Therigāthā (Vers 252-365)
Lieder der Nonnen (Übersetzt von KE Neumann)
Zwanziger-Bruchstück - Vīsatinipāto
Ambapālī
- 252
- DUNKEL schwellend, schwere Fülle, bienenschwarz,
- Dicht in Locken fiel mein Haar gewellt herab:
- Das hat Alter hänfern, bastig blaß gebleicht
- Wahrheitkünders Kunde dauert unverderbt.
(Vergl. D 16, II)
- 253
- Blütendüfte hauchend süß wie Sandelholz,
- Reich mit Blumen war mein Scheitel hold bedeckt:
- Nun im Alter riecht er recht nach Hasenhaar
- Wahrheitkünders Kunde dauert unverderbt.
-
- 254
- Laubgeländen, schön gepflanzt, gepflegten gleich,
- Leuchtend straff war einst mein Schopf gestrählt, gekämmt:
- Nun im Alter siecht er, ausgelichtet, ab
- Wahrheitkünders Kunde dauert unverderbt.
-
- 255
- Schwarzes Haargeflecht, geschmeidig goldgeschmückt,
- Glänzte glitzernd, hochgeflochten zierlich auf:
- Nun im Alter schimmert kahl der Schädel durch
- Wahrheitkünders Kunde dauert unverderbt.
-
- 256
- Wie vom Maler fein gezogen, zart gemalt,
- Vielgepriesen früher war der Brauen Pracht:
- Nun im Alter sind sie runzlig reich gebrämt
- Wahrheitkünders Kunde dauert unverderbt.
-
- 257
- Feuersprudeln gleichend, wie Karfunkelblitz,
- Dunkel aus der Tiefe sprüht' ich Blicke weit:
- Nun im Alter blinzelnd brechen sie, verbrüht
- Wahrheitkünders Kunde dauert unverderbt.
-
- 258
- Sanfter Höhe gleich erhob der Nasenbug
- Jugendhold empor sich im Gesichte mir:
- Doch im Alter aufgedunsen dünkt er nun
- Wahrheitkünders Kunde dauert unverderbt.
-
- 259
- Goldgehängen, gut gehämmert, glatten gleich
- Glänzten mir der Ohren Muscheln rötlich rein:
- Die hat Alter netzig nun gerunzelt rings
- Wahrheitkünders Kunde dauert unverderbt.
-
- 260
- Wie Bananen blendend blühen, knospenweiß,
- Lachten lieblich mir im Munde Zähne blank:
- Die hat Alter garstig gerstenfahl zerfällt
- Wahrheitkünders Kunde dauert unverderbt.
-
- 261
- In der Laube sang ich Lieder süß im Lenz,
- Heimlich wie die Nachtigall in Wäldern girrt:
- Hin ist Klingen, hin ist Klang im Alter nun
- Wahrheitkünders Kunde dauert unverderbt.
-
- 262
- Gülden gelblich, mild wie Perlmutterglast
- Glinzte hehr der Nacken, gleißte hell der Hals:
- Weg ist Glimmer, weg ist Glanz im Alter nun
- Wahrheitkünders Kunde dauert unverderbt.
-
- 263
- Schlanken Säulen gleich gewunden wohl empor,
- Beide hob ich, runde Arme, reizend hoch:
- Doch im Alter schlaff wie Seile dünken die
- Wahrheitkünders Kunde dauert unverderbt.
-
- 264
- Ring an Ringlein, kostbar edelsteinbesteckt,
- Bot ich zierlich auf den zarten Fingern dar:
- Schrumpf im Alter schrimpeln die wie Wurzelwerk-
- Wahrheitkünders Kunde dauert unverderbt,
-
- 265
- Voll und rund und mutig ragend oben auf
- Prangten meine Brüste früher wohlgeformt:
- Ausgetrocknet hängen heute, troddeln die-
- Wahrheitkünders Kunde dauert unverderbt.
-
- 266
- Glau geglättet, eitel plan wie Plattengold,
- Lauter war mein lichter Leib und ohne Fehl:
- Furchen, viele Falten sind gezogen durch
- Wahrheitkunders Kunde dauert unverderbt.
