Jātakam, Wiedergeburtsgeschichten

303. Die Erzählung von dem einen König (Ekaraja-Jātaka)

„Der du unübertreffliche Genüsse“

 

§A. Dies erzählte der Meister, da er im Jetavana verweilte, mit Beziehung auf einen Diener des Königs von Kosala.

§D. Die Erzählung aus der Gegenwart ist schon oben im Seyyamsa-Jātaka [1] ausgeführt.

Hier aber sprach der Meister: „Nicht nur du hast aus einem Unglück ein Glück gemacht; in der Vorzeit verwandelten auch Weise ihr Unglück in Glück.“ Und darauf erzählte er folgende Begebenheit aus der Vergangenheit.

 

§B. Ehedem verfehlte sich ein Minister, der dem Könige von Benares diente, in dessen Harem. Als der König dessen Schuld mit eigenen Augen wahrgenommen hatte, verbannte er ihn aus seinem Reiche. Jener trat darauf in den Dienst des Dabbasena, des Königs von Kosala,

§D. usw. wie alles schon im Mahasilava-Jātaka [2] erzählt ist.

Hier aber ließ Dabbasena den König von Benares, der in seinem Thronsaale inmitten seiner Minister saß, festnehmen, mit einer Schnur fesseln und mit dem Haupte nach unten an der oberen Torschwelle aufhängen.

Der König erweckte in sich Gedanken der Liebe gegen den Räuberkönig, übte die Vorbereitungen zur Ekstase aus und führte den Zustand der Ekstase in sich herbei. Darauf zersprengte der König seine Fesseln und setzte sich in die Luft mit gekreuzten Beinen. — Da entstand im Körper des Räubers ein Fieber. Mit dem Rufe: „Ich brenne, ich brenne“, wälzte er sich immer wieder auf dem Boden umher. Als man ihn fragte, was es sei, und er geantwortet hatte, wurde ihm gesagt: „O Großkönig, Ihr ließet einen so gerechten König, der sich in nichts verfehlt hatte, mit dem Haupte nach unten an der oberen Torschwelle aufhängen.“ Der König erwiderte: „Gehet darum schnell hin und macht ihn los!“

Als die Männer an die Stelle kamen, sahen sie den König in der Luft sitzen mit gekreuzten Beinen. Sie kehrten um und erzählten dies Dabbasena. Dieser begab sich rasch dorthin, und nachdem er ihm seine Verehrung bezeigt und ihn um Verzeihung gebeten, sprach er folgende erste Strophe:

§1. „Der du unübertreffliche Genüsse
gekostet, als du warst der einz'ge König,
da du jetzt in die Tiefe wardst geworfen,
hast du doch nicht den alten Glanz verloren.“

Als dies der Bodhisattva vernahm, sprach er folgende andere Strophen:

§2. „Schon früher hatte ich, o Dabbasena,
Geduld gewünscht für mich und Selbstabtötung;
da ihrer jetzt teilhaftig ich geworden,
wie sollt' ich meinen alten Glanz verlieren?
 
§3. Das alles hab ich jetzt an mir vollendet,
was die Berühmten duldeten, die Weisen;
zu Ruhm bin ich gelangt wie nie zuvor:
was sollt' ich da den alten Glanz verlieren?
 
§4. Durch Leiden, Fürst, verdränget man das Glück
und durch das Glück kann man das Leiden tragen;
die Wesen, die an beides sind gewohnt,
ertragen gleich das Unglück wie das Glück.“

Als dies Dabbasena hörte, bat er den Bodhisattva um Verzeihung und sprach: „Herrschet Ihr nur in Eurem Reich; ich will Euch die Räuber fernhalten.“ Darauf ließ er an dem verräterischen Minister die Königsstrafe vollziehen und zog ab. Der Bodhisattva aber legte seine Herrschaft in die Hände seiner Minister, betätigte die Weltflucht der Weisen und gelangte nach seinem Tode in die Brahma-Welt.

 

§C. Nachdem der Meister diese Lehrunterweisung beschlossen, verband er das Jātaka mit folgenden Worten: „Damals war Dabbasena Ānanda, der König von Benares aber war ich.“

Ende der Erzählung von dem einen König


[1] Dies ist das 282. Jātaka, das eigentlich Seyya-Jātaka heißt.

[2] Dies ist das 51. Jātaka.


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