SUTTA-NIPĀTA, Lehr-Dichtungen

II:3. Scham (Hiri-Sutta) - [Pali]

 

(Der Titel 'Scham' bezeichnet nicht den Gesamtinhalt der Sutte, sondern nimmt nur das erste Wort des Pali-Textes auf. Lt. Entstehungs-Geschichte im K stellen die Verse Antworten auf verschiedene Fragen dar. Dies mag als Erklärung dafür genommen werden, daß die Verse 253-255 mit den folgenden keinen rechten Zusammenhang haben. Die Themen der im Sn so häufigen Frage-Antwort-Dichtungen sind meistens nur lose oder gar nicht mit einander verbunden. Die ganze Sutte findet sich im Jātaka 363; v. 257 = Dhp. 205.)

 

253

Wer Scham verletzt, sie geradezu verachtet,
Wer sich als einen Freund wohl ausgibt,
Doch nicht mal leichte Dienste übernimmt,
Erkenn' ihn klar als nicht zu dir gehörig!

 

254

Wenn Tat nicht folgt dem Liebeswort,
Das einer zu den Freunden spricht,
Dann werden Kluge ihn durchschauen
Als einen, der nicht handelt, der nur redet!

 

255

Der ist kein Freund, der ständig, unablässig,
Als Vorkehr gegen Zwist, nach Schwächen späht.
Bei dem man ruht, wie an der Vaterbrust das Kind,
Der ist ein Freund, durch andere unentfremdbar.

 

256

Ein Quell [1], der lautere Freude spendet,
ein Glück des höchsten Preises wert, -
Dies schafft sich, wer, die Segensfrucht im Sinn,
des Menschtums Bürde kraftvoll trägt.

 

257

Den Trank der Einsamkeit,
den Trank des inneren Friedens wer ihn schlürft,
Wird frei von Furcht und Schlechtigkeit,
wenn jenen Trank er schlürft: Begeisterung an der Lehre.

[1] Quelle (der Freude) = thāna, hier mit der Bedeutung 'Ursache'. K bemerkt, daß diese Ursache die Tatkraft ist und zitiert hierzu Angutt. Nik., Einer-Buch Nr. 18: "Wer in einer gut verkündeten Lehre und Ordnung seine Tatkraft anspannt, der lebt glücklich."


 

II:4. Das Heil (Mahā-Mangala-Sutta)

 

(Das Mahā-Mangala-Sutta findet sich gleichfalls im Khuddaka-Patha und im Paritta-Buch. Es ist eine der bekanntesten Zusammenfassungen buddhistischer Laienmoral. Die hier zutreffende Bedeutung des Wortes mangala ist glück-, heil- und segenbringend, und will auf den Glauben an Glück bringende Omina, Riten etc. anspielen, dem hier das, was wahres und zuverlässigeres Glück bringt, entgegengesetzt wird.)

 

 

So habe ich gehört. Einst weilte der Erhabene zu Sāvatthi, im Jeta-Hain, im Kloster des Anāthapindika. Da nun begab sich in vorgeschrittener Nacht eine Gottheit, mit ihrer außerordentlichen Schönheit den ganzen Jeta-Hain erhellend, zum Erhabenen, verehrte ihn ehrerbietig und blieb seitwärts stehen. Seitwärts stehend redete die Gottheit den Erhabenen mit diesem Verse an:

 

258 (DIE GOTTHEIT)

Um das, was Heil bringt, haben Götter und der Menschen viele
In Glückserwartung nachgesonnen. O künde du nun höchstes Heil!

 

259 (DER ERHABENE)

Kein Umgang je mit Toren, Gemeinschaft mit Verständigen nur,
Verehrung derer, die verehrenswert, - das, wahrlich, ist das höchste Heil.

 

260

An günstigem Orte seinen Wohnsitz haben, in früherem Leben gute Tat vollbracht,
Und selbst nun hohem Streben folgen, - das, wahrlich, ist das höchste Heil!

 

261

Reich sein an Wissen und an Können, die Sittenregel gut geübt,
Nur Wohlgesprochene Worte reden, - das, wahrlich, ist das höchste Heil!

 

262

Den Eltern jede Hilfe geben, Fürsorglichkeit für Weib und Kind,
Beschäftigung, die ruhig und geordnet, - das, wahrlich, ist das höchste Heil!

 

263

Freigebigkeit und rechtlich leben, Fürsorglichkeit für die Verwandten,
Beschäftigung von tadelfreier Art, - das, wahrlich, ist das höchste Heil!

 

264

Von Schlechtem abstehen, sich enthalten; berauschendes Getränk vermeiden,
In allem Guten unermüdlich sein, - das, wahrlich, ist das höchste Heil!

 

265

Ein Herz voll Ehrfurcht und voll Demut, zufriedenes und dankbares Gemüt,
Zur rechten Zeit der Lehre lauschen, - das, wahrlich, ist das höchste Heil!

 

266

Zugänglich und geduldig sein, Besuchen von Asketen auch,
Zur rechten Zeit ein Lehrgespräch, - das, wahrlich, ist das höchste Heil!

 

267

Asketenübung und der keusche Wandel, die Einsicht in die Edle Wahrheit,
Nibbāna selber dann erfahren, - das, wahrlich, ist das höchste Heil!

 

268

Ein Herz, das nicht erzittert, wird es von weltlichem Geschehen [2] getroffen,
Das frei von Kummer, fleckenlos und friedvoll, - das, wahrlich, ist das höchste Heil!

 

269

Die solches sich erwirkt, sind überall und immer unbesiegt;
Sie gehen überall zum Glück, - dies ist für sie das höchste Heil!

[2] Von weltlichem Geschehen (lokadhammehi). Es sind dies besonders die als die 'acht Dinge oder Gesetze der Welt' (atthakadhamma) bezeichneten Wechselfälle des Lebens: Gewinn und Verlust, Ehre und Verachtung, Lob und Tadel, Glück und Unglück. Hierüber siehe A.VIII.5.


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