PETA-VATTHU

Buch II

II,3: Mattā

In Sāvatthi lebte ein reicher Hausvater, der der Lehre ergeben war. Seine Ehefrau Mattā aber war ungläubig, jähzornig und unfruchtbar. Um die Familienlinie zu erhalten, nahm er sich eine zweite Frau namens Tissā, die ebenfalls der Lehre ergeben und von liebreichem Wesen war. Sie gebar ihm bald einen Sohn, der Bhūta genannt wurde. Mattā aber wurde immer neidischer und eifersüchtiger auf sie, tat Böses, kam zur Peta-Welt und zeigte sich eines Abends der Tissā. Die fragte sie, wer sie sei:

(134)
Tissā:
Nackt bist du, unschön anzusehn,
bist abgezehrt, die Adernfrei,
o du, von der man Rippen sieht,
du Magre, sag, wer bist du wohl?
 
(135)
Mattā:
Mattā bin ich, Tissā bist du,
einst war ich deine Nebenfrau.
Da böses Wirken ich gewirkt,
gelangte ich zur Peta-Welt.
 
(136)
Tissā:
Was hast du Böses denn getan
in Taten, Worten und im Geist,
daß du als Ernte für dies Werk
zur Peta-Welt hinabgelangt?
 
(137)
Mattā:
Gar heftig war ich einst und barsch,
voll Neid und Geiz und Heimlichkeit;
dafür, daß Schlechtes ich gesagt,
gelangte ich zur Peta-Welt.
 
(138)
Tissā:
Das alles weiß ich noch sehr gut,
wie du so heftig immer warst.
Doch etwas andres frag ich dich:
Warum strotzt du denn so vor Schmutz?
 
(139)
Mattā:
Du wuschest dir den Kopf einmal,
ein reines Kleid hat dich geschmückt,
ich aber war es dann noch mehr,
ich war noch mehr geschmückt als du.
 
(140)
Der Herr Gemahl erblickte mich,
doch angesprochen hat er dich.
Da überkam mich Eifersucht
und großer Zorn stieg in mir auf.
 
(141)
Ich griff da nach dem Kehricht und
überschüttete dich damit.
Als Ernte dieses Wirkens bin
mit Schmutz ich überschüttet nun.
 
(142)
Tissā:
Das alles weiß ich noch sehr gut,
wie du den Kehricht auf mich warfst.
Doch etwas andres frag ich dich:
Warum verzehrt die Krätze dich?
 
(143)
Mattā:
Heilmittel nahmen beide wir
und gingen dafür in den Wald.
Du aber nahmst das Heilkraut ein,
ich nahm die rauhen Früchte mit.
 
(144)
Nichtsahnend, wie du also warst,
bestreute ich dein Bett damit.
Als Ernte dieses Wirkens bin
von Krätze ich hier jetzt verzehrt.
 
(145)
Tissā:
Das alles weiß ich noch sehr gut,
wie du das Bett mir hast bestreut.
Doch etwas andres frag ich dich:
Warum erblicke ich dich nackt?
 
(146)
Mattā:
Mit Freundinnen zusammen warst
auf 'nem Familienfeste du.
Geladen warst mit dem Gemahl,
doch ich war eingeladen nicht.
 
(147)
Nichtsahnend, wie du also warst,
nahm ich das Kleid dir schnell hinweg.
Als Ernte dieses Wirkens bin
ich unbekleidet also hier.
 
(148)
Tissā:
Das alles weiß ich noch sehr gut,
wie du das Kleid mir nahmest weg.
Doch etwas andres fragt ich dich:
Weshalb riechst du so sehr nach Kot?
 
(149)
Mattā:
Die Salbe dein, die Kränze dein
und auch das wertvolle Parfüm,
ich warf es in den Abtritt wohl.
Dies Böse war von mir getan.
Als Ernte dieses Wirkens ich
bin eine, die da riecht nach Kot.
 
