(K gibt als Titel Pūralāsa-sutta (Der Opfergaben-Rest). Vgl Samyutta-Nikāya 7.9 und die Sutte vom Pflüger Bhāradvāja (v. 76f.) mit erster und letzter Anmerkung hierzu.)
So habe ich gehört. Einst weilte der Erhabene im Land der Kosaler, am Ufer des Sundarika-Flusses. Dort versah damals der Brahmane Sundārika-Bhāradvāja den Dienst am Feuer und brachte das Feueropfer dar. Als er den Dienst am Feuer vollzogen und das Feueropfer dargebracht hatte, erhob er sich von seinem Sitz und blickte nach allen vier Richtungen umher, denkend: "Wer könnte wohl diesen Opfergaben-Rest genießen?" Da sah er den Erhabenen nicht weit von dort am Fuße eines Baumes sitzend, mit verhülltem Haupt. Da nahm der Brahmane in die linke Hand den Opfergaben-Rest, in die rechte ein Wassergefäß und näherte sich dem Erhabenen. Auf das Geräusch der Schritte des Brahmanen machte der Erhabene sein Haupt frei. Da dachte der Brahmane: "Kahlgeschoren ist ja dieser Herr, er ist ein kahlgeschorener Asket!", und er war willens, wieder umzukehren. Doch dann sagte er sich: "Auch Brahmanen gibt es ja, die kahlgeschoren sind. Ich will doch hingehen und ihn nach seiner Abstammung fragen." So begab er sich zum Erhabenen und fragte ihn: "Welcher Abstammung ist der Herr?" Darauf redete der Erhabene den Brahmanen Sundārika Bhāradvāja mit diesen Versen an:
455 (DER ERHABENE)
456
457 (DER BRAHMANE)
(Die in Prosa wiedergegebenen Stellen v. 457, 458, 460, 461, 479 sind auch im Original in Prosa.)
(DER ERHABENE)
458 (DER BRAHMANE)
Der Zusammenhang von v. 457 mit 458 dürfte sein, daß Bhāradvāja den Buddha nach seiner Erwähnung der Sāvitri nunmehr für einen Brahmanen hält und ihn nun nach dem Sinn des brahmanischen Opferdienstes fragt. Der Buddha gibt darauf die dem Brahmanen sicher unerwartete Antwort, daß der einzige Wert solchen Opfers in der nachherigen Spende des Opfergaben-Restes an Würdige bestehe.
(DER ERHABENE)
459 (DER BRAHMANE)
460 (DER ERHABENE)
461 (DER BRAHMANE)
(DER ERHABENE)
462
Im Kehrvers 463-466 (und ebenso in v. 490f) wurde das Wort kālena (zu gegebener Zeit), das dem Sinne nach nichts hinzufügt und offenbar nur ein Füllsel ist, fortgelassen.
464
466
468
471
472
474
476
477
479 (DER BRAHMANE)
480 (DER ERHABENE)
481
482 (DER BRAHMANE)
483 (DER ERHABENE)
484
485
486 (DER BRAHMANE)
Darauf sprach der Brahmane Sundārika-Bhāradvāja zum Erhabenen also: Vortrefflich, Herr Gotama! Vortrefflich, Herr Gotama! Wie wenn man Umgestürztes aufrichtet, Verdecktes enthüllt, einem Verirrten den Weg weist, in die Finsternis eine Leuchte bringt, auf daß Sehende die Dinge erkennen können, - ebenso ward vom Herrn Gotama in mannigfacher Weise die Lehre verkündet. So nehme ich denn meine Zuflucht zu Herrn Gotama, zur Lehre und zur Mönchsgemeinde! Empfangen möchte ich beim Erhabenen die Weihe der Weltabkehr, empfangen möchte ich die volle Ordensweihe!" Und es empfing Sundārika-Bhāradvāja, der Brahmane, die Weihe der Weltabkehr, empfing die volle Ordensweihe.
