Welcher Mensch gilt als "Beiderseits-Erlöster" (ubhatobhāgavimutto)?
Da hat ein Mensch leibhaftig die acht Freiungen erreicht, und nach weisem Erkennen ist in ihm der Wahn erloschen. Diesen Menschen bezeichnet man als "Beiderseits-Erlösten".
Anm.
Im Majjhima-Nikayo, 70. Rede, heißt es: "Wer aber, ihr Jünger, gilt als Beiderseits-Erlöster? Da hat, ihr Jünger, ein Mensch leibhaftig jene edlen, die Formenwelt übersteigenden, formlosen Freiungen (Selbstvertiefungen) erreicht, und nach weisem Erkennen ist in ihm der Wahn erloschen. Den, ihr Jünger, bezeichnet man als Beiderseits-Erlösten."
Im Anguttara-Nikayo, Neuner-Buch, 44. Rede, heißt es: ,"Beiderseits-erlöst, beiderseits-erlöst'—so sagt man, o Bruder. Inwiefern aber, o Bruder, bezeichnet der Erhabene einen als beiderseits-erlöst? Da gewinnt, o Bruder, ein Mönch ... die erste Selbstvertiefung (jhānam). Wie weit nun jenes Gebiet reicht, so weit hat er es leibhaftig verwirklicht, und weise erkennt er es. Insofern, o Bruder, bezeichnet der Erhabene einen in einer Hinsicht als beiderseits-erlöst. (Genau dasselbe wiederholt sich für die übrigen sieben Selbstvertiefungen.) — Und ferner noch, o Bruder: da gewinnt ein Mönch ... die "Aufhebung von Wahrnehmung und Gefühl" (nirodha samāpatti), und nach weisem Erkennen (d. h. nach Erwachung aus diesem Zustande) ist in ihm der Wahn erloschen. Wie weit nun jenes Gebiet reicht, so weit hat er es verwirklicht, und weise erkennt er es. Insofern, o Bruder, bezeichnet der Erhabene einen in jeder Hinsicht als beiderseits-erlöst. Cf. Anm. zu Nr. 31.—
Unter den "acht Freiungen" hat man sowohl hier als auch im folgenden die "acht Selbstvertiefungen" (jhana) zu verstehen.
Welcher Mensch gilt als "Wissens-Erlöster" (paññāvimutto)?
Da hat ein Mensch zwar nicht leibhaftig die acht Freiungen erreicht, aber nach weisem Erkennen ist in ihm der Wahn erloschen. Diesen Menschen bezeichnet man als "Wissens-Erlösten".
Anm.
Ähnlich lautet die Erklärung im Majjhima-Nikayo, 70. Rede, doch ist dort bloß von den "formlosen" Freiungen die Rede. —Cf. die schöne Stelle über die wissenserlösten Heiligen im Samyutta-Nikayo, XII, 7. Vaggo, wo gezeigt wird, wie die Heiligkeit keineswegs durch den Gewinn der einem ganz anderen Gebiete angehörenden, ersten fünf "Geisteskräfte" (abhiññā, s. Nr. 27) und der Freiungen bedingt ist, sondern lediglich auf reiner Erkenntnis beruht und zwar auf der Erkenntnis der Vergänglichkeit, des Leidens, der Wesenslosigkeit der fünf Daseinsaspekte, der "bedingten Entstehung" (paticcasamuppādo). Siehe meinen Aufsatz 'Paticcasamuppādo' in "Der Buddhist", 11. Jahrg. Nr. 3.
Der "Wissens-Erlöste" ist somit entweder ein Sukkhavipassako— d. h. er hat keine der Selbstvertiefungen erreicht—oder er ist ein Samathayāniko und hat die erste, zweite, dritte oder vierte Selbstvertiefung erreicht. Mit Hinsicht auf letzteren ist der "Beiderseits-Erlöste" bloß ein Samathayāniko in höherem Grade. — Im weitesten Sinne indessen sind, wie aus Anguttara-Nikayo, Neuner-Buch, 70. Rede, hervorgeht, die Bezeichnungen "wissens-erlöst" und "beiderseits-erlöst" nicht nur auf einen "Vollkommen-Heiligen" (arahāt) anwendbar, sondern auch auf Heilige der niederen Stufen. Cf. Anm. zu Nr. 30.
