Jātakam, Wiedergeburtsgeschichten
544. Die große Erzählung von Narada Kassapa (Maha-Narada-Kassapa-Jātaka)
[1] - [Pali]
544.x (Niraya-Kanda)
„Es war ein König der Videhas“
§A. Dies erzählte der Meister, da er im Latthivana-Parke
[2]
verweilte, mit Beziehung auf die Bändigung des Uruvela-Kassapa
[3]. Nachdem nämlich der Meister das Rad der Lehre in
Bewegung gesetzt und sodann den Uruvela-Kassapa und die anderen Asketen sich
Untertan gemacht hatte, begab er sich, um bei dem Könige von Magadha das
Versprechen auszulösen
[4], umgeben von den tausend früheren Jatilas
[5] nach dem Parke Latthivana. Darauf kam der König von Magadha mit einer
zwölf Myriaden [6] zählenden Versammlung herbei,
bezeigte dem mit den zehn Kräften Ausgestatteten seine Verehrung und setzte sich
neben ihn. Da stieg inmitten der Versammlung den Brahmanen und den Hausvätern
folgender Zweifel auf: „Führt nun wohl Uruvela-Kassapa bei dem großen Asketen
[7] den heiligen Wandel oder der große Asket bei
Uruvela-Kassapa?“ Da dachte der Erhabene: „Ich werde sie erkennen lassen, dass
Kassapa bei mir die Weltflucht betätigt“, und sprach folgende Strophe:
- §0.1. „Was sahest du, Bewohner Uruvelas,
- dass du das Feuer aufgabst, der du Büßer
- genannt wirst? Kassapa, ich frage dich:
- Warum verließest du das Feueropfer?“
Auch der Thera erkannte die Absicht des Erhabenen und erwiderte:
- §0.2. „Die Körper, Töne und die Wohlgeschmäcke,
- Lüste und Weiber preisen die Opfersprüche.
- Da ich dies als Befleckung im Leben
[8] erkannte,
- drum freut' ich mich nicht mehr an Opfer und Feuer.“
Nachdem er diese Strophe gesprochen, legte er, um zu zeigen, dass er selbst
der Schüler sei, sein Haupt auf die Füße des Vollendeten und sagte: „Mein
Meister ist, Herr, der Erhabene; der Schüler bin ich.“ Darauf sprang er eine
Palme hoch, zwei Palmen hoch, drei Palmen hoch, bis zur Höhe von sieben Palmen
siebenmal in die Luft empor, kam wieder herab, bezeigte dem Vollendeten seine
Verehrung und setzte sich ihm zur Seite. Als die Menge dies Wunder sah, sagte
sie: „Ach, von großer Macht ist der Buddha! Obwohl Uruvela-Kassapa zu solchem
Vertrauen auf seine Stärke gelangt war und sich selbst für heilig hielt, hat er
jetzt das Netz seines Irrglaubens zerrissen und sich von dem Vollendeten
bändigen lassen.“ So redete sie nur von dem Vorzuge des Meisters. Der Meister
aber erwiderte: „Nicht wunderbar ist es, dass ich jetzt, wo ich die
Allwissenheit erlangte, diesen bändigte. Früher, in der Zeit, da ich noch von
Lüsten erfüllt war, war ich ein Brahma namens Narada, zerstörte das Netz seines
Irrglaubens und machte ihn gehorsam.“ Und darauf erzählte er auf die Bitte der
Versammlung folgende Begebenheit aus der Vergangenheit.
§B. Ehedem herrschte im Königreiche Videha zu Mithila ein König namens
Amgati, ein gerechter, rechtlicher König. Er hatte eine Tochter mit Namen Ruja,
die sehr schön und lieblich war. Diese hatte hunderttausend Weltalter hindurch
dafür Gebete dargebracht und hatte deshalb als ein Wesen voll von Verdiensten im
Schoße der ersten Gemahlin des Königs ihre Wiedergeburt genommen. Die übrigen
sechzehntausend Frauen des Königs aber waren unfruchtbar. — Ihm war diese
Tochter lieb und angenehm. Er schickte ihr täglich fünfundzwanzig Blumenkörbe
mit mannigfachen Blumen gefüllt und feine Gewänder, damit sie sich damit
schmücken solle. Die festen und flüssigen Speisen waren unbegrenzt; alle
vierzehn Tage sandte er ihr tausend Kahapanas, damit sie Almosen spende
[9].
Er hatte aber drei Minister, Vijaya, Sunāma und Alāta. Als nun einmal das
viermonatliche Vollmondsfest kam und die Stadt sowohl wie auch sein
Haremsgebäude gleich einer Götterstadt geschmückt war, saß er wohl gebadet und
wohl gesalbt und mit allem Schmucke geziert in dem Thronsaale, dessen Fenster
geöffnet war, umgeben von der Schar seiner Minister, und betrachtete die reine
Fläche des Himmels und die Mondscheibe, wie sie aufstieg. Da sagte er:
„Entzückend fürwahr ist die klare Nacht; mit welchem Vergnügen wollen wir uns
heute erfreuen?“ So fragte er seine Minister.
Um dies zu verkünden, sprach der Meister:
- §1. Es war ein König der Videhas
- mit Namen Amgati, der Edle,
- mit vielen Wagen, vielem Geld,
- ein Mann von grenzenloser Macht.
-
- §2. Und in der Nacht des fünfzehnten,
- als die erste Nachtwache nicht zu Ende,
- am viermonatlichen Vollmondsfest,
- versammelt er seine Minister,
-
- §3. die weisen, heil'gen Wissens voll,
- die vorher lächelten [10], die klugen,
- den Vijaya, Sunāma, auch
- Alātaka, den Heerführer.
-
- §4. Sie fragte nun der Vedeha:
- „Sag' jeder einzeln, was er wünscht.
- Das viermonatliche Fest ist heut',
- das Vollmondsfest; fort ist das Dunkel.
- Mit welcher Freude wollen wir
- in dieser Nacht die Zeit verbringen?“
Als er sie so fragte, brachten sie ihre Vorschläge so wie sie den Wünschen
eines jeden entsprachen.
Um dies zu verkünden, sprach der Meister:
- §5. Darauf sprach folgendes Alāta,
- der Heerführer des Königs war:
- „Das fröhliche, gerüstete
- vollständ'ge Heer lass uns versammeln.
-
- §6. Zum Kampfe, Fürst, wollen wir führen
- die Männer, unbegrenzt an Kraft.
- Die bisher dir nicht Untertan,
- wollen wir Untertan dir machen.
- Dieses ist meine eig'ne Meinung:
- Was unbesiegt, lass uns besiegen!“
-
- §7. Als des Alāta Wort vernommen
- Sunāma, sprach er folgendes:
- „O großer König, deine Feinde
- sind alle jetzt versammelt hier.
-
- §8. Sie haben abgelegt die Schwerter,
- zur Unterwerfung sich geneigt.
- Das höchste Fest feiern wir heute;
- nicht kann mir da der Kampf gefallen.
-
- §9. Speise und Trank und Kuchen auch
- sollen sie rasch herbei dir bringen;
- erfreue, Fürst, dich an den Lüsten,
- an Tänzen, Liedern und Musik!“
-
- §10. Als des Sunāma Wort vernommen
- Vijaya, sprach er folgendes:
- „All diese Freuden, großer König,
- steh'n dir immer zur Verfügung.
-
- §11. Nicht schwer ist es dir zu erlangen,
- dass du an Lüsten dich erfreust;
- obwohl die Lüste leicht erreichbar,
- finden sie bei mir kein Gefallen.
-
- §12. Einen Asketen oder Brahmanen
- lass uns aufsuchen, einen weisen,
- der heute uns den Zweifel löse
- in dem Gewünschten wissenskundig.“
-
- §13. Als des Vijaya Wort vernommen,
- König Amgati, sprach er so:
- „Wie Vijaya geredet hat,
- dieses gefällt auch mir gar wohl.
-
- §14. Einen Asketen oder Brahmanen
- lasst uns aufsuchen, einen weisen,
- der heute uns den Zweifel löse
- in dem Gewünschten wissenskundig.
