Als "Achtsamkeit auf Ein- und Ausatmung" gilt die betreffs des Ein- und Ausatmens aufgestiegene Betrachtung; damit bezeichnet man jene Achtsamkeit, die die Einatmung und Ausatmung zum Vorstellungsobjekte hat.
Wir kommen nun zur Darstellung der Entfaltung jener sechzehnfachen, in der Achtsamkeit auf Ein- und Ausatmung bestehenden Übung, die der Erhabene gepriesen und beschrieben hat in den Worten (S.54.9):
"Diese Sammlung der Achtsamkeit auf Ein- und Ausatmung, entfaltet und gepflegt, ist friedvoll und erhaben, fleckenlos und ein glückseliger Zustand, und bringt die immer wieder aufsteigenden üblen, unheilsamen Dinge auf der Stelle zum Schwinden und zur Ruhe." Und: "Wie aber entfaltet, ihr Mönche, wie gepflegt, ist die Sammlung der Achtsamkeit auf Ein- und Ausatmung friedvoll und erhaben, fleckenlos und ein glückseliger Zustand und bringt die immer wieder aufsteigenden üblen, unheilsamen Dinge auf der Stelle zum Schwinden und zur Ruhe? Da, ihr Mönche, hat sich der Mönch in den Wald begeben oder an den Fuß eines Baumes oder an eine leere Stätte und setzt sich nieder. Und mit kreuzweise untergeschlagenen Beinen, den Körper gerade aufgerichtet, die Achtsamkeit vor sich geheftet, atmet er achtsam ein, atmet er achtsam aus.
I. (1) "Lang einatmend weiß er: 'Lang atme ich ein'; oder, lang ausatmend . . . (2) Kurz einatmend . . . oder, kurz ausatmend weiß er: 'Kurz atme ich aus'. (3) 'Den ganzen (Atem-) Körper empfindend werde ich einatmen', so übt er sich; 'den ganzen Körper empfindend werde ich ausatmen', so übt er sich. (4) 'Die Körperfunktion besänftigend werde ich einatmen', so übt er sich; 'Die Körperfunktion besänftigend werde ich ausatmen', so übt er sich.
II. (5) ",Die Verzückung empfindend . . . (6) 'Das Wohlgefühl empfindend . . . (7) 'Die geistige Funktion empfindend . . . (8) 'Die geistige Funktion besänftigend . . .
III. (9) ",Den Geist empfindend . . . (10) 'Den Geist erheiternd . . . (11) 'Den Geist sammelnd . . .' (12) 'Den Geist befreiend . . .'
IV. (13) ",Das Vergängliche betrachtend . . .' (14) 'Die Loslösung betrachtend . . .' (15) 'Die Aufhebung betrachtend . . .' (16) 'Das Fahrenlassen betrachtend werde ich ausatmen', so übt er sich."
Diese Beschreibung der Übung ist freilich nur dann in jeder Hinsicht vollständig, wenn sie von einer Erläuterung des kanonischen Textes begleitet ist. Daher folgt nun hier als erstes eine solche Erläuterung des Textes.
In den Worten "Wie aber entfaltet, ihr Mönche, . . . ist die Sammlung der Achtsamkeit auf Ein- und Ausatmung . . .?" wird 'Wie?' gefragt in der Absicht, die Entfaltung der Sammlung der Achtsamkeit auf Ein- und Ausatmung in vielseitiger Weise auseinanderzusetzen. Die Worte, "aber entfaltet ihr Mönche, . . . ist die Sammlung der Achtsamkeit auf Ein- und Ausatmung" zeigt den in Frage stehenden Gegenstand an, in der Absicht, denselben in vielseitiger Weise auseinanderzulegen. Auch für die Worte "wie gepflegt . . . bringt (die Sammlung der Achtsamkeit auf Ein- und Ausatmung) . . . zur Ruhe" gilt genau dieselbe Erklärung.
"Entfaltet" bedeutet hierbei soviel wie: zum Entstehen und Wachsen gebracht.
Unter "Sammlung der Achtsamkeit auf Ein- und Ausatmung" versteht man diejenige Sammlung, die verbunden ist mit der auf Ein- und Ausatmung sich beziehenden Achtsamkeit, oder: der bei Achtsamkeit auf Ein- und Ausatmung bestehenden Sammlung.
"Gepflegt" bedeutet: wieder und wieder geübt.
"santo c' eva panīto ca" (friedvoll und erhaben) bedeutet dasselbe wie: santo c' eva panīto c' eva. Für beide Stellen gilt die Festlegung durch das Wörtchen 'eva' (emphat. Partikel, hier etwa: durchaus, ganz und gar). Was besagt das? Daß es damit nicht so ist wie mit der Ekelübung. Die Ekelübung nämlich ist bloß in ihrer Durchdringung (durch Erreichung der Vertiefung) friedvoll und erhaben; zufolge der grobstofflichen und widerlichen Vorstellung aber ist sie als Vorstellung weder friedvoll noch erhaben. Diese Übung aber ist in keiner Weise unfriedvoll oder unedel; sondern sowohl auf Grund der Friedlichkeit der Vorstellung als auch der als Durchdringung geltenden (Vertiefungs-) Glieder ist sie friedvoll, ruhig und voll Seligkeit; infolge der Erhabenheit der Vorstellung und der Vertiefungsglieder aber ist sie erhaben und bewirkt, daß man ihrer niemals überdrüssig wird. Darum wird sie als friedvoll und erhaben bezeichnet.
In dem Ausdruck "fleckenlos und ein glückseliger Zustand" bedeutet "fleckenlos" soviel wie: frei von Befleckung, ungesprenkelt, unvermengt, für sich bestehend, in sich abgeschlossen. Die Friedlichkeit dieser Übung tritt nicht erst in der Vorbereitungsstufe ein (wie bei den Kasinas) oder erst in der Angrenzenden Sammlung (wie, z.B., bei der Ekelübung); sondern von der ersten Inangriffnahme an ist die Übung durch ihre Eigenart friedvoll und erhaben. Das ist der Sinn. Einige jedoch erklären 'fleckenlos' als ungesprenkelt, gehaltvoll, ihrem Wesen nach lieblich. Weil aber diese unbefleckte Sammlung zu jeder Zeit ihrer vollkommenen Erreichung zur Erlangung von körperlichem und geistigem Wohlsein führt, darum ist sie auch als 'glückseliger Zustand' zu betrachten.
"Die immer wieder aufsteigenden" bedeutet: alle die noch nicht gelähmten (üblen Dinge).
"Übel" bedeutet: schlecht.
