SUTTA-NIPĀTA, Lehr-Dichtungen

III:10. Kokālika (Kokālika-Sutta)  - [Pali]

 

(Kokālika bedeutet: 'der aus der Provinz Kokali'. - Der Prosateil und die Verse 657-660 finden sich auch im Samy.-Nik. 6.10; in Geigers Übersetzung, wo auch die verschiedenen anderen Parallelstellen zu unserer Sutte genannt sind. Nach Meinung des K ist der Mönch unseres Textes nicht identisch mit dem gleichnamigen, im Culla-Vagga erwähnten Anhänger Devadattas. Letzterer, den K Mahā-Kokālika nennt, sei aus brahmanischer Familie gewesen, während der Culla-Kokālika unserer Sutte der Sohn eines Kaufmanns war. Vgl. aber die dem obigen Parallel-Text im Samy.-Nik. vorausgehenden Sutten Nr. 7-9. In Nr. 7 werden mit Bezug auf einen Kokālika dieselben Verse gesprochen, wie in Nr. 8 von einem im Culla-Vagga der Vinaya gleichfalls als Devadatta-Anhänger bezeichneten Mönch. Es wäre auffällig, wenn dann die folgende Sutte Nr. 10 einen anderen Kokālika betreffen sollte.)

 

So habe ich gehört. Einst weilte der Erhabene zu Sāvatthi, im Jeta-Hain, im Kloster des Anāthapindika. Da begab sich der Mönch Kokālika zum Erhabenen, begrüßte ihn ehrerbietig und setzte sich seitwärts nieder. Seitwärts sitzend sprach der Mönch Kokālika zum Erhabenen also: "Üble Wünsche hegen, o Herr, Sāriputta und Moggallāna, unter den Einfluss übler Wünsche sind sie geraten! "

 

Auf diese Worte sprach der Erhabene zum Mönch Kokālika: "Sprich nicht so, Kokālika! Sprich nicht so, Kokālika! Erfülle dein Herz, o Kokālika, mit Vertrauen zu Sāriputta und Moggallāna! Liebenswert sind ja Sāriputta und Moggallāna!" Und zum zweiten Mal sprach der Mönch Kokālika zum Erhabenen: "Obwohl für mich der Erhabene vertrauenswürdig und zuverlässig ist, so hegen doch eben Sāriputta und Moggallāna üble Wünsche, sind unter den Einfluss übler Wünsche geraten." Ein zweites Mal sprach zu ihm der Erhabene: "Sprich nicht so, Kokālika . . ." Doch auch ein drittes Mal sprach zu ihm der Mönch Kokālika: "Obwohl für mich, o Herr...." Und ein drittes Mal sprach der Erhabene: "Sprich nicht so, Kokālika! . . ." Da erhob sich der Mönch Kokālika von seinem Sitz, verehrte den Erhabenen ehrerbietig, vollzog die Rechtsumwandlung und entfernte sich.

 

Nicht lange aber, nachdem der Mönch Kokālika gegangen war, bedeckte sich sein ganzer Körper mit senfkorngroßen Beulen. Wie Senfkörner geworden, wurden sie dann so groß wie Munga-Bohnen; wie Munga-Bohnen geworden, wurden sie dann so groß wie Kicher-Erbsen - wie Brustbeeren-Kerne - wie Brustbeeren selber - wie Myrobalan-Früchte - wie unreife Bilva-Früchte - wie reife Bilva-Früchte. Und als sie so groß wie reife Bilva-Früchte waren, brachen die Beulen auf, und Eiter und Blut ergoss sich aus ihnen. Und der Mönch Kokālika starb an eben dieser Krankheit und ward wiedergeboren in der Paduma-Hölle, da er in seinem Herzen Feindschaft hegte gegen Sāriputta und Moggallāna.

 

Da nun begab sich in vorgeschrittener Nacht der Brahma Sahampati, mit seiner Schönheit den ganzen Jeta-Hain erhellend, zum Erhabenen, verehrte ihn ehrerbietig und blieb seitwärts stehen. Seitwärts stehend, sprach Brahma Sahampati zum Erhabenen also: "Der Mönch Kokālika, o Herr, ist gestorben, und nach seinem Tode ward er in der Paduma-Hölle wiedergeboren, da er in seinem Herzen Feindschaft hegte gegen Sāriputta und Moggallāna." So sprach Brahma Sahampati. Und nach diesen Worten verehrte er ehrerbietig den Erhabenen, vollzog die Rechtsumwandlung und entschwand auf der Stelle.

