„Voll sind die Schüsseln immer noch“
§A. Dies erzählte der Meister, da er im Jetavana verweilte, mit Beziehung auf vergifteten Branntwein. Zu einer Zeit hatten sich zu Savatthi Branntweinspitzbuben versammelt und überlegten: „Unser Branntwein ist hin; woher sollen wir neuen bekommen?“ Da sprach ein roher Spitzbube: „Denkt nicht weiter nach; es gibt ein Mittel.“ „Was für ein Mittel denn?“ Er antwortete: „Anāthapindika geht, mit Fingerringen geschmückt und mit glänzenden Gewändern angetan, um dem König seine Aufwartung zu machen. Wir wollen daher in die Branntweinschüssel besinnungraubendes Gift werfen, eine Trinkstelle errichten und uns dort niedersetzen. Wenn dann Anāthapindika kommt, sagen wir zu ihm: ‘Komm her, Großkaufmann’, und lassen ihn trinken; und wenn er bewusstlos geworden, nehmen wir seine Fingerringe und seine Gewänder und kaufen uns Branntwein dafür.“ Sie gaben mit dem Worte: „Gut“, ihre Zustimmung zu erkennen und taten so. —
Als nun der Großkaufmann herbeikam, gingen sie ihm entgegen und sprachen: „Herr, kommt doch her! Dieser Branntwein bei uns ist sehr gut; trinket ein wenig und geht dann wieder!“ Jener dachte: „Wie wird ein Bekehrter, ein edler Schüler Branntwein trinken? Obwohl ich aber keinen wünsche, werde ich doch diese Spitzbuben ausforschen.“ Und er ging an ihre Trinkstelle hin und beobachtete ihr Tun. Da merkte er: „Dieser Branntwein ist von ihnen aus dem und dem Grunde gemischt“, und er dachte: „Jetzt will ich sie gleich vertreiben.“ Daher sprach er: „He, ihr elenden Spitzbuben habt Gift in die Branntweinschüssel geworfen und wolltet jeden, der daher kommt, davon trinken lassen, ihn so bewusstlos machen und ausplündern. Darum habt ihr eine Trinkhalle errichtet und sitzt dabei. Aber ihr lobt nur diesen Branntwein und kein einziger ist im Stande, davon zu nehmen und zu trinken. Wenn er unvermischt wäre, würdet ihr wohl davon trinken.“ Mit diesen Worten beschämte er die Spitzbuben und trieb sie von dort weg.
Darauf ging er nach Hause; weil er aber dachte: „Ich will, was die Spitzbuben taten, dem Vollendeten mitteilen“, begab er sich nach dem Jetavana und erzählte es. Darauf sprach der Meister: „Jetzt wollten, o Hausvater, die Spitzbuben dich betrügen; in früherer Zeit aber wollten sie auch Weise [1] betrügen.“ Und nach diesen Worten erzählte er, von jenem gebeten, folgende Begebenheit aus der Vergangenheit.
§B. Als ehedem zu Benares Brahmadatta regierte, war der Bodhisattva Großkaufmann zu Benares. Auch damals hatten diese Spitzbuben ebenso überlegt und Branntwein gemischt; und als der Großkaufmann von Benares daher kam, gingen sie ihm entgegen und sagten ebenso zu ihm. Der Großkaufmann wünschte keinen Branntwein, wollte sie aber ausforschen; deshalb ging er zu ihnen hin und beobachtete sie. Dann dachte er: „Das und das wollen sie tun; ich werde sie von hier forttreiben“, und sprach zu ihnen: „He, ihr Spitzbuben, es schickt sich nicht, an den Hof des Königs zu gehen, wenn man Branntwein getrunken hat. Wenn ich aber den König besucht habe, werde ich wiederkommen und ihn erproben. Bleibt ihr hier sitzen!“ Und er ging, um dem König seine Aufwartung zu machen, und kehrte dann wieder zurück. Die Spitzbuben sprachen: „Komm her, Herr.“ Darauf ging er hin, schaute die mit Gift gefüllte Schüssel an und sprach: „He, ihr Spitzbuben, euer Tun gefällt mir nicht. Eure Branntweinschüssel steht voll da wie vorher. Ihr lobt nur euren Branntwein, trinkt aber keinen. Wenn er gut wäre, würdet auch ihr davon trinken; er muss mit Gift vermischt sein.“ Und indem er so ihre Absicht zunichte machte, sprach er folgende Strophe:
Nachdem er aber zeitlebens Almosen gegeben und noch andere gute Werke verrichtet hatte, gelangte er an den Ort seiner Verdienste.
§C. Nachdem der Meister diese Erzählung beendigt hatte, verband er das Jātaka mit den Worten: „Die damaligen Spitzbuben waren auch die jetzigen Spitzbuben, der Großkaufmann von Benares aber war ich zu der Zeit.“