"Die unheilsamen Dinge" sind aus Unvollkommenheit entstandene Dinge.
"Bringt auf der Stelle zum Schwinden" bedeutet: bringt in einem einzigen Augenblick zum Schwinden, zur Lähmung.
"Bringt zur Ruhe" besagt: beruhigt gründlich; oder dadurch, daß diese Sammlung zur Durchschauung führt, bringt sie, nachdem sie nach und nach die Entwicklung der edlen Pfade (des Sotapan usw.) erreicht hat, (die üblen Dinge) zur Zerstörung und Stillung.
Der Sinn ist hier, kurz gefaßt, dieser: 'Auf welche Weise, auf welche Art, nach welchem Verfahren entfaltet, in welcher Weise gepflegt, ist die Sammlung der Achtsamkeit auf Ein- und Ausatmung friedvoll . . . und bringt . . . zur Ruhe?' Um nun diese Sache zu erklären, wird gesagt: "Da, ihr Mönche, hat sich der Mönch usw."
Dabei bedeutet der Ausdruck "Da (wörtl. 'hier'), ihr Mönche, (hat sich) der Mönch" soviel wie: 'Mönche, ein Mönch hier in dieser Lehre'. Dieses Wörtchen "hier" deutet an dieser Stelle die Lehre an, die demjenigen Menschen eine Stütze bietet, der auf alle Weisen die Sammlung der Achtsamkeit auf Ein- und Ausatmung erweckt; und es spricht den Anhängern jeder anderen Lehre solche Fähigkeit ab. Es heißt nämlich (A.IV.239; M.11): "Bloß hier, ihr Mönche, findet sich der wahre Asket . . . leer an Asketen sind die Schulen der Andersgläubigen." Dabei heißt es: 'Der Mönch in dieser Lehre'.
Die Worte "hat sich in den Wald begeben . . . oder an eine leere Stätte" beschreiben die Wahl einer solchen Behausung, die sich dazu eignet, die Sammlung der Achtsamkeit auf Ein- und Ausatmung zu entfalten. Der Geist nämlich, der bei jenem Mönche lange Zeiten hindurch den sichtbaren und anderen Objekten nachgejagt ist, tritt nicht gerne ein in die Sammlung der Achtsamkeit auf Ein- und Ausatmung als Objekt, gerade wie ein mit einem widerspenstigen jungen Stier bespannter Wagen vom Wege abgerät. Nehmen wir an, ein Rinderhirt will einen widerspenstigen jungen Stier zähmen, der mit der Milch einer widerspenstigen Kuh großgezogen wurde. Er führt daher das Kalb von der Kuh weg und bindet es in der Nähe mit einem Stricke an einem großen Pfosten an, den er in den Boden eingerammt hat. Und der junge Stier, sich hin und her windend und außerstande davon zu laufen, hockt oder legt sich schließlich bei eben jenem Pfosten nieder. Genau so auch verfahre jener Mönch, der seinen, lange Zeiten hindurch mit den saftigen Getränken der sichtbaren und anderen Objekte großgezogenen, verwilderten Geist zu bändigen wünscht. Er wende ihn weg von den sichtbaren und anderen Objekten, begebe sich in den Wald oder an eine leere Stätte und binde ihn dort vermittels des Bandes der Achtsamkeit an den Pfeiler der Ein- und Ausatmung fest. Und sein Geist, sich hin und her windend, ohne die früher gehegten Objekte zu finden, und außerstande, das Band der Achtsamkeit zu zerreißen und davon zu eilen, läßt sich schließlich bei eben jenem Objekte nieder, ruht sich bei ihm aus, u. zw. im Sinne der 'Angrenzenden' oder 'Vollen Sammlung'. Darum sagen die alten Meister:
"Wie's Kalb, das man zu zähmen wünscht,
Man da am Pfosten bindet fest,
So bind' man seinen eignen Geist
Fest an das geistige Objekt."
Auf diese Weise ist die Behausung jenes Mönches der geistigen Entfaltung angemessen. Darum wird von obigen Worten gesagt, daß sie die Wahl einer solchen Behausung beschreiben, die sich dazu eignet, die Sammlung der Achtsamkeit auf Ein- und Ausatmung zu entfalten.
Oder, ohne das vom Geschrei von Männern, Weibern, Elefanten, Hunden usw. erfüllte Dorfgebiet verlassen zu haben, ist es nicht leicht - da eben das Geräusch einen Dorn für die Vertiefung bildet (s.A.X.72) - diese Übung der Achtsamkeit auf Ein- und Ausatmung zu entfalten, die unter den verschiedenen Übungen die hervorragendste ist und die für die allerkennenden Erleuchteten, die Einzelerleuchteten und Jünger der Erleuchteten die Grundlage zur Erreichung des Fortschrittes bildet sowie zu gegenwärtigem Wohlsein. Weil es aber in einem menschenleeren Walde für den Übungsbeflissenen leicht ist, diese Übung zu meistern, die vier Atemvertiefungen zu erzeugen und, diese als Grundlage nehmend, über die Daseinsgebilde nachzusinnen und die höchste Frucht der Heiligkeit zu erreichen: aus diesem Grunde hat der Erhabene, um die angemessene Lagerstätte für den Mönch anzudeuten, gesagt, daß er sich in den Wald begeben habe usw.
Der Erhabene nämlich gleicht einem Baumeister. Wie der Baumeister zuerst sich den Boden für die Stadt ansieht und nach gründlicher Prüfung die Anweisung gibt, dort die Stadt zu erbauen und, sobald die Stadt glücklich fertig ist, ihm seitens der Fürstenfamilie große Ehrung zuteil wird: genau so auch gibt der Erhabene, nachdem er eine für den Übungsbeflissenen günstige Behausung ausgesucht hat, die Anweisung, sich dort der geistigen Übung zu befleißigen; und hat darauf der sich dort der Übung befleißigende Mönch allmählich die Heiligkeit erreicht, so wird dem Erhabenen die hohe Ehrung zuteil: 'Wahrlich, ein All-Erleuchteter ist der Erhabene!'
Dieser Mönch aber, sagt man, gleicht einem Panther. Gleichwie der König der Panther, im Grasgestrüppe des Waldes oder im Dickicht der Bäume oder in einer Felsenkluft sich versteckt haltend, Büffel, Antilopen, Eber und andere wilde Tiere überfällt: genau so hat man von jenem Mönche zu wissen, daß, während er im Walde oder an ähnlichen Orten sich der geistigen Übungen befleißigt, er der Reihe nach die Pfade des Stromeintritts, der Einmalwiederkehr, Niewiederkehr und Heiligkeit sowie das edle Ziel erreicht. Darum sagen die alten Meister:
"Gleichwie die wilde Pantherkatze
Vom Dickicht aus das Wild ergreift,
Genau so hält des Buddha Jünger,
Der eifrig strebend Einsicht übt,
Sich in dem Waldesdickicht auf;
Und dort erringt er höchstes Heil."
