PETA-VATTHU

Buch II

II,13: Ubbarī

(367)
Sprecher:
Einst Brahmadatta König war
als Herrscher über Pañcala.
Als Tage, Nächte gingen hin,
erfüllt der König seine Zeit.
 
(368)
Als seine Leiche ward verbrannt,
da weinte Kön'gin Ubbarī,
nicht sehend Brahmadatta mehr,
rief klagend "Brahmadatta" sie.
 
(369)
Ein Seher naht, ein Denker, der
im Wandel wohl bewähret war.
Er fragte die, die dort ertraf,
die dort versammelt hatten sich:
 
(370)
Seher:
Für wen ist der Verbrennungsplatz,
von Düften mannigfach umweht,
und wessen Gattin hier beweint
den, der da weiter wanderte,
nicht sehend Brahmadatta mehr,
ruf klagend "Brahmadatta" sie.
 
(371)
Sprecher:
Dort antworteten jene ihm,
die dort versammelt hatten sich:
Der Brahmadatta ist's, o Herr,
heil dir und Brahmadatta auch,
 
(372)
es ist dies sein Verbrennungsplatz,
von Düften mannigfach umweht,
und dessen Gattin hier beweint
den, der da weiterwanderte,
nicht sehend Brahmadatta mehr,
ruft klagend "Brahmadatta" sie.
 
(373)
Seher:
Der Tausend sechsundreißig sind
an Brahmadattas hier verbrannt,
wer dieses Namens ist es dann,
dem du hier trauerst nach, sag an!
 
(374)
Ubbarī:
Der König, Sohn der Cūlani,
der Herrscher über Pañcala,
dem meine Trauer gilt, o Herr,
dem Gatten, der mir alles war.
 
(375)
Seher:
Sie alle waren Könige,
die hießen Brahmadatta einst,
sie alle Söhne Cūlanis,
des Herrschers über Pañcala.
 
(376)
Den allen bist der Reihe nach
gewesen erste Königin.
Weshalb läßt du die früheren
und trauerst um den letzten nur?
 
(377)
Ubbarī:
Wenn ich als Frau hab da gelebt
so lange Zeiten nun, o Herr,
ist's deshalb wohl, daß du gesagt,
ich kreiste oft im Wandelsein?
 
(378)
Seher: 
Du warst schon Frau, du warst ein Mann,
auch in den Tierschoß gingst du ein,
was da vergangne Zeiten sind,
da findet man kein Ende je.
 
(379)
Ubbarī:
Wie Feuer brannte Kummer mir,
in das man flüss'ge Butter gibt;
gleichwie man Wasser gießt hinein,
hast alles Weh du mir gelöscht.
 
(380)
Des Kummers Stachel zogst du raus,
der mir in meinem Herz gesteckt.
Den Kummer, der mich ganz erfüllt,
den Gattenkummer nahmst du mir.
 
(381)
Der Kummerstachel, der ist fort,
bin kühl geworden, brandgelöscht,
ich trau're nicht, ich wein nicht mehr,
nachdem ich, Großer, dich gehört.
 
(382)
Sprecher:
Nachdem sein Wort vernommen sie,
das wohl gesprochen der Asket,
ergriff sie Mantel, Schale und
ward hauslos eine Pilgerin.
 
(383)
Nachdem sie fortgezogen war
vom Haus in die Hauslosigkeit,
entfaltet sie ein liebend Herz,
um einzugehn in Brahmawelt.
 
(384)
Sie wanderte von Dorf zu Dorf
durch Städte und durch Königsland,
und Uruvela hieß das Dorf,
wo ihre Zeit erfüllte sich.
 
(385)
Nachdem ein liebend Herz gepflegt,
erschien sie in der Brahmawelt,
das Frauensein war ihr entreizt,
so kam sie in die Brahmawelt.

 


Bemerkungen:

Der Kommentar sagt, daß der Buddha einer Witwe, die um ihren Mann trauerte, diese Geschichte vom König Cūlani-Brahmadatta erzählte und sie dadurch vom Kummer befreite.

Ein König Cūlani-Brahmadatta, Herr über die Pañcala, ist der Held des 546. Jātaka, und zwar ist Sāriputto damals der König gewesen. Dort wird aber über seinen Tod und seine Witwe nichtsgesagt.

In Thig 51 - 53 trauert eine Frau namens Ubbiri (nicht Ubbarī wie hier) um ihr Kind und wird dann Nonne und Heilige.

In Jat.207 trauert umgekehrt wie hier ein König um seine Frau Ubbari. Die war aber eitel und in ihre Schönheit verliebt. So wurde sie als Mistkäfer wiedergeboren.

Verse 379 - 381 = 50 - 52 = 222 – 224

Vers 385: das Frauensein (itthi-citta, eig. Frauen-Herz) war ihr entreizt (vi-rāga), aber ebenso muß Männern das Männerdasein entreizt sein, wenn sie zu Brahma kommen wollen. Da Ubbarī hier die Lehre nicht kannte, kam sie über Brahma nicht hinaus.


  Oben zeilen.gif (1054 bytes)