PETA-VATTHU

Buch II

II,7: Dhanapāla

Ehe der Buddha in der Welt erschien, lebt ein der Stadt Erakaccha im Königreich Dasanna ein reicher Gildemeister namens Dhanapāla. Er war ein Ungläubiger und glaubte an nichts als an sinnlichen Genuß in dieser Welt. Daher war er geizig und gab keinem Asketen etwas. Als er starb, wurde er ein Peta in einer Wüste. Er hatte einen großen Körper, breit wie eine Palmyrapalme. Seine Haut war aufgedunsen und rauh und sein Körper deformiert. Er war nackt und abgezehrt. Seine Zunge hing ihm heraus vor Durst in der ausgedörrten Kehle. Er irrte 55 Jahre herum, ohne auch nur einen Tropfen Wasser oder einen Bissen Reis zu finden.

Als der Buddha in der Welt erschien, kehrten einige Kaufleute aus Sāvatthī von einer Handelsreise in ihre Heimat zurück. Eines Abends kamen sie an einausgetrocknetes Flußbett. Sie entjochten ihre Ochsen und schlugen dort ihr Nachtlager auf. Da nahte sich der Peta auf der Suche nach Wasser. Als er wieder, wie immer, nichts fand, fiel er vor Erschöpfung der Länge nach hin und gab alle Hoffnung auf Wasser auf. Einer der Kaufleute sah ihn und sprach ihn an:


(227)
Kaufmann:
Nackt bist du, unschön anzusehn,
bist abgezehrt, die Adern frei,
die Rippen sichtbar, mager sehr:
Wer bist du denn, Verehrter, wohl?
 
(228)
Peta:
Ich bin ein Peta ja, o Herr,
ging abwärts, kam in Yamas Welt.
Nachdem ich böses Werkgewirkt,
gelangt ich in die Petawelt.
 
(229)
Kaufmann:
Was hast du Böses denn getan
in Taten, Werken und dem Geist,
daß du als Ernte für dies Werk
zur Petawelt hinabgelangt?
 
(230)
Peta:
Im Reiche Dasanna die Stadt
Erakaccha ist vielberühmt,
dort war ein Gildemeister ich,
als Dhanapāla wohlbekannt.
 
(231)
Ich hatte achtzig Wagen voll
vom Golde, das mir da gehört,
gar unermeßlich viel an Gold
und Perlen, Edelsteinen auch.
 
(232)
Obwohl ich solchen Reichtum hatt',
war mir das Geben doch nicht lieb,
verschließend meine Tür genoß
ich, daß kein Bittender mich sah.
 
(233)
Ungläubig war ich, geizig sehr,
war knickerig, schalt andre viel.
Die da zum Geben war'n geneigt,
die hielt von solchem Werk ich ab:
 
(234)
"Für Geben gibt es keinen Lohn,
für Selbstbezwingung keine Frucht."
Die Teiche, Wälder, Brunnen viel,
die Parkanlagen, die ich pflanzt,
die Wasserhäuser, Brückenbau:
das alles hab verloren ich.
 
(235)
Nachdem ich Treffliches versäumt,
nach bösem Wirken schied ich ab
und kam in das Gespensterreich,
von Hunger und von Durstgequält.
 

Sind fünfundfünfzig Jahre her,
seit ich die Zeit erfüllte einst.
Ich kenne nichts zu essen hier,
für mich gibt's auch zutrinken nichts. (236)
 
(237)
Aus dem Verweigern folgt Entbehrn,
Entbehren kehrt Verweigern um.
Die Petas wissen das genau,
aus dem Verweigern folgt Entbehrn.
 
(238)
Ich habe einst verweigert nur,
trotz vielem Reichtum gab ich nichts,
obgleich Gelegenheit war da,
schuf ich kein Eiland doch für mich.
 
(239)
Daher bin ich jetzt voller Reu,
von Frucht des eignen Werks verfolgt.
Nach Ablauf von vier Monaten
wird meine Zeit erfüllt sein hier,
und ich werd in die Hölle gehn,
die einzig stechend, fürchterlich.
 
(240)
Vier Ecken hat, vier Tore sie,
ist regelmäßig eingeteilt,
mit einem Eisenwall herum,
mit Eisen oben auch bedeckt.
 
(241)
Ihr Boden auch von Eisen ist,
gar feurig glüht und brennet er,
wohl hundert Meilen im Quadrat
erstrahlt sie und bleibt immerdar.
 
(242)
Dort werde lange Zeiten ich
viel Wehgefühl erfahren dann,
als Frucht von bösem Wirken einst.
Darum bin ich bekümmert sehr.
 
(243)
Deshalb zu eurem Heil ich rat,
so viel ihr hier versammelt seid:
Wirkt keine bösen Werke mehr,
nicht offen und nicht insgeheim.
 
(244)
Wenn üble, böse Werke ihr
tut oder werdet tun, dann ihr
von Leiden werdet nimmerfrei,
selbst wenn ihr wollt im Flug entfliehn.
 
(245)
Zu Vater und zu Mutter auch,
zu Ält'ren habet Achtung stets,
Asketen und Brahmanen ehrt,
so werdet ihr zum Himmel gehn.

 


Als die Kaufleute diese Rede vernommen hatten, wurden sie von Mitleid erfüllt. Sie nahmen eine Schale Wasser, baten ihn, sich hinzulegen und füllten ihm das Wasser in den Mund. Aber er konnte es nicht schlucken, es lief immer wieder aus seinem Mund heraus. Er erklärte ihnen, daß dies eine Folge seines früheren Verweigerns sei, jetzt verweigere sich das Wasser ihm. Die mitleidigen Kaufleute fragten dann, ob es kein Mittel gäbe, ihn von diesem Durst zu befreien. Er erwiderte: "Wenn meine bösen Taten ihre Ernte erschöpft haben und wenn an den Buddha oder die Jünger Gaben gegeben werden und das Verdienst mir gewidmet wird, dann kann mein Peta-Dasein enden. "Die Kaufleute gingen nun nach Sāvatthī, suchten den Buddha auf, wurden von ihm belehrt, nahmen Zuflucht und gaben sieben Tage lang ein großes Almosen für den Orden mit dem Buddha an der Spitze und widmeten es dem Peta.
 


Bemerkungen:

Hier wird fein gezeigt, wie die Verdienstübertragung allein noch nicht genügt. Erst wenn das böse Karmaerschöpft ist und die betreffende Peta-Existenz sich dem Ende zuneigt, dann kann durch Verdienstübertragung ein göttliches Dasein erlangt werden anstatt eines weiteren, weniger üblen Peta-Daseins. Hier schildert nun der Kommentar die Verdienstübertragung, sagt aber nichts, wie sie gewirkt hat. Nach dem Kontext wurde dadurch wohl das drohende Höllendasein in vier Monaten verhindert. Dem Peta stand ja nicht nur ein weiteres Peta-Dasein bevor, sondern die Hölle.

Vers 237: san-yamo (Zurückhaltung) ist meist etwas Heilsames, wenn es Ansichhalten in den Trieben ist. Hier aber ist es negativ gebraucht als Zurückhaltung im Geben, als Festhalten, daher übersetzt "Verweigern". Genau im Maße des Verweigerns als Mensch ist das Entbehren als Peta.

Vers 239: ebenso in Pv I,10 die in vier Monaten drohende Hölle (Vers 69)

Verse 240 - 242 = 70 - 72 = M 129 u. 130 =J 530


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