-
- 267
- Wuchtig wie der Boa vorgebähter Bauch
- Beugten, schön gebogen, beide Schenkel ab:
- Recht im Alter dünken die wie Bambusrohr
- Wahrheitkünders Kunde dauert unverderbt.
-
- 268
- Spangen trug ich, goldgeschmiedet, reich gespannt,
- Unterm Knie geschmeidig bis zum Knöchelreif:
- Sesamstäbe seh' ich heute stelzen hier
- Wahrheitkünders Kunde dauert unverderbt.
-
- 269
- Ausgepolstert, wie mit Wolle ausgebalgt,
- Wohlgebildet war der Fuß und rund am Rist:
- Hohl ist nun die Haut im Alter, abgewelkt
- Wahrheitkünders Kunde dauert unverderbt.
-
- 270
- Also war gewesen dieser Körper da,
- Unbeständig, Stätte nur der Not und Qal:
- Mörtel fiel und Malter ab vom alten Haus
- Wahrheitkünders Kunde dauert unverderbt.
-
(Vergl. Therag. 57,
183f. - Ambapāli eröffnet zwar das
Zwanziger-Bruchstück, hat jedoch nur neunzehn Strophen, die folgenden Nonnen
haben dagegen zumeist mehr als zwanzig Strophen; ähnlich bei den Versen der
Mönche)
Rohinī
- 271
- DER VATER:
- ASKETEN zeigst du, Tochter, mir,
- Asketen hast du stets im Sinn,
- Asketen lobst du, liebst du nur:
- Asketin selber wirst du wohl!
-
- 272
- Ja, Trank und Speise gibst du gern
- Asketen reichlich Tag um Tag:
- Rohinī, höre, sag' mir doch
- Warum du, Kind, Asketen liebst?
-
- 273
- Untätig sind sie, lässig, lau,
- Genießen Gnadenbrot umsonst,
- Begehrlich gehn sie nach Genuß: -
- Warum doch liebst Asketen du?
-
- 274
- Schon lange, Vater, fragst du mich,
- Warum Asketen gut ich sei:
- Ich will dir künden ehrlich an
- Ihr Wissen, Können, ihre Art.
-
- 275
- Untätig, lässig sind sie nicht,
- Sie wirken allerbestes Werk,
- Verleugnen Gier, verleugnen Haß:
- Asketen hab' ich darum lieb.
Vergl. A.IV.29-30.
- 276
- Was dreifach böse Wurzel treibt
- Entwurzeln dreifach sauber sie,
- Verwerfen Böses ganz und gar:
- Asketen hab' ich darum lieb.
-
(Vergl. Dhp v. 183,
281. Die drei Tatengänge sind Gedanken,
Worte und Werke)
- 277
- Denn was sie wirken, das ist rein,
- Und was sie reden, das ist wahr,
- Und was sie denken, das ist echt:
- Asketen hab' ich darum lieb.
-
- 278
- Wie Perlen leuchtend, unverletzt,
- Von außen licht und innen licht,
- So lauter sind sie durch und durch:
- Asketen hab' ich darum lieb.
-
- 279
- Erfahren fein, gewitzigt wohl,
- In Wahrheit wesend heilig hier,
- Was recht und echt ist künden sie:
- Asketen hab' ich darum lieb.
-
- 280
- Erfahren fein, gewitzigt wohl,
- In Wahrheit wesend heilig hier,
- Sind heiter sie in sich gekehrt:
- Asketen hab' ich darum lieb.
-
- 281
- Sie wandern weit, getreu bewußt,
- Sie sprechen triftig, ungespreizt,
- Sie wissen wie man Leiden löst:
- Asketen hab' ich darum lieb.
-
- 282
- Und wann sie durch die Gasse gehn
- Sieht keiner rechts und keiner links,
- Gelassen gehn sie, gaffen nicht:
- Asketen hab' ich darum lieb.
-
- 283
- Nicht Überfluß an Speis' und Trank,
- Nicht Krug und Schüssel macht sie satt,
- Vollkommensein erkämpfen sie:
- Asketen hab' ich darum lieb.
