In längst vergangenen Zeiten lebte in Benares eine Hetäre, die von ungewöhnlicher Schönheit war. Besonders hatte sie herrliches schwarzes Haar, fein und weich und gelockt. Wenn sie es lose trug, reichte es ihr bis zu den Hüften. Die jungen Männer der Stadt verliebten sich bei ihrem bloßen Anblick schon in sie. Überall wurde sie als die schönste Frau gepriesen. Einige Frauen wurden nun neidisch auf sie, besonders mißgönnten sie ihr das schöne Haar. Sie berieten sich, wie sie ihr wohl schaden könnten. Sie bestachen dann ihre Dienerin. Diese gab ihrer Herrin einen Trank, der Haarausfall verursachte. Während die Hetäre im Ganges badete, verabreichte die Dienerin ihr den Trank. Daraufhin fielen ihr die Haare mit der Wurzel aus, und sie war plötzlich kahl wie ein Kürbis. Sie schämte sich ungemein und wollte nicht wieder in die Stadt gehen. Sie schlang ein Tuch um ihren Kopf und ließ sich vor den Stadttoren nieder. Nach einigen Tagen verließ sie das Schamgefühl wegen ihrer Kahlheit. Sie preßte Sesam aus und erwarb ihren Lebensunterhalt durch Verkauf von Öl und Alkohol. Eines Tages hatten zwei oder drei Männer bei ihr zuviel getrunken und fielen in tiefen Schlaf. Da stahl sie ihnen die Mäntel aus Geldgier.
Etwas später sah sie eines Tages einen Mönch auf dem Almosengang. Der war ein Heiliger. Sie fühlte tiefen Respekt vor ihm, ohne zu wissen warum, lud ihn zu sich ein und bot ihm Ölkuchen an. Von Mitleid bewogen aß er ihn, und nachdem er ihr gedankt, ging er fort. Sie aber fühlte große Freude über ihre Gabe. Und sie wünschte, daß ihr das Verdienst dafür reifen würde, indem sie ihr schönes Haar wieder erhielt.
Als sie starb, wurde sie eine glückliche Petī mit einem schönen Vimāna im Ozean. Ihr Haar war wie zuvor, doch wegen der gestohlenen Kleider war sie nackt und konnte sich nur mit den Haaren bedecken. Außerdem war sie allein, einsam, ohne Gesellschaft. So vergingen lange Zeiten. Wenn sie starb, wurde sie immer wieder als glückliche Petīin denselben Umständen wiedergeboren.
Als unser Buddha in der Welt erschienen war, fuhren etwa hundert Kaufleute aus Sāvatthī zum Goldland. Ihr Schiff wurde in jene Gegend des Ozeans verschlagen, an dem die Petī lebte. Dort zeigte sich die Petī ihnen, und der Führer der Kaufleute wandte sich an sie:
Der gläubige Anhänger hatte großes Mitleid mit ihr und
fragte sich, ob man den Höllensturz nicht verhindern könne. Er kam
zu dem Schluß, daß sie durch die Gabe an ihn schon solchen Nutzen gehabt
hätte. Wie viel mehr müßte ihr eine Gabe an den Buddha und den Orden nützen.
Nachdem er ihr dies mitgeteilt hatte, spendete sie den Kaufleuten himmlische
Nahrung, Kleidung und Juwelen für den Orden, vor allem einen himmlischen
Mantel für den Buddha. Die Kaufleute kehrten dann nach
Sāvatthī zurück und übergaben dem Buddha den Mantel.
Am nächsten Tag luden sie den Buddha und den Orden zum
Essen ein und widmeten die Gabe ihr. Die Wirkung war,
daß die Hölle für sie verschwand und daß sie bei den Göttern der Dreiunddreißig
wiedergeboren wurde, geschmückt mit vielen Juwelen und mit einem Gefolge von
tausend himmlischen Nymphen.
Bemerkungen:
Was aus den neidischen Frauen und der bestechlichen
Dienerin wurde ist nicht überliefert.
Die negativen Taten von ihr waren: Diebstahl der
Kleider der Betrunkenen; Verführung anderer zum Alkohol
durch ihren Ausschank; Beruf als Hetäre. Demgegenüber wirkte die eine gute Tat
an einen Heiligen so, daß sie viele Wiedergeburten eine glückliche
Petī
war, nur nackt und einsam. Aber dann war ihr Verdienst
aufgezehrt, und es stand ihr die Hölle bevor.
Vers 58: draußen (bahitthita), v.l. mah'iddhika (große Magie). In diesem Falle wünschte er, ihre Magie zu sehen.
Vers 64: kommt noch sehr häufig später vor.
Vers 70 - 71: ebenso in M.129 und M.130, Jat.530, ebenso in Pv 692 - 693.
Vers 69 - 72 = Pv 239 - 242.