Eine Betrachtung, ihr Mönche, entfaltet und beharrlich gepflegt, führt zu völliger Abwendung, Loslösung, Erlöschung, zum Frieden, zur Durchschauung, Erleuchtung und zum Nirvana. Welche Betrachtung?
1. Die Betrachtung über den Erleuchteten. Wahrlich, diese Betrachtung, ihr Mönche, führt zu völliger Abwendung, Loslösung, Erlöschung, zum Frieden, zur Durchschauung, Erleuchtung und zum Nirvana.
Eine Betrachtung, ihr Mönche, entfaltet und beharrlich gepflegt, führt zu völliger Abwendung, Loslösung, Erlöschung, zum Frieden, zur Durchschauung, Erleuchtung und zum Nirvana. Welche Betrachtung?
2. Die Betrachtung über die Lehre . . .
3. Die Betrachtung über die Jüngerschaft . . .
4. Die Betrachtung über die Sittlichkeit . . .
5. Die Betrachtung über die Freigebigkeit . . .
6. Die Betrachtung über die Himmelswesen . . .
7. Die Betrachtung über den Tod . . .
8. Die Betrachtung über den Körper . . .
9. Die Betrachtung über Ein- und Ausatmung . . .
10. Die Betrachtung über den Frieden . . . Wahrlich, diese Betrachtung, ihr Mönche, entfaltet und beharrlich gepflegt, führt zu völliger Abwendung, Loslösung, Erlöschung, zum Frieden, zur Durchschauung, Erleuchtung und zum Nirvana.
Nach dem Kom. mag die Betrachtung über den Buddha dienen: 1. als ein Mittel zu innerer Anregung, 2. als Objekt der Hellblickentfaltung (vipassanā-bhāvanā).
Wenn z. B. einer in der Absicht, die erste Vertiefung zu erreichen, eine der hierfür geeigneten Betrachtungen, z. B. die Leichenbetrachtung, übt, dabei aber sein Geist unstet und unzufrieden hin und her schweift ,genau wie ein ungebändigter Stier hin und her rennt’, so möge er vorerst von dieser Übung abstehen und über die weltlichen und überweltlichen Tugenden eines Buddha nachsinnen. Dadurch nämlich erheitert sich sein Geist und wird und wird nach und nach von den die Erreichung der rechten Sammlung unmöglich machenden fünf Hemmungen (nívarana: Sinnenlust, Groll, Starrheit und Mattheit, Aufgeregtheit und Gewissensunruhe, Zweifelsucht) frei. Ist auf diese Weise der Geist zur Ruhe gekommen, so mag er die anfängliche Übung (Leichenbetrachtung usw.) zum gewünschten Ziele führen. Genau wie einer, dem es unmöglich ist, mit einem stumpfen Beil einen Baum zu fällen, erst sein Beil schärfen läßt, um seine Absicht wirklich zu erreichen, genau so bändigt und zügelt zuerst der Mönch seinen Geist (durch die Betrachtung über den Buddha), um die ursprüngliche Übung mit wirklichem Erfolge ausführen zu können, d. i. die erste Vertiefung zu erreichen. Insofern nun diente die Betrachtung über den Buddha als ein Mittel zu innerer Anregung.
Als Objekt bzw. Ausgangspunkt der Hellblickentfaltung (vipassanā-bhāvanā) dient die Betrachtung über den Buddha in folgender Weise: Wer nach Austritt aus der durch die Betrachtung über den Buddha erreichten Sammlung darüber nachsinnt, wer denn eigentlich der Betrachtende gewesen sei, der erkennt, daß da nur diese mit der Betrachtung verbundenen Bewußtseinszustände anwesend waren, aber keine Ichheit. Und er weiß, daß diese Zustände die Bewußtseinsgruppe repräsentieren, die damit verbundene Wahrnehmung die Wahrnehmungsgruppe, das damit verbundene Gefühl die Gefühlsgruppe, die damit gleichzeitig aufsteigenden Geistesformationen (Bewußtseinseindruck, Wille, Sammlung, Gedankenfassen, Überlegen, Willenskraft, Verzückung usw.) die Geistesformationengruppe. Er weiß: Diese vier Daseinsgruppen können nicht entstehen ohne die physische Grundlage des Geistes. Diese physische Grundlage aber wiederum ist an den materiellen Körper gebunden, und dieser ist eine Bezeichnung der vier Grundelemente (Festes, Flüssiges, Erhitzendes und Bewegliches) und der davon abhängigen Dinge (Sinnenorgane, Objekte usw.). Diese alle aber wiederum bilden die Körperlichkeitsgruppe. Indem nun der Mönch die fünf Daseinsgruppen betrachtet, erkennt er dieselben als Leiden, erkennt das wiedergeburterzeugende Begehren als die Ursache des Leidens, die Erlöschung des Begehrens als Erlöschung des Leidens und den achtfachen Pfad als den zur Erlöschung des Leidens führenden Pfad. Durch solchen Hellblick aber kommt er Stufe um Stufe der Erreichung der Heiligkeit näher. Insofern nun diente die Betrachtung als Objekt und Ausgangspunkt der Hellblicksentfaltung.
Sämtliche zehn Betrachtungen behandelt ausführlich Vis. VII und VIII.
Einst weilte der Erhabene im Feigenhaine bei Kapilavatthu im Lande der Sakyer. Und der Sakyer Mahānāma kam zum Erhabenen, begrüßte ihn ehrfurchtsvoll und setzte sich zur Seite nieder. Zur Seite aber sitzend sprach der Sakyer Mahānāma also zum Erhabenen:
Wer da, o Ehrwürdiger, als edler Jünger einen Erfolg erzielt und das Gesetz verstanden hat, in welchem Zustand verweilt ein solcher häufig?