-
- 284
- Sie nehmen nicht Geschmeide, Schmuck,
- Nicht Gold und auch kein Silber an,
- Zufrieden fristend ihren Tag:
- Asketen hab' ich darum lieb.
-
- 285
- Aus mancher Kaste, manchem
- Aus manchem Lande kommen
- Und leben innig doch geeint:
- Asketen hab' ich darum lieb.
-
- 286
- DER VATER:
- Zum Heile bist, o Rohinī,
- Geboren du in unserm Haus:
- Aus Liebe lobst den Meister du,
- Sein Wort und seine Mönche so!
-
- 287
- Du kennst ihn wahrlich, kennst ihn wohl,
- Den besten Acker, den es gibt!
- Und auch von mir, aus meiner Hand
- Empfangen Büßer Gaben heut:
- Bereitet ist das Opfer recht,
- Und reichlich soll die Ernte sein.
(Vergl. Therag.566)
- 288
- ROHINÍ:
- Doch wenn du fürchtest Leiden je,
- Wenn Leiden unlieb dich bedünkt,
- So komm': der Meister nimmt dich
- In seinen Orden, seine Zucht;
- In seiner Regel sei du rein,
- Zum Wohle wird es taugen dir.
(Vergl. v. 246,
249ff)
- 289
- DER VATER:
- Mein Hort und Helfer sei der Herr
- Und seine Satzung, sein Gebot:
- Will rein in solcher Regel sein,
- Zum Wohle wird es taugen mir!
-
- 290
- Brahmanenlehrling war ich nur,
- Brahmanenmeister bin ich nun:
- Drei Wissen weiß ich, kenn' ich gut,
- Ich seh' den Sinn, bin preiserprobt.
-
Cāpā
- 291
- KĀLO:
- AM Pilgerstabe schritt ich einst
- Zum Jäger hab' ich's jetzt gebracht!
- Aus Liebesnot in grausen Pfuhl
- Gefallen, fand ich Rettung nicht.
-
- 292
- Wohl wähnst du, Weib, mich eingewiegt,
- Weil mir ein Sohn erblüht von dir:
- Ich aber ziehe scheidend fort,
- Will wieder wandern, heimatlos.
-
- 293
- Cāpā:
- O zürne mir nicht, Siegerfürst,
- O zürne mir nicht, heil'ger Held!
- Wer sich dem Zorne hingibt, Herr,
- Ist unrein, ist kein Büßer mehr.
-
- 294
- Kālo:
- Leb' wohl, du Nālāhaus, ich geh'!
- Wer mag in Nālā bleiben noch?
- Zur eignen Sühne lockt man da
- Durch Weiberlist Asketen an.
-
(Die Jäger wollen durch fremde Tugend ihr Gewerbe sühnen. Wenn der Büßer
fällt, glauben sie, gehe sein Verdienst auf sie über. Dieser uralte,
weitverbreitete Aberglaube hat bekanntlich im Christentum, wo der gekreuzigte
Gott den sündigen Menschen erlöst, den Gipfel der Absurdität erreicht.)
- 295
- Cāpā:
- O komm', mein Gatte, kehr' zurück,
- Genieß' das Leben wie zuvor:
- Ach, lass' mich deine Sklavin sein
- Mit allem was mir angehört!
-
- 296
- Kālo:
- Und sagtest du den vierten Teil
- Von dem nur, Weib, was du gesagt:
- Dem Manne, der dich heiß begehrt,
- Wär' überreiche Huld gewährt.
-
- 297
- Cāpā:
- O Kālo, wie am Gipfel dort
- Die volle Goldakazie glüht,
- Wie hier die Ranke süchtig treibt,
- Am See Lianen duftend blühn,
-
- 298
- So breit ich meine Arme aus,
- So lass' ich meine Schleier wehn
- Und wiege dich in süßen Duft:
- Bin ich nicht schön, daß du mich fliehst?
-
- 299
- Kālo:
- So lockt den Vogel freier Luft
- Der Vogelsteller fein ins Netz:
- Ich kenne, Köderschönheit, dich,
- Nicht länger sollst du fesseln mich!