Bald nach seiner vollen Weihe aber lebte der Ehrwürdige Bhāradvāja allein, abgesondert, unermüdlich, eifrig und entschlossen. Jenes Ziel, um dessentwillen Söhne aus edler Familie gänzlich vom Hause fort in die Hauslosigkeit ziehen, - diese höchste Vollendung des Heiligen Wandels hatte er schon nach kurzer Zeit, bei Lebzeiten noch, selber erkannt, durchschaut und verwirklicht: "Versiegt ist Wiedergeburt, vollendet der Heilige Wandel, getan das Werk, nichts Weiteres bleibt nach diesem hier!" - so hatte er erkannt. So war auch der Ehrwürdige Bhāradvāja ein Heiliger geworden.
[1] Menge-Menschen. Dies ist die hier zutreffende wörtliche Wiedergabe von puthujjana, gewöhnlich mit 'Weltling' übersetzt.
[2] Unzugehörig (akiñcano); s. Anm. zu v. 176
[3] Von Menschlichem bin nicht mehr ich beflecket; wtl.: von Menschen . . . (mānavehi). K: "Da er die Fürsorge für Menschen und die Anhänglichkeit an sie aufgegeben hat, ist er unbefleckt von Menschen, gesellt er sich ihnen nicht mehr zu, lebt er in völliger (d.h. innerer) Abgeschiedenheit." Aus dem Zusammenhang ergibt sich jedoch noch der folgende spezielle Sinn: unberührt von den Wertungen (Kasten-Unterscheidungen etc.) der 'Menge-Menschen' unberührt vom Menschlich-Allzumenschlichen.
[4] Die Sāvitri oder 'Sonnenstrophe' ist "eine der heiligsten Strophen des Rig-Veda" (Deußen). - K: "Hiermit fragte der Erhabene nach jener heiligen Sāvitri, nämlich der Dreifachen Zufluchtsformel, die den Anfang bildet der wahren Veden (paramattha-veda), d.i. der 'Drei Körbe' (des buddhistischen Kanons); diese heilige Sāvitri wurde von den wahren Brahmanen verkündet, nämlich den Buddhas aller Zeiten." - Tatsächlich besteht auch die buddhistische Zufluchtsformel aus drei Sätzen und vierundzwanzig Silben. Es ist allerdings kaum anzunehmen, daß dies eine beabsichtigte Übereinstimmung ist, noch daß der Buddha in unserem Vers tatsächlich an die Zufluchtsformel gedacht hatte.
[5] K: "Dieses Feuer hier entsteht aus dem Brennholz. Doch nicht verhält es sich so, daß das Feuer nur, wenn es aus Edelholz, wie dem des Sal-Baumes, entsteht, seinen Dienst als Feuer tut, ihn aber nicht verrichtet, wenn das Brennholz aus einem Hundetrog stammt. Vielmehr, weil das Feuer selber solche Eigenschaften wie Feurigkeit usw. besitzt, daher eben kann es seine Funktion erfüllen. Ebenso auch: nicht nur aus einer Brahmanen-Familie entsprossen, ist man ein der Gaben Würdiger, sondern auch aus einer (niedrigen) Candāla-Familie kommend ist man es."
[6] Ein So-Gegangener (tathāgato); gewöhnlich eine Bezeichnung des Buddha (Der Vollendete). Hier ist aber wohl an die wörtliche Bedeutung gedacht: 'Der so Gegangene', nämlich 'so', wie in den vorhergehenden Verszeilen beschrieben. Siehe Anm. zu v. 236.
[7] Greifen (pariggahā = plur.: Greifakte). In gleicher Bedeutung in v. 779, 872; in der Bedeutung 'Besitz' in v. 393, 805, 809. K erklärt es hier als das Greifen in Form von Begehren (tanhā) und falscher Ansicht (ditthi) oder als die durch diese beiden ergriffenen (pariggahita) Dinge. Es handelt sich hier somit um ein geistiges Greifen oder Festhalten, d.h. also um 'Begriffe' im eigentlichen Sinne. 'Begriffe' als eine mitzudenkende Nebenbedeutung paßt in den Zusammenhang aller drei hierher gehörenden Stellen: v. 470: 'Geistiges Eingewöhnen' vollzieht sich in Form von Begriffsbildung; v. 779: unverstandene oder mißverstandene Wahrnehmungsprozesse erzeugen begriffliches Greifen; v. 872: die sich auf Geist und Körper beziehenden Wünsche verdichten sich zu hiermit assoziierten Begriffen
[8] Samt dessen Feldbereich (sakhettavatthum). K: Mit seinen Ursachen und Bedingungen; d.h. dem 'Nährboden' des Leidens; siehe v. 209 m. Anm.
