(von KE Neumann)
459
GAR schön bekleidet, schön beputzt,
Bekränzt mit Blumen, reich geschmückt,
Die Füße rosig aufgefärbt,
Pantoffelklappernd kam sie her,
460
Die Dirne, warf die Sockeln ab
Und kniet' im Staube vor mich hin,
Und sanft und süß entbot sie Gruß,
Und zu mir lächelnd sprach sie dann:
461
«So jung hast du der Welt entsagt,
O weile, komm' in meinen Dienst!
Genieße froh des Lebens Lust,
Ich lass' dir freudig Geld und Gut.
462
«Die Wahrheit will ich weisen recht,
Ein Licht dir zünden leuchtend an:
Wenn einst das Alter beide beugt,
Als Stütze nur den Stab uns läßt,
Dann wollen beide pilgern wir,
Das Spiel gewinnen doppelt so!»
Da sah ich sie, die flehend bat,
Die Buhlerin zu Füßen mir,
Gar schön bekleidet, schön beputzt,
Wie schlau der Tod die Schlinge legt,
464
Und gründlich ward ich aufgemischt,
Ergriffen innig im Gemüt:
Das Elend sah ich offenbar,
Den Unrat ragen rings umher.
465
Und alle Fesseln fielen ab -
O sieh' wie stark die Lehre wirkt -
Das Wissen ging mir dreifach auf,
Das Meisterwort, es war erfüllt.
466
Wo drüben wilder Mango blüht,
Am Waldesraine ruht ein Mönch:
Entwurzelt hat er allen Wahn,
Übt selig Schauung, selbstvertieft.
467
Man lobt der Trommel Trommelschlag,
Den Sang der Laute, Paukenklang:
Im Schatten sitzend baumbeschirmt,
Da lob' ich mir das Meisterwort.
468
Der Meister schenke Bestes mir
Und wahren will ich sein Geschenk:
O daß ich immer, überall
Gedenke was der Körper gilt!
Wer forschend meine Form ermißt,
Die Stimme prüfend hat erprobt:
In Wunschesbann, in Willensbann
Erfährt er nimmer was ich bin.
470
Nach innen kann er nichts verstehn,
Nach außen kann er sehen nichts:
Der Tor, verschleiert ganz und gar,
Der wird von Stimmen jäh bestimmt.
471
Nach innen kann er nichts verstehn,
Nach außen sieht er weit umher,
Nach Außenlohn verlockt es ihn:
Auch Den bestimmen Stimmen bald.
472
Nach innen kennt er selber sich,
Nach außen sieht er weit umher:
Der Seher, der entschleiert geht,
Der wird von Stimmen nicht bestimmt.
473
EIN einzig Kind, der einz'ge Sohn,
Der Eltern Liebling war ich einst,
Gar mannigfach gepflegt, gewiß,
Gewiß gar mannigfach gehegt.
474
Und mitleidvoll für mich bedacht,
Mein Glück und Wohl ersehnend heiß,
Zog aus mit mir das Elternpaar
Und führte mich zum Meister hin.
475
«Nicht leicht gelingt ein solcher Sohn,
Erzogen zart, erzogen sanft:
Den geben wir in deine Huld,
Dem Sieger soll er dienen, Herr!»
476
Und wirklich nahm der Herr mich auf,
ānando'n winkend sprach er so:
«Belehn' ihn mit der Kutte denn,
Er wird ein Auserwählter sein.»
477
Und als ich war belehnt von Ihm,
Da ließ der Sieger mich allein -
Und vor dem letzten Abendstrahl
War jede Fessel abgestreift.
Da kam der Meister rüstig an,
Im Dämmer, nach der Tagesruh':
«Willkommen, Bhaddo!», sprach der Herr,
Gab also mir den Weihegruß.
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Im achten Jahre stand ich erst
Als ich den Weihegruß empfing,
Drei Wissenschaften wohl erschuf:
O Wunder, was die Wahrheit wirkt!
480
IM Schatten sah ich der Bastei
Den Höchsten wandeln auf und ab,
An seine Seite trat ich hin,
Begrüßte froh den größten Mann.
481
Den Mantel streift' ich rechts zurück,
Die Hände streckt' ich faltend aus,
Dem Reinen folgt' ich Schritt um Schritt,
Dem höchsten Wesen aller Welt.
482
Da stellt' er manche Frage mir,
Der Kenner, der die Fragen kennt:
Und unverschüchtert, ohne Scheu,
Erklärt' ich was der Meister frug.
483
Beschieden hatt' ich frisch und frei,
Befriedigt schien der höchste Held;
Betrachtend seiner Jünger Schar
Hob also er zu reden an:
484
«Bengālen Heil, Heil Magadhā, -
Wo dieser wandelt, dieser lebt,
Und Kleidung, Speise, Lagerstatt,
Die Notdurft findet, die er braucht,
Geachtet wird und wohl geehrt:
Gesegnet sind sie!», sprach der Herr.
485
«Schon heute bist du, holder Sohn,
Hierher gekommen, mich zu sehn:
Empfang' ihn denn auch alsogleich,
Sopāko, meinen Weihegruß!»
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War sieben Jahre von Geburt;
Geweiht in diesen Orden ein
Verleb' ich nun den letzten Leib:
O Wunder, was die Wahrheit wirkt!
487
MIT diesen Händen brach ich Rohr,
Und Hütten deckt' ich dann um Brot:
Als 'Röder' war ich wohl gekannt,
Das Röhricht rodend in der Au.
488
Das ständ' mir heute übel an,
Daß Rohr ich bräche wie zuvor:
Den Tugendpfad hat Gotamo,
Der hehre Meister, offenbart!
489
(fehlt)
Den selben Weg, den einst gewandelt Vipassī,
Den selben Weg, den Sikhi kam und Vessabhū,
Kakusandho, Konāgamano, Kassapo:
Die selbe Bahn ist hingegangen Gotamo.
491
Von Wahn entwöhnt, von Hang geheilt,
Die sieben Meister, wach, entlebt,
Die rechte Satzung wiesen sie,
Die recht gewesen selber hier,
Die Wahrheit, heilig, viergeteilt,
Aus Mitgefühl für alle Welt:
Das Leiden, den Beginn, den Weg,
Den Untergang - der Leiden Ziel!
493
Wo Leiden ohne Ende blüht
Inmitten wirrer Wandelwelt:
So dieser Leib in Staub zerstiebt,
So dieses Leben lischt hinweg,
Dann gibt es nimmer Wiedersein,
Entwesen bin ich überall.