Der Weg zur Erlösung

Buddhistische Handbibliothek 8

In den Worten der buddhistischen Urschriften
Ausgewählt, übersetzt und erläutert von Nyanatiloka
 
Einleitender Teil: DIE VIER EDLEN WAHRHEITEN
Zur ersten Wahrheit:
Die drei Himmelsboten
Das unbeugsame Gesetz der Natur
Der Samsāra oder die Daseinsrunde
Der Tränenstrom
Der Blutstrom
Der Knochenberg
Dauer einer Weltperiode
Die Allverwandtschaft
Die drei Daseinsmerkmale
Die Unwirklichkeit des Ich
Allvergänglichkeit
Das Merkmal des Nicht-Ich
Zur zweiten Wahrheit
Entstehung des Begehrens und Leidens
Begehren als Quelle diesseitigen und jenseitigen Leidens
Karma und Karmawirkung
Wiedergeburt je nach dem Wirken
Unterschiedlichkeit des Schicksals
Karmisches Ergebnis der Sittenlosigkeit
Die drei Entstehungsgründe der Taten
Bei Begehren keine Rettung
Erlöschung des Karma
Zur dritten Wahrheit
Bedingte Erlöschung des Leidens
Nirvana
Das sichtbare Nirvana
Unerschütterlich
Der Ehrwürdige
Die zwei Aspekte des Nirvanas
Das Ungeschaffene
Der Gestillte
Was wird aus dem Erlösten nach dem Tode? (I)
Was wird aus dem Erlösten nach dem Tode? (II)
Zur vierten Wahrheit
Die zwei Extreme und der Mittelweg
Rechte Erkenntnis
Rechte Gesinnung, rechte Rede, rechtes Tun
Vermeidung niedriger Gespräche
Rechte Anstrengung
Rechte Sammlung
Dreiteilung des Pfades (Sittlichkeit. Sammlung, Wissen)
Dreifache Schulung
Die Mittel zur Triebversiegung
Der Pfad und seine Dreiteilung
Die sieben Stufen der Reinheit
Das Ziel des heiligen Wandels
 
Erster Hauptteil - SITTLICHKEIT
Die fünf Sittenregeln
Die acht Sittenregeln
Segen der Sittlichkeit
Der sittlich vollkommene Mönch
Erste Reinheitsstufe: Reinheit der Sittlichkeit
Vierfache Sittenreinheit
Die asketischen Läuterungsübungen
 
Zweiter Hauptteil - SAMMLUNG
Zweite Reinheitsstufe: Reinheit des Geistes
Die zehn Kasinas
Die Schauung des Lichts
Die Ekel- oder Leichenbetrachtungen
Die zehn Betrachtungen
1. Die Betrachtung über den Erleuchteten (buddhānussati)
2. Die Betrachtung über die Lehre (dhammānussati)
3. Die Betrachtung über die Jüngerschaft (sanghānussati)
4. Die Betrachtung über die Sittlichkeit (sílānussati)
5. Die Betrachtung über die Freigebigkeit (cāgānussati)
6. Die Betrachtung über die Himmelswesen (devatānussati)
7. Die Betrachtung über den Tod (maranānussati)
8. Die Körperbetrachtung
9. Die Betrachtung über Ein- und Ausatmung (ānāpānasati)
Erläuterungen zu den vier Übungsgruppen
10. Die Betrachtung über den Frieden (upasamānussati)
Die vier göttlichen Verweilungszustände
1. Die Entfaltung der Allgüte (mettā-bhāvanā)
2. Die Entfaltung des Mitleids (karuna-bhāvanā)
3. Die Entfaltung der Mitfreude (muditā-bhāvanā)
4. Die Entfaltung des Gleichmuts (upekkhā-bhāvanā)
Die vier unkörperlichen Gebiete
1. Raumunendlichkeitsgebiet (ākāsānañcāyatana)
2. Bewußtseinsunendlichkeitsgebiet (viññānañcāyatana)
3. Nichtsheitsgebiet (ākiñcaññāyatana)
4. Weder-Wahrnehmung-noch-Nichtwahrnehmungsgebiet (neva-saññā-nāsaññāyatana)
Vorstellung von der Widerlichkeit der Nahrung
Analyse der vier Elemente
Die Sutte von den vier Grundlagen der Achtsamkeit
Die acht Befreiungen (vimokkha)
Zehn Betrachtungen (Girimānanda-Sutta)
Überwindung und Erweckung
Die sechs hohen Geisteskräfte (abhiññā)
 