[9] Stützen (künftigen Daseins) (ārammanā); K: Bedingungen (paccaya) für die Wiedergeburt.
[10] Hohe, niedrige Dinge (parovarā dhammā); d.h. die mannigfachen gegensätzlichen Dinge. K: schöne und unschöne, innere und äußere. - Vgl. Anm zu v. 1.
[11] Laut K ist mit dem Ende der Fesselung das Nibbāna bei Lebzeiten des Heiligen gemeint, wenn noch ein 'Rest von Daseinssubstraten' besteht (sa-upādisesa-nibbāna); mit dem Ende der Geburt ist gemeint das Nibbāna nach dem Tode des Heiligen, 'ohne Substrat-Rest' (anupādisesa-n.).
[12] Der nicht sich als ein Selbst betrachtet (yo attanā attānam n'ānupassati); wtl.: wer nicht mit dem Selbst ein Selbst sieht. K verweist auf die sechs Ich-Theorien in M.2, wo es heißt: attanā'va attānam sañjānāmī'ti vā'ssa saccato tethato ditthi uppajjati, ",eben mit dem Selbst nehme ich das Selbst wahr' solche Ansicht erscheint ihm als wahr und richtig." Als vedischen Beleg für diese Ansicht s. Vajasaneyi-Samhita des Yajur-Veda (32, 11): ātmanā ātmānām abhisamvivesha, "Ging durch sich selber in das Selbst er ein" (Vgl. Deussen, Allgem. Gesch. der Philos. I, 198, 290, 294). Später steht diese Lehre von der Erkenntnis des Selbst durch das Selbst im Mittelpunkt der Bhagavad-Gīta, wie die dort sehr häufigen verschiedenartigen Anwendungen des Ausdrucks ātmanā ātmānam (= Pali: attanā attānam) zeigen. Z. B.: Yatra caiv'ātmanā'tmānam pasyann-ātmani tusyati, "wenn er das Selbst durch das Selbst erkennt, so ist er in seinem Selbst zufrieden" (VI, 19); vgl. ferner II, 55; III, 42; VI, 5, 6. - Hieraus ist ersichtlich, daß der Buddha, entgegen der Ansicht einiger Autoren, sehr wohl eine Kenntnis der Grundlehren des Vedanta, bzw. der Upanischaden gehabt und sich mit ihnen auseinander gesetzt hat
[13] Hierin (verstehe) eines Menschen Reinheit! (ettāvatā yakkhassa suddhi). Yakkha bedeutet hier, lt. K und MNidd.: Wesen (satta) oder Mensch. Dieser Gebrauch des Wortes geht auf den Atharva-Veda zurück. Siehe Anm. zu v. 435.
[14] Hier werden, lt. K vier der fünf 'Hemmungen' (nīvarana) genannt: Heftigkeit entspricht der Hemmung 'Haß'; Erregung der 'Unruhe'; Lüste bezieht sich auf die 'Sinnengier'; Schlaffheit auf 'Starrheit und Müde'.
[15] Beseitiger der schrankenlosen Laster (sīmantānam vinetāram). Die Bedeutung des Wortes sīmanta ist ungewiß. K gibt zwei Erklärungen: 1) Die 'Grenze' (sīma) ist die Lebensweise guter Menschen; deren 'Ende' (anta) oder andere Seite sind die geistigen Befleckungen (kilesa). Vgl. hierzu pariyantacāri, v. 964 Anm.; 2) sīmanta sind die vom Buddha Belehrbaren (buddha-veneyya), seien es Jünger der Hohen Schulung (sekha) oder Weltlinge (puthujjana). Sollte diese Erklärung auf eine Lesart su-mantānam zurückgehen? Hiernach wäre etwa zu übersetzen: "Ein Lenker der Verständigen".