In Rājagaha lebte ein unermeßlich reicher Mann, der nur unter dem Namen Mahā-dhana-setthi ("viel reicher Gildemeister") bekannt war. Er hatte einen einzigen Sohn, den er abgöttisch liebte. Seine Eltern überlegten sich: "Wenn unser Sohn auch tausend Taler pro Tag ausgibt, so wird sein Vermögen selbst in hundert Jahren nicht aufgebraucht sein. "Daher ließen sie ihn keinen Beruf und keine Kunst lernen, weil sie dachten: "Da das Erlernen einer Kunst eine ermüdende Anstrengung bedeutet, so mag er eben bei gesundem Körper und Geist bequem seinen Reichtum genießen." Als er dann 16 Jahre alt geworden war, führten sie ihm eine entzückende Braut zu, die er nur zu gern heiratete. Daß sie auch nicht den leisesten Sinn für das Religiöse hatte, bemerkte er nicht einmal. Mit ihr verbrachte er seine Zeit, nur dem Vergnügen, der Lust, der Zerstreuung hingegeben. Gaben gab er keine und behandelte Asketen und Brahmanenverächtlich.
Als seine Eltern gestorben und er der Alleinerbe des riesigen Vermögens geworden war, fielen die letzten Schranken, die ihn noch zurückgehalten hatten. Er gab nun mit vollen Händen sein Geld an Tänzer, Sänger, Trinker, Schauspieler, Spieler, die sich, wie Motten zum Licht, um ihn drängten und ihn ausbeuteten. Die Sucht zur Übersteigerung ließ ihn immer neue und kostspieligere Ideen finden. Und bei diesem Prassen begann selbst der riesige Reichtum spürbar abzunehmen. Da verfiel er auf das Glücksspiel, und nun verschlang der Moloch um so schneller sein Vermögen. Eines Tages war das Vermögen durchgebracht, und er stand vor dem Ruin. Da begann er, um sein Leben des gewohnten Leichtsinns und der verspielten Leichtigkeit noch fortsetzen zu können, sich Geld zu pumpen. Er erhielt es zunächst auch, da er ja eine stadtbekannte Persönlichkeit war. Er verpfändete dafür all seinen Besitz, Haus und Hof, Feld und Flur. Eines Tages waren auch die Pfänder und sein Kredit zu Ende. Die Gläubiger nahmen ihm alles ab, und er stand vor dem Nichts. Es blieb ihm nichts anderes übrig, als zum Bettler zu werden. So lebte er denn im Armenhaus der Stadt kläglich dahin, immer in Sehnsucht nach seinen glücklichen Zeiten.
Er starb nun aber nicht an Kummer, machte auch keinen Selbstmord aus Verzweiflung, sondern - er traf eines Tages den Führer einer Einbrecherbande. Dieser Gangsterchef sagte zu ihm: "Was hast du denn von deinem armseligen, mühsamen Bettelleben? Du bist jung und stark. Komm doch zu uns und verschaffe dir wieder ein besseres Leben. "Er bot ihm an, ihn zum Einbrecher auszubilden. Da stimmte er freudig zu. Was seine Eltern ihm hatten ersparen wollen, die Berufsausbildung, das mußte er nun doch nachholen, denn auch das Diebeshandwerk will gelernt sein. So mußte er zum erstenmal in seinem Leben arbeiten und lernen und sich aktiv bemühen. Als er die Anfangsgründe des Räuberwesens einigermaßen beherrschte, nahm ihn die Bande eines Tages mit auf ihre Tour. Sie postierten ihn an der Tür des Hauses, in das sie einbrechen wollten, gaben ihm eine große Keule in die Hand und sagten, er müsse jeden erschlagen, der sie an der Arbeit stören würde. Er hatte nicht das geringste Gefühl, daß dies böse sein könne. In seiner lebensfremden Unerfahrenheit versagte er kläglich. Als die Bewohner des Hauses erwachten, sahen sie ihn, nahmen ihn fest, während die anderen davonliefen. Er wurde zum König gebracht, der den auf frischer Tat Ertappten, nach dessen Bande man schon lange gefahndet hatte, zum Tode durch Enthaupten verurteilte. Unter schrillem Trommelwirbel und mit Peitschenschlägen angetrieben wurde der mit den Händen auf dem Rücken Gefesselte zur Richtstätte geführt, die vor den Toren lag. Die Bevölkerung freute sich und klatschte Beifall, da nun endlich der Übeltäter gefaßt war, vor dem kein Haus sicher zu sein schien.