Wer da, Mahānāma, als edler Jünger einen Erfolg erzielt und das Gesetz verstanden hat, ein solcher verweilt häufig in folgendem Zustande:
Da, Mahānāma, gedenkt der edle Jünger des Vollendeten: ,Der Erhabene, wahrlich, ist ein Heiliger, vollkommen Erleuchteter, im Wissen und Wandel vollendet, ein Gesegneter, ein Weltenkenner, der unvergleichliche Lenker der zu bezähmenden Menschen, ein Erleuchteter, ein Erhabener.’
Zu einer Zeit aber, Mahānāma, wo der edle Jünger des Vollendeten gedenkt, zu einer solchen Zeit wird sein Herz weder durch Gier noch durch Haß noch durch Verblendung gefesselt; und angesichts des Erhabenen ist zu einer solchen Zeit sein Geist aufgerichtet. Aufgerichteten Geistes aber, Mahānāma, erlangt der edle Jünger Verständnis der Auslegung, Verständnis des Gesetzes, Freude am Gesetze. Im Erfreuten aber erwacht die Verzückung. Im Herzen verzückt beruhigt sich sein Inneres. Im Innern gestillt empfindet er Glück, und des Glücklichen Geist sammelt sich. Von diesem edlen Jünger, Mahānāma, heißt es, daß er unter der verkehrten Menschheit im Besitze des Rechten verweilt, daß er unter der leidenden Menschheit leidlos verweilt. Und ein Ohr für die Lehre habend, erweckt er die Betrachtung über den Erleuchteten.
Weiterhin, Mahānāma, gedenkt der edle Jünger der Lehre: ,Wohl verkündet ist von dem Erhabenen das Gesetz, sichtbar, an keine Zeit gebunden, einladend, anregend, durch Verständige selber zu erkennen’ . . .
Weiterhin, Mahānāma, gedenkt der edle Jünger der Jüngergemeinde des Erhabenen: ,Edel wandelnd ist die Jüngergemeinde des Erhabenen, gerade wandelnd ist die Jüngergemeinde des Erhabenen, auf dem rechten Pfade wandelnd ist die Jüngergemeinde des Erhabenen, in gebührlicher Weise wandelnd ist die Jüngergemeinde des Erhabenen, als da sind die vier Menschenpaare (der den Pfad und der die Frucht des Stromeintritts gerade Verwirklichende, der den Pfad und der die Frucht der Einmalwiederkehr gerade Verwirklichende usw.) oder die acht einzelnen Menschen. Diese Jüngergemeinde des Erhabenen ist würdig der Opfer, würdig der Gastgeschenke, würdig der Gaben, würdig des ehrfurchtsvollen Handgrußes, ist das unübertroffene Verdienstesfeld für die Welt’ . . .
Weiterhin, Mahānāma, gedenkt der edle Jünger der eigenen Sitten, die da ungebrochen sind, lückenlos, unbefleckt, ungetrübt, befreiend, von den Weisen gepriesen, unbeeinflußt, zur Sammlung hinführend . . .
Weiterhin, Mahānāma, gedenkt der edle Jünger der eigenen Freigebigkeit: ,Gesegnet, wahrlich, bin ich, hochgesegnet bin ich, daß ich unter den vom Schmutze des Geizes besessenen Geschöpfen mit einem vom Schmutze des Geizes freien Herzen lebe, freigebig, mit reinen Händen, am Weggeben Freude empfindend, den Bitten zugänglich, am Geben und Teilen mit anderen Freude empfindend’ . . .
Weiterhin, Mahānāma, gedenkt der edle Jünger der Himmelswesen:
Solches Vertrauen, solche Sittlichkeit, solches Wissen, solche Freigebigkeit, solche Einsicht, von der erfüllt jene Himmelswesen, von hier abgeschieden, dort wiedererschienen sind, solche Dinge sind auch in mir anzutreffen. Zu einer Zeit aber, Mahānāma, wo der edle Jünger seiner und jener Himmelswesen Vertrauen, Sittlichkeit, Wissen, Freigebigkeit und Einsicht gedenkt, zu einer solchen Zeit wird sein Herz weder durch Gier noch durch Haß noch durch Verblendung gefesselt, und angesichts der Himmelswesen ist zu einer solchen Zeit sein Geist aufgerichtet. Aufgerichteten Geistes aber, Mahānāma, erlangt der edle Jünger Verständnis der Auslegung, Verständnis des Gesetzes, Freude am Gesetze. Im Erfreuten erwacht die Verzückung. Im Herzen verzückt, beruhigt sich sein Inneres. Im Innern gestillt, empfindet er Glück, und des Glücklichen Geist sammelt sich. Von diesem edlen Jünger, Mahānāma, heißt es, daß er unter der verkehrten Menschheit im Besitze des Rechten verweilt, daß er unter der leidenden Menschheit leidlos verweilt. Und ein Ohr für die Lehre habend, erweckt er die Betrachtung über die Himmelswesen.
Wer da, Mahānāma, als edler Jünger einen Erfolg erzielt und das Gesetz verstanden hat, ein solcher verweilt häufig in diesem Zustande.
Die im Kanon so häufig angeführten drei Betrachtungsformeln über den Buddha, seine Lehre und seine Jüngergemeinde bilden in allen buddhistischen Ländern Südasiens einen Lieblingsgegenstand der Betrachtung. Sie werden mit Vorliebe von Groß und Klein beim Blumenopfer vor dem Buddhabilde hergesagt, und zwar in ihrer Ursprache, dem Pali.