-
- §15. Ihr alle denkt darüber nach:
- Zu welchem Weisen wollen wir gehen,
- der heute uns den Zweifel löse
- in dem Gewünschten wissenskundig?“
-
- §16. Als des Vedeha Wort vernommen
- Alāta, sprach er folgendes:
- „Im Wildpark wohnt ein nackter Büßer,
- ob seiner Weisheit hochgeehrt,
-
- §17. Guna, aus Kassapas Geschlecht,
- gelehrt, beredt, ein großer Lehrer.
- Diesen, o König, suche auf;
- er wird uns unsern Zweifel lösen.“
-
- §18. Als des Alāta Wort vernommen
- der König, trieb er an den Lenker:
- „Wir wollen in den Wildpark gehen,
- bring' her einen bespannten Wagen!“ —
-
- §19. Für ihn bespannte man den Wagen
- von Elfenbein, mit Silberzierrat,
- ganz rein und glänzend ausgestattet,
- weiß wie die monderhellte Nacht.
-
- §20. Daran wurden jetzt angeschirrt
- vier lotosfarb'ge Sindhu-Rosse,
- den Winden glichen sie an Schnelle,
- wohl eingeübt, mit goldnen Kränzen.
-
- §21. Weiß war der Sonnenschirm, der Wagen,
- und weiß war auch der Yakschweifwedel;
- als so ausfuhr mit den Ministern
- Vedeha, glänzt' er wie der Mond.
-
- §22. Mit ihm auch gingen viele Starke,
- mit Herrscherschwertern [11] in den Händen;
- auf Pferden reitend weise Männer
- begleiteten den Männerfürsten.
-
- §23. Als er ein wenig war gefahren,
- stieg ab der Fürst von seinem Wagen;
- mit den Ministern ging Vedeha
- zu Fuße jetzt zu Guna hin.
-
- §24. Und die Brahmanen und die Reichen,
- die damals dort versammelt waren,
- entfernte nicht von dort der König,
- obwohl sie ihm den Platz versperrten.“
Von dieser gemischten Versammlung aber umgeben setzte er sich dem Asketen zur
Seite und begann eine freundliche Unterhaltung mit ihm.
Um dies zu verkünden, sprach der Meister:
- §25. Darauf auf einer weichen Matte,
- mit bunten Eichhörnchen [12]
verziert,
-
- §26. als sich der König hingesetzt,
- begann er freundlich ein Gespräch:
- „Kannst du dein Leben fristen, Herr,
- weil dir nicht fehlt der Lebenshauch?
-
- §27. Ist hier dein Leben unbeschwerlich,
- erhältst du auch Almosenspeise?
- Bist wenig du geplagt von Krankheit?
- Geht dir dein Auge nicht verloren?“
-
- §28. Drauf Guna freundlich antwortet'
- dem Zucht liebenden Vedeha:
- „Mein Leben kann ich fristen hier,
- o König, alles ist mir doppelt.
-
- §29. Ist aber, edler Vedeha,
- das Grenzland dir nicht allzu mächtig?
- Ist dein Gespann in guter Ordnung,
- hat auch dein Wagen guten Lauf?
- Hast du nicht etwa eine Krankheit,
- die deinen Körper heftig quält?“
-
- §30. Der König, freundlich angeredet,
- fragte darauf unmittelbar
- nach Recht und Vorteil und dem Weg,
- der Recht liebende Länderherr.
-
- §31. „Wie übt ein Mensch Gerechtigkeit
- gegen die Eltern, Kassapa?
- Wie übt er sie gegen die Lehrer,
- wie ferner gegen Weib und Kinder?
-
- §32. Wie übt er sie gegen die Alten,
- wie gegen Asketen und Brahmanen?
- Wie übt er sie gegen sein Heer,
- wie gegen seines Lands Bewohner?
-
- §33. Wie kommt, wenn er Gerechtigkeit
- geübt, er nach dem Tod zum Himmel?
- Und wie auch fallen Ungerechte
- so manche in die Höll' hinab?“
Diese so bedeutende Frage, die man unter allwissenden Buddhas,
Paccekabuddhas, Buddhaschülern und sehr erleuchteten Wesen immer, wenn man den
vorhergehenden nicht erhalten kann, dem folgenden vorlegen sollte
[13], stellte der König an einen ganz unwissenden, nackten und schutzlosen,
unberühmten, blinden und törichten Asketen. Als dieser so gefragt wurde, gab er
nicht die der Frage entsprechende Antwort, sondern, wie wenn er eine
umherwandelnde Kuh schlüge oder in eine Speiseschüssel Schmutz würfe, sagte er:
„Höre, großer König“, verschaffte sich Gehör und trug dann seine falsche Lehre
vor.
Um dies zu erklären, sprach der Meister:
- §34. Als er Vedehas Wort vernommen,
- sprach Kassapa folgendermaßen:
- „Höre von mir, o großer König,
- ein wahres, unverfälschtes Wort!
-
- §35. Nicht gibt es für gerechten Wandel,
- 'ne gute oder böse Frucht;
- nicht gibt es, Fürst, 'ne andre Welt.
- Wer ist von dort hierher gekommen?
-
- §36. Nicht gibt es, König, Ahnen auch,
- wie also Mutter oder Vater?
- Auch einen Lehrer gibt es nicht;
- wer kann den Ungezähmten zähmen?
-
- §37. Gleich sind einander alle Wesen,
- nicht gibt es Ehrung für das Alter.
- Es gibt nicht Kraft noch Energie;
- woher 'nen Mann, der sich bemüht?
- Denn immerwährend sind die Wesen,
- wie stets dem Schiff nachhängt der Strick.
-
- §38. Der Mensch erlangt das, was er braucht;
- woher kam' des Almosens Frucht?
- Fürst, Almosen bringt keine Frucht,
- unwirksam ist es, Fürst, und schwach.
-
- §39. Von Toren wird die Gab' gespendet,
- von Weisen wird sie angenommen;
- die Schwachen geben sie den Klugen,
- die Toren, die sich weise dünken.“
Nachdem er so die Fruchtlosigkeit des Almosen Spendens geschildert, sprach er
weiter, um den Erfolg des Bösen zu verkünden:
- §40. „Immer sind diese sieben Körper,
- nicht zu zerstören, unverletzlich:
- Das Licht, die Erde und das Wasser,
- die Luft und ferner Glück und Unglück
- sowie das Leben; diese sieben,
- für sie gibt es keine Zerstörer.
-
- §41. Es gibt nicht Töter noch Zerstörer
- noch kann sie irgendwer verletzen;
- in diese Körper eingeführt
- hören die Schwerter auf zu wirken.
-
- §42. Wenn einer mit gezücktem Schwerte
- auch schlüge auf der andern Haupt,
- zerstört er diese Körper nicht;
- weshalb also des Bösen Strafe?
-
- §43. Wenn vierundachtzig große Zeiten [14]
- durchwandert, werden alle rein;
- wenn diese Zeit noch nicht gekommen,
- wird auch der Heilige nicht rein.
-
- §44. Bevor die Zeit kommt, werden sie
- nicht rein trotz vieler guten Taten;
- auch wenn viel Böses man getan,
- kommt man nicht über diese Zeit.
-
- §45. Allmählich kommt uns erst die Reinheit
- nach vierundachtzig Weltaltern;
- und über die Bestimmung kommen wir
- nicht wie übern Strand das Meer.“
So brachte dieser die Vernichtung Verkündigende durch eigene Kraft seine
eigene Rede vor ohne Berufung auf ein Beispiel [15].
- §46. Als des Kassapa Wort vernommen
- Alāta, sprach er folgendes:
- „So wie es hat der Herr gesprochen,
- gefällt auch mir wohl dieses Wort.
-
- §47. An meine früh're Existenz
- gedenk' ich, die ich durchgemacht:
- Ich hieß Pingala, war ein Jäger,
- ein Rindertöter ehedem.
-
- §48. In der blühenden Stadt Benares
- hab' ich viel Böses da getan;
- ich tötete dort viele Tiere,
- viel Büffel, Eber, Ziegenböcke.
-
- §49. Von dort weg ward ich hier geboren
- in reicher Heerführerfamilie.