Während er so durch die Straßen geführt wurde, sah ihn Sulasā, die Stadtschöne, die stadtbekannte, reizende Hetäre, als sie vom Fenster auf den Straßenlärmblickte. In seinen glücklichen Zeiten hatte er Umgang mit ihr gehabt. Nun fühlte sie Mitleid mit ihm, der von den Höhen göttergleichen Genusses so tief herabgestürzt war. Aus Erbarmen sandte sie ihm rasch einige Süßigkeiten und einen frischen Trunk mit der Bitte an die Wächter, ihm diesen Genuß vor seiner Hinrichtung als "Henkersmahlzeit" noch zu gestatten. Sie überlegte nicht lange, was ihm denn dies noch nützen könne, sondern sie handelte impulsiv aus spontanem Mitleid.
Um diese Zeit weilte der ehrwürdige Mahāmoggallāno in Rājagaha. Er pflegte am Morgen mit dem himmlischen Auge über die Welt zu schauen, um zu sehen, wo Hilfe und Förderung angebracht war. Da sah er nun diesen Jüngling. Auch er hatte großes Mitleid mit ihm, denn er sah klar, daß dieser noch heute zur Hölle gelangen würde, wenn der Scharfrichter sein Haupt von seinem Rumpf trennen würde. Mahāmoggallāno überlegte: "Da dieser Mann auch nicht das winzigste Verdienst gewirkt, sondern nur leichtsinnige und schlechte Taten getan hat, ist er der Hölle verfallen. Wie wäre er zu retten? Wenn er mir die Süßigkeiten und den Trunk geben würde, dann wäre das genug Verdienst für ihn, statt in der Hölle im Himmel wiedergeboren zu werden. "So ging er zu den Wächtern und kam gerade in dem Augenblick, als die Geschenke Sulasās ihm gebracht wurden. Als der Delinquent den ehrwürdigen und von Liebe erfüllten Mönch herantreten sah, da schoß es ihm durch den Kopf: "Was habe ich denn davon, wenn ich diese Süßigkeiten esse? Bevor ich sie verdauen kann, ist mir der Kopf abgeschlagen, und die Würmer werden sie fressen. Wenn ich sie aber diesem ehrwürdigen Mönch spende, dann könnten sie mir zur Wegzehrung für die andere Welt dienen. "Plötzlich, angesichts des sicheren Todes, fiel ihm die andere Welt ein, um die er sich sein ganzes bisheriges Leben nicht gekümmert hatte, und auch das Gesetz von Saat und Ernte tauchte ihm aus den Tiefen seines Bewußtseins auf. Was aber hatte er für gute Saat aufzuweisen? Nichts, absolut gar nichts, außer der Möglichkeit, jene Süßigkeiten zu spenden. So gab er freudig die Gabe der Hetäre an den Mönch weiter. Dieser aß alles auf, trank den Trunk und ging des Weges. Der Jüngling aber fühlte sich trotz seiner Lage zum ersten Mal seit langem wieder froh und heiter.