-
- 300
- Cāpā:
- O sieh' den holden Knaben an,
- Den ich dir gab, dein Ebenbild:
- Weil ich dir einen Sohn gebar
- Verdien' ich, daß du von mir gehst?
-
- 301
- Kālo:
- Von Weib und Kind, von Haus und Hof
- Befreien trennend Weise sich:
- Den losgebrochnen Ilphen gleich
- Ziehn Siegerfürsten froh hinaus.
-
- 302
- Cāpā:
- Dann werd' ich auf der Schwelle hier
- Mit dieser Keule, diesem Beil
- Erschlagen den ich dir gebar
- Dein Kind erbarmt dich, und du bleibst!
-
- 303
- Kālo:
- Und würfest du's Schakalen gleich
- Und Hunden vor als Beutefraß:
- Mich wirst du, jämmerliches Weib,
- Nie wieder zwingen dir zurück.
-
- 304
- Cāpā:
- So gehe denn - ich segne dich!
- Doch lass' mich wissen deinen Weg,
- Das Dorf, die Stadt, die hohe Burg,
- Das Königschloß wohin du ziehst?
-
- 305
- Kālo:
- Mit Jüngern, irrend zog ich einst,
- Unheilig, heilig wähnend mich,
- Von Dorf zu Dorfe, Stadt zu Stadt,
- Von Burg zu Burg und Königschloß;
-
- 306
- Er aber, herrlich auferwacht,
- Er kündet Wahrheit jedermann,
- Das Ende aller Leidensqual,
- Am Ufer der Nerañjarā:
- Dahin nun eil' ich, Ihn zu sehn,
- Er, wahrlich, soll mein Meister sein!
-
- 307
- Cāpā:
- So bring' ihm denn auch meinen Preis,
- Dem höchsten Schutzherrn aller Welt!
- Hast du den Hehren selbst begrüßt,
- Entbiet' in Demut meinen Gruß.
-
- 308
- Gar wundersam entzückt mich, Weib,
- Das holde Wort, das ich gehört:
- Gepriesen sei mit deinem Preis
- Der höchste Schutzherr aller Welt!
- Hab' ich den Hehren selbst begrüßt,
- Will ich entbieten deinen Gruß.
-
- 309
- Und Kālo schied und zog dahin
- Zum Ufer der Nerañjara,
- Und sah den Meister, hörte wohl
- Sein Wort von Heil und Ewigkeit:
-
- 310
- Das Leiden, was das Leiden wirkt,
- Was Leiden überwinden läßt,
- Den heil'gen achtgeteilten Pfad,
- Der uns entführt aus Leiden weg.
(Vergl. v. 186)
- 311
- Da fiel er nieder vor dem Herrn,
- Und brachte frohen Gruß ihm dar,
- Und pries der Cāpā frommen Preis;
- Dann zog er fort als Bettelmönch.
- Drei Wissen merkt' er, schuf er bald:
- Das Meisterwort, es war erfüllt.
-
Sundarī
- 312
- SUJĀTO, DER BRAHMANE:
- Die toten Kindlein hast du einst
- Begraben, Ärmste, jammervoll,
- Hast Tag und Nacht und Nacht und Tag
- Unendlich wehgeklagt, geweint.
-
- 313
- Begraben hast du alle nun,
- Brahmanin, sieben Kinder dir:
- Vāsetthin, sage, gib mir kund
- Warum du heute nimmer weinst?
-
- 314
- Sundarī, DIE BRAHMANIN:
- Gar viele hundert Kinder schon,
- Verwandtenscharen hundertfach,
- Begraben beide haben wir,
- So ich wie du, seit langer Zeit.
(Vergl. v. 51)
- 315
- Erlösung hab' ich heut geschaut,
- Erlösung von Geburt und Grab,
- Und klage nimmer, weine nicht,
- Und weiß von keinem Kummer mehr.
-
- 316
- SUJĀTO:
- Unglaublich klingt es was du sagst,
- Vasetthin, was dein Wort verheißt:
- Wer hat dich also aufgeklärt,
- Auf daß du solche Rede regst?