- Fürs Böse gibt's jetzt keine Strafe;
- nicht bin ich in die Höll' gekommen.“
-
- §50. Doch dort war auch, gehüllt in Lumpen,
- ein Sklave namens Bijaka;
- er kam zu Guna hin, indem
- er das Uposatha beging.
-
- §51. Als Kassapas Wort er vernommen
- und auch, was Alāta gesprochen,
- da seufzt' er schwer und augenblicklich
- vergoss er weinend heiße Tränen.
-
- §52. Ihn fragte der Vedeha-Fürst:
- „Aus welchem Grunde weinst du, Lieber?
- Was sahest oder hörtest du?
- Welch einen Schmerz lässt du mich sehen?“
-
- §53. Als des Vedeha Wort vernommen
- Bijaka, sprach er folgendes:
- „Ich habe keinen schweren Schmerz;
- o großer König, höre mich.
-
- §54. An meine früh're Existenz
- gedenk' ich, die so glücklich war.
- Einst war ich in der Stadt Saketa
- ein Großkaufmann mit Namen Bhava,
-
- §55. der Tugend froh, von den Brahmanen
- geehrt und Reichen, rein, gern gebend,
- und nicht gedenk' ich, dass ich jemals
- ein böses Werk hätt' ausgeführt
[16].
-
- §56. Von da gestorben, Vedeha,
- wurde ich hier wiedergeboren
- im Schoße einer armen Dirne,
- woher ich dann so elend wurde.
-
- §57. Obwohl ich aber so im Elend,
- entschloss ich mich zu rechtem Wandel;
- von meiner Mahlzeit gebe ich
- die Hälfte dem, der sie begehrt.
-
- §58. Am vierzehnten und fünfzehnten
- halte ich stets Uposatha
- und keine Wesen ich verletze
- und auch den Diebstahl halt' ich fern.
-
- §59. Und alles dieses, was ich jetzt
- Gutes getan, bleibt ohne Frucht;
- nutzlos ist, glaub' ich, diese Tugend,
- wie es Alāta hat gesagt.
-
- §60. Jetzt habe ich mein Spiel verloren
- wie ein unkund'ger Würfelspieler;
- das Spiel gewonnen hat Alāta,
- wie einer, der versteht zu würfeln.
-
- §61. Ein Tor kann ich nicht mehr bemerken,
- durch das ich in den Himmel komme;
- darum, o König, weine ich,
- da ich Kassapas Wort gehört.“
-
- §62. Als er Bijakas Wort vernommen,
- sprach darauf König Amgati:
- „Es gibt kein Tor zur Seligkeit,
- wart' auf dein Schicksal, Bijaka!
-
- §63. Ob Glück du oder Unglück findest,
- wird durch das Schicksal dir zuteil.
- Für alle gibt's ein End' des Wanderns;
- sei um die Zukunft nicht besorgt.
-
- §64. Auch ich war früher tugendhaft,
- geplagt durch Reiche und Brahmanen,
- und meine Pflichten übt' ich aus,
- von Sinneslust dabei verlassen.“
Nachdem er aber so gesprochen, fuhr er fort: „Ehrwürdiger Kassapa, so lange
Zeit hindurch waren wir nachlässig. Jetzt aber haben wir einen Meister gefunden.
Von jetzt an wollen wir uns nur an den Lüsten erfreuen in Eurer Nähe
[17]. Von jetzt an soll auch das Anhören der Wahrheit für uns kein Hindernis
mehr sein. Bleibet Ihr da, wir wollen gehen!“ Und um sich von ihm zu
verabschieden, sagte er:
- §65. „Wir werden, Herr, uns wiedersehen,
- es gibt noch 'ne Zusammenkunft.“
- Nachdem Vedeha so gesprochen,
- kehrt' er ins eigne Haus zurück.
Als der König zuerst zu Guna hingegangen war, grüßte er ihn ehrfurchtsvoll
und legte ihm dann seine Frage vor. Als er aber fortging, tat er dies, ohne ihm
seine Ehrfurcht zu bezeugen. So erhielt Guna infolge seiner Tugendlosigkeit
[18] nicht einmal einen Gruß; wie hätte er da Almosen und andere Ehrungen
bekommen sollen?
Nachdem aber der König diese Nacht verbracht hatte, versammelte er am
nächsten Tage seine Minister um sich und sprach zu ihnen: „Schaffet mir Mittel
zur Sinnenlust her! Ich will von nun an nur noch das Glück der Sinnenlust
genießen. Keine anderen Geschäfte sollen mir gemeldet werden; die Rechtsprechung
soll der und jener besorgen.“ Und er war am höchsten den sinnlichen Vergnügungen
ergeben.
Um dies zu verkünden, sprach der Meister:
- §66. Als dann die Nacht zu Ende war,
- ließ bei der Aufwartung der König
- seine Minister sich versammeln
- und sprach zu ihnen dieses Wort:
-
- §67. „Im Candaka, meinem Palaste,
soll man mir immer Lüste schaffen;
man komme mir nicht mit Geschäften,
geheimen oder öffentlichen.
-
- §68. Vijaya und Sunāma und
- der Heerführer Alāta auch
- sollen besorgen die Geschäfte,
- die drei, die ihrer kundig sind.“
-
- §69. Nachdem Vedeha so gesprochen,
- gab er sich ganz den Lüsten hin;
- auch bei den Brahmanen und Reichen
- gab er sich mit nichts weiter ab. —
-
- §70. Darauf nach zweimal sieben Nächten
- des Vedeha leibliche Tochter,
- die Königstochter namens Ruja
- sprach zu der Ammenmutter also:
-
- §71. „Schmücket mich rasch; auch geb' man mir
- Freundinnen bei, denn morgen ist
- der heilige fünfzehnte Tag.
- Ich möchte hingeh’n zu dem Herrscher [19].“
-
- §72. Darauf brachten sie ihr Girlanden
- und sehr kostbares Sandelpulver,
- Juwelen, kostbare Muschelperlen
- und auch buntfarbige Gewänder.
-
- §73. Als sie auf einem goldnen Stuhle
- sich hingestreckt, gar viele Frauen,
- die selbst vor Schönheit glänzten,
- stellten sich um Ruja, die reizende.
-
- §74. Und so in der Freundinnen Mitte,
- mit allem Schmucke wohl geziert
- ging Ruja hin in den Palast
- so wie der Blitz fährt durch die Wolke.
-
- §75. Als sie nun zu Vedeha kam,
- begrüßt' sie ihn, die Tugendsame
[20];
- auf einem goldverzierten Stuhl
- setzt' sie sich nieder ihm zur Seite.
-
- §76. Als sie Vedeha nun gewahrte,
- wie Göttermädchen, die versammelt,
- Ruja von Freundinnen umgeben,
- sprach er zu ihr folgendes Wort:
-
- §77. „Erfreust du dich in dem Palaste
- und in dem Lotosteich, der drinnen?
- Bringt man auch mannigfache Speise
- beständig dir zum Essen hin?
-
- §78. Pflücken auch mannigfache Blumen
- die Mädchen ab und winden Kränze,
- macht ihr euch einzeln kleine Häuser,
- wenn ihr eifrig dem Spiel ergeben?
-
- §79. Woran es etwa dir gebricht,
- das soll man rasch herbei dir bringen;
- sprich einen Wunsch, du Mundgefärbte [21],
- auch wenn er schwer war' gleich dem Mond [22].“
-
- §80. Als sie Vedehas Wort vernommen,
- sprach Ruja drauf zu ihrem Vater:
- „All diese Dinge, großer König,
- erhalte ich bei meinem Herrscher.
-
- §81. Der heil'ge fünfzehnte ist morgen,
- tausend Goldmünzen bring' man mir;
- wie sonst so will auch jetzt ich geben
- ein Almosen an alle Bettler.“
-
- §82. Als er dies Wort von Ruja hörte,
- sprach so der König Amgati:
- „Verschleudert hast du viel Vermögen
- nutzlos und ohne alle Frucht.
-
- §83. Du hältst immer das Fasten ein,
- genießest weder Trank noch Speise;
- nach dem Geschick ist's nicht zu halten [23],
- der Fastende hat kein Verdienst.
