Jātakam, Wiedergeburtsgeschichten

169. Die Erzählung von Araka (Araka-Jātaka)

„Fürwahr, wer liebevollen Herzens“

 

§A. Dies erzählte der Meister, da er im Jetavana verweilte, mit Beziehung auf das Lehrstück von der Liebe [1]. Zu einer Zeit nämlich sprach der Meister zu den Mönchen: „Wenn man, ihr Mönche, die Liebe zum Zwecke der Erlösung des Herzens betätigt, ausübt, vervielfältigt, zur Grundlage nimmt [2], sich mit ihr beschäftigt, nicht von ihr ablässt und sie zur Vollendung bringt, so sind elf Vorteile von ihr zu erwarten. Welche elf [0a]?

Wenn man zum Zwecke der Erlösung des Herzens die Liebe betätigt usw., sind diese elf Vorteile zu erwarten. Wenn, ihr Mönche, ein Mönch diese elf Vorteile erlangt hat und die Betätigung der Liebe preist, so soll er gegen alle Wesen im Besondern und im Allgemeinen die Liebe betätigen. Der Gute ist mit Güte zu durchdringen, der Böse ist auch mit Güte zu durchdringen, der in der Mitte Stehende ist ebenfalls mit Güte zu durchdringen. — So ist gegen alle Wesen im Besondern und im Allgemeinen die Liebe zu betätigen. Mitleid, Güte und Gleichmut sind zu betätigen, für die Erlangung der vier Vollendungen muss man sich bemühen. Wer es tut, gelangt, wenn er auch keines Weges und keiner Frucht [3] teilhaftig wird, in den Brahma-Himmel. Auch in der Vorzeit blieben Weise, die sieben Jahre hindurch die Liebe betätigt hatten, während der Zerstörungen und Erneuerungen von sieben Weltaltern [4] im Brahma-Himmel.“ Nach diesen Worten erzählte er folgende Begebenheit aus der Vergangenheit.

 

§B. Ehedem nahm in einem Weltalter der Bodhisattva in einer Brahmanenfamilie seine Wiedergeburt. Als er herangewachsen war, gab er die Lüste auf, betätigte die Weltflucht der Weisen und erlangte die vier Vollendungen. Als ein Lehrer namens Araka wohnte er im Himalaya. Er war von großem Gefolge umgeben. Er gab der Asketenschar folgende Ermahnung: „Ein Weltflüchtling muss die Liebe betätigen, er muss Mitleid, Güte und Gleichmut betätigen. Die Gesinnung der Liebe nämlich, sowie sie fest beschlossen ist, verschafft den Eingang in die Brahma-Welt.“ Und indem er den Vorteil der Liebe verkündete, sprach er folgende Strophen:

§1. „Fürwahr wer liebevollen Herzens,

für alle Welt Erbarmen fühlt,

ob oben, unten, in der Mitte [5],

ohn' Ende ist er überall.

 

§2. Endlos das Glück und sein Verstand

von Weisheit voll und wohl geübt;

ein Tun, das Endlichem entspringt [6],

das findet bei ihm keinen Raum.“

Nachdem so der Bodhisattva seinen Schülern die Vorteile der Liebesbetätigung auseinandergesetzt hatte, wurde er, unablässig in der Ekstase schwebend, in der Brahma-Welt wiedergeboren und kam während der Zerstörung und der Erneuerung von sieben Weltaltern nicht mehr auf diese Welt [7].

 

§C. Nachdem der Meister diese Lehrunterweisung beschlossen hatte, verband er das Jātaka mit folgenden Worten: „Damals war die Asketenschar die Buddhagemeinde, der Lehrer Araka aber war ich.“

Ende der Erzählung von Araka


[0a] Obwohl von 11 Vorteilen die Rede ist, werden 12 Vorteile aufgezählt.

[1] Es ist nicht genau anzugeben, welches Sutta hier gemeint ist; vielleicht der 27. Abschnitt des Itivuttaka?

[2] Wörtlich: „zum Fahrzeug nimmt“.

[3] D. h. wenn er auch nicht zur Bekehrung oder einer höhern Stufe gelangt.

[4] Die Weltsysteme sind beständiger Veränderung unterworfen. Die Zeit vom Beginn der Zerstörung bis zur Vollendung der Erneuerung eines Weltsystems heißt ein Weltalter.

[5] Nach dem Kommentator, dem sich auch Rouse anschließt, beziehen sich diese drei Ausdrücke auf den Himmel, die Unterwelt und die Erde.

[6] Der Kommentator erklärt den Ausdruck als gleichbedeutend mit: eine Tat, die aus der Sinnlichkeit hervorgeht.

[7] D. h. seine Wiedergeburten vollzogen sich während dieser langen Zeit nur in dem Brahma-Himmel.


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