-
- 317
- Sundarī
- Er war es, ja, der Meisterherr!
- Bei Mithilā, der hohen Burg,
- Verkündet hat er jedermann
- Das Ende aller Leidensqual.
(Vergl. v. 135)
- 318
- Von ihm, dem Helden herrlich echt,
- Erhört' ich Wahrheit ohne Falsch:
- Das rechte Wort begriff ich rasch,
- Vergaß den Gram um Kindestod.
-
- 319
- SUJĀTO:
- So will auch ich denn wandern hin
- Zum Meister dort, nach Mithilā:
- O, wär' es möglich, daß er mich
- Von allem Elend löste los!
-
- 320
- Den Meister traf er treulich an,
- Der nirgend haftet, nirgend hangt;
- Der hat ihm Wahrheit offenbart,
- Der Denker, ewig leidentlebt:
(Vergl. Therag.1250)
- 321
- Das Leiden, was da Leiden wirkt,
- Was Leiden überwinden läßt,
- Den heil'gen achtgeteilten Pfad,
- Der uns entführt aus Leiden weg.
(Vergl. v. 310)
- 322
- Das rechte Wort begriff er rasch,
- Zog fort als Jünger, heimatlos;
- Drei Nächte war Sujāto wach,
- Drei Wissen schuf er alsobald.
-
- 323
- SUJĀTO:
- Geh', Wagenlenker, weile nicht,
- Und bring' den Wagen wieder heim:
- Die Tochter grüße fröhlich mir,
- «Der Vater», meld' ihr, «ist Asket!
- Drei Nächte war Sujāto wach,
- Drei Wissen schuf er alsobald.»
-
- 324
- Der Wagenlenker schwang sich auf,
- Und reich gerüstet fuhr er heim,
- Der Tochter bracht' er frohen Gruß,
- «Dein Vater», sprach er, «ist Asket!
- Drei Nächte war Sujāto wach,
- Drei Wissen schuf er alsobald.»
-
- 325
- Sundarī:
- Behüte diese Rosse denn,
- Den Wagen nimm und nimm das Gold:
- Drei Wissen, sagst du, schuf der Herr?
- So schenk' ich dir auch meinen Schrein.
-
- 326
- DER WAGENLENKER:
- Behalte Ross' und Wagen nur,
- Behalte, Herrin, all dein Gold:
- Auch ich zieh' nun als Jünger hin,
- 'Zum Meister, der das Beste gibt.
-
- 327
- DIE MUTTER:
- Die Rosse, Rinder, Elefanten, Schätze,
- Verlassen hat er all den reichen Hausrat,
- Dein Vater geht im fahlen Kleid:
- Genieße, Tochter, was dir nützt,
- Du bist ja Erbin hier im Haus!
-
- 328
- Sundarī:
- Die Rosse, Rinder, Elefanten, Schätze,
- Verlassen hat er all den lieben Hausrat,
- Mein Vater geht im fahlen Kleid
- Aus Kränkung um den edlen Sohn:
- Auch ich will fahl gekleidet sein
- Aus Kränkung um den Bruder mein.
-
- Sundarī bittet bei den Nonnen um Aufnahme;
- eine Nonne antnwortet:
- 329
- Wohlan, dein Wunsch, er sei gewährt,
- Gelingen soll dein Sehnen dir!
- Mit Bettelbrocken, Bettelrest,
- Im Fetzenkittel, Fetzenrock
- Zufrieden wandelnd immerdar
- Wirst nach dem Tode sein erlöst.
-
- 330
- Sundarī:
- (später)
- O Schwester, weil ich kämpfte kühn
- Ward himmlisch hell mein Angesicht,
- Vergangnes Wesen seh' ich nun,
- Und was ich war und wo ich war.
-
- 331
- Von dir bedeutet, weises Weib,
- Der Schwestern feinste, beste du,
- Erfand ich mir drei Wissen wohl:
- Das Meisterwort, es ist erfüllt.