 

Nach Ablauf dieser Nacht wandte sich der Erhabene an die Mönche: "In dieser Nacht, als sie schon vorgeschritten war, da hat sich, o Mönche, Brahma Sahampati zu mir begeben und hat also gesprochen: 'Der Mönch Kokālika, o Herr, ist gestorben . . . So sprach Brahma Sahampati. Nach diesen Worten verehrte er mich ehrerbietig, vollzog die Rechtsumwandlung und entschwand auf der Stelle."

 

Darauf sprach ein Mönch zum Erhabenen also: "Wie lang ist wohl, o Herr, die Lebenszeit in der Paduma-Hölle?" - "Lang, o Mönch, ist die Lebenszeit in der Paduma-Hölle. Nicht leicht ist es, sie in Zahlen zu nennen: so viele oder so viele hundert Jahre, so viele tausend oder hunderttausend Jahre." - "Kann man aber, o Herr, dafür ein Gleichnis geben?" -

"Man kann es, o Mönch. Wenn da, o Mönch, eine Wagenladung Sesamkörner aus dem Kosala-Lande wäre, zwanzig Khari-Maße fassend. Hiervon würde ein Mann immer nach Ablauf von hunderte Jahren ein Sesamkorn wegnehmen. Schneller, o Mönch würde bei solchem Vorgehen die Wagenladung Sesamkörner erschöpft und zu Ende gegangen sein, als eine einzige Lebenszeit in der Abbuda-Hölle.

In dieser Paduma-Hölle nun ward der Mönch Kokālika wiedergeboren, da er in seinem Herzen Feindschaft hegte gegen Sāriputta und Moggallāna." So sprach der Erhabene. Und nachdem der Gesegnete dies gesagt hatte, sprach der Meister ferner noch dieses:

 

657 [662]

Wenn in das Dasein tritt der Mensch,
erwächst im Mund ihm gleichsam eine Axt,
Mit der ein Tor sich selber schneidet, indem er üble Worte spricht.

 

658 [663]

Wer Tadelnswerten lobt und Lobenswerten tadelt,
Der sammelt mit dem Munde Unheil;
Kraft diesen Unheils findet er kein Glück.

 

659 [664]

Verlust beim Würfelspiel ist nur geringes Unglück,
Selbst wenn man alles und sich selbst verspielt.
Dies aber bringt viel größeres Unheil:
Wenn Heilige man haßt in seinem Geiste.

 

660 [665]

Für hunderttausend sechsunddreißig Nirabbuda-Zeiten
Und ferner fünf Abbuda-Zeiten noch
Geht in die Hölle, wer die Heiligen schmäht,
Wer Wort und Geist auf solches Übel richtet.

 

661 [666]

Wer Falsches redet, geht zur Hölle,
Auch wer da leugnet, was er wirklich tat.
Wenn abgeschieden, sind sie beide gleich
In anderer Welt, die Menschen niederer Tat.

 

662 [667]

Wer hassesledigen Menschen haßt,
Den Mann, der lauter, fleckenlos,
Auf diesen Toren fällt die Übeltat zurück,
Wie feiner Staub, den man gen Wind geworfen.

 

663 [668]

Zu wessen Eigenschaften Gier gehört,
Der wird auch Schmähwort sprechen gegen andere.
Mißtrauisch ist er, geizig, unfreigebig
Und neidisch, auch Verleumdung spricht er.

 

664 [669]

Du Lästermund, du Lügner, du gemeiner Mensch,
Verderber du der Wesen [1], Böser, Missetäter,
Du Niedrigster der Menschen, Unheilbringer, Mißgeburt!
Sprich nun nichts mehr! Ein Höllensohn bist du!

 

665 [670]

Schmutz hast du angesammelt, dir zum Unheil.
Friedliche schmähtest du, ein Übeltäter.
Nachdem du viele üble Taten hast getan,
Gehst du für lange Zeit zur Welt des Abgrunds.