Dritter Hauptteil - WISSEN
Die fünf Daseinsgruppen
Bedingte Entstehung der fünf Gruppen
Das Untrennbar-Verbundensein der geistigen Dinge
Die zwölf Grundlagen
Die achtzehn Elemente
Die zweiundzwanzig Fähigkeiten
Die sechs Sinnenorgane
Geschlecht und Lebensfähigkeit
Die fünf Gefühle
Die fünf ethischen Fähigkeiten
Die drei überweltlichen Fähigkeiten
Die vier edlen Wahrheiten
Erste Wahrheit
Zweite und dritte Wahrheit
Vierte Wahrheit: Der weltliche und der überweltliche Pfad
Die Durchdringung der vier Wahrheiten
Die Morgenröte der Erkenntnis
Die bedingte Entstehung
Dritte Reinheitsstufe: Reinheit der Erkenntnis
Die drei Merkmale des Daseins
Das Dünken
Leerheit
Vollkommene Entfaltung des Pfades
Vierte Reinheitsstufe: Die Reinheit der Zweifelentrinnung
Karma und Wiedergeburt
Fünfte Reinheitsstufe: Reinheit des Erkenntnisblickes mit Hinsicht auf Pfad und Nichtpfad
Sechste Reinheitsstufe: Reinheit des fortschreitenden Erkenntnisblickes
1. Betrachtung des Entstehens und Hinschwindens
2. Betrachtung der Auflösung
3. Sichgewärtighalten des Schreckens
4. Betrachtung des Elends
5. Betrachtung der Abwendung
6. Erlösungswunsch
7. Nachdenkende Betrachtung
8. Gleichmut hinsichtlich der Daseinsgebilde
Die drei Aspekte der Erlösung
Die sieben edlen Menschen
Die vier Arten des Fortschritts
Anpassungserkenntnis
Die siebenunddreißig zur Erleuchtung gehörenden Dinge (bodhipakkhiya-dhamma)
Siebente Reinheitsstufe: Reinheit des Erkenntnisblicks
Die zehn Daseinsfesseln und die vier Pfade
Die vier edlen Jünger
Die gleichzeitige Erkenntnis der vier Wahrheiten
Der Erlöschungszustand

 
Das Leiden und auch die Erlöschung
des Leidens lehre ich euch, ihr Mönche,
heute und zuvor.

Samyutta-Nikāya 44.2


Abkürzungen:

A.:  Aṅguttara-Nikāya, übers. v. Nyanatiloka
Abh.: Abhidhamma
Abh.S.: Abhidhammattha-Sangaha
Boehtl.: Otto Boehtlingk, Sanskrit-Wörterbuch
D.: Dīgha-Nikāya
Dhp.: Dhammapada
Dhs.: Dhammasanganí
Führ.:  s.»Guide«
Guide: Nyanatiloka, Guide through the Abhidhamma-Pitaka (Kandy 1971)
It.: Itivuttaka
Kath.: Kathāvatthu
Khp.: Khuddaka-Pātha
Kom.: Kommentar
M.: Majjhima-Nikāya
Mil.: Milinda-Pañhā, übers. v. Nyanatiloka
MNid.: Mahā-Niddesa
Patth.: Patthāna
Pts.: Patisambhidā-Magga
PTS.: Pāli Text Society, London
Pug.: Puggala-Paññatti, übers. v. Nyanatiloka
Skr.: Sanskrit
S.:  Samyutta-Nikāya
Snp.: Sutta-Nipāta
Tab.: Tabelle am Schluß des Buches
Thg.: Theragāthā
Thig.: Therígāthā
Ud.: Udāna
Vibh.: Vibhanga
Vis.: Visuddhi-Magga, übers. v. Nyanatiloka.
3. Aufl., Konstanz 1975, Verlag Christiani
W.d.B.:  Wort des Buddha, Nyanatiloka.
3. Aufl., Konstanz 1953, Verlag Christiani
Yam.:  Yamaka