-
- §84. Auch Bijaka, als er vernommen
- damals, was Kassapa gesagt,
- da seufzt' er auf und augenblicklich
- vergoss er weinend heiße Tränen.
-
- §85. Solange, Ruja, du noch lebst,
- enthalte dich nicht mehr der Speise.
- Ein Jenseits, Liebe, gibt es nicht;
- was tötest du dich zwecklos ab?“
-
- §86. Als sie Vedehas Wort vernommen,
- sprach Ruja, reizend anzuseh’n,
- des Früh'ren kundig und des Künft'gen,
- zu ihrem Vater folgendes:
-
- §87. „Gehört hab' ich dies früher schon
- und es geseh’n mit eignen Augen:
- Wer mit den Toren Umgang hat,
- wird dabei selbst zu einem Toren,
-
- §88. denn der Verirrte durch den Irren
- noch tiefer kommt zum Irrtum hin;
- für Bijaka und für Alāta
- passt es so in der Irre gehen.
-
- §89. Du aber, Fürst, bist doch voll Einsicht,
- bist weise, deines Vorteils kundig;
- wie kamest du zu dieser Lehre,
- der niedrigen, für Toren passend?
-
- §90. Denn wenn man rein wird durch Wiedergeburt,
- ist ohne Zweck des Guna Weltverlassen;
- wie eine Motte stürzt ins glüh'nde Feuer,
- kommt dieser Narr zum Leben als Asket.
-
- §91. Im Glauben, dass Wiedergeburt bringt Reinheit,
- viele verschlechtern unwissend ihr Karma [24];
- in früh'ren Sünden sind sie festgehalten,
- wie von der Angel schwer loskommt der Fisch.
-
- §92. Ein Gleichnis werde ich dir bringen,
- o großer König, dir zum Nutzen;
- denn aus dem Gleichnis lernen manchmal
- die Weisen ihren Nutzen kennen.
-
- §93. So wie von Kaufleuten ein Schiff,
- das unzählbare Waren trägt,
- infolge der zu großen Last
- im Ozean zum Sinken kommt,
-
- §94. so geht's dem Menschen, der das Böse,
- wenn auch nur immer wenig, anhäuft;
- infolge der zu großen Last
- versinkt er in dem Höllenschlund.
-
- §95. Noch ist nicht gänzlich voll die Last,
- du Erdgebieter, von Alāta;
- er häuft noch immer Böses an,
- durch das er in das Unglück stürzt.
-
- §96. Früher gab es auch gute Taten,
- du Erdgebieter, von Alāta;
- deren Erfolg es ist, o Fürst,
- dass er jetzt dieses Glück genießt.
-
- §97. Doch seine guten Werke schwinden,
- weil er am Laster sich erfreut;
- den rechten Weg hat er verlassen
- und läuft nun auf dem bösen Weg.
-
- §98. Wie eine Waage, die man fasst,
- wenn die Waagschale draufgestellt,
- den einen Teil hebt in die Höhe,
- nachdem die Last auf sie gelegt,
-
- §99. so geht es auch dem Mann, der Gutes,
- wenn auch nur immer wenig, anhäuft,
- wie Bijaka, dem frommen Sklaven,
- der so sehr nach dem Himmel strebt.“
Und um dies zu verkünden, sprach sie:
- §100. „Wenn heut' der Sklave Bijaka
- nur Leiden sieht in seinem Leben,
- so ist es nur die früh're Sünde,
- die dieser jetzt zu büßen hat.
-
- §101. Doch diese seine Sünden schwinden,
- weil er an Tugend sich erfreut.
- Komme du nicht auf diesen Irrweg,
- indem du Kassapa gehorchst.“
Um ihm sodann den Fehler, der in der Verehrung des Bösen liege, und den
Vorzug der Verehrung tugendhafter Freunde zu beweisen, sprach sie
[25]:
- §102. „Wem immer einer folgt, o König,
- dem Guten oder auch dem Bösen,
- dem Tugendreichen oder Schlechten,
- in dessen Macht begibt er sich.
-
- §103. Wie der beschaffen ist, den einer
- zum Freund sich macht und dem er folgt,
- ebenso ist er selbst beschaffen,
- ebenso der, der bei ihm wohnt.
-
- §104. Wer den Verehrenden verehrt
- und einen anderen berührt,
- dem geht's, wie beim vergifteten Pfeil:
- das ganze Bündel macht er giftig.
- Aus Furcht vor Ansteckung der Weise
- mag nicht der Feind des Bösen werden.
-
- §105. Wenn einen faulen Fisch ein Mann
- ins beste Gras hineingewickelt,
- so wird das Gras selbst übelriechend;
- so ist's auch, wenn man Toren ehrt.
-
- §106. Und wenn ein Mann duftendes Pulver
- einwickelt in Palasa-Blätter,
- so werden auch die Blätter duftend;
- so ist's auch, wenn man ehrt die Weisen.
-
- §107. Wenn man darum die eig'ne Reife
- wie bei 'nem Früchtekorb erkennt,
- so soll der Weise nicht verehren
- die Bösen, sondern Gute ehren;
- die Bösen führen in die Hölle,
- die Guten bringen in den Himmel.“
Nachdem so die Königstochter mit diesen sechs Strophen ihrem Vater die
Wahrheit verkündet hatte, sprach sie jetzt, um das weitere von ihr ertragene
Leid zu schildern, folgendes:
- §108. „An sieben Existenzen denk' ich,
- die nacheinander ich durchlebte,
- und auch an künft'ge sieben Leben,
- die ich nach diesem werd' erreichen.
-
- §109. In meiner siebten Existenz
- war früher ich, o Völkerfürst,
- ein Schmiedesohn in Magadha
- und wohnte in Rājagaha.
-
- §110. Durch einen bösen Freund verführt
- hab' ich viel Böses dort getan;
- mich an des Nächsten Weib vergreifend
- lebt' ich, als würde ich nicht sterben.
-
- §111. Doch diese Tat blieb fortbestehen
- wie Feuer, das bedeckt mit Asche.
- Darauf infolge andrer Taten
- ward ich geboren im Lande Vamsa
-
- §112. zu Kosambi in der Familie
- des Großkaufmanns reich, mächtig, blühend
- als einz'ger Sohn, o großer König,
- immer geehrt und hochgeachtet.
-
- §113. Dort fand ich einen guten Freund,
- einen Gefährten tugendliebend,
- der klug war und erfüllt mit Weisheit;
- der lehrte mich, was mir von Nutzen.
-
- §114. Am vierzehnten und fünfzehnten
- hielt ich lang das Uposatha;
- auch diese Tat blieb fortbestehen
- wie ein Schatz, der im Wasser liegt.
-
- §115. Doch darauf von den bösen Taten,
- die ich zu Magadha getan,
- die Frucht zur Reife war gekommen,
- wie wenn man Feindesgift getrunken.
-
- §116. Von da geschieden, Vedeha,
- ward' ich in der Roruva-Hölle
- lang wegen meiner Tat gepeinigt;
- wenn ich dran denk', find' ich kein Glück.
-
- §117. Nachdem ich viele, viele Jahre
- viel Unglück dort erduldet hatte,
- war zu Bhennakata ich, König,
- ein Bock mit abgeschnittnen Hoden.“
Dieser Bock aber war sehr stark; man stieg auch auf seinen Rücken und ritt
auf ihm; man spannte ihn auch an einen Wagen. — Um dies zu erläutern, sprach sie
folgende Strophe:
- §118. „Der Edlen Söhne stiegen mir
- auf meinen Rücken, auf den Wagen.
- Dies war der Lohn für jene Tat,
- dass ich des Nächsten Weib besucht.“
Nachdem sie aber dort gestorben war, nahm sie im Walde in einer Affenfamilie
ihre Wiedergeburt. Am Tage ihrer Geburt zeigte man sie dem Führer der Herde.
Dieser sagte: „Bringt mir meinen Sohn“, packte ihn fest und biss ihm, der laut
schrie, mit seinen Zähnen die Hoden ab. — Um dies zu verkünden, sprach sie:
- §119. „Von da gestorben war, Vedeha,
- ein Affe ich im großen Walde.
