PETA-VATTHU

Nachwort

10. Was führt zur Peta-Welt?

"Nur wenige der Menschen sind es, die, wenn sie als Menschen abscheiden, unter Menschen wiedergeboren werden; viel mehr aber sind es der Menschen, die, wenn sie als Menschen abscheiden, in der Hölle, im tierischen Schoß, in der Gespensterwelt wiedergeboren werden." (S 56, 102 - 104)

Das bedeutet ganz klar: Die meisten Menschen gehen nach dem Tode abwärts in die drei niederen Bereiche. Da aber eine Wiedergeburt unter Tieren und in der Hölle besonders tierische oder teuflische Eigenschaften voraussetzt, die nicht so häufig vorkommen, so ergibt sich, daß unter der Mehrheit der Menschen, die abwärts gehen, wiederum die Mehrheit auf die Gespensterwelt zuschreitet. Was schon vor 2.500 Jahren vom Buddha gesagt wurde, das gilt heute noch mehr, da die Moral der Menschen seitdem erheblich abgenommen hat. Über diese weitaus häufigste Art der Wiedergeburt der Menschen sagt nun der Buddha:

"Ich durchschau und erkenne Herz und Gemüt eines Menschen also: 'Derart handelt dieser Mensch, darauf arbeitet er hin, einen solchen Weg hat er genommen, daß er bei der Auflösung des Körpers, nach dem Tode, ins Gespensterreich geraten wird'; und ich sehe ihn dann später mit dem himmlischen Auge, dem geläuterten, über menschliche Grenzen hinausreichenden, bei der Auflösung des Körpers, nach dem Tode, ins Gespensterreich geraten, von manchem Schmerzgefühle erfüllt. Gleichwie etwa, wenn da auf schlechtem Erdreich ein Baum gewachsen wäre, mit verkümmertem Laube, spärlichem Grün, gesprenkeltem Schatten; und es käme einer heran, vom Sonnenbrande gebraten, vom Sonnenbrande verzehrt, erschöpft, zitternd, dürstend, und schritte geraden Weges auf eben diesen Baum zu; den habe ein scharf sehender Mann erblickt und spräche nun: 'Derart handelt jener liebe Mann, darauf arbeitet er hin, einen solchen Weg hat er genommen, daß er gerade zu diesem Baum gelangen wird.'; und er sähe ihn dann später im Schatten dieses Baumessitzen oder liegen, von manchem Schmerzgefühle erfüllt." (M 12)

Das schlechte Erdreich, das ist das dürftige Wirken der meisten Menschen. Das durchschnittliche Wirken der Menschen ist dürftig und armselig an Gutem, und die Gespensterwelt ist der Bereich dieses Durchschnitts. Sie ist ein Spiegel der durchschnittlichen Sünden, der Tatsünden, und nicht zu vergessen: der Unterlassungssünden. Das heißt, die Gespensterwelt ist ein Spiegelbild des durchschnittlichen Seelenzustandes der Menschen, aus welchem das durchschnittliche Wirken mit durchschnittlichen Sünden erfolgt.

Was aber ist solche Durchschnittlichkeit beim Menschen? Sie sehen sich hell und im Mittelpunkt und nehmen sich ungeheuer wichtig. Alle anderen aber nehmen sie nur blaß und am Rande wahr. Dementsprechend behandeln sie den Nächsten: Sie setzen sich leicht über ihn hinweg, lassen ihn zu kurz kommen, behandeln ihn wie eine gefühllose Sache, wie eine Nummer, wie "Menschenmaterial", ganz zu schweigen von der Rücksichtslosigkeit gegenüber Tieren.

Weil der normale Mensch innerlich leer und dunkel ist, d.h. voller Triebe, die Hunger leiden und auf Futter aus sind, deshalb fühlt er sich unwohl in der eigenen Haut. Er hat innerlich keine Heimat, keinen Frieden, kein Wohl, keine Geborgenheit. Darum sucht er von außen Ablenkung und will heranreißen, was ihn lockt und wegstoßen, was ihn dabei stört. Jeder andere ist ihm dabei im Wege. Und so behandelt er die anderen, verdunkelt ihr Leben, entreißt und verweigert, streitet und rauft.

