Vimāna Vatthu

2. Purisa Vimāna

5. Mahāratha Vagga

63. (V,13): Der kleine Wagen - 13. Cūḷaratha Vimānavatthu

Zur Zeit des Buddha Kassapo war ein junger Mann in dessen Orden eingetreten, war aber ein tugendhafter Weltling geblieben. Nach seinem Tode erschien er bei den Dreiunddreißig, lebte dort deren volle Lebenszeit und kam immer wieder in jenem Himmel zur Geburt. Im Jahre 30 nach der Erwachung unseres Buddha ward er als Mensch wiedergeboren, und zwar als Sohn des Königs von Asseka. Er erhielt den Namen Prinz Sujāto. Als seine Mutter, die erste Gemahlin des Königs, gestorben war, erhob dieser eine andere Frau zum Range der ersten Gemahlin. Sie gebar ihm bald auch einen Sohn. Der König war darüber hoch befriedigt und gewährte ihr die Erfüllung eines Wunsches. Sie sagte, sie würde ihn zu gegebener Zeit daran erinnern. Als Sujāto 16 Jahre alt war, also ein Jahr nach dem Tode des Buddha, bat sie den König um Erfüllung des ihr gewährten Versprechens. Als er fragte, was sie wünsche, sagte sie: "Gib den Thron meinem Sohn." Zornig schalt er sie: Wie könne das sein, solange Sujāto lebe, der wie ein Götterprinz sei. Die Königin drängte und bohrte immer wieder, aber vergebens. Schließlich sagte sie eines Tages, wenn er es ernst mit der Wahrheit meine, dann müsse er sein Versprechen erfüllen. Da bekam der König ein schlechtes Gewissen. Er ließ Prinz Sujāto rufen, informierte ihn und brach in Tränen aus. Sujāto kamen ebenfalls die Tränen, und er schlug vor, die Hauptstadt zu verlassen und anderswo hinzugehen. Der König erklärte, er werde ihm eine andere Stadt bauen, dort könne er regieren. Als der Prinz das ablehnte, schlug der König vor, ihn an den Hof verbündeter Könige zu senden. Auch das wollte der Prinz nicht, sondern er schlug vor, daß er in den Wald ziehen würde. Der König umarmte ihn, küsste ihn auf den Kopf und sagte, er möge nach seinem Tode zurückkehren und den Thron einnehmen.

Sujāto wurde nun ein Waldbewohner und lebte als Jäger. Eines Tages verfolgte er auf der Jagd ein Reh und kam dabei zur Hütte eines Waldeinsiedlers. Dort wohnte der ehrwürdige Mahākaccāno. Er sah ihn vor seiner Blätterhütte sitzen. Als Kaccāno den Jüngling auf seinen Bogen gestützt da stehen sah, wandte er sich an ihn:

(975)
Kaccāno:
Du mit dem starken Bogen da,
gestützt auf ihn von festem Holz,
bist Adliger, bist Königssohn,
bist Jäger du, der jagt im Wald?
 
(976)
Sujāto:
Bin Sohn des Herrn von Assaka,
im Walde lebe ich, o Herr.
Ich sag dir meinen Namen, Mönch:
Sujāto werde ich genannt.
 
(977)
Als ich verfolgte hier ein Reh,
gelangt in dieses Dickicht ich,
doch sah ich da anstatt des Rehs
nur dich und blieb ja darum stehn.
 
(978)
Kaccāno.
Willkommen, groß ist dein Verdienst,
nicht schlecht ist's, daß du hierher kamst.
Empfange Wasser hier von mir
und spüle deine Füße ab.
 
(979
Gar kühl ist dieses Wasser hier,
aus Bergeshöhlen hergebracht.
Trink davon etwas, du mein Prinz,
dann setz dich hier ins Gras zu mir. )
 
(980)
Sujāto.
Vortrefflich deine Rede ist,
ich hör sie, großer Muni, gern,
ist fehlerfrei hat Sinn, ist lieb,
bedachtsam sprichst du Sinnvolles.
 
(981)
Wieso hast Lust du nur, im Wald zu wohnen?
Gefragt von mir, sag an, o Stier der Seher,
dem Pfade deiner Rede will ich lauschen
dem Wahrheitspfad zum Heile will ich folgen.
 
(982)
Kaccāno:
Verletzen Lebewesen nie,
das ist's, was uns gefällt, o Prinz,
von Stehlen und von Ausschweifung,
von Sichberauschen sind wir fern.
 
(983)
Dem Bösen fern, dem Rechten nah,
viel Gutes hören, dankbar sein
und loben, was so sichtbar ist,
das ist es, was ist lobenswert.
 
(984)
Fünf Monate nur sind es noch,
dann kommt der Tod zu dir herbei.
Verstehe dieses recht, o Prinz
und werde frei, solang noch Zeit.
 
