PETA-VATTHU
Buch II
II,2: Die Mutter des Thera Sāriputto
In Benares lebte ein reicher Brahmane. Erbesaß einen ungeheuren Reichtum,
aber ebenso groß war auch sein Geben. Er unterstützte
Asketen und Priester, Pilger, Wanderer und Bettler. Keiner, der
zu ihm kam, ging mit leeren Händen wieder fort. Besonders versorgte er die
Mönche des Buddha mit allem Nötigen. Wenn er verreiste, so bat er seine Frau,
die gewohnten Spenden weiter zu verteilen. Sie sagte zu, tat es aber nicht.
Sie verweigerte allen die Gaben. Niemand, der zu ihrem Haus kam, erhielt etwas.
Ja, sie sagte zu denen, die um eine Gabe baten: "Eßt
Kot, trinkt Urin,
trinkt Blut, freßt eurer Mutter Gehirn!" Und
sie verfluchte sie mit den gemeinsten Worten. Das
einzige, was sie gab, war der Hinweis an die, die um
ein Nachtlager baten, sie könnten in einem verfallenen, schmutzigen
Schuppenwohnen.
Nach ihrem Tode wurde sie als Petī, als
unglückliches Gespenst wiedergeboren. Sie erinnerte
sich aber, daß sie vor vier Leben die Mutter
Sāriputtos gewesen war. Dieser weilte mit
Moggallāno,
Anuruddho und Kappino damals in einer Waldhütte bei Rājagaha.
Als sie das kleine Kloster erreichte, verweigerten die Schutzgeister des Ortes
ihr den Zutritt. Erst als sie sagte, sie sei einst
Sāriputtos Mutter gewesen, ließen sie sie
herein. Dort sah Sāriputto
sie und redete sie an, und es entspann sich das in den Versen überliefert
Gespräch.
Als die Petī um Gaben
gebeten hatte, gingen die vier Heiligen nach Rājagaha zu König
Bimbisāro und berichteten ihm, daß sie gerne durch Spenden
einer Petī helfen
würden. Der König war sofortbereit. Er ließ vier Hütten bauen und reichlich
Nahrung bereiten. Dann spendete er alles an
Sāriputto. Dieser gab alles dem Orden mit dem
Buddha an der Spitze und widmete das Verdienst an dieser Gabe der
Petī. Sofort kam sie aus dem Peta
Reich in die nächst liegende
Götterwelt.
- (116)
Sāriputto:
- Nackt bist du, unschön an
zu sehn,
bist abgezehrt, die Adern
frei,
o du, von der man Rippen sieht,
du Magre, sag, wer bist du
wohl?
-
- (117)
Petī:
- In früheren Geburten war
gewesen deine Mutter ich.
Im Reich der
Peta bin ich
nun,
von Hunger und von Durst gequält.
-
- (118)
Was ausgespien, Speichel, Schleim,
was aus der Nase
ausgerotzt,
was Rückstand von verbranntem
Öl,
Blut, das verlier'n Gebärende,
-
- (119)
das Blut Verwundeter und der,
der'n Kopf und Nase ab
gehaun
genieße ich, vor Hunger wild,
ob es vom Weib ist oder
Mann.
-
- (120)
Ich nähre mich von Eiter, Blut
der
Tiere und der Menschen
ja,
bin heimatlos, bin ohne Haus,
seitdem vom Totenbett ich
schied.
-
- (121)
In meinem Namen gib, o Sohn,
und rechne das Verdienst mir
zu.
Dadurch könnt werden ich erlöst
Vom Eiter- und vom
Blut verzehrn.
-
- (122)
Sprecher:
- Als er der Mutter Wort gehört,
voll Mitleid Upatisso dann
besprach
mit
Moggallāno sich,
mit Anuruddho, Kappino.
-
- (123)
Vier Hütten baute er dann auf
und widmete dem Orden sie.
Die Hütten, Essen, Trinken er
als Gabe ihr dann überließ.
-
- (124)
Sofort nach dieser Zuweisung,
da zeigte sich die Ernte
schon
an Speise, Kleidung und an Trank:
Das war hier dieser Gabe
Frucht.
-
- (125)
Darauf in glänzend reinem Kleid
-
Benares Bestes trug sie
wohl -,
geschmückt mit allerschönstem
Stoff
kam sie zu Kolito sodann.
-
- (126)
Moggallāno:
- Gar überschön bist nunmehr du,
wie du da
stehst, o
Göttliche,
nach zehn der Seiten
strahlend hin,
so wie der Morgenstern es
tut.
-
- (127)
Woher bist du geworden so,
weshalb hast dieses du
erlangt
und fallen dir Genüsse zu,
die lieb dem Geiste immer
sind?
-
- (128)
Ich frage dich, o Göttin, du
Vielmächt'ge,
du menschennaher Geist, durch
welch Verdienst wohl
hast du bewirkt denn, daß du
also leuchtest,
daß allerwärts dein Körperherrlich strahlet?
-
- (129)
Petī:
- Des Sāriputto Mutter
war
in anderen Geburten ich,
im Reich der Petas war ich
dann,
von Hunger und von Durst gequält.
-
- (130)
Was ausgespien, Speichel, Schleim,
was aus der Nase ausgerotzt,
was Rückstand von verbranntem
Öl,
Blut, das verlier'n Gebärende,
-
- (131)
das Blut Verwundeter und der,
der'n Kopf und Nase ab
gehaun
genieße ich, vor Hunger wild,
ob es vom Weib ist oder
Mann.
-
- (132)
Ich nährte mich von Eiter, Blut
der Tiere und der Menschen
ja,
war heimatlos, war ohne Haus,
seitdem vom Totenbett ich
schied.
-
- (133)
Der Gabe Sāriputtos
jetzt
erfreu ich mich, bin ohne Furcht.
Zu dir, dem Lehrer,
mitleidsvoll,
o Herr, dich ehrend kam ich
her.
Bemerkungen:
Upatisso (122) ist der bürgerliche Name
Sāriputtos, wie Kolito (125) der
Moggallānos.
Die Verse 129 - 132 fehlen in manchen Ausgaben. Sie
müssen in der Vergangenheit stehen.
Was aus dem reichen Brahmanen wurde, ist nicht
überliefert.