger das Beste zu sagen, eine Regel, die noch gegenwärtig von brahmanischen Gurus als strenges Geheimnis eingehalten wird).

Wer da etwa, Ānando, also dächte: "Ich habe die Jüngerschaft zu lenken", oder: "Auf mich angewiesen ist die Jüngerschaft", der hätte ja wohl, Ānando, in betreff der Jüngerschaft noch etwas anzuordnen. Der Vollendete hat, Ānando, keine solchen Gedanken, wie: "Ich habe die Jüngerschaft zu lenken", oder: "Auf mich angewiesen ist die Jüngerschaft"; was sollte, Ānando, der Vollendete in betreff der Jüngerschaft irgend noch anzuordnen haben? Ich bin doch, Ānando, jetzt alt geworden, ein Greis, hochbetagt, bin meinen Weg gegangen, am Ziel angelangt, stehe im achtzigsten Jahre. Gleichwie etwa, Ānando, ein abgeratterter Karren mit Ach und Krach weitergebracht wird, ebenso auch wird, Ānando, mit Ach und Krach, so zu sagen, der Leib des Vollendeten weitergebracht[402]. -

Zu einer Zeit, Ānando, wo der Vollendete keinerlei Vorstellungen Raum gegeben und einzelne Empfindungen aufgelöst hat, und also im Bereich einer geistigen Vertiefung ohne Vorstellen verweilt: Wohlsein, Ānando, mag zu einer solchen Zeit der Leib des Vollendeten erwirken.

 

«Darum aber, Ānando,

Wie aber, Ānando, wahrt der Mönch sich selber als Leuchte, selber als Zuflucht, ohne andere Zuflucht, die Lehre als Leuchte, die Lehre als Zuflucht, ohne andere Zuflucht?

Also, Ānando, wahrt der Mönch sich selber als Leuchte, selber als Zuflucht, ohne andere Zuflucht, die Lehre als Leuchte, die Lehre als Zuflucht, ohne andere Zuflucht.

«Die also da, Ānando, jetzt eben oder nach meinem Verscheiden, sich selber als Leuchte, selber als Zuflucht, ohne andere Zuflucht, die Lehre als Leuchte, die Lehre als Zuflucht, ohne andere Zuflucht, zu wahren verstehen: in solchem Anbetracht nur werden diese, Ānando, Mönche sein, die da eifrige Übung lieben[403].»

ENDE DES ZWEITEN BERICHTES

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