(150)
Tissā:
Das alles weiß ich noch sehr gut,
wie jenes Böse du getan.
Doch etwas andres frag ich dich:
Wie kamst auf schlechte Fährte du?
 
(151)
Mattā:
Wir beide hatten Anteil gleich
am Reichtum, das das Haus uns bot.
Obwohl's genug zum Spenden gab,
schuf ich kein Eiland doch für mich.
Als Ernte dieses Wirkens ich
kam auf die schlechte Fährte dann.
 
(152)
Schon damals hast du mich gewarnt:
"Du pflegst ein Wirken, das ist bös.
Nicht wirst mit bösem Wirken du
erlangen gute Fährte je."
 
(153)
Tissā:
Genau das Gegenteil tat'st du,
und auch beneidet hast du mich.
Sieh, was die reife Ernte ist
dafür, daß Böses man gewirkt.
 
(154)
Im Hause hatt'st du Dienerinn',
du hattest Schmuck gar vielerlei.
Das alles andren dienet nun,
Genüsse sind nicht dauerhaft.
 
(155)
Des Bhūta Vater, der wird jetzt
vom Markte kehren heim nach Haus.
Vielleicht wird er dir geben was,
darum geh noch nicht fort von hier.
 
(156)
Mattā:
Nackt bin ich, unschön anzusehn,
bin abgezehrt, die Adern frei.
Mit unbedeckter Scham darf mich
der Vater Bhūtas sehen nicht.
 
(157)
Tissā:
Wohlan, was soll ich geben dir,
was kann ich denn hier tun für dich,
wodurch du glücklich werden kannst,
das alle Wünsche dir erfüllt?
 
(158)
Mattā:
Vier Mönche als die Ordensschar
und noch vier andre Männer dann,
acht Mönche mögest speisen du
und mir die Gabe rechnen zu.
Dann werd ich wieder glücklich sein,
und alle Wünsche sind erfüllt.
 
(159)
Sprecher:
"Nun gut", versprach sie es ihr dann
und speiste acht der Mönche gut,
gab ihnen auch Gewänder mit
und rechnet' ihr die Gabe zu.
 
(160)
Sofort nach dieser Zuweisung
da zeigte sich die Ernte schon
an Speise, Kleidung und an Trank:
Das war hier dieser Gabe Frucht.
 
(161)
Darauf in glänzend reinem Kleid
- Benares Bestes trug sie wohl -,
geschmückt mit allerschönstem Stoff,
so kam sie auf die Mitfrau zu.
 
(162)
Tissā:
Gar überschön bist nunmehr du,
wie du da stehst, o Göttliche,
nach zehn der Seiten strahlend hin,
so wie der Morgenstern es tut.
 
(163)
Woher bist du geworden so,
weshalb hast dieses du erlangt
und fallen dir Genüsse zu,
die lieb dem Geiste immer sind?
 
(164)
Ich frage dich, o Göttin, du Vielmächt'ge,
du menschennaher Geist, durch welch Verdienst wohl
hast du bewirkt denn, daß du also leuchtest,
daß allerwärts dein Körperherrlich strahlet?
 
(165)
Mattā:
Mattā bin ich, du bist Tissā,
einst war ich deine Nebenfrau.
Nachdem ich böses Werkgewirkt,
gelangt ich in die Peta-Welt.
 
(166)
Durch deine Spende, die du gabst,
erfreue ich mich ohne Furcht.
lang leben, mögest, Schwester, du
mit allen den Verwandten dein.
Wo's Kummer nicht, nicht Trübung gibt,
zu Selbstgewalt'gen mögst du gehn.
 
(167)
Der Lehre folgend nach allein
und Gaben gebend, Schöne du,
des Geizes Übel tilgend aus
mit seiner Wurzel, tadelfrei,
wirst du in Himmel gehen ein.

Bemerkungen:

Die Verse nach der Übersetzung von Stede, abgedruckt in WW 1965, S. 368 - 372. Die ganze Geschichte nacherzählt von Fritz Schäfer in Schatzkiste S. 490 - 493 der1. und 2. Auflage.


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