Um also die Waldbehausung als eine für ihn geeignete Stätte zur Anstrengung und zu schnellem Fortschritte zu zeigen, sagt der Erhabene, daß der Mönch sich in den Wald begeben habe usw.
"Er hat sich in den Wald begeben" bedeutet da: er hat sich in irgend einen das Glück der Abgeschiedenheit bietenden unter jenen Wäldern begeben, deren Merkmale beschrieben wurden in den Worten (Vibh.p.251; Pts.p.176): "Was da den Wald betrifft, so gilt nach dem Hinaustreten ins Freie jenseits der (vor der Stadt befindlichen) Indrasäule alles als Wald." Und: "Die Waldbehausung ist zum wenigsten fünfhundert Bogenlängen (von menschlichen Behausungen) entfernt."
"Er hat sich an den Fuß eines Baumes begeben" besagt: er hat sich in die Nähe eines Baumes begeben.
"Er hat sich an eine leere Stätte begeben" besagt: er hat sich an einen leeren, abgeschiedenen Ort begeben, Hier könnte man auch sagen, daß dieser Ausdruck bedeutet: ausgenommen den Wald und den Fuß eines Baumes, hat er sich an eine von den übrigen sieben Arten von Behausungen begeben.
Nachdem nun der Erhabene ihm eine Behausung angedeutet hat, die den drei Jahreszeiten angepaßt, den Körpersäften und seiner Natur zuträglich und für die Entfaltung der Achtsamkeit auf Ein- und Ausatmung geeignet ist, sagt er dann, daß er sich niedersetze, um dadurch eine ruhige, weder zur Schlaffheit noch Aufgeregtheit führende Körperstellung anzudeuten.
"Mit kreuzweise untergeschlagenen Beinen (pallankam ābhujitvā)" sagt er darauf, um die Festigkeit seines Sitzes zu zeigen, sowie die Leichtigkeit des Ein- und Ausatmens und das Mittel, um das Objekt festzuhalten. Dabei bedeutet 'pallanka' das Sitzen mit vollständig angezogenen Schenkeln. 'ābhujitvā' bedeutet: angezogen habend.
"Den Körper gerade aufgerichtet" bedeutet: den Oberkörper aufrecht gerichtet habend, die achtzehn Rückenwirbel von Anfang bis Ende gerade gerichtet habend. Bei dem auf diese Weise Niedersitzenden nämlich verkrümmen sich weder Haut, Fleisch noch Sehnen. Und jene Schmerzgefühle, die ihn in Folge des Sichkrümmens alle Augenblicke befallen möchten, diese steigen nicht auf. Da diese aber nicht aufsteigen, sammelt sich sein Geist, und die Übung wird nicht gestört, sondern gelangt zum Wachstum und zur Entfaltung.
"Die Achtsamkeit vor sich geheftet" (satim parimukham upatthapetvā) bedeutet: die Achtsamkeit dem Übungobjekte gegenüber (parimukham) gestellt habend. Oder aber, 'pari' hat den Sinn des 'Sichbeziehens auf etwas'; 'mukham' bedeutet: Entrinnung, 'sati': Gewärtigsein. Somit heißt es also: 'Das auf die Entrinnung sich beziehende Gewärtigsein'. Auch nach dieser in Patisambhidā (I.176) gegebenen Erklärung mag man den Sinn hier auffassen. Derselbe ist da kurz gesagt: die auf die Entrinnung sich beziehende Achtsamkeit übend.
"Atmet er achtsam ein, atmet er achtsam aus" bedeutet: so sich niedersetzend und so die Achtsamkeit vor sich gewärtig haltend, atmet der Mönch, ohne die Achtsamkeit schwinden zu lassen, achtsam ein, atmet er achtsam aus; und als 'achtsam übend' bezeichnet man einen solchen.
Um nun die verschiedenen Weisen zu zeigen, wie er achtsam übt, hat der Erhabene gesagt: 'Lang einatmend usw.' In der Erklärung des Ausspruches 'Atmet er achtsam ein, atmet er achtsam aus' heißt es nämlich in Patisambhidā (I.177): "Auf zweiunddreißigfache Weise ist er achtsam übend: Indem er beim langen Einatmen die Eingipfeligkeit und Unzerstreutheit seines Geistes erkennt, ist seine Achtsamkeit gewärtig, und im Sinne solcher Achtsamkeit und solches Wissens ist er achtsam übend. Indem er beim langen Ausatmen . . . beim Einatmen das Fahrenlassen betrachtend . . . beim Ausatmen das Fahrenlassen betrachtend, die Eingipfeligkeit und Unzerstreutheit seines Geistes erkennt, ist seine Achtsamkeit gewärtig, und im Sinne solcher Achtsamkeit und solches Wissens ist er achtsam übend.