- Vom wilden Herrn der Herde wurden
- mir dort die Hoden ausgerissen.
- Dies war der Lohn für meine Tat,
- weil ich des Nächsten Weib besucht.“
Um darauf ihre weiteren Existenzen zu schildern, sprach sie:
- §120. „Von dort gestorben war, Vedeha,
- im Land Dasanna ich ein Rind.
- Verschnitten war ich rasch und tüchtig
- und lange ging ich unterm Joch.
- Dies war der Lohn für meine Tat,
- weil ich des Nächsten Weib besucht.
-
- §121. Von dort gestorben kam, Vedeha,
- ich bei den Vajjins [26] auf die Welt.
- Da war ich weder Weib noch Mann;
- denn schwer erreichbar ist die Mannheit.
- Dies war der Lohn für meine Tat,
- weil ich des Nächsten Weib besucht.
-
- §122. Von dort gestorben ward, Vedeha,
- im Nandana-Wald ich geboren;
- im Haus der dreiunddreißig Götter
- war ich 'ne Nymphe lusterregend,
-
- §123. mit Kleidern und mit Schmuck geziert,
- mit Perlen, Edelsteinohrringen,
- des Tanzes kundig und des Sanges,
- als eine Dienerin von Sakka.
-
- §124. Da ich dort lebte, Vedeha,
- gedacht' ich dieser Existenzen
- und auch der sieben künftigen,
- die ich von hier durcheilen werde
[27].
-
- §125. Zur Reife kam das gute Werk,
- das zu Kosambi ich getan;
- die Götter- und die Menschenwelt
- werd' ich durcheilen von hier aus.
-
- §126. In sieben Leben, großer König,
- werd' ich beständig hoch geehrt;
- vom Weib sein werde ich nicht frei
- diese sechs nächsten Existenzen.
-
- §127. Das siebte Leben, Fürst, ist dies:
- Ein Göttersohn von großer Macht,
- ein männlicher Gott werd' ich sein,
- der höchste in der Götterwelt.
-
- §128. Grad heute flechten sie den Kranz
- in Nandana von Himmelsbäumen [28];
- der Göttersohn Java ist es,
- der meinen Kranz entgegennimmt.
-
- §129. Gleich einem Augenblick im Himmel
- sind diese meine sechzehn Jahre;
- ein Tag und eine Nacht im Himmel
- ist lang wie hundert Menschenjahre.
-
- §130. So folgen unsere Taten uns
- durch unzählbare Existenzen,
- die guten wie die bösen auch;
- denn nicht zu Ende geht das Karma.“
Um ihm dann die höchste Wahrheit zu sagen, sprach sie:
- §131. „Wer immer wieder wünscht, ein Mann
- in jeder Existenz zu werden,
- der halt' sich von des Nächsten Weib,
- wie der Reinfüßige vom Schmutz.
-
- §132. Wer immer wieder wünscht, ein Mann
- in jeder Existenz zu werden,
- der möge ehren seinen Herrn
- wie Indra seine Dienerinnen.
-
- §133. Wer Himmelsglück für sich erwünscht,
- himmlisches Leben, Ruhm und Glück,
- der halt' das Böse von sich fern
- und übe die dreifache Tugend.
-
- §134. In Tat, in Wort und in Gedanken
- wer unablässig ist voll Einsicht,
- der nur gereicht sich selbst zum Nutzen,
- sei er ein Weib oder ein Mann.
-
- §135. Die immer hier als Menschen in der Welt
- berühmt sind und die Güter all' genießen,
- die taten früher zweifellos viel Gutes;
- durch eignes Karma sind getrennt die Wesen.
-
- §136. Wohlan, denkst du nicht selbst, o Fürst,
- woher dir diese stammen, Herrscher,
- die, Himmelsmädchen gleich geschmückt,
- mit goldnen Netzen sind bedeckt?“
So belehrte sie ihren Vater.
Um dies zu verkündigen, sprach der Meister:
- §137. Also erfreut' das Mädchen Ruja
- König Amgati, ihren Vater;
- den Weg dem Irrenden sie zeigte,
- die Wahrheit kündete die Fromme.
Nachdem sie so ihrem Vater von der Dämmerung an die ganze Nacht hindurch die
Wahrheit verkündet hatte, sagte sie noch: „Fürst, nimm nicht die Worte eines
nackten Irrgläubigen an! Nimm das Wort eines guten Freundes an, wie ich es bin,
wenn ich dir sage: ‘Es gibt diese Welt und es gibt eine andere Welt; es gibt
eine Frucht der wohl getanen und übel getanen Werke.’ Stürze dich nicht in
Unglauben!“ Trotzdem aber war sie nicht im Stande, ihren Vater von seinem
Irrglauben zu befreien; sondern er war nur dadurch befriedigt, dass er ihre süße
Stimme hörte. Wenn nämlich die Eltern die Worte ihrer lieben Kinder hören, so
sind sie erfreut, geben aber nicht ihre Ansicht auf.
In der Stadt aber herrschte lautes Geschrei: „Die Königstochter Ruja
verkündet ihrem Vater die Wahrheit und veranlasst ihn dadurch, seinen Irrglauben
aufzugeben.“ Die ganze Volksmenge war erfreut, indem sie dachte: „Die weise
Königstochter wird heute ihren Vater von seinem Irrglauben befreien und dadurch
den Stadtbewohnern Heil verschaffen.“
Als sie aber ihren Vater nicht zur Erkenntnis bringen konnte,
gab sie deshalb ihre Bemühung nicht auf, sondern, indem sie dachte: „Durch
irgendein beliebiges Mittel werde ich meinem Vater Heil verschaffen“, legte sie
die gefalteten Hände auf ihr Haupt, verehrte die zehn Himmelsgegenden
[29] und sprach: „In dieser Welt gibt es welterhaltende, tugendhafte Asketen
und Brahmanen, es gibt die Welthüter-Gottheiten
[30] und die Mahabrahmas
[31]. Diese sollen kommen und durch ihre Macht meinen Vater zum Aufgeben
seines Irrglaubens veranlassen. Wenn auch er keine Tugend besitzt, so sollen sie
wegen meiner Tugend, wegen meiner Kraft, wegen meiner Wahrheit herbeikommen, ihn
zum Aufgeben seines Irrglaubens veranlassen und dadurch der ganzen Welt Heil
bringen.“ So brachte sie ihre Verehrung dar. Damals war der Bodhisattva ein
Brahma-Engel namens Narada [32]. Die Bodhisattvas
nämlich betrachten, um ihre Liebe zu betätigen, infolge ihres großen Mitleids,
um die gut wandelnden und die übel wandelnden Wesen zu sehen, von Zeit zu Zeit
die Welt. Als er nun an diesem Tage die Welt betrachtete, sah er, wie die
Königstochter, um ihren Vater von seinem Irrglauben zu befreien, den
welterhaltenden Gottheiten ihre Verehrung darbrachte. Da dachte er: „Außer mir
ist niemand im Stande, diesen zur Aufgabe seines Irrglaubens zu veranlassen.
Heute kommt es mir zu, dorthin zu gehen, der Königstochter einen Gefallen zu
erweisen, ihrem Vater aber samt seiner Umgebung Heil zu bringen. In welcher
Erscheinung aber soll ich gehen?“ Da kam ihm folgender Gedanke: „Den Menschen
sind die Weltflüchtlinge lieb und ehrwürdig und ihre Stimme müssen sie annehmen;
darum werde ich in der Erscheinung eines, der die Welt verlassen hat, dorthin
gehen.“ Nachdem er diesen Entschluss gefasst, erschuf er für sich eine
gefällige, goldfarbene Menschenerscheinung, band sich einen hübschen
Flechtenkranz und steckte in die Flechten eine goldene Nadel hinein. Dann zog er
ein rotes Unter- und Obergewand an und legte ein mit goldenen Sternen
verziertes, aus Silber gefertigtes Ziegenfell auf die eine Schulter; er nahm
eine an einer Perlenschnur hängende Almosenschale mit, tat eine an drei Stellen
gekrümmte Tragstange [33] auf die Schulter und
fasste an einer Perlenschnur einen Wassertopf aus Korallen. In diesem
Asketenaufzug kam er, indem er an der Fläche des Himmels wie der Mond erglänzte,
durch die Luft daher, ging in den geschmückten Thronsaal des Canda-Palastes
hinein und stellte sich vor den König in die Luft.