VORWORT

 

Das vorliegende Werk bietet dem Leser eine systematisch geordnete Übersicht über die gesamte Lehre des Buddha und zwar in den Worten der ältesten buddhistischen Urkunden, des Sutta-Pitaka (,Sammlung der Lehrreden’), aus dem Pali-Kanon. Einen kürzeren, ebenfalls streng systematisch geordneten Auszug aus dem Sutta-Pitaka habe ich bereits 1906 veröffentlicht, nämlich das „Wort des Buddha", das seitdem in einer Reihe fremder Sprachen erschienen ist, wie Pali, Englisch, Französisch, Spanisch, Tschechisch, Finnisch, Japanisch, Hindi und Bengali. Im Jahre 1911 erschien dann Seidenstückers mehr oder weniger systematische Anthologie „Pali-Buddhismus", die jedoch neben den Suttentexten auch Texte aus dem Vinaya-Pitaka bringt und nicht nur die Lehre sondern auch die Person des Buddha und seinen Orden behandelt, wohingegen das gegenwärtige Werk ausschließlich der Lehre gewidmet ist.

Im „Wort des Buddha" wurde die Lehre unter dem Gesichtspunkt der vier Edlen Wahrheiten dargestellt, und eine Übersicht über diese bildet auch hier den einleitenden Teil, um für das Verständnis des Folgenden eine Grundlage zu geben. Der Hauptteil des vorliegenden Werkes ist jedoch angeordnet nach den drei Stadien des die vierte Wahrheit bildenden achtfachen Pfades, d. i. Sittlichkeit, Sammlung und Wissen (síla, samādhi, paññā). Diese drei Stadien nämlich gelten als die natürliche Stufenfolge in der Entwicklung des Pfades und der Verwirklichung des vom Buddha gewiesenen Zieles. Gleichzeitig aber durchziehen das ganze Werk wie ein roter Faden die sogenannten sieben Stufen der Reinheit (s. Majjhima-Nikāya 24), durch die die dreifache Schulung in hoher Sittlichkeit, Geisteszucht und Wissen allmählich zur höchsten Vollendung gelangt. Damit folgt die Darstellung in ihrer inneren Anordnung genau dem im Visuddhi-Magga vorgezeichneten Plane und läßt klar erkennen, daß die darin enthaltenen Erklärungen der sieben Reinheitsstufen sich auf das Sutta-Pitaka gründen.

Die äußere Anordnung aber ist die gleiche, wie ich sie schon angewandt habe im „Wort des Buddha", in Puggala-Paññatti und Abhidhammattha-Sangaha, worin ich jedesmal nach einem in Frage kommenden Textabschnitt die dazugehörigen Erläuterungen und Erklärungen in Kleindruck eingefügt habe. Die dabei angeführten Zitate und Hinweise stammen meist aus meinen eigenen Werken und Übersetzungen, vorzugsweise aus dem Visuddhi-Magga, zum Teil aber auch aus Patisambhidā-Magga, Vibhanga und anderen Werken; bisweilen sind es im Visuddhi-Magga erwähnte Aussagen ,alter Meister’, d. h. offenbar früherer Kommentatoren.