I (1) Dabei bedeutet "lang einatmend" (digham assasanto) eine lange Einatmung (assāsa) machend. Im Vinayakommentar gilt 'assāsa' als der nach Außen strömende Wind, und 'passāsa' als der nach Innen strömende Wind. In den Suttenkommentaren aber ist die Sache umgekehrt überliefert. Dort heißt es: Beim Heraustreten aller Leibgeborenen aus dem Mutterleibe strömt zuerst der im Innern, (des Säuglings) befindliche Wind nach Außen; später strömt der äußere Wind, indem er feinen Staub mir sich führt, in das Innere ein; und nachdem er den Gaumen getroffen hat, verschwindet er wieder. So hat man die Ein- und Ausatmung aufzufassen. Was da aber ihre Länge und Kürze betrifft, so sind diese mit Rücksicht auf die (zeitliche) Strecke zu verstehen. Gleichwie man über eine räumliche Strecke (okāsaddhāna) ausgebreitetes Wasser oder Sand als langes Wasser und langen Sand, oder als kurzes Wasser und kurzen Sand bezeichnet, so auch füllen, wenn auch nur Stückchen für Stückchen, Ein- und Ausatmungen bei einem Elefanten- oder Schlangenkörper langsam die als ihre Leiblichkeit geltende lange Strecke und strömen ganz langsam wieder aus; darum bezeichnet man diese als lang. Die bei Hunden und Hasen als ihre Leiblichkeit geltende kurze Strecke aber füllen sie schnell und strömen ganz schnell wieder aus; darum bezeichnet man diese als kurz. Unter den Menschen aber atmen einige, gerade wie Elefanten, Schlangen usw., lange aus, u. zw. im Sinne der zeitlichen Strecke (kālad-dhāna); einige aber kurz, genau wie es bei Hunden und Hasen der Fall ist. Daher sind bei ihnen die Atemzüge, die beim Ein- und Ausströmen eine im zeitlichen Sinne lange Strecke zurücklegen, als 'lang' aufzufassen; und diejenigen, die beim Ein- und Ausatmen eine kurze Strecke (ittara-addhāna) zurücklegen, gelten als kurz. Somit weiß der Mönch, während er auf neunfache Weise lang ein- und ausatmet, daß er lang ein- und ausatmet. Und wer solches klar erkennt, dem gelingt auf eine Art die Entfaltung der in der Körperbetrachtung bestehenden Grundlage der Achtsamkeit. Wie es in Patisambhidā (p. 177) heißt: "Wie aber weiß er lang einatmend 'lang atme ich ein', lang ausatmend 'lang atme ich aus'? Er macht eine lange, d.i. lang dauernde (6) Einatmung; macht eine lange, d.i. lang dauernde, Ausatmung; macht eine lange, d.i. lang dauernde, Ein- und Ausatmung. Eine lange, d.i. lang dauernde Ein- und Ausatmung machend, steigt ihm das Wollen auf. Willentlich macht er eine noch feinere lange, d.i. lang dauernde, Einatmung; willentlich macht er eine noch feinere lange, d.i. lang dauernde, Ausatmung; willentlich macht er eine noch feinere lange, d.i. lang dauernde, Ein- und Ausatmung. Willentlich eine noch feinere lange, d.i. lang dauernde, Ein- und Ausatmung machend, steigt ihm Freude auf. Auf Grund der Freude macht er eine noch feinere lange, d.i. lang dauernde, Einatmung; auf Grund der Freude macht er eine noch feinere lange, d.i. lang dauernde, Ausatmung; . . . eine noch feinere lange, d.i. lang dauernde, Ein- und Ausatmung. Auf Grund der Freude eine noch feinere lange, d.i. lang dauernde, Ein- und Ausatmung machend, wendet er seinen Geist von dem langen Ein- und Ausatmen ab, und Gleichmut tritt ein.
"Die langen Ein- und Ausatmungen auf diese neunfache Weise gelten als Körper (kāya), das Gewärtigsein als Achtsamkeit (sati), die Betrachtung als Wissen (ñāna). Der Körper gilt als Gewärtigsein, nicht als Wissen. Die Achtsamkeit gilt sowohl als Gewärtigsein als auch als Wissen. Vermittels jener Achtsamkeit und jenes Wissens betrachtet er den Körper. Darum spricht man beim Körper von der Entfaltung der in der Körperbetrachtung bestehenden Grundlage der Achtsamkeit."
(2) Dieselbe Erklärung findet sich auch für die Worte betreffs des kurzen Atems (,rassam assasanto'). Folgendes jedoch ist der Unterschied: Wie oben nämlich von einer langen, d.i. lange dauernden, Einatmung gesprochen wurde, so finden wir auch hier die Worte: "Er macht eine kurze, d.i. kurz dauernde, Einatmung". Daher hat man hier das Wort 'kurz' anzuwenden bei den Worten "Darum spricht man beim Körper von der Entfaltung der in der Körperbetrachtung bestehenden Grundlage der Achtsamkeit." Somit ist die Sache so aufzufassen: Auf diese (neun) Weisen die Ein- und Ausatmungen als lang oder kurz erkennend, weiß der Mönch, lang einatmend: 'Lang atme ich ein' ' . . kurz ausatmend: 'Kurz atme ich aus'. So wissend zeigt sich folgendes bei ihm:
Ob lang oder ob kurz sie sei,
Ob Einatmung, ob Ausatmung: -
Die Atemarten treten an
Des Mönches Nasenspitze auf.
(3) ",Den ganzen Körper empfindend (sabbakāya-patisamvedī) werde ich einatmen . . . werde ich ausatmen' so übt er sich" bedeutet soviel wie: 'des vollständigen Einatmungskörpers Anfang, Mitte und Ende mir klar erkennbar und deutlich machend werde ich einatmen' so übt er sich; 'des vollständigen Ausatmungskörpers Anfang, Mitte und Ende empfindend werde ich ausatmen' so übt er sich. Sich so den Atemkörper klar erkennbar und deutlich machend atmet er mit einem mit Wissen verbundenen Geiste ein und aus. Darum heißt es: ",werde ich einatmen . . . werde ich ausatmen' so übt er sich".
Dem einen Mönche nämlich ist von dem aus kleinsten Teilchen hervorgegangenen Ausatmungskörper der Anfang deutlich, nicht aber Mitte und Ende; und er vermag bloß den Anfang festzuhalten und ermattet bei Mitte und Ende. Einem anderen Mönche ist die Mitte deutlich, nicht aber Anfang und Ende. Einem dritten ist das Ende deutlich, nicht aber Anfang und Mitte; und er vermag bloß das Ende festzuhalten und ermattet bei Anfang und Mitte. Einem weiteren Mönche aber ist der ganze Atemkörper deutlich, und er vermag den ganzen Atemkörper zu erfassen, ohne irgendwo zu ermatten. Wie ein solcher aber sollte man sein. Um dies zu zeigen, sprach der Erhabene: "Den ganzen Körper empfindend werde ich einatmen . . . werde ich ausatmen' so übt er sich."
"So übt er sich" besagt, daß er sich auf obengenannte Weise bestrebt und bemüht. Was da in einem solchen an Zügelung besteht, das gilt hierbei als Schulung in Hoher Sittlichkeit (adhisīla-sikkhā). Was in einem solchen an Sammlung besteht, das gilt als Schulung in hoher Geistigkeit (adhicitta-sikkhā). Was in einem solchen an Wissen besteht, das gilt als Schulung in Hohem Wissen (adhipaññā-sikkhā). Diese 3 Schulungen übt, hegt, entfaltet und pflegt er bei jener Vorstellung vermittels jener Achtsamkeit. So ist der Sinn hier zu verstehen.
Weil nun da nach der früheren Methode der Mönch bloß ein- und auszuatmen und nichts anderes zu tun hat, von da ab aber nach Erzeugung des Wissens usw. streben muß, so hat man dort den Text im Präsens gegeben, nämlich: ",atme ich ein' so weiß er . . . 'atme ich aus' so weiß er"; und von da ab hat man, um das zu übende Merkmal der Erzeugung des Wissens usw. zu zeigen, den Text ins Futurum gesetzt, nämlich: ",Den ganzen Körper empfindend werde ich einatmen usw.' " So ist dies zu verstehen.