Welcher Mensch gilt als "Körperzeuge" (kāyasakkhí)?
Da hat ein Mensch leibhaftig die acht Freiungen erreicht, und nach weisem Erkennen ist in ihm der Wahn zum Teil erloschen. Diesen Menschen bezeichnet man als "Körperzeugen".
Anm.
Im Anguttara-Nikayo, Neuner-Buch, 44. Rede, heißt es: "'Körperzeuge, Körperzeuge' — so sagt man, o Bruder. Inwiefern aber, o Bruder, bezeichnet der Erhabene einen als Körperzeugen? Da gewinnt, o Bruder, ein Mönch ... die erste Selbstvertiefung. Wie weit nun jenes Gebiet reicht, so weit hat er es leibhaftig verwirklicht. Insofern, o Bruder, bezeichnet der Erhabene einen in einer Hinsicht als Körperzeugen. [Genau dasselbe wiederholt sich für die übrigen sieben Selbstvertiefungen.] — Und ferner noch, o Bruder: da gewinnt ein Mönch die "Aufhebung von Wahrnehmung und Gefühl", und nach weisem Erkennen ist in ihm der Wahn erloschen. Insofern, o Bruder, bezeichnet der Erhabene einen in jeder Hinsicht als Körperzeugen."
Als "Körperzeugen" bezeichnet man indessen für gewöhnlich diejenigen unter den sechs höheren "Kämpfern" (sekho, s. Nr. 23), welche sämtliche acht "Selbstvertiefungen" (jhānā) erreicht haben. Cf. Majjhima-Nikayo, 70. Rede.
Welcher Mensch gilt als "Erkenntnisgereifter" (ditthippatto)?
Da erkennt ein Mensch der Wirklichkeit gemäß: ,Dies ist das Leiden'; erkennt der Wirklichkeit gemäß: ,Dies ist die Entstehung des Leidens'; erkennt der Wirklichkeit gemäß: ,Dies ist die Aufhebung des Leidens'; erkennt der Wirklichkeit gemäß: ,Dies ist der zur Aufhebung des Leidens führende Pfad'. Die vom Vollendeten verkündeten Wahrheiten hat er weise erkannt und erwogen, und nach weisem Erkennen ist in ihm der Wahn zum Teil erloschen. Diesen Menschen bezeichnet man als "Erkenntnisgereiften".
Anm.
Im Majjhima-Nikayo, 70. Rede, heißt es: "Wer aber, ihr Jünger, gilt als Erkenntnisgereifter? Da hat, ihr Jünger, ein Mensch zwar nicht leibhaftig jene edlen, die Formenwelt übersteigenden, formlosen Freiungen erreicht, aber nach weisem Erkennen ist in ihm der Wahn zum Teil erloschen. Den, ihr Jünger, bezeichnet man als Erkenntnisgereiften."— Cf. Nr. 35 und Anm. zu Nr. 34.
Welcher Mensch gilt als "Glaubensbefreiter" (saddhāvimutto)?
Da erkennt ein Mensch der Wirklichkeit gemäß: ,Dies ist das Leiden'; erkennt der Wirklichkeit gemäß: ,Dies ist die Entstehung des Leidens'; erkennt der Wirklichkeit gemäß: ,Dies ist die Aufhebung des Leidens'; erkennt der Wirklichkeit gemäß: ,Dies ist der zur Aufhebung des Leidens führende Pfad.' Die vom Vollendeten verkündeten Wahrheiten hat er weise erkannt und erwogen, und nach weisem Erkennen ist in ihm der Wahn zum Teil erloschen, doch nicht auf die Weise, wie in dem Erkenntnisgereiften. Diesen Menschen bezeichnet man als "Glaubensbefreiten".
Anm.
