PETA-VATTHU

Buch I - Uraga Vagga

I,2: Das Schweinemaul - Sūkaramukhapetavatthu

Zu Lebzeiten des früheren Buddha Kassapo lebte unter ihm ein Mönch, der seinen Körper asketisch gezügelt hatte und in Taten nicht das Geringste tat, was einem Mönch nicht ziemt. Darin war er anderen überlegen. Aber er konnte seine Rede nicht bezähmen und kritisierte und schalt seine Mitmönche bei jeder Gelegenheit.
Nach dem Tode wurde er in der Hölle wiedergeboren. Dort mußte er lange Qualen erleiden. Erst als unser Buddha auf Erden erschien, war seine böse Ernte zu Ende. Seine Erleichterung bestand darin, daß er nun als Peta wiedergeboren wurde, als ein normales Hungergespenst, das Speise und Trank entbehrte. Dabei war sein Astralleib von goldener Schönheit, aber sein Mund war wie beim Schwein. Er lebte nahe dem Geierkulm an dessen Fuß. Als nun der ehrwürdige Nārada morgens in die Stadt Rājagahaum Almosenspeise ging, sah er den Peta traurig an der Straße stehen und sprach ihn an:


(4)
Nārada:
Wie gülden glänzt dein Körper dir,
in jede Richtung leuchtet er,
dein Mund jedoch ist wie beim Schwein.
Welch Werk hast früher du gewirkt?
 
(5)
Peta:
Im Tun, da hab ich mich bezähmt,
im Reden aber tat ich's nicht,
deshalb seh ich nun also aus,
wie du es, Nārada hier siehst.
 
(6)
So sag ich dir nun, Nārada,
was du hier selber also siehst:
Tu nimmer Böses mit dem Mund,
damit kein Schweinemaul du wirst.
 

Bemerkungen:

Der Mönch Nārada kommt außer hier noch in I,3, III,7 - 9 und öfter in Vv vor. In den Lehrreden erscheint er nur in S.12.68, während der Mönch Nārada in A.V.50 ein anderer sein muß, da diese Rede lange nach dem Buddha unter König Mundo, dem Urenkel Ajatasattus, spielt.


I,3: Der Stinkmund - Pūtimukhapetavatthu

Ebenfalls zur Zeit des Buddha Kassapo lebten zwei gute Freunde als Mönche. Sie übten sich in Tugend und Herzensläuterung und lebten in Frieden und Harmonie bei einem Dorfe. Eines Tages erschien bei ihnen auf seiner Wanderschaft ein Ordensbruder, den sie freundlich aufnahmen. Er ging dann mit ihnen auf Almosengang ins Dorf. Dort sah er, wie die Dorfbewohner die beiden Mönche aufs höchste verehrten und ihnen die besten Dinge spendeten. Da überlegte er sich: "Entzückend ist dieses Dorf, es gibt reichlich Almosen, die Menschen sind von Glauben erfüllt. Hier kann man gut leben, aber nicht, solange die beiden anderen hier sind."

Und er begann, einen bei dem anderen zu verleumden, zu verdächtigen und schlecht zu machen. Zuerst wollten sie es nicht glauben, aber schließlich fraß sich das Gift doch ein, und sie wurden mißtrauisch. Und weil sie mißtrauisch waren, deuteten sie alle Indizien falsch. Schließlich verließen sie, ohne dem anderen etwas zu sagen, den Platz, und jeder ging anderswo hin.

Als die Leute nach den beiden fragten, sagte der Verleumder, sie hätten dauernd miteinander gestritten, und er hätte vergebens versucht, sie zu versöhnen. Die Leute aber waren froh, daß sie jedenfalls noch ihn hatten.
Nach einigen Tagen aber überfiel ihn immer stärker das schlechte Gewissen. Vorwürfe und Reue plagten ihn und verdüsterten sein Gemüt. Binnen kurzem starb er - und wurde in der Erzhölle wieder geboren. Zur Zeit unseres Buddha war seine Höllenqual abgelaufen, und er wurde von der Hölle befreit. Nun war er ein Peta, der nahe Rājagaha lebte. Vom Geierkulm herab kommend, sah ihn Nārada und sprach ihn an:
 

(7)
Nārada:
Gar himmlisch lieblich bist du an zu sehn und schön,
du stehst und schwebst im Raume in der Luft,
doch deinen übelriechend Mund zerfressen Würmer.
Was ist es für ein Werk, das einstmals du gewirkt?
 
 (8)
Peta:
Ich war Asket, war böse, Schlechtes redend,
Im Wandel Büßer, unbezähmt in Worten.
Erlangt hab ich durch Buße schöne Artung,
doch stinkt mein Mund, weil ich hab hintertragen.
 
(9)
Dies hast du, Nārada, nun also selbst gesehn,
was mitleidsvoll die Guten würden sagen:
"Sprich niemals hintertragend, niemals lügend,
dann wirst gewiß ein wunschgenießend Yakkha du."

 


Die beiden Mönche aber trafen sich nach einiger Zeit wieder. Da erzählten sie sich gegenseitig, was der Verleumder gesagt hatte. So wurden sie wieder Freunde, und die alte Harmonie kam wieder auf. Sie begaben sich zu ihrem Dorf, und als die Leute sie erblickten, waren sie überglücklich und versorgten sie mit allem. Die beiden aber übten sich in der Lehre und entwickelten immer tiefere Einsicht. Schließlich erreichten sie beide die Heiligkeit.


Bemerkungen:

Der böse Mönch war ein reiner Verleumder, er hetzte mit Lügen die anderen gegeneinander auf und verbreitete Unwahrheiten über sie. Hintertragen im eigentlichen Sinne hatte er wohl nicht, denn von Hintertragen spricht man nur bei wahren Dingen. Aber vielleicht hatte er auch einmal ein leichtes Vergehen des einen weitergetragen oder etwas aus der Vergangenheit und es dann aufgebauscht und zur Spaltung benutzt. Jedenfalls gelangte er in die schlimmste aller Höllen, in die Erzhölle, was der Mönch in I,2 noch nicht erlebte. Sein Sinn ist nun nur auf die nächst höhere Götterwelt gerichtet. Wer nicht lügt und hinterträgt, der komme zu den Vier Großkönigen, zu denen die Yakkhas gehören (Vers 9).


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