(4) "'Die Körperfunktion besänftigend (passambhayam kāya-sankhāra) werde ich einatmen . . . werde ich ausatmen' so übt er sich": diese Worte besagen soviel wie: 'die grobgeartete Körperfunktion besänftigend, mildernd, stillend, beruhigend, werde ich einatmen... werde ich ausatmen', so übt er sich. Hierbei sind Grobgeartetsein und Feingeartetsein sowie Beruhigung so zu verstehen: Bevor der Mönch (das Meditationsobjekt) aufgenommen hat, sind bei ihm Körper und Geist beunruhigt und grobgeartet. Solange aber das Grobgeartetsein von Körper und Geist noch nicht beigelegt ist, solange sind auch die Ein- und Ausatmungen grobgeartet; und treten diese noch stärker auf, so versagt die Nase, und der Mönch atmet gleichzeitig durch den Mund ein und aus. Sind bei ihm Körper und Geist aber beherrscht, so sind beide gestillt und beruhigt. Sobald diese aber beruhigt sind, treten die Ein- und Ausatmungen verfeinert auf und erreichen einen Zustand' wo man gleichsam zu prüfen hat, ob sie überhaupt noch da sind oder nicht. Auch bei einem Manne z.B., der gelaufen oder einen Berg herabgeklettert ist oder eine schwere Last vom Kopfe genommen hat, sind die Ein- und Ausatmungen so heftig, daß die Nase versagt und er beim Ein- und Ausatmen gleichzeitig durch den Mund atmen muß. Sobald er aber die Erschöpfung überwunden hat und nach einem Bade und einem Trunke Wassers sich ein feuchtes Tuch aufs Herz gelegt hat und im kühlen Schatten ruht, treten bei ihm jene Ein- und Ausatmungen verfeinert auf und erreichen einen Zustand, wo man gleichsam zu prüfen hat, ob sie überhaupt noch da sind oder nicht. Genau so ist es mit jenem Mönche. Und wieso? Früher, als er noch nicht die Übung aufgenommen hatte, hegte er nicht solche Gedanken, Betrachtungen, Überlegungen und Erwägungen, wie: 'Alle die grobgearteten Körperfunktionen muß ich besänftigen.' Sobald er aber die Übung aufgenommen hat, tut er es. Darum ist, sobald er geübt hat, seine Körperfunktion feiner als zu der Zeit, wo er noch nicht geübt hatte. Daher sagen die alten Meister:
"Sind Geist und Körper in Erregung,
So sind auch die Funktionen grob.
Doch ist der Körper nicht erregt,
So treten sie verfeinert auf."
Die Erklärer der 'Langen Sutten' (Dīgha Nikāya) und der 'Gruppierten Sutten' (Samyutta Nikāya) aber sind der Meinung, auch beim Aufnehmen der Übung sei diese Körperfunktion verhältnismäßig grobgeartet, in dem Angrenzenden Zustand vor der ersten Vertiefung aber feiner. Auch in diesem Zustande sei sie gröber geartet, in der ersten Vertiefung aber feiner. In der ersten Vertiefung und dem Angrenzungszustand vor der zweiten Vertiefung sei sie gröber geartet, in der zweiten Vertiefung aber feiner. In der zweiten Vertiefung und dem Angrenzungszustand vor der dritten Vertiefung sei sie gröber geartet, in der dritten Vertiefung aber feiner. In der dritten Vertiefung und dem Angrenzungszustande vor der vierten Vertiefung sei sie gröber geartet, in der vierten Vertiefung aber sei sie aufs Äußerste verfeinert und erreiche völligen Stillstand. Die Erklärer der Mittleren Sutten aber nehmen an, die Körperfunktionen in dem Angrenzungszustande vor der jedesmal höheren Vertiefung seien feiner als in der jedesmal niedrigeren Vertiefung, sodaß also die Körperfunktion in der ersten Vertiefung gröber geartet sei, in dem Angrenzungszustande vor der zweiten Vertiefung aber feiner. Nach Auffassung aller aber kommt die vor aufgenommener Übung aufgetretene Körperfunktion zur Zeit der Übung zur Beruhigung. Die vor aufgenommener Übung aufgetretene Körperfunktion aber kommt im Angrenzungszustande vor der ersten Vertiefung zur Beruhigung . . . die während des Angrenzungszustandes vor der vierten Vertiefung aufgetretene Körperfunktion kommt in der vierten Vertiefung zur Beruhigung.
Diese Erklärung nun gilt mit Hinsicht auf die Gemütsruhe (samatha). Bei Hellblick (vipassanā) jedoch ist die vor aufgenommener Übung bestehende Körperfunktion gröber geartet, beim (meditativen) Erfassen der (vier) Hauptstoffe (oder Elemente) aber feiner. Auch hierbei ist sie verhältnismäßig gröber geartet, beim Erfassen der abhängigen Körperlichkeit aber feiner. Auch hierbei wiederum ist sie verhältnismäßig gröber geartet, beim Erfassen des Unkörperlichen aber feiner. Auch hierbei ist sie gröber geartet, beim Erfassen des Körperlichen und Unkörperlichen aber feiner. Auch hierbei ist sie gröber geartet, beim Erfassen der Abhängigkeitsbedingungen aber feiner. Auch hierbei ist sie gröber geartet, beim Erkennen der Geistigkeit und Körperlichkeit mitsamt ihren Abhängigkeitsbedingungen aber feiner. Auch hierbei ist sie gröber geartet, bei dem auf die Vorstellung der (drei Daseins-) Merkmale sich beziehenden Hellblick aber feiner. Auch bei schwachem Hellblick ist sie gröber geartet, bei starkem Hellblick aber feiner.
Hier nun hat man die Beruhigung der jedesmal früheren Körperfunktion durch die jedesmal spätere in der bereits besprochenen Weise aufzufassen. In dieser Weise nun hat man hier das Grobgeartetsein und das Feingeartetsein sowie die Beruhigung zu verstehen.
In Patisambhidā (I.184 ff) aber wird der Sinn hierbei mit Einwürfen und Widerlegungen folgendermaßen besprochen:
"Wie aber hat man zu verstehen: ",Die Körperfunktion besänfigend werde ich einatmen . . . werde ich ausatmen' so übt er sich,"? Was sind da die Körperfunktionen? Die langen Ein- und Ausatmungen sind etwas Körperliches; und diese Dinge sind an den Körper gebunden, sind körperliche Funktionen. Diese Körperfunktionen besänftigend, stillend, beruhigend, übt er sich.