Die tiefere Ursache für diese Haltung aber ist der Glaube, daß man nur einmal lebe, daß im Tode alles aus sei. Wer so denkt, der muß notwendigerweise in diesem einen Leben so viele Genüsse wie möglich herausquetschen und so viel Leiden wie möglich vermeiden. Dieser verkürzte und verengte Blick, der die Fülle der Existenz vergessen hat, ist die herrschende Weltanschauung der meisten Menschen. Es ist die Materiegläubigkeit, der Aberglaube, daß alles Geistig-Seelische vom Körper abhänge und daher mit dem Tode des Körpers vernichtet werde. Aus diesem Materialismus folgt der Egoismus des Ellbogen-Menschen, der sich durchboxt nach dem Motto: "Jeder ist sich selbst der Nächste; Gutheit ist Dummheit; wer hat, der hat" usw. Dieser Egoismus will festhalten, was er hat: den eigenen Körper, andere Körper, vor allem Besitz. Er will nichts abgeben, nichts teilen, gönnt keinem etwas vom Seinigen. Und er mißgönnt anderen, was sie haben, neidet es ihnen und sucht es ihnen zu entreißen.

Dementsprechend ist das normale Wirken, das zur normalen Gespensterwelt führt, der aus dem Materieglauben folgende Geiz, das Verweigern und andere am Geben Hindern. Das stellte sich damals in Indien als Religionsverachtung in der Form der Mißachtung von Asketen und Mönchen dar, denen man keinen Unterhalt gab und auf deren Tugendlehren man vor allem nicht hörte. Weil man nicht an die Fortexistenz und das Karmagesetz glaubte, deshalb hielt man es nicht für wert, ihnen zuzuhören. Und weil man sie nicht für hörenswert hielt, deshalb unterstützte man sie nicht. Und wo jemand Asketen unterstützte, da tadelte man ihn und versuchte, ihn davon abzuhalten.

So ist die häufigste Ursache der Wiedergeburt in der Gespensterwelt diese materialistische, religionsfeindliche Grundhaltung, die oft mit Scheltworten verbunden ist, aber nicht sein muß. Besonders wird immer wieder betont, daß diejenigen, die Reichtum in Hülle und Fülle hatten (aus früherem Verdienst, aus früherem Geben), völlig dessen Herkunft vergaßen und ihn jetzt festhielten, eifersüchtig darüber wachten und geizig nichts davon abgaben. In nicht weniger als 16 von 40 Berichten des Peta-vatthu wird diese materialistische Grundhaltung des Verweigerns als Ursache der Wiedergeburt bei den Petas genannt (I,1, 9, 11; II,1 - 3, 7 - 10; III,1, 5, 6; IV,3, 6, 10).Diese unwissenden Menschen zehrten ihr Verdienst völlig auf und wirkten kaum etwas Neues an Gutem. Von dem Wenigen und Armseligen, was sie gelegentlich an Rücksicht und Zurückhaltung, an Verständnis und Freundlichkeit aufbrachten, ernten sie das dürftige Erdreich, welches ihren Lebensbaum in der durchschnittlichen Gespensterwelt ernährt. Weil sie nichts gegeben haben, wird ihnen nichts gegeben, sie leiden Mangel.
Außer dieser grundsätzlichen Unterlassungssünde des Nichtgebens, des Geizes und Verweigerns, gibt es keine spezielle Untugend, die immer und ausnahmslos zur Petawelt führen würde. Alle nur möglichen Untaten und Untugenden können je nach ihrer Schwere und im Verhältnis zur Anschauung und Gesinnung des Täters zur Tierheit, zur Hölle oder zur Petawelt oder gar zu leidigem Menschentum führen.


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