Im Majjhima-Nikayo, 70. Rede, heißt es: "Wer aber, ihr Jünger, gilt als Glaubensbefreiter? Da hat, ihr Jünger, ein Mensch zwar nicht leibhaftig jene edlen, die Formenwelt übersteigenden, formlosen Freiungen erreicht, aber nach weisem Erkennen ist in ihm der Wahn erloschen, und sein Vertrauen zum Vollendeten ist standhaft, fest gegründet, unerschütterlich. Den, ihr Jünger, bezeichnet man als Glaubensbefreiten."
Der "Glaubensbefreite" gehört, ebenso wie der "Erkenntnisgereifte" (s. Nr. 33), zu den sechs höheren "Kämpfern" (der auf dem Sotāpanno-Pfad befindliche Kämpfer ist ausgeschlossen).
Buddhaghoso sagt, daß es dem "Erkenntnisgereiften" infolge der schärferen und klareren Einsicht (vipassanā) leichter werde, die "Verderbtheiten" (kilesā) zu unterdrücken, als dem mit verhältnismässig schwacher Einsicht ausgestatteten "Glaubensbefreiten", der nur unter Mühe und Anstrengung die Verderbtheit zu unterdrücken imstande sei.
Welcher Mensch gilt als "Wahrheitsergebener" (dhammānusārí)?
Wer gerade auf dem "Wege" ist, das Ziel des Stromeintrittes zu verwirklichen und die Fähigkeit der Einsicht stark entwickelt hat, von Einsicht getrieben den von Einsicht geleiteten heiligen Pfad erweckt: diesen Menschen bezeichnet man als "Wahrheitsergebenen".—
Der "Wahrheitsergebene" ist gerade auf dem Wege, das Ziel des Stromeintrittes zu verwirklichen, der "Erkenntnisgereifte" aber weilt am Ziele.
Anm.
Im Majjhima-Nikayo, 70. Rede, heißt es: "Wer aber, ihr Jünger, gilt als Wahrheitsergebener? Da, ihr Jünger, hat ein Mensch nicht leibhaftig jene edlen, die Formenwelt übersteigenden, formlosen Freiungen erreicht, und nicht ist nach weisem Erkennen in ihm der Wahn erloschen. Doch die vom Vollendeten verkündeten Wahrheiten kommen ihm allmählich weise zum Verständnis, und er besitzt solche Fähigkeiten, wie: Vertrauen, Energie, Besinnung, Konzentration und Einsicht. Den, ihr Jünger, bezeichnet man als Wahrheitsergebenen."—Cf. Nr. 36.
Welcher Mensch gilt als "Glaubensergebener" (saddhānusārí)?
Wer gerade auf dem "Wege" ist, das Ziel des Stromeintrittes zu verwirklichen und die Fähigkeit des Vertrauens stark entwickelt hat, von Vertrauen getrieben den von Vertrauen geleiteten heiligen Pfad erweckt: diesen Menschen bezeichnet man als "Glaubensergebenen".—
Der "Glaubensergebene" ist gerade auf dem "Wege", das Ziel des Stromeintrittes zu verwirklichen, der "Glaubensbefreite" aber weilt am "Ziele".
Anm.
Im Majjhima-Nikayo, 70. Rede, heißt es: "Wer aber, ihr Jünger, gilt als Glaubensergebener? Da hat, ihr Jünger, ein Mensch nicht leibhaftig jene edlen, die Formenwelt übersteigenden, formlosen Freiungen erreicht, und nicht ist nach weisem Erkennen in ihm der Wahn erloschen. Aber es eignet ihm Vertrauen und Liebe zum Vollendeten, und er besitzt solche Fähigkeiten, wie: Vertrauen, Energie, Besinnung, Konzentration und Einsicht. Den, ihr Jünger, bezeichnet man als "Glaubensergebenen".
Der "Glaubensergebene" und der "Wahrheitsergebene" haben also nicht die Befreiung von den "drei Fesseln" (s. Nr.9) und dem "Ansichtenwahne" (s. Nr. 1) erreicht, wohl aber befinden sie sich auf dem Wege dorthin, d. i. auf dem Sotāpanno-Pfade.