Sein Schicksal aber nahm seinen Lauf. Das Hinrichtungskommando setzte nach jener Episode den Weg fort und gelangte zur Richtstätte. Dort wurde ihm der Kopf abgeschlagen. Wegen der Spende an einen Heiligen, an einen der größten Jünger des Erwachten, hatte er sich solches Verdienst erwirkt, daß ihm der Weg zu einer hohen Himmelswelt offen stand. Aber im Augenblick seines Todes hatte sich sein Sinn Sulasā zugewandt. Er dachte, daß er ihr jene Gabe verdanke, die ihn so erhoben hatte, als er sie weitergab. Aber er dachte auch sehnsüchtig an die Sinnenlust, die er mit ihr erlebt hatte. So war sein Herz im Todesmoment nicht nur auf Geben, Dankbarkeit und Himmelswelt ausgerichtet, sondern auf Habenwollen, Genießenwollen mit dem Fleischleib. Durch dieses vorwiegende Bewußtsein gelangte er dann nicht zu den Göttern der Dreiunddreißig oder noch höher, sondern nur zu den erdnahen Göttern der Vier Großkönige. Er wurde eine Baumgottheit, die an einen mächtigen Banyan-Baum mit dichtem Schatten im Dschungel nahe Rājagaha gebunden war.
Als eines Tages Sulasā vor die Stadt fuhr, erschien er ihr, und er konnte sie kraft seiner Fähigkeiten in sein "Himmelsschlößchen" entführen. Zuerst war sie glücklich mit ihm, dann aber merkte sie, wie ihre alte Mutter sich verlassen fühlte und um ihre Tochter jammerte und klagte. So bat sie ihn nach einer Woche, sie wieder nach Hause zu lassen. Da er ihr sehr zugetan war und in ihr seine Retterin vor der Hölle verehrte, zögerte er keinen Augenblick, ihren Wunsch zu erfüllen. Die Leute hatten sie schon überall gesucht und wunderten sich nun, wo sie die ganze Woche gewesen sei. Als sie die Wahrheit erzählte, wollte man es zuerst nicht glauben, sie konnte aber die Menschen überzeugen. Diese staunten und riefen: "Wahrlich, die Heiligen sind der beste Boden in der Welt für Verdienst. Selbst eine so kleine Gabe läßt einen Menschen unter den Göttern wiedergeboren werden. "Die Kunde von dieser Geschichte drang bis zu den Mönchen, die sie dem Erwachten erzählten. Er gab daraufhin den Mönchen dazu folgende Merkverse:
Bemerkungen:
Der Anfang dieser Geschichte bis zum Schuldenmachen wird ähnlich aus lange zurückliegenden Zeiten von einem Großkaufmann aus Benares erzählt, der 800 Millionen besaß und dessen Sohn Mahā-dhanako (Großes Vermögen Habender) genannt wurde. Dort nimmt die Erzählung aber einen anderen Verlauf: Der Jüngling will sich ertränken usw. (Jat.482).
Im 419. Jātaka wird von einer Hetäre Sulasā
aus Benares erzählt, die sich in einen erfolgreichen Einbrecher verliebte, als
der zur Richtstätte geführt wurde. Dort aber will sie ihn befreien, was ihr auch
gelingt.
Der Playboy oder Sonnyboy scheint auf den ersten Blick außer der Verachtung von
Asketen nichts Böses getan zu haben. Allerdings war er bereit, zu rauben und zu
töten. Außerdem hatte er offenbar durch seine
Verschwendung auch seine Frau ins Unglück gestürzt, hatte in seiner
Ausschweifung Ehebruch betrieben und kräftig dem Alkohol gefrönt. So hatte er
alle Sīlas der Taten verletzt: Töten und Stehlen als Berufsausbildung,
Ausschweifung als Ehebruch, Rauschmittel als Gewohnheit. Und
dann hatte er, als er verarmte, nicht irgendeine Tätigkeit als Diener oder
ungelernter Arbeiter angenommen, sondern lag der Gemeinschaft auf der Tasche,
indem er ganz selbstverständlich das Armenhaus ausnutzte und von den milden
Gaben der Menschen lebte. Arbeitsscheu und asozial hatte er gelebt. Keine Spur
von Höherem war in ihm. Dies alles zusammen und vielleicht noch eine Disposition
von früher bestimmten ihn zur Hölle, wenigstens zu der mildest
möglichen. Die Gabe an einen Heiligen dagegen konnte ihn etwa bis zu den
Stillzufriedenen Göttern bringen, wenn er nicht allzu menschliche Gelüste
gepflegt hätte. Aber nachdem der Buddha die Lehre dargelegt hatte, gelangten er
und Sulasā zum Verständnis der Lehre.