(Einige aber sagen:) 'Solche Körperfunktionen, denen zufolge beim Körper ein Niederbeugen entsteht, ein Wegbeugen, Zusammenbeugen, Vorwärtsbeugen, ein Erregen, Erbeben, Erzittern, Erschüttern, solche Körperfunktionen besänftigend werde ich einatmen . . . werde ich ausatmen' so übt er sich. 'Solche Körperfunktionen, denen zufolge beim Körper kein Niederbeugen entsteht, kein Wegbeugen, Zusammenbeugen, Vorwärtsbeugen, kein Erregen, Erbeben, Erzittern, Erschüttern, solche Gestillte, verfeinerte Körperfunktionen besänftigend werde ich einatmen . . . werde ich ausatmen' so übt er sich. Das, sagt man, sei der Sinn der Worte 'Die Körperfunktion besänftigend werde ich einatmen . . . werde ich ausatmen' so übt er sich."
Wenn dem so ist, so gibt es da keine Erweckung der Wahrnehmung des Atems, keine Erweckung der Wahrnehmung der Ein- und Ausatmungen, keine Erweckung der Achtsamkeit auf Ein- und Ausatmung, keine Erweckung der Sammlung der Achtsamkeit auf Ein- und Ausatmung, und nicht treten weise Menschen in jenen Erreichungszustand ein und erheben sich wieder aus demselben. Daher sagen wir: ",Die Körperfunktion besänftigend werde ich einatmen . . . die Körperfunktion besänftigend werde ich ausatmen' übt er sich; und in diesem Falle gibt es eine Erweckung der Wahrnehmung der Ein- und Ausatmungen, eine Erweckung der Achtsamkeit auf Ein- und Ausatmung, eine Erweckung der Sammlung der Achtsamkeit auf Ein- und Ausatmung, und es treten weise Menschen in jenen Erreichungszustand ein und erheben sich wieder aus demselben.
Wie aber ist das zu verstehen? Es ist gerade so wie beim Anschlagen eines Metallgongs. Zuerst entstehen die lauten Töne. Dadurch aber, daß man den Eindruck der lauten Töne gut aufgefaßt, im Geiste wohl erwogen und festgehalten hat, kommt es, daß selbst nach dem Verklingen der lauten Töne später noch die leisen Töne entstehen; und dadurch daß man den Eindruck der leisen Töne gut aufgefaßt, im Geiste wohl erwogen und festgehalten hat, bleibt, selbst nach dem Verklingen der leisen Töne, u. zw. zufolge der den Eindruck der leisen Töne habenden Vorstellung, auch noch später das Bewußtsein in Tätigkeit. Genau so auch sind zuerst die groben Ein- und Ausatmungen tätig. Dadurch aber, daß man den Eindruck der groben Ein- und Ausatmungen gut aufgefaßt, im Geiste wohl erwogen und festgehalten hat, kommt es, daß selbst nach dem Schwinden der groben Ein- und Ausatmungen noch später die feinen Ein- und Ausatmungen entstehen; und dadurch, daß man den Eindruck der feinen Ein- und Ausatmungen gut aufgefaßt, im Geiste wohl erwogen und festgehalten hat, gerät später das durch Vorstellung des Eindrucks von den feinen Ein- und Ausatmungen bedingte Bewußtsein nicht mehr in Verwirrung. In solchem Falle also gibt es eine Erweckung der Wahrnehmung der Ein- und Ausatmungen, eine Erweckung der Achtsamkeit auf Ein- und Ausatmung, eine Erweckung der Sammlung der Achtsamkeit auf Ein- und Ausatmung, und es treten weise Menschen in jenen Erreichungszustand ein und erheben sich wieder aus demselben.
Dies nun ist hierbei die der Reihenfolge nach gegebene Worterklärung der als Körperbetrachtung bezeichneten ersten Vierergruppe.
Insofern nun aber hier diese Vierergruppe als Übung für den Anfänger behandelt ist, während die übrigen drei Vierergruppen der Betrachtungen von Gefühl, Geist und Erscheinungen angeführt werden als bestimmt für den zur Vertiefung Gelangten, so möge der noch als Anfänger geltende edle Sohn, der durch Entfaltung dieser Übung und vermittels des auf die vier Vertiefungen der Ein- und Ausatmungen sich stützenden Hellblickes (vipassanā) und zusammen mit den Analytischen Wissen die Heiligkeit zu erreichen wünscht, ganz in der oben besprochenen Weise zuerst alle Pflichten wie Sittenläuterung usw. erfüllen und dann von einem Meister der oben beschriebenen Art sich die mit fünf Dingen verbundene Übung geben lassen. Dabei gelten als die fünf damit verbundenen Dinge:
- Auffassung,
- Befragung,
- Gewärtigsein,
- Volle Erreichung und
- Merkmal.
Als 'Auffassung' gilt dabei das Auffassen der Übung, als 'Befragung' das Befragen betreffs der Übung, als 'Gewärtigsein', das Gewärtigsein (Aufmerksamkeit betreffs) der Übung, als 'Volle Erreichung' die volle Erreichung der Übung (in den Vertiefungen), als 'Merkmal' das Merkmal der Übung. Mit den Worten 'Ein solches Merkmal besitzt die Übung' ist gemeint die Erwägung der Eigentümlichkeit der Übung. Wer so die mit fünf Dingen verbundene Übung auffaßt, quält weder sich noch seinen Lehrer.
Sich daher nur wenig darlegen lassend, aber um so mehr Zeit zum Hersagen verwendend, fasse er die Übung auf. In der Nähe des Lehrers oder in einer Behausung oben beschriebener Art weilend, beseitige er die kleinen Hindernisse. Nach Beendigung des Mahles aber vertreibe er die durch das Essen bedingte Betäubung; sich dann bequem niedersetzend erheitere er seinen Geist durch Nachdenken über die Vollkommenheiten des Dreifachen Kleinodes (d.i. des Erleuchteten, des Gesetzes und der edlen Jüngerschaft) und, keine Silbe des von seinem Lehrer Gelernten vergessend, wende er seine Aufmerksamkeit auf die Übung der Achtsamkeit auf Ein- und Ausatmung.