Aus Gründen der Anordnung ließ es sich mitunter nicht vermeiden, Lehren wie Karma, Paticcasamuppāda und die vier Wahrheiten wiederholt zu behandeln. Ich habe daher in Anpassung an die Entwicklung des Pfades solche Lehren zuerst nur in Umrissen und in mehr oder weniger konventioneller Alltagssprache dargelegt, in den späteren Kapiteln aber, in Verbindung mit dem dabei jedesmal behandelten höheren Erkenntnisstadium, in der rein philosophischen und wirklichkeitsgemäßen Ausdrucksform des Abhidhamma.

Obgleich das Abhidhamma-Pitaka eine Weiterentwicklung der Lehre darstellt, gelegentlich sich auch in Nebensächlichkeiten und Schematisierungen verliert, widerspricht es doch in keinem Punkte den im Sutta-Pitaka niedergelegten Lehren. Für diejenigen also, die die Pali-Sprache beherrschen und die ungeheure Menge der kanonischen Werke des Sutta- und Abhidhamma-Pitaka sowie den Visuddhi-Magga wirklich gründlich durchgearbeitet haben, kann es hinsichtlich der buddhistischen Lehren keine Unklarheiten mehr geben. Somit bestehen auch unter den buddhistischen Gelehrten der südasiatischen Länder keine Meinungsverschiedenheiten hinsichtlich der Lehre. Wenn daher die abendländischen Autoren und Kritiker in ihrer Auffassung buddhistischer Lehren sich einander so häufig widersprechen, so beruht das eben darauf, daß es ihnen an den hier erwähnten Voraussetzungen fehlt. Hierauf gründet sich auch die Tatsache, die Prof. Pischel erwähnt (s. Seidenstücker „Pali-Buddhismus", Vorrede), daß wohl kein einziger der abendländischen Darsteller und Kritiker des Buddhismus diesem in jeder Weise gerecht geworden sei und ein in allen Einzelheiten richtiges Bild seiner Lehre gezeichnet habe.

Die Werke des Sutta-Pitaka, denen ich die hier übersetzten Textstellen entnommen habe, sind zunächst die vier Hauptsammlungen der Lehrreden: Dígha-, Majjhima, Anguttara- und Samyutta-Nikāya, ferner die folgenden, dem Khuddaka-Nikāya angehörenden Bücher: Khuddaka-Pātha, Dhammapada, Sutta-Nipāta, Udāna, Itivuttaka, Patisambhidā-Magga, sowie Milinda-Pañha. Dabei habe ich wohl am häufigsten aus dem von mir übersetzten, äußerst aufschlußreichen Anguttara-Nikāya geschöpft, habe jedoch alle daraus angeführten Stellen einer nochmaligen Prüfung unterzogen und hier und da Änderungen angebracht. Eine beträchtliche Anzahl höchst wichtiger Texte habe ich den noch unübersetzten Büchern des Samyutta-Nikāya entnommen. Da es bisweilen schwierig war, für die höheren der sieben Reinheitsstufen geeignete ältere Suttentexte zu finden, fühlte ich mich genötigt, einige wenige Stellen auch dem zwar dem Khuddaka-Nikāya zugezählten aber dennoch zweifellos apokryphen und bis jetzt übrigens noch in keine der modernen Sprachen übersetzten Patisambhidā-Magga zu entnehmen; nichtsdestoweniger aber habe ich nur solche Stellen aufgenommen, die den echten Charakter der Suttentexte tragen.

Die englische Ausgabe dieses Buches erschien im Jahre 1952 unter dem Titel „Path to Deliverance" (Colombo, Bauddha Sahitya Sabha).

Der Verfasser spricht Frau Gräfin Dorothea Matuschka seinen besten Dank aus für die sorgfältige Herstellung des Sachregisters, der Inhaltsübersicht und für andere Vorbereitungsarbeiten am Manuskript.

Forest Hermitage
Kandy (Ceylon), 30. Dezember 1954
Nyanatiloka

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