Um dies zu verkünden, sprach der Meister:
- §138. Darauf kam aus der Brahmawelt
- zum Menschenvolke Narada;
- während er Indien betrachtet',
- sah er den König Angati.
-
- §139. Er schritt hinein in den Palast
- und stellt' sich vor Vedeha hin.
- Doch als ihn Ruja kommen sah,
- grüßt' sie den Weisen ehrfurchtsvoll.
Als aber der König ihn sah, wurde er von dem Brahma-Glanze erschreckt und
vermochte nicht mehr, auf seinem Sitze zu bleiben, sondern er stieg herunter,
stellte sich auf die Erde und fragte jenen, woher er komme und wes Namens und
Geschlechtes er sei.
Um dies zu verkünden, sprach der Meister:
- §140. Doch es erhob sich von dem Sitze
- der König angsterfüllten Sinns;
- indem er Narada nun fragte,
- sprach er dabei folgendes Wort:
-
- §141. „Woher kommst du in göttlicher Gestalt,
- der du die Nacht erleuchtest gleich dem Mond?
- Nenn' mir auf meine Frag' Nam' und Geschlecht;
- als wen kennt man dich in der Menschenwelt?“
Jener aber dachte: „Dieser König glaubt, es gebe keine andere Welt; ich will
ihm sogleich die andere Welt verkünden“; und er sprach folgende Strophe:
- §142. „Vom Götterhimmel komme ich jetzt her,
- der ich die Nacht erleuchte gleich dem Mond.
- Gefragt von dir nenn' ich dir Nam' und Art:
- Als Narada und Kassapa [34] man kennt
mich.“
Da dachte der König: „Ich kann ihn auch nachher noch nach der andern Welt
fragen; jetzt will ich ihn fragen, wie er zu dieser Wundermacht gekommen ist.“
Und er sprach folgende Strophe:
- §143. „Gar wunderbar fürwahr ist jetzt dein Ausseh’n,
- wie du da in dem Luftraum gehst und stehest.
- Ich frag' dich, Narada, nach folgendem:
- Wodurch kommst du zu solcher Wunderkraft?“
Narada antwortete:
- §144. „Wahrheit und Recht, Selbstzucht und Selbstaufgabe,
- die Tugenden hab' ich zuvor betätigt;
- durch diese wohlgeübten Tugenden
- kam ich gedankenschnell zum Ort der Wünsche.“
Obwohl dieser aber so sprach, glaubte jener, weil er die Irrlehre so gut
aufgefasst hatte, noch nicht an eine andere Welt, sondern er sagte: „Gibt es
denn einen Erfolg guter Werke?“, und sprach folgende Strophe:
- §145. „Gar wunderbar nennst du der Tugenden Erfolg;
- denn wenn dies so ist, wie du es gesagt,
- so frage ich dich danach, Narada,
- und du antworte gut auf meine Frage!“
Narada erwiderte:
- §146. „Frage mich nur, o König, du bedarfst es,
- was du für Zweifel hegst, du Landeshüter.
- Ich will dir Lösung von den Zweifeln bringen
- durch Logik, durch Erkenntnis und durch Gründe.“
Der König versetzte:
- §147. „Ich frage dich nach diesem, Narada:
- auf meine Frage sag' mir keine Lüge!
- Gibt es denn wirklich Götter, gibt es Väter
[35],
- gibt es 'ne andre Welt, wie das Volk meint?“
Narada antwortete:
- §148. „Ja, es gibt Götter und es gibt auch Väter,
- es gibt 'ne andre Welt, von der das Volk spricht;
- doch Toren, die auf Lüste sind versessen,
- glauben nicht an die andre Welt voll Irrtum.“
Als dies der König hörte, spottete er und sprach folgende Strophe:
- §149. „Wenn, wie du glaubst, o Narada, für Tote
- es gibt ein Leben in der andern Welt,
- o gib mir jetzt fünfhundert auf der Stelle;
- im Jenseits geb' ich tausend dir dafür.“
Darauf sprach das große Wesen zu ihm, um ihn inmitten der Versammlung zu
tadeln:
- §150. „Wir würden dir gewiss fünfhundert geben,
- kennten wir dich als tugendhaft und freundlich;
- doch wenn du Wilder in der Hölle wohnst,
- wer kann im Jenseits dich um tausend drängen?
-
- §151. Auch hier auf Erden wer da lasterhaft,
- von schlechtem Wandel, träg' und grausam handelt,
- dem borgen weise Leute keine Schuld;
- denn nicht kommt sie zurück von einem solchen.
-
- §152. Doch wenn man als geschickt kennt einen Mann,
- energisch, tugendhaft und freundlich redend,
- dem bietet man von selbst die Schätze an;
- wenn er sein Werk getan, bringt er's zurück.“
Als so der König von ihm zurückgewiesen wurde, fand er keine Widerrede. Die
Volksmenge rief hocherfreut: „Von großer Wundermacht ist der göttliche Weise;
heute wird er den König zur Aufgabe seines Irrglaubens veranlassen“, und
erfüllte die ganze Stadt mit diesem Rufe. Durch die übernatürliche Macht des
großen Wesens war damals in der sieben Yojanas zählenden Stadt Mithila kein
einziger, der seine Unterweisung nicht vernommen hätte.
Da dachte das große Wesen: „Dieser König hat allzu fest seinen Unglauben
angenommen; ich werde ihn zuerst durch die Furcht vor der Hölle erschüttern, ihn
so zum Aufgeben seiner Irrlehre veranlassen und ihn wieder durch die Schilderung
der Götterwelt trösten.“ Es sprach zu dem König: „O Großkönig, wenn du deinen
falschen Glauben nicht aufgibst, wirst du in die so unendliches Leid bringende
Hölle kommen“; und er begann seine Erzählung von der Hölle folgendermaßen:
- §153. „Von hier geschieden wirst du sehen, König,
- wie du von Rabenscharen wirst gezerrt
- und aufgezehrt dort in der Hölle weilend,
- wie dort von Krähen, Geiern und von Falken
- dein Leib zerrissen wird, strömend von Blut.
- Wer kann im Jenseits dich um tausend drängen?“
Nachdem er aber so die Rabenhölle geschildert, fuhr er fort: „Wenn du auch
dort nicht deine Wiedergeburt findest, so wirst du in der Lokantara-Hölle
[36] wiedergeboren werden.“ Und um diese Hölle zu schildern, sprach Narada
folgende Strophe:
- §154. „Ein blindes Dunkel herrscht ohn' Mond und Sonne,
- voll Lärm ist stets die Hölle, furchterregend;
- dort kennt man keine Nacht und keinen Tag.
- Wer sollte Geld verlangend dort verweilen?“
Nachdem er ihm so auch die Lokantara-Hölle ausführlich geschildert, sprach
er, um ihm zu beweisen, dass ihm nicht nur dies sondern auch noch anderes Leid
zuteil werde, wenn er seinen Irrglauben nicht aufgebe, folgende Strophe:
- §155. „Auch Sabala und Sama, die zwei Hunde,
- mit ungeheurem Körper, stark und groß,
- zerbeißen dort mit den ehernen Zähnen
- den, der von hier kommt in die andre Welt.“
(§E. Bei den weiteren Höllen herrscht dieselbe Art; darum sind alle diese
Örter samt den dazu kommenden Höllenwächtern in der oben angegebenen Art
ausführlich zu schildern und von all diesen Strophen die unklaren Worte zu
erklären [37].)
- §156. „Der du gefressen wirst dort in der Hölle,
- von wilden Tieren, die aufs Wild sich stürzen
[38],
- dein Leib zerrissen wird, strömend von Blut:
- Wer kann im Jenseits dich um tausend drängen?
-
- §157. Mit Bogen und mit wohlgeschärften Speeren
- treffen und stoßen dort in dieser Hölle,
- der grausen, die Kalupakala-Feinde [39]
- den Mann, der früher böse Werke tat.