Den Vorgang bei der Aufmerksamkeit (manasikāra-vidhi) bildet da: Zählen, Verfolgen, Berührung, Festigung, Erkennen, Sichabwenden, Lauterkeit und Zurückschauen auf diese Dinge. Dabei gilt 'Zählen' eben als das bloße Zählen (der Atemzüge), 'Verfolgen' als Kontinuität, 'Berührung' als ihre Berührungsstelle (an der Nasenspitze), 'Festigung' als die Volle Erreichung: (der Vertiefung), 'Erkennen' als Hellblick (vipassanā), 'Sichabwenden' als der Pfad (des Stromeingetretenen usw.), 'Lauterkeit' als das Pfadergebnis, das 'Zurückschauen auf diese Dinge' als der Rückblick.
Jener noch als Anfänger geltende edle Jüngling schenke dieser Übung zuerst vermittels 'Zählens' (gananā) seine Aufmerksamkeit. Beim Zählen aber möge er nicht vor Fünf Halt machen, auch nicht über Zehn hinausgehen, noch zwischendurch eine Lücke eintreten lassen. Macht er nämlich schon vor Fünf Halt, so gerät das in dem engen Zeitraume aufsteigende Bewußtsein in Erregung, gleichwie eine in einem engen Pferch eingesperrte Rinderherde. Geht er aber über Zehn hinaus, so hängt das aufsteigende Bewußtsein bloß am Zählen. Läßt er aber eine Lücke eintreten, so gerät sein Geist ins Schwanken: 'Hat meine Übung wohl den höchsten Punkt erreicht oder nicht?' Darum vermeide er beim Zählen jene Fehler. Auch während er zählt, zähle er zuerst genau wie einer, der Korn abmißt. Wer nämlich Korn abmißt, füllt zuerst das Maßgefäß voll und schüttet dasselbe dann wieder aus, indem er spricht: 'Eins'. Bemerkt er bei weiterem Einfüllen irgend welchen Schmutz, so entfernt er denselben, indem er spricht: 'Eins, Eins'. Dieselbe Erklärung gilt auch für 'Zwei, Zwei' usw. Genau so auch erfasse der Mönch jede der Ein- und Ausatmungen, die da auftreten, und mache mit; 'Eins, Eins' den Anfang und zähle so bis 'Zehn, Zehn', indem er den jedesmal aufsteigenden Atemzug genau feststelle. Während er so zählt, sind ihm die ein- und ausströmenden Atemzüge deutlich. Darauf gebe er das langsame Zählen wie beim Kornmessen auf und zähle schnell wie der Rinderhirt. Der kluge Rinderhirt nämlich sammelt zuerst Steine in seine Tasche und, mit einer Peitsche in der Hand sich in aller Frühe zum Pferch begebend, schlägt er die Rinder auf den Rücken und zählt, oben auf dem Torpfosten sitzend, die jedesmal zum Ausgang gelangten Rinder: 'eins, zwei, indem er dabei jedesmal einen Stein zu Boden wirft. Und die Scharen der Rinder, die drei Nachtwachen lang in engem Raume unbequem zugebracht haben, stürzen sich jedesmal in Gruppen ins Freie, indem sie sich beim Hinauseilen gegeneinander reiben. Und jener Rinderhirt zählt ganz schnell: 'drei, vier, fünf . . . zehn'. Genau so auch sind, während jener Mönch in der obigen Weise zählt, die Atemzüge deutlich und arbeiten jedesmal ganz schnell. Indem er weiß, daß diese immer wieder dahin eilen, fasse er sie weder innerhalb des Körpers noch außerhalb; sondern jedesmal den zur Nasenöffnung gelangten Atem fassend, zähle er ganz schnell: 'Eins, Zwei, Drei, Vier, Fünf': 'Eins, Zwei, Drei, Vier, Fünf, Sechs': 'Eins, Zwei, Drei, Vier, Fünf, Sechs, Sieben': ... Acht': ... Neun' ... Zehn'. Ist nämlich diese Übung mit Zählen verbunden, so kommt es eben infolge des Zählens zur Sammlung des Geistes, gerade wie man durch Anhalten des Steuerruders das Schiff in der reißenden Flut anhält. Für den in dieser Weise ganz schnell Zählenden scheint die Übung gleichsam ununterbrochen fortzudauern. Und indem er weiß, daß sie ununterbrochen fortdauert, möge er, ohne den innerhalb oder außerhalb bestehenden Wind aufzufassen, ganz in der früheren Weise beschleunigt zählen. Wer nämlich seinen Geist mit dem nach innen eintretenden Winde mitgehen läßt, dessen Inneres ist so, als wäre es vom Winde gehemmt oder mit Fett angefüllt. Und wer seinen Geist mit dem nach Außen tretenden Winde zusammen nach Außen lenkt, in dem gerät der Geist hinsichtlich der vielen äußeren Vorstellungsobjekte in Zerstreutheit. Wer aber jedesmal auf die Berührungsstelle (an der Nasenspitze; seine Achtsamkeit heftend sich übt, einem solchen eben glückt die Geistesentfaltung. Darum, heißt es, möge er, ohne den innerhalb oder außerhalb bestehenden Wind aufzufassen, ganz in der früheren Weise beschleunigt zählen.
Wie lange aber soll er zählen? Solange bis ohne Zählen die Achtsamkeit in der Vorstellung des Ein- und Ausatmens gefestigt ist. Bloß um die den äußeren Objekten nachjagenden Gedanken abzuschneiden und die Achtsamkeit auf Ein- und Ausatmung als Vorstellungsobjekt zu festigen, dazu dient das Zählen.
Nachdem man nun in dieser Weise dem Zählen seine Aufmerksamkeit geschenkt hat, richte man sodann auf das 'Verfolgen' seine Aufmerksamkeit.
Als das Verfolgen (anubandhanā) gilt, wenn nach Aufgeben des Zählens die Achtsamkeit ununterbrochen die Ein- und Ausatmungen verfolgt. Das jedoch ist nicht zu verstehen als das Nachfolgen mit Beziehung auf Anfang, Mitte und Ende (des Atems). Für den nach außen tretenden Wind nämlich bildet der Nabel den Anfang, das Herz die Mitte und die Nasenspitze das Ende. Für den nach innen eintretenden Wind aber bildet die Nasenspitze den Anfang, das Herz die Mitte und der Nabel (nābhi) das Ende. Wer diesem nachfolgt, dessen verwirrt gewordener Geist gerät in Aufruhr und Unruhe. Wie es heißt:
"Wer Anfang, Mitte und Ende der Einatmung achtsam nachgeht, bei dem geraten, zufolge seines durch die inneren Dinge verwirrt gewordenen Geistes, Körper und Geist in Aufruhr, Unruhe und Erregung; und wer Anfang, Mitte und Ende der Ausatmung achtsam nachgeht, bei dem geraten, zufolge seines durch die äußeren Dinge verwirrt gewordenen Geistes, Körper und Geist in Aufruhr, Unruhe und Erregung."