-
- 332
- Entlass' mich nun, o Teure du:
- Will wandern hin gen Sāvatthī
- Und rufen lauten Löwenruf
- Ihm zu, dem höchsten Siegerherrn!
-
(Vergl. Therag.175f,
136,
380, 605,
1186)
- 333
- DIE NONNE:
- Du magst ihn sehen, Sundarī,
- Den Meister, der wie Gold erglänzt,
- Der Unbezähmte zähmen kann,
- Der, auferwacht, kein Fürchten kennt.
(Vergl. v. 135)
- 334
- Sundarī
- kommt nach Sāvatthī, in den Siegerwald, in den Garten
- Anāthapindikos, zum Meister hin, und spricht:
- Sieh' nahen, Herr, die Sundarī,
- Die nirgend haftet, nirgend hangt,
- Genesen von Begier, entjocht,
- Vollendet ewig, suchtversiegt.
-
- 335
- Benāres ließ ich hinter mir,
- Bin hergekommen dich zu sehn:
- Die dich, o Held, vernommen hat,
- Zu Füßen fällt dir Sundarī.
-
- 336
- Du bist der Wache, bist der Herr,
- Und ich bin, Heil'ger, Tochter dir,
- Von echter Artung, munderzeugt (*),
- Vollendet ewig, suchtversiegt.
(Vergl. Therag. 839)
(*) mukhato jātā, munderzeugt, d.i. durch das Wort geistig
wiedergeboren.
- 337
- DER MEISTER:
- Willkommen sei mir, Gute du,
- So weit gegangen bist du her!
- Ja, Edle kommen also an,
- Entbieten ihrem Lehrer Gruß,
- Genesen von Begier, entjocht,
- Vollendet ewig, suchtversiegt.
-
Subhā / Des Goldschmieds Tochter
- 338
- Als junge Maid, im lichten Kleid,
- Vernahm ich einst der Lehre Wort,
- Und ernst und innig horcht' ich auf
- Die Wahrheit ward mir offenbar.
-
(Subhā spricht ' als Nonne, zu den Ihrigen, die sie bewegen wollten wieder
heimzukehren. Ähnlich Ratthapālo,
Therag.769-793)
- 339
- Da hat vor allem Weltgenuß
- Ein tiefer Ekel mich erfaßt,
- Entsetzen vor der Leibeslust:
- Entsagung, ach, ersehnt' ich mir!
-
- 340
- Verlassen hab' ich Eltern bald,
- Geschwister, Freunde, Dienertroß,
- Und Feld und Anger, blütenreich,
- Und was noch lieblich lockt und reizt:
- Gelassen hab' ich, heimatlos,
- Ein reiches Erbe gern zurück.
-
- 341
- So zog ich fort aus Zuversicht,
- Mit wahrer Satzung wohl versehn:
- Wie möcht' es heute ziemen mir
- Begehr zu hegen, dulden gar?
- Wo Gold ich warf und Silber weg,
- Da sollt' ich wieder heimisch sein?
(Vergl. v. 8)
-
- 342
- Ja, Silber, sicher, gibt und Gold
- Erkenntnis nicht und keine Ruh':
- Nicht kann Asketen taugen das,
- Der Reinen Reichtum ist es nicht.
-
- 343
- Verlangen läßt es, macht uns matt,
- Verwirrung wirkt es, züchtet Staub,
- Verstörung zeugt es, treibt Verdruß,
- Zerrinnt gar eilig, ohne Rast.
-
- 344
- Darum ereifern Menschen sich,
- Beschmutzen schmählich ihren Sinn,
- Und einer reibt den andern auf,
- Und alle ringen insgesamt.
-
- 345
- Verderben kürt man, Kerker, Tod,
- Verlust und Leiden, Qal und Not:
- Wer nach Genüssen geifernd giert
- Muß elend also untergehn.
-
- 346
- Was wollt ihr, die mir Sippe seid,
- Wie Feinde listig locken mich?
- Erkennt mich als Asketin an,
- Verleidet ist mir all die Lust.
-
- 347
- Um Schätze nicht und nicht um Gold
- Ist Wahnversiegung feil gesetzt:
- Wie Mörder morden lauert Lust,
- Und sticht und stachelt, bändigt bald.
