Itivuttakam 40-49 - [Pali Version]

40. Das Wissen - 3. Vijjā Sutta

Das Unwissen geht dem Auftreten unheilsamer Dinge voran, und gleich folgen ihm Mangel an Scham und Scheu. Das Wissen geht dem Auftreten heilsamer Dinge voran, und gleich folgen ihm Scham und Scheu.

(= A X.105 = S 45.1).

 

Die schlimmen Wege dieser Welt,
die schlimmen Wege jener Welt
Nichtwissen ihre Wurzel ist,
Verlangen, Sucht, wird angehäuft.

 

Wer immer voller Ehrgeiz ist,
wer schamlos ist und ehrfurchtslos,
der brütet böses Böses aus,
der Abweg, der ist ihm gewiß.

 

Daher entreize wohl der Mönch
den Willen, Sucht, Unwissenheit,
und Wissen laß er steigen auf,
so läßt er schlimme Wege ganz.

 


41. Die Weisheit - 4. Paññāparihīna Sutta

Jene Wesen, die großen Mangel leiden, sind die, welche der edlen Weisheit ermangeln. Sie weilen schon zu Lebzeiten unglücklich, in Sorge, Verzweiflung und Leidenschaften, und bei Auflösung des Leibes, nach dem Tode, steht ihnen schlechte Fährte bevor.

Jene Wesen, die keinen Mangel leiden, sind die, welche nicht der edlen Weisheit ermangeln. Sie weilen schon zu Lebzeiten glücklich, ohne Sorgen, Verzweiflung und Leidenschaften, und bei Auflösung des Leibes, nach dem Tode, steht ihne gute Fährte bevor.

 

Die Weisheit völlig mangelt ihr,
der Welt mit ihrer Götterschar,
gegründet in Begriff und Bild
im Wahne, daß da Wahrheit sei.

(= Sn 756 Z. 2-4)

 

Die beste Weisheit in der Welt
ist's, welche zum Durchbohren führt,
durch welche völlig man erkennt
Versiegung von Geburt und Sein.

 

Die Götter und die Menschen,
sie beneiden Voll-Erwachte wohl,
die achtsam und gar weise sind,
die tragen ihren letzten Leib.

(Vgl. Dhp 181)

 


42. Scham und Scheu - 5. Sukkadhamma Sutta

Zwei helle Dinge beschützen die Welt. Welche zwei? Scham und Scheu. Würden nämlich diese beiden hellen Dinge nicht die Welt beschützen, so würde man da nicht darauf achten. "Das ist Mutter, das Mutters Schwester, das das Weib von Mutters Bruder; das ist die Gattin des Lehrers, das die Ehefrau eines Verehrungswürdigen." - Die Welt würde sich vielmehr vermischen wie Schafe, Ziegen, Hühner, Schweine, Hunde und Schakale. Weil nun aber diese beiden hellen Dinge die Welt beschützen, deshalb achtet man auf jenes. (= A II/7)

 

Wer allzeit Scham und Scheu besitzt,
im Hellen gründet solcher sich
beim Wege durch Geburt und Tod,
wenn wieder er hernieder steigt.

 

Bei denen aber Scham und Scheu
gegründet in der Lehre fest,
bei solchen wächst Asketentum,
solch Stiller Wiedersein versiegt.

 


43. Das Ungeborene - 6. Ajāta Sutta

Es gibt ein Ungeborenes, Ungewordenes, Unerschaffenes, Ungestaltetes. Gäbe es dieses Ungeborene, Ungewordene, Unerschaffene, Ungestaltete nicht, so wäre hier keine Entrinnung aus dem Geborenen, Gewordenen, Geschaffenen, Gestalteten zu erkennen. Weil es nun aber ein Ungeborenes, Ungewordenes, Unerschaffenes, Ungestaltetes gibt, deshalb ist hier ein Entrinnung aus dem Geborenen, Gewordenen, Geschaffenen, Gestalteten zu erkennen. (= Ud VIII.3)

 

Geborn was ward, erschienen ist,
gewirkt, gestaltet ohn' Bestand,
gestaltet zu Geburt und Tod,
Gebrechlicher, Zerbrechendes:
aus Nahrung was herangeführt,
das reicht nicht als genügent aus.