Wer daher auf das Verfolgen des Atems seine Aufmerksamkeit heftet, tue dies nicht mit Beziehung auf Anfang, Mitte und Ende, sondern mit Rücksicht auf die Berührungsstelle und die Festigung (des Geistes darauf). Eine gesonderte Aufmerksamkeit betreffs Berührung (phusanā) und Festigung (thapanā) besteht da nicht, wie etwa beim Zählen und Verfolgen des Atems; sondern der Zählende heftet bloß an der immer wieder berührten Stelle seine Aufmerksamkeit auf das Zählen und die Berührung. Und weil man dabei nach Aufhören mit dem Zählen jene Atemzüge achtsam verfolgt und den Geist in der Vollen Sammlung (appanā) festigt, so sagt man, daß man auf das 'Verfolgen' und 'Berühren' und Festigen' seine Aufmerksamkeit gerichtet halte.
Diese Sache hat man zu verstehen im Sinne der in den Kommentaren gegebenen Gleichnisse vom lahmen Manne und vom Torwächter und des in Patisambhidā (I.p.170f) gegebenen Gleichnisses von der Säge.
Hierunter lautet das Gleichnis vom lahmen Manne folgendermaßen:
"Gleichwie ein lahmer Mann für die in der Schaukelwiege spielende Mutter und ihr Kind die Schaukel schwingt und dortselbst am Fuße des Schaukelpfostens sitzend von dem hin und herschwingenden Schaukelbrette abwechselnd beide Enden und die Mitte wohl erblickt, aber sich nicht kümmert um den Anblick der beiden Enden und der Mitte: genau so stellt sich der Mönch am Fuße des Anbindungspfostens der Achtsamkeit auf und schwingt die Schaukel der Ein- und Ausatmungen. Und sich dortselbst bei dem Objekte voll Achtsamkeit niederlassend, gewahrt er an der Berührungsstelle Anfang, Mitte und Ende der abwechselnd kommenden und gehenden Ein- und Ausatmungen, indem er sie achtsam verfolgt und seinen Geist dabei festigt. Nicht aber kümmert er sich um den Anblick dieser Dinge (d.i. Anfang, Mitte und Ende)." Dies ist das Gleichnis vom lahmen Manne.
Dies aber ist das Gleichnis vom Torwächter: "Genau wie der Torwächter nicht etwa die sich innerhalb und außerhalb der Stadt befindlichen Menschen ausforscht: 'Wer bist du? Woher kommst du? Wohin gehst du? Was hast du in deiner Hand?' - denn diese gehen ihn ja gar nichts an - sondern er jedesmal bloß den ans Tor Gelangten ausforscht: genau so auch gehen diesen Mönch die bereits nach innen oder außen gelangten Winde nichts an, sondern bloß die jedesmal an die Nasenöffnung gelangten Winde." Das ist das Gleichnis von dem Torwächter.
Das Gleichnis von der Säge aber ist von Anfang an so zu verstehen (Pts.I.170f.):
"Nicht Treffpunkt, Ein- und Ausatmung
Sind gleichzeitig Objekt im Geist.
Wer diese Dinge drei nicht kennt,
Dem glückt die Geistesübung nicht."Nicht Treffpunkt, Ein- und Ausatmung
Sind gleichzeitig Objekt im Geist.
Wer immer die drei Dinge kennt,
Dem glückt die Geistesübung recht."
Wieso aber sind diese drei Dinge nicht Vorstellungsobjekte in ein und demselben Bewußtsein? Und wieso sind diese drei Dinge dennoch nicht unbemerkt, und gerät der Geist nicht in Zerstreuung, und zeigt sich eine Anstrengung, und erfüllt man die Aufgabe und erreicht einen Fortschritt?
Es ist damit gerade so wie mit einem auf ebene Erde hingelegten Baumstamm, den ein Mann zersägt. Auf die den Baumstamm berührenden Zähne der Säge ist des Mannes Achtsamkeit gerichtet, nicht aber betrachtet er die sich nähernden oder sich entfernenden Zähne der Säge. Und doch sind diese sich hin und her bewegenden Zähne der Säge nicht unbemerkt, und es zeigt sich eine Anstrengung, seine Aufgabe erfüllt er, und er erreicht einen Fortschritt.
Dem auf ebenen Boden hingelegten Baumstamm aber entspricht das festzuhaltende Objekt, den Zähnen der Säge aber gleichen die Ein- und Ausatmungen. Wie nun auf die den Baumstamm berührenden Zähne der Säge des Mannes Achtsamkeit gerichtet ist und er weder die ankommenden noch die sich entfernenden Zähne beachtet und doch eine Anstrengung sich zeigt, er die Aufgabe erfüllt und einen Fortschritt erreicht: genau so auch sitzt der Mönch da, indem er seine Achtsamkeit auf die Nasenspitze gerichtet hält. Und nicht schenkt er den gekommenen oder gegangenen Atemzügen seine Aufmerksamkeit; und doch bleiben diese nicht unbemerkt, und eine Anstrengung zeigt sich, er erfüllt seine Aufgabe und erreicht einen Fortschritt.
" 'Anstrengung' heißt es da. Was aber gilt da als Anstrengung? Daß bei dem seine Willenskraft Aufbietenden Körper und Geist arbeitsfähig sind, das gilt als Anstrengung.
"Was aber gilt da als Aufgabe? Daß in dem seine Willenskraft Aufbietenden die geistigen Befleckungen schwinden und die Gedanken zur Beruhigung kommen, das gilt als Aufgabe.
"Was aber gilt da als Fortschritt? Daß in dem seine Willenskraft Aufbietenden die Fesseln schwinden und die Neigungen zunichte werden, das gilt als Fortschritt.
Somit sind diese drei Dinge (Berührung, Einatmung, Ausatmung) nicht
Vorstellungsobjekte in ein und demselben Bewußtseinsmomente; und doch bleiben
diese Dinge nicht unbemerkt, und nicht gerät der Geist in Zerstreuung, sondern
es zeigt sich eine Anstrengung, und der Mönch erfüllt seine Aufgabe und erreicht
einen Fortschritt.
"In wem die Achtsamkeit auf's Atmen
Entfaltet ist und recht gepflegt,
Der Reihe nach gründlich geübt,
Wie der Erleuchtete sie wies,
Der überstrahlt die ganze Welt
Wie der von Wolken freie Mond."
Dies ist das Gleichnis von der Säge. Hierin gilt schon das bloße Nichtaufmerken auf das jedesmalige Kommen (des Atems) als der Zweck.
[Fortgesetzt...]