-
- §158. Ihn, der verwundet in der Hölle läuft,
- unten den Bauch geschlitzt und an der Seite,
- des Leib zerrissen wird, strömend von Blut,
- wer kann im Jenseits ihn um tausend drängen?
-
- §159. Speere und Bogen, Lanzen und Jagdspieße,
- verschied'ne Waffen lässt der Gott dort regnen;
- sie fallen nieder wie glühende Kohlen;
- auch Steine lässt er regnen auf die Wilden.
-
- §160. Der Glutwind auch ist schwer erträglich in der Hölle,
- nicht findet man dort Labsal auch nur wenig;
- wenn einer dort herumläuft krank und schutzlos,
- wer kann im Jenseits ihn um tausend drängen?
-
- §161. Den, der dort läuft, geschirrt an einen Wagen,
- und auf dem Boden geht, der ganz voll Glut,
- mit Geißeln und mit Stricken wird getrieben,
- wer kann im Jenseits ihn um tausend drängen?
-
- §162. Den, der besteigt den Berg voll scharfer Messer,
- der zittern macht, der glüht und Furcht erregt,
- des Leib zerrissen wird, strömend von Blut,
- wer kann im Jenseits ihn um tausend drängen?
-
- §163. Den, der besteigt den einem Berge gleichen
- Haufen von Kohlen, glühend, Furcht erregend,
- des Leib verbrannt ist und der kläglich weint,
- wer kann im Jenseits ihn um tausend drängen?
-
- §164. Den Wolkenrändern gleich an Höhe
- sind Bäume dort, besetzt mit Dornen,
- mit scharfen Spitzen erzgefertigt,
- welche das Blut der Männer trinken.
-
- §165. Hinauf an diesen steigen Frauen
- und Männer, die die Ehe brachen,
- getrieben von des Yama Dienern,
- die Speere in den Händen tragen.
-
- §166. Den, der hinaufsteigt in der Hölle
- am Seidenbaum, mit Blut befleckt,
- zerstörten Körpers, ohne Haut,
- schwerkrank und arge Schmerzen leidend,
-
- §167. der immerfort die Hitze atmet
- und so die früh'ren Sünden büßt:
- den Hautlosen auf Baumesspitze,
- wer könnte da um Geld ihn bitten?
-
- §168. Den Wolkenspitzen gleich an Höhe
- sind Bäume dort voll Schwerterklingen,
- mit scharfen Spitzen erzgefertigt,
- welche das Blut der Männer trinken.
-
- §169. Den, der zu diesem Baum voll Schwertern kam,
- der durch die spitzen Klingen wird zerfleischt,
- des Leib zerrissen wird, strömend von Blut,
- wer kann im Jenseits ihn um tausend drängen?
-
- §170. Wenn er von dort ist kaum entkommen
- der grausen Schwerterklingenhölle,
- stürzt er in die Vetarani:
- wer könnte dann um Geld ihn bitten?
-
- §171. Von scharfem Laugenwasser brennend
- ist schrecklich die Vetarani,
- bedeckt mit ehernen Lotosblumen
- fließt sie dahin mit scharfen Blättern.
-
- §172. Wenn er dort mit zerfleischtem Körper
- wird hingetrieben blutbefleckt
- schutzlos in der Vetarani [40],
- wer könnte dann um Geld ihn bitten
[41]?“ —
Nachdem aber der König die Erzählung des großen Wesens von der Hölle angehört
hatte, sprach er erschütterten Herzens, um sich bei ihm allein Schutz zu suchen,
zu dem großen Wesen:
- §173. „Ich zittre wie ein umgeschlagner Baum,
- die Richtung kenn' ich nicht verwirrten Sinnes;
- von Furcht bin ich gequält und groß ist meine Furcht,
- da ich die Verse hört', die du gesprochen, Weiser.
-
- §174. Wie bei dem Brand das Wasser oder
- wie in dem Meere eine Insel,
- wie in der Finsternis ein Licht,
- so sei du unsre Zuflucht, Weiser.
-
- §175. Den Vorteil und die Tugend lehr' mich, Weiser,
- gewiss sind meine früh'ren Taten Sünde;
- verkünd' mir, Narada, der Läut'rung Weg,
- damit ich nicht mehr in die Hölle stürze.“
Darauf sprach das große Wesen, um ihm den Weg der Reinheit zu verkünden,
indem es auf die früheren Könige, die gerecht gelebt hatten, als Beispiel
hinwies, folgende Strophen:
- §176. „Weil Dhatarattha, Vessamitta,
- Atthaka und Yamataggi,
- Usinnara und König Sivi
- Asketen und Brahmanen dienten,
-
- §177. gelangten diese Könige
- und andre nach des Sakka Reich;
- drum halt' das Unrecht von dir fern,
- wandle gerecht, du Herr der Erde!
-
- §178. Mit Speisen in den Händen soll man
- ausrufen im Palaste dein:
- ‘Wer ist denn hungrig oder durstig,
- wer wünscht sich einen Kranz und Salbe,
- mit mannigfach gefärbten Kleidern
- wer, wenn er nackt ist, will sich antun?
-
- §179. Wer nimmt 'nen Schirm sich für den Weg
- und auch Sandalen, weich und schön?’
- So soll des Abends wie des Morgens
- man rufen laut in deiner Stadt.
-
- §180. Wenn alt der Mann, das Rind, das Pferd,
- so spanne sie nicht an wie früher,
- sondern gib ihnen Unterhalt;
- Dienst leisten sie, solang sie stark.“
Nachdem so das große Wesen dem Könige die Pflicht, Almosen zu spenden, und
die Pflicht der Tugend auseinandergesetzt hatte, sagte es jetzt, weil dieser
König sich freute, wenn seine Existenz mit einem Wagen verglichen geschildert
wurde, deshalb folgendes, indem es ihm unter dem Bilde eines alle Wünsche
erfüllenden Wagens die Wahrheit verkündete:
- §181. „Dein Körper ist gedacht als Wagen,
- von dem Verstand gelenkt, rasch fahrend;
- das Nichtverletzen ist die Achse,
- Almosen austeilen sein Dach.
-
- §182. Der Füße Zähmung ist der Radkranz,
- der Hände Zähmung ist der Zierrat,
- des Leibes Zähmung seine Nabe,
- der Sprache Zähmung sein Gerassel.
-
- §183. Wahr sprechen ist der Teile Gleichheit,
- nicht schmähen die Zusammenfassung,
- freundliches Wort das Fehlerlose,
- maßvolle Worte sind der Sitz.
-
- §184. Glaub' und Lust los sein sind sein Schmuck,
- Demut und Achtung seine Deichsel,
- Nachgiebigkeit ist seine Stange,
- die Tugend halten seine Leine.
-
- §185. Nicht zornig werden ist sein Schlüssel,
- Tugend der weiße Sonnenschirm,
- ein tiefes Wissen ist die Bremse,
- Beständigkeit sind seine Räder.
-
- §186. Die Zeit gut kennen seine Zierde,
- Vertrauen sind seine drei Stäbe,
- demütig leben ist sein Jochband,
- frei sein von Stolz sein leichtes Joch.
-
- §187. Des Herzens Freiheit ist das Kissen,
- Ehrung des Alters nimmt den Staub,
- nachdenken ist des Weisen Geißel,
- Verstand und Übung sind die Zügel.
-
- §188. Gezähmter Sinn kommt auf den Weg
- mit gleich gezügelten Genossen;
- Lust und Begier ist falscher Weg,
- der rechte Weg ist Selbstbezähmung.
-
- §189. Und wenn die Rosse auch nacheilen
- Gestalten, Tönen, Duft, Geschmack,
- so ist Verstand die Peitsche, König;
- du selber bist der Wagenlenker.