Im Majjhima-Nikayo, 22. Rede, heißt es: "Jene Mönche, die Wahrheitsergebene und Glaubensergebene sind, all' jene eilen der vollen Erleuchtung entgegen."
Welcher Mensch gilt als "höchstens siebenmal Wiedergeborener" (sattakkhattuparamo)?
Da ist ein Mensch nach Vernichtung der drei Fesseln "in den Strom eingetreten" (sotāpanno), dem
Verderben entronnen, gesichert, der vollen Erleuchtung gewiß. Noch siebenmal unter Geistern und Menschen die Geburten durcheilend, die Geburten durchwandernd, macht er dem Leiden ein Ende. Diesen Menschen bezeichnet man als "höchstens siebenmal Wiedergeborenen".
Anm.
Buddhaghoso verweist auf eine Stelle des Sutta-Pitakam, wo es heißt:
"'Der Strom, der Strom' (soto) —so sagt man, Sāriputto. Was ist nun aber, Sāriputto, der Strom?"
"Eben dieser heilige achtfache Pfad (nicht aber der achtfache Pfad des Weltlings; Cf. Majjh. Nik. 117), o Herr, ist der Strom, nämlich rechte Erkenntnis, rechte Gesinnung, rechte Rede, rechte Tat, rechte Lebensweise, rechte Anstrengung, rechte Besinnung, rechte Konzentration."
"'In den Strom eingetreten, in den Strom eingetreten' (sotāpanno)—so sagt man, Sāriputto. Wer nun aber, Sāriputto, gilt als ein "in den Strom Eingetretener"?
"Wer, o Herr, auf diesem heiligen achtfachen Pfade wandelt, diesem Ehrwürdigen eignet solcher Name, solche Bezeichnung."
Cf. die schöne Stelle im Samy.55.7; S.55.28; S.12.41. Vaggo, wo es heißt: "Wenn jener (der Sotāpanno) wollte, dann könnte er von sich selber sagen: Entronnen bin ich der Hölle, entronnen der Tierwelt, entronnen dem Gespensterreich, entronnen dem Abweg, der Leidensfährte, der verstoßenen Welt, bin eingetreten in den Strom, dem Verderben entronnen, gesichert, der vollen Erleuchtung gewiß."
Über die drei Fesseln s. Nr. 9.
Welcher Mensch gilt als ein von "Geschlecht zu Geschlecht Eilender" (kolankolo)?
Da ist ein Mensch nach Vernichtung der drei Fesseln in den Strom eingetreten, dem Verderben entronnen, gesichert, der vollen Erleuchtung gewiß. Noch zweimal oder dreimal unter edlen Geschlechtern die Geburten durcheilend, die Geburten durchwandernd, macht er dem Leiden ein Ende. Diesen Menschen bezeichnet man als einen von "Geschlecht zu Geschlecht Eilenden".
Anm.
Der Kolankolo wird noch zwei- oder dreimal wiedergeboren und zwar jedesmal unter den Menschen.
Welcher Mensch gilt als "Einmal-Aufkeimender" (ekabíjí)?
Da ist ein Mensch nach Vernichtung der drei Fesseln in den Strom eingetreten, dem Verderben entronnen, gesichert, der vollen Erleuchtung gewiß. Nur noch einmal zum menschlichen Dasein gelangt, macht er dem Leiden ein Ende. Diesen Menschen bezeichnet man als "Einmal-Aufkeimenden".
Anm.
Der Ekabíjí hat nur noch eine einzige Wiedergeburt zu erwarten und zwar unter den Menschen.
Obengenannte drei Arten der "in den Strom Eingetretenen" (sotāpannā), d. i. der "höchstens siebenmal Wiedergeborene", der "von Geschlecht zu Geschlecht Eilende" und der "Einmal-Aufkeimende", werden im Anguttara-Nikayo, Dreier-Buch, 87. Rede, mit ebendenselben Worten beschrieben.