-
- 348
- Was wollt ihr, die mir Sippe seid,
- Wie Feinde listig locken mich?
- Erkennt mich als Asketin an,
- Geschoren kahl, gekleidet fahl.
-
- 349
- Nur Bettelbrocken, Bettelrest,
- Nur Fetzenkittel, Fetzenrock
- Darf taugen mir, geziemen mir,
- Was heimentwöhnten Büßern frommt.
-
- 350
- Verhiehen hat der Meister Lust,
- So Götterlust, so Menschenlust
- Wer ewig abgefesselt geht
- Ist unerfaßbar unbewegt.
-
- 351
- Nicht will in Lüsten um ich gehn,
- Wo Rettung nirgend ist bereit:
- Wie Mörder morden lauert Lust,
- Wie Flammen flackern lodert Lust.
-
(Zu einigen der folgenden Gleichnisse vergl.
M 22 und
M 54; siehe
v. 58)
-
- 352
- Unselig ist sie, voll Gefahr,
- Voll Qual und Jammer, Angst und Graus,
- Die Gier, die zick und zack uns jagt,
- Die große Falle, die uns fängt,
-
- 353
- Und grimmig anpackt, gräßlich greift!
- Wie Schlangenrachen lungert Lust,
- Woran der Tor sich letzen mag,
- Der blöde, der gemeine Mensch.
-
- 354
- Im Sumpfe sinken viele fest,
- Unwissend elend in der Welt,
- Und finden, ach, die Grenze nicht,
- Die Grenze von Geburt und Grab.
(Vergl. v. 315 und
Therag. 339)
-
- 355
- Auf übler Fährte wandeln sie,
- Von Lust verleitet, oft hinab:
- Die Menschen fördern Werk um Werk,
- Das böse Frucht gebären muß.
-
- 356
- So züchten Lüste Kummer auf,
- Versehren uns, besudeln uns,
- Sind Lockspeis', Köder dieser Welt,
- Des Todes Netze sind sie nur,
(Vergl. hierzu M 25 und
M 26 letzteren Teil)
-
- 357
- Und reizen uns zur Raserei!
- Den Geist zermartern, meucheln sie:
- Zu ludern geil die Wesen an
- Hat Schlingen schlau der Tod gelegt.
(Vergl. v. 73 und
Therag. 268,
463)
-
- 358
- Unendlich ist der Lüste Qual,
- Von Jammer voll und voll von Gift
- Und Bitternis und Zorn und Zank,
- Verzehrend unser besser Teil.
-
- 359
- Da solches Elend ich gesehn
- Wo Lust gebietet, Lust regiert,
- Begehr' ich keine Wiederkehr,
- Erloschen ewig, wahnerlöst.
-
- 360
- Bekriegt, gekreuzt ist all die Lust!
- Will ausgeglüht verglommen sein,
- Beharrlich heiter, Tag um Tag,
- Von ihrem Frone längst entfrönt.
-
- 361
- Auf holder Fährte, sicher, hell,
- Auf reinen Pfaden, achtmal recht,
- Hinüber geh' ich, folge nach
- Den Siegern, die gegangen sind.
-
- 362
- Und heute seht mich heilig stehn,
- Subhā, des Goldschmieds Töchterlein,
- Unsehrbar sinnen, unverstört
- Im stillen Walde, baumbeschirmt.
-
- 363
- Ich hab' entsagt aus Zuversicht,
- Bin tugendhell am achten Tag!
- Uppalavannā riet mir recht:
- Drei Wissen warb ich, schlug den Tod.
(Vergl. v. 41,
44)
-
- 364
- Entknechtet bin ich, bin entsühnt,
- Als Nonne nüchtern, rein gereift,
- Von jedem Joche losgelöst,
- Vollendet ewig, suchtversiegt.
(Vergl. v. 334ff)
-
- 365
- Und Sakko kam in lichtem Schein:
- Mit Götterscharen zog er an
- Und grüßte hell, der Geisterherr,
- Subhā, des Goldschmieds Töchterlein.