-
- §190. Und wenn auf diesem Wagen
- herrscht gerechter Wandel, feste Einsicht,
- erfüllt er alle Wünsche, König,
- und niemals fährt er in die Hölle.“
Der Weise fuhr fort: „So, o Großkönig, weil du zu mir sagtest: ‘Verkünde mir,
Narada, den Weg der Reinheit, damit ich nicht in die Hölle stürze’, diesen Weg
habe ich dir auf mancherlei Art verkündet.“ Nachdem er aber dem Könige die
Wahrheit gezeigt, ihm seinen Irrglauben genommen und ihn in den Geboten
befestigt hatte, ermahnte er ihn noch folgendermaßen: „Von jetzt ab gib die
falschen Freunde auf und besuche nur die braven Freunde; sei beständig voll
Achtsamkeit!“ Dann pries er die Vorzüge der Königstochter, gab der
Königsversammlung und den Leuten aus dem Harem des Königs noch eine Ermahnung
und kehrte dann mit großer übernatürlicher Kraft vor ihren Augen in die
Brahmawelt zurück.
§A2. Nachdem der Meister diese Unterweisung beschlossen hatte, fügte er noch
hinzu: „Nicht nur jetzt, ihr Mönche, sondern auch schon früher habe ich bei
Uruvela-Kassapa das Netz der Irrlehre zerrissen und ihn gebändigt.“
§C. Dann sprach er, um das Jātaka zu verbinden, folgende Schlussstrophen:
- §191. „Alāta war Devadatta,
- Sunāma aber Bhaddaji,
- Vijaya war Sāriputta,
- Mogallāna war Bijaka.
-
- §192. Der nackte Büßer damals war
- Sunakkhatta, der Licchavi;
- Ānanda aber war Ruja,
- die wohl gefiel dem Könige.
-
- §193. Der irrgläubige König war
- dort Uruvela-Kassapa,
- Mahabrahma war Bodhisattva:
- versteht so dieses Jātaka!“
Ende der großen Erzählung von Narada-Kassapa
[1] Im Gegensatze zu
Jātaka 477 [Culla-Narada-Kassapa-Jātaka], der kleinen
Erzählung von Narada-Kassapa. [Im Jātaka 477 handelt es sich allerdings um zwei
Personen, Narada und Kassapa, während es sich hier um Vor- und Familiennamen des
Bodhisattva handelt, siehe unten Anm. 34.]
[2] Auf Deutsch „der Stangenwald-Park“, in der
Nähe von Rājagaha.
[3] Diese Geschichte ist im Vinaya-Pitaka
(Mahavagga I, 15-20 u. 22, übersetzt in „Leben des Buddha“, S. 103 ff.) und im
Anschluss daran in der Nidanakatha (bei Fausböll: Jātaka I, S. 82 u. 83)
erzählt.
[4] Nämlich das Versprechen der Schenkung des
Veluvana-Klosters; „Leben des Buddha“, S. 122-129.
[5] Asketen mit geflochtenen Haaren, die den Gott
Agni durch Feueropfer verehrten.
[6] Ein Nahuta ist eigentlich 10 Millionen in der
vierten Potenz.
[7] Die damalige Bezeichnung für Buddha bei den
Nichtbuddhisten.
[8] Wörtlich: „Da ich bei den mit Existenz
zusammenhängenden Dingen erkannte: ‘Dies ist Befleckung.’“
[9] Ich setze nur den Ausdruck „danam detu“ in
Anführungszeichen.
[10] Nämlich bevor sie ihre Meinung äußerten,
wie der Kommentator bemerkt.
[11] Nach der Lesart einer Handschrift „indakhaggadhara“.
[12] Mit Eichhörnchen-Fellen, oder mit
Stickereien?
[13] Das ist offenbar der Sinn des Satzes:
„zunächst dem Buddha; wenn ein solcher nicht da ist, einem Paccekabuddha usw.“
Cowell fasst die Stelle ganz unrichtig auf.
[14] Gemeint sind die Weltalter.
[15] Cowell zitiert passend diese im
Petersburger Wörterbuch angegebene Bedeutung von „pradesa“.
[16] Der Kommentator erzählt dazu folgende Geschichte: Als
dieser zur Zeit, da Kassapa Buddha war, im Walde ein verlorenes Rind suchte,
wurde er von einem verirrten Mönche nach dem Wege gefragt, schwieg aber still.
Als jener ihn abermals fragte, sagte er voll Zorn: „Die Asketensklaven sind
geschwätzig; du musst ein Sklave sein, weil du zu geschwätzig bist.“ Diese Tat
kam aber damals noch nicht zu ihrer Reife, sondern wie Feuer, das unter der
Asche verborgen ist, blieb sie bestehen und ließ bei seinem Tode ein anderes
Karma entstehen. Indem er so nach seinen Taten seine Wiedergeburten durchmachte,
wurde er durch die Frucht eines guten Werkes zu Saketa ein Großkaufmann, wie
oben geschildert, und tat gute Werke wie Almosen Geben u. dgl. Diese Tat von ihm
wird wie ein in der Erde verborgener Schatz, wenn sie eine Gelegenheit gefunden,
ihre Frucht bringen. Die böse Tat aber, die er dadurch beging, dass er den Mönch
schalt, brachte in dieser seiner Existenz ihre Frucht. Da er dies nicht wusste,
meinte er, er sei durch die Frucht der anderen guten Tat in dem Schoße einer
Dirne wiedergeboren worden, und sagte deshalb so.
[17] D. h. nach Eurer Anweisung.
[18] Ein Wortspiel, denn „guna“ heißt „Tugend“.
[19] Der Kommentator fügt eine nichtssagende
Erzählung hinzu, wie Ruja sonst alle 14 Tage ihren Vater besuchte.
[20] Ich lese „vinayarata“ statt „ratam“.
[21] „kuddamukhi“ wird auch vom Kommentator so
erklärt; vgl. Anmerkung 3 auf Seite 118 von Cowells Übersetzung. „Kudda“
entspricht wohl skr. „Kudya“ = „Bestreichen“.
[22] Der Kommentator erklärt das Wort „canda“
hier merkwürdigerweise als „candana“ = „Sandel“.
[23] Das heißt: Weil doch eine Bestimmung über
dich besteht, darfst du das dir als ein gutes Werk erscheinende Fasten nicht
halten.
[24] D.h. durch neue Sünden und durch Verzicht
auf Buße verschlechtern sie das Verhältnis zwischen ihren guten und bösen Taten.
[25] Die folgenden sechs Strophen stehen auch im
Jātaka 503 Strophen 22-27.
[26] Ein andrer Name für die Licchavis, ein Volk
in der Nähe des Ganges.
[27] Der Kommentator fügt hier eine lange, ganz
nichtssagende Ausführung bei, die nur das in den Versen Gesagte nochmals
wiederholt.
[28] Wörtlich: „von Santana-Bäumen“; dies sind
Bäume, die nur im Himmel wachsen.
[29] Die vier Haupthimmelsgegenden, die vier
Nebenhimmelsgegenden, Zenith und Nadir.
[30] Gemeint sind die sogenannten vier
Großkönige oder Erzengel.
[31] Der oberste Gott Brahma selbst und die
Bewohner des Brahmahimmels.
[32] „Mahabrahma“ kann außer dem obersten Gott
Brahma auch einen Bewohner der Brahmawelt bedeuten. Letztere Bedeutung liegt
hier näher wegen des dabei angegebenen Namens.
[33] Die Tragstange ist gekrümmt in der Mitte
und an den beiden Seiten, da wo sie aufliegt am Nacken und an den beiden
Schultern.
[34] Der Geschlechtsname vieler alten
Priesterfamilien (skr. „Kasyapa“).
[35] Hier wie oben (Strophe 37) sind die
Existenzen gemeint, die eine neue durch ihre Taten bedingen und so gewissermaßen
die Väter des neuen Wesens sind.
[36] Auf Deutsch: „die Weltzwischenraum-Hölle“.
Vgl. „Leben des Buddha“, S. 319, Anm. 1.
[37] Eine rein redaktionelle Bemerkung des
Kommentators, die merkwürdigerweise bei Fausböll im Haupttext geblieben ist.
[38] So erklärt der Kommentator „aghammigehi“.
Näher liegt die Deutung „böse Tiere“ („agham“ = „Übel“).
[39] Wörtlich: „die Schwarzen und
Überschwarzen“, ein nur hier vorkommender Ausdruck.
[40] Wörtlich: „in der Vetarani, die keinen
Schutz bietet“.
[41] Der Kommentator fügt hinzu: „Ende des
Kapitels von der Hölle“.