 

666 [671]

Denn keinem kann sein Werk verloren gehen,
Der Eigner, wahrlich, er erlangt es eben [2].
In anderer Welt ja wird gar schweres Leiden
Der Tor erfahren an sich selbst, der Übeltäter.

   

667 [672]

Die Stätte, wo mit Eisenspeeren er geschlagen,
Den scharfen Eisenpfahl erleidet er.
Glühendes Erz in Kugelform geballt,
Gibt es als Nahrung dort, wie's ihm gebührt.

 

668 [673]

Nicht schöne Rufe sind's, die dort ertönen, [3]
Nicht eilt man auf sie zu (mit freundlichem Gesicht). [4]
Nicht finden sie dort irgendeinen Schutz
Auf einem Lager liegen sie von glühenden Kohlen,
In Flammen, Scheiterhaufen gleich, sind sie geraten.

 

669 [674]

Nachdem man in ein Netz sie eingefangen,
Schlägt man mit Eisenhämmern auf sie ein.
In tiefe Finsternis gelangen sie sodann,
So weit erstreckend wie die große Erde.

 

670 [675]

In erzenen Kessel dann geworfen,
Von Flammen, Scheiterhaufen gleich, sind sie umgeben.
Darin durch lange Zeiten leiden sie,
Aufsiedend in der Feuermasse.

 

671 [676]

Und im Gemisch von Blut und Eiter,
Wie leidet dort der Übeltäter!
Auf welche Körperstelle er sich legt,
Dort ist durch die Berührung er gepeinigt.

 

672 [677]

Im Bereich dann des Gewürms, im Wasser,
Wie leidet dort der Übeltäter!
Nicht ist ein Ufer da, um sich zu retten;
Gleichmäßig wölbt sich überall der Kessel.

 

673 [678]

Zum Wald mit schneidend-scharfen Schwerter-Blättern
Gelangen sie, zerschneiden völlig sich die Glieder.
Mit Angelhaken an der Zunge dann gepackt,
Zu Tod zerrt man sie hin und her.

 

674 [679]

Zum Fluß Vetārani, der schwer zu kreuzen,
Zum ätzend-scharfen kommen sie dann hin.
Dort stürzen sie hinein, die Toren,
Die Übeltäter, die viel Übeltat getan.

 

675 [680]

Die Jammernden, sie werden dort gefressen
Von schwarzen und gefleckten (Höllenhunden), [Ergänzung in ( ) laut K]
Von Rabenscharen und Schakalen, voller Gier;
An ihnen zerren Adler auch und Krähen.

 

676 [681]

Erbärmlich ja ist solche Lebensform,
Die dort ein Mann erfährt, ein Übeltäter.
Daher in diesem Lebensrest hienieden,
Tu seine Pflicht der Mensch! Nicht sei er lässig!

 

677 [682]

Nach Sesam-Wagenlasten messen Kundige die Zeit,
Die in der Hölle Paduma man zubringt:
Fünf Myriaden Kotis sind es
Und noch weitere zwölfhundert.

 

678 [683]

Bis hier beschriebene Höllenleiden sind erschöpft,
So lange Zeit hat dort man zu verbringen.
Daher durch Eigenschaften, lauter, liebenswert und gut,
Soll ständig man bewachen Worte und Gedanken!

[1] Verderber der Wesen (bhūnahu). Wahrscheinlich = Skr. bhrūna-hā (Töter des Embryo; Abtreiber; Zerstörer des Lebenskeims). K: "bhūti-hanaka, vuddhi-nāsaka", d.i. 

In Mittlere Sammlung No. 75 gebraucht der Wanderasket Māgandiya denselben Ausdruck als einen Vorwurf gegen den Buddha, offenbar in dem Sinne, daß der Buddha das Lebensprinzip im Menschen abtöte. Vgl. hierzu Prof. N. K. Bhagwat, "Did the Buddha kill the Child in Man (bhūna)?" ("B. C. Law Volume", Part II, p. 61, Poona 1946.)


[2] Lesart im K, der hier gefolgt wurde: Itiha tam; in PTS: eti ha tam (er geht, oder es kommt, zu ihm).

[3] Zeile a. - Wtl.: Nichts Schönes sagen die Sprecher. Laut K bezieht sich dies auf die Höllenwächter, welche rufen: "Packt und schlagt sie!"

[4] Zeile b. - Ergänzung in ( ) laut K


 


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