 

Dem zu entrinnen, das ist Ruh',
das Ew'ge, jenseits Grübelein,
was ungeborn, entstanden nicht,
was Stätte ohne Kummer, Reiz,
wo alles Leiden aufgelöst:
das Wohl des Ungestalteten.

 


44. Die beiden Arten von Nirvana - 7. Nibbānadhātu Sutta

Zwei Arten des Nirvana gibt es. Welche zwei? Die Art des Nirvana mit Rest von Bezügen und die Art des Nirvana ohne einen Rest von Bezügen.

Was ist nun die Art von Nirvana mit einem Rest von Bezügen? Da ist ein Mönch ein Heiliger, Triebversiegter, Endiger, hat das Werk gewirkt, die Last abgelegt, das eigne Heil erlangt, völlig die Daseinsfessel versiegt, ist in vollkommener Weisheit erlöst. Seine fünf Fähigkeiten sind felsenfest, und unbeeinflußbar (v. 1. a-vigata) wird er des Angenehmen und Unangenehmen inne, empfindet er Wohl und Wehe. Dessen Versiegung von Gier, Haß und Irre - das nennt man die Art von Nirvana mit einem Rest von Bezügen.

Was ist nun die Art von Nirvana ohne einem Rest von Bezügen? Da ist ein Mönch ein Heiliger, Triebversiegter, Endiger, hat das Werk gewirkt, die Last abgelegt, das eigne Heil erlangt, völlig die Daseinsfessel versiegt, ist in vollkommener Weisheit erlöst. Wenn dessen gesamte Fühlbarkeit, an der er keinerlei Genügen mehr hat, schon hier kühl werden kann - dann nennt man das die Art von Nirvana ohne einen Rest von Bezügen. Dies also sind die zwei Arten des Nirvana.

 

Zwei Arten des Nirvana hier erklärt'
Uneingepflanzter klaren Aug's:
Die eine Art zur Lebenszeit
noch mit Bezug besteht -
jedoch die Daseinsader ist versiegt;
die von Bezügen freie jenseits liegt,
wo gänzlich alles Werdesein entweicht.

 

Was nicht gestaltet, wer erkannt,
erlöst, von Daseinsader frei,
den Kern der Dinge wer erreicht
versiegensfroh: läßt alles Sein.

 


45. Zurückgezogenheit - 8. Paṭisallāna Sutta

Weilt so, daß ihr an der Zurückgezogenheit erfreut, der Zurückgezogenheit froh seid, innige Gemütsruhe erkämpft, der Schauung nicht widerstrebt, durchdringenden Blick gewinnt, ein Freund leerer Klausen seid (s. M 32). Wer so weilt, darf zwei Früchte erwarten: Gewißheit zu Lebzeiten, oder, ist noch ein Rest von Bezügen für ihn von Bedeutung, Nichtwiederkehr.

 

Die still im Herzen, selbstbeherrscht
gar achtsam sich der Schauung weihn,
die durch die Dinge blicken gut,
den Sinnenlüsten abgewandt,

 

die Stillen, ernsten Mutes froh,
des leichten Sinnes Graus gewahr,
entronnen allem Rückfall sind
sie baldig dem Nirvana nah.

(Vers 2 = Dhp 32 m. Ä.)

 


46. Segen der Übung - 9. Sikkhānisaṃsa Sutta

Verweilt im Segen der Übung, mit höherer Weisheit, mit der Erlösung als Kern, von Achtsamkeit beherrscht. Wer so weilt, darf zwei Früchte erwarten: Gewißheit zu Lebzeiten, oder, ist noch ein Rest von Bezügen für ihn von Bedeutung, Nichtwiederkehr.

 

Wer völlig übt, die Lehre nimmer läßt,
in höhrer Weisheit wer Geburtversiegung schaut,
der Denker mit dem letzten Leib, der Dünken ließ,
ihn nenne über alles Altern ich hinaus.

(Z. 3/4 = It 38)

 

Seid stets der Schauung froh, geeinten Sinns,
schaut unermüdlich hier Versiegung der Geburt,
besieget Maro hier mit seinem Heer als Mönch,
entfaltet das, was jenseits von Geburt und Tod.

 


47. Wachsam - 10. Jāgariya Sutta

Wachsam weile der Mönch, achtsam, klarbewußt, geeint, voll Freude, abgeklärt. Und bei den heilsamen Dingen wisse er klar die rechte Zeit. Wer so weilt, darf zwei Früchte erwarten: Gewißheit zu Lebzeiten, oder, ist noch ein Rest von Bezügen für ihn von Bedeutung, Nichtwiederkehr.

 

Ihr Wachen, höret dieses hier,
die ihr im Schlafe liegt, erwacht:
weit besser Wachen ist als Schlaf,
für Wachende gibts keine Furcht,

 

Wer wachsam, achtsam, klarbewußt,
geeint, erfreut und abgeklärt,
beizeiten der die Satzung mag erforschen,
er mag den Nebel dringen durch alleinsam.

(Z. 3/4 = Sn 975)

 

So üb' er Wachsamkeit beherrscht,
sei unermüdlich, schauungsfroh
geburts- und altersfessel-frei:
Erwachung, höchste, er erfährt.

 


48. Der Abweg - 11. Āpāyika Sutta

Zwei sind dem Abweg, der Hölle, verfallen, wenn sie folgendes nicht überwunden haben: Wenn einer Keuschheit gelobt, aber unkeusch lebt; wenn eine jemanden, der in vollkommen lauterer Keuschheit wandelt, grundlos der Unkeuschheit bezichtigt. Diese sind dem Abweg, der Hölle, verfallen, wenn sie jenes nicht überwunden haben.

 

Wer Falsches aussagt, steigt hinab zur Hölle,
und wer getan als ungetan verleugnet;
selbander sind im Tode gleich sie worden:
verworfner Werke ausgeborne Menschen.

(= Dh 306 = Sn 661 = Ud IV/8)

 

Gar mancher trägt das Mönchsgewand
und ist ein Schurke, ist ein Lump;
die Schlechten steigen selbst hinab
durch schlechtes Tun zu schlechtem Sein.

(= Dh 307)

 

Weit besser einen Eisenball
verschlingen, der rotglühend ist,
denn milde Speisung nehmen an
als schlechter, sittenloser Mensch.

(= Dh 308 = It 91)

 


49. Zwei Ansichten - 12. Diṭṭhigata Sutta

Götter und Menschen, die sich in der Gasse der Ansichten zwiefach verfestigt haben, bleiben entweder unten hängen oder laufen zu weit - nur die, die Augen haben, sehen.

Wie bleiben die einen unten hängen? Götter und Menschen freuen sich des Daseins, sind am Dasein erfreut und ergötzt. Wird diesen nun die Lehre von der Daseinsauflösung verkündet, so werden sie nicht angesprochen, zufrieden, gefestigt und hingeneigt. Auf diese Weise bleiben die einen unten hängen.

Und wie laufen andere zu weit? Die da das Dasein ablehnen, davor Abscheu haben, davor zurückschrecken, sie haben Genügen am Nichtdasein. Sie sehen es als Heil an, wenn man beim Zerfall des Leibes, nach dem Tode, ausgerottet und vernichtet wird, daß man eben nach dem Tode nicht mehr ist. Und so wähnen sie: "Das ist die Ruhe, das ist das Zid, das ist das Gemäße." Auf diese Weise laufen andere zu weit.

Und wie sehen die, die Augen haben? Da sieht ein Mönch das Gewordene als geworden. Nachdem er das Gewordene als geworden angesehen hat, beginnt er des Gewordenen überdrüssig zu werden, es als reizlos zu empfinden und es aufzulösen. Auf diese Weise sehen die, die Augen haben.

 

Gewordnes als geworden schau'n
und also übersteigen es,
so wird tatsächlich man erlöst,
der Durst nach Werden wird versiegt.

 

Gewordnes wer als Mönch durchschaut,
wer Durst nach Dasein ganz verliert,
durch Nichtsein des Gewordenen
gelangt er zu Nicht-Weitersein.

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