(985)
Sujāto:
Zu welchem Lande muß ich gehn
welch männlich Werk muß wirken ich,
durch welches Wissen ich erlang
daß ich da frei von Alter, Tod?
 
(986)
Kaccāno:
Nicht findet irgend sich ein Land
nicht gibt's ein Wissen oder Werk
wodurch, mein Prinz, ein Sterblicher
könnt sich befrein von Alter, Tod.
 
(987)
Wer viel besitzt, wer ist sehr reich,
wie Adlige mit ihrem Land,
auch wer hat noch soviel an Geld
er wird nicht frei von Alter, Tod.
 
(988)
Die Söhne Andhakavenhus
die starken Helden, angriffsfroh,
auch ihnen schwand die Lebenskraft
vernichtet sind für immer sie.
 
(989)
Brahmanen, Adel, Bürgervolk,
die Diener, Kastenlosen auch,
wer immer auch geboren ist,
er wird nicht frei von Alter, Tod.
 
(990)
Die da mit Sprüchen gehen um,
mit den sechs Vedas, Brahmas Werk,
wer immer wissensreich auch ist
er wird nicht frei von Alter, Tod.
 
(991)
Und auch die Seher stillgemut
die Büßer, die gezügelt sehr,
auch sie verlassen diesen Leib,
wenn ihre Zeit sich hat erfüllt.
 
(992)
Die geistesmächt'gen Heiligen,
die triebfrei taten, was zu tun
selbst sie den Leib hier legen ab,
Verdienst und Fehl versiegt auch da.
 
(993)
Sujāto:
Gar wohlgesprochen, sinnerfüllt
sind deine Verse, Muni groß,
beruhigt bin ich durch dein Wort
sei du nun meine Zuflucht hier.
 
(994)
Kaccāno:
Bei mir nicht nehme Zuflucht du,
zu ihm mußt nehmen Zuflucht du
zum Sakyersohn, dem großen Held,
zu dem auch ich nahm Zuflucht einst.
 
(995)
Sujāto:
In welchem Lande weilt er denn,
dein Lehrer sag, Verehrter, mir.
Ihn zu erblicken will ich gehn,
den Sieger, der ist ohne Fehl.
 
(996)
Kaccāno:
Im Lande, das im Osten liegt,
geboren aus Okkakos Stamm,
der Meister war, der beste Mensch,
doch ist erloschen kürzlich er. 
 
(997)
Sujāto:
Wenn der Erwachte noch gelebt,
dein Meister, dann, Verehrter, ich
würd tausend Meilen wandern hin,
damit bei ihm ich sitzen könnt. 
 
(998)
Und wenn er auch erloschen ist,
dein Meister, oh verehrter Herr,
da nehme trotzdem Zuflucht ich
zu dem erloschnen großen Held. 
 
(999)
Zum Buddha komm zur Zuflucht ich,
zur allerbesten Lehre auch,
zum Göttermenschen-Orden noch,
ich nehme also Zuflucht dort. 
 
(1000)
Vom Töten steh sofort ich ab,
was ungegeben in der Welt vermeid ich,
trink keinen Rauschtrank, lüge nicht,
zufrieden mit der eignen Frau.

 

Darauf meinte Kaccāno, es sei nicht mehr sinnvoll, noch länger im Walde zu bleiben. Er solle daher lieber in den restlichen fünf Monaten seines Lebens gute Werke tun, um in den Himmel zu kommen. Dafür solle er zu seinem Vater zurückkehren. Das tat der Prinz auch. Sein Vater wollte ihm sofort den Thron überlassen, aber Sujāto berichtete ihm, daß er nur noch vier Monate zu leben habe. Was nütze ihm da der Thron? Er wolle gute Werke tun. Nachdem der König den Bericht über die Begegnung mit Kaccāno gehört hatte, wurde er hocherfreut und im Herzen dessen Lehre geneigt. Er ließ ein großes Kloster errichten und lud dann Kaccāno zur Einweihung ein. Dieser kam auch, und der König und Sujāto versorgten ihn und die Mönche mit allem Notwendigen. Sie hörten deren Lehrdarlegungen und wurden in den Zufluchten und den Tugenden gefestigt.

Nach vier Monaten starb Sujāto und erschien bei den Dreiunddreißig. Dort besaß er einen prächtig geschmückten Wagen. Kaum dort angekommen, begab er sich wieder zur Erde, um seiner "eigenen" Einäscherung beizuwohnen, die gerade vollzogen wurde und bei der auch Kaccāno mit den Mönchen anwesend war. Dort begrüßte er seinen Vater und den Ordensälteren, der sich wie folgt an ihn wandte:

(1001)
Kaccāno:
Der tausendstrahl'gen gleich er leuchtet
die Himmelsrichtungen erhellend überall
nach allen Seiten sieben Meilen weit.
Dein großer Wagen, ausgestattet reich,
 
(1002)
mit goldnen Platten ist versehn er überall
die Deichsel ausgeschmückt mit Perlen, Edelsteinen
und die Gravuren, die aus Gold und Silber
durchsetzt noch mit Beryll, sind wohlgestaltet.
 
(1003)
Das Vorderteil ist ausgelegt wohl mit Beryll
am Joch Rubine, die tiefrot,
und diese Rosse, die gedankenschnellen
sind ebenfalls mit Gold und Silber angejocht.
 
(1004)
So stehst du da im goldnen Wagen
wie Götterkönig mit den tausend Rossen
Ich frage dich, der ruhmvoll ist und kiug:
Woher hast diesen Vorzug du erlangt?
 
(1005)
Sujāto:
Sujāto bin gewesen ich,
der Königssohn war ich, o Herr
du hast dich meiner angenomm
hast mich die Zügelung gelehrt.
 
(1006)
Mein Lebensende wußtest du
vom Meister gabst Reliquien mir:
"Verehre sie, o Sujāto
zum Heile dienen wird es dir."
 
(1007)
Nachdem mit Blumen und mit Duft
recht handelnd ich Verehrung zeigt
verließ ich bald den Menschenleib
und kam zum Wonnehaine hier.
 
(1008)
Im Wonnehain, der lieblich ist,
wo reichlich Vogelscharen sind
erfreu ich mich an Tanz und Sang
umgeben von der Nymphen Schar.

Bemerkungen:

Der nüchterne Inhalt der breit ausgemalten Geschichte ist: Beim Buddha Kassapo war der Mann Mönch, ohne auch nur den geringsten Sicherheitsgrad zu erreichen. Nach dem Tode unseres Buddha begnügte er sich bei Kaccāno wiederum mit Zuflucht und Tugend und Geben und Verehrung, ohne auch jetzt der Überwindung von Alter und Tod näherzukommen. Er wurde kein Ariya, obwohl er von Kaccāno immer wieder hörte, daß es notwendig sei, sich von Alter und Sterben zu befreien. Aber er war offensichtlich noch nicht reif dafür und braucht vielleicht einen dritten Buddha, um Ariya zu werden.

Immerhin hat Kaccano ihm dazu verholfen, daß er das Töten von Tieren aufgab und gute Werke tat, so daß er jedenfalls wieder den Status erlangte, den er beim Buddha Kassāpo gewonnen hatte und von dem abzusinken er auf dem Wege war.

 

Vers 978: Wenn Kacccāno sagt, Sujātos Verdienst sei groß, dann ist damit natürlich nicht gesagt, daß die Jagd verdienstvoll sei. Er will vielmehr das Gegenteil ausdrücken: Es ist verdienstvoll, daß Sujāto zu ihm fand und somit die Chance hatte, dem Abweg zu entrinnen.

Vers 980: Das Lob der Rede Kaccānos bezieht sich nicht auf den Inhalt, denn Inhaltsvolles hat er noch gar nicht gesagt, sondern wohl auf die Art der Rede eines Heiligen, die Sujāto ansprach.

Vers 981: Wahrheitspfad (Dhammapada)

Vers 982. Nichtverletzen, Gewaltlosigkeit (a-himsa) ist für Sujāto das wichtigste Tugendgebot. Daher sagt er in Vers 1000, daß er dies Töten sofort aufgibt.

Ob Sujāto verheiratet war ist nirgends gesagt. Das dritte Tugendgebot ist formelmäßig mit genannt (ebenso in 1000).

Vers 986: Wissen (vijja) ist hier das Brahmanen-Wissen der Veden. Die drei Wissen des Buddha (ti-vijja) führen aber gerade zur Freiheit von Geburt und Tod, denn sie kulminieren im dritten dieser Wissen, der Triebüberwindung.

Vers 987, 989 - 991 = Pv 217 - 220

Vers 988: Die Söhne Andhakavenhus waren zehn wilde Gesellen (s. Jat. 454 und Pv II,6)

Vers 992: Mit dem Erlöschen des Heiligen versiegt alles, was er an Verdienst und Fehl (puñña-papa) gewirkt hatte.

Vers 995: Ohne Fehl (a-pati-puggala), wohl zu verstehen als "der nichts gegen die Menschen hat", ohne Ablehnung. Nach PED S. 396: ohne Rivale, unvergleichlich, KEN in Thag 185 "herrlich überall". Der Buddha hatte sehr wohl Rivalen (Devadatto, Mahāvira), aber er war unvergleichlich, z.B. in Freiheit von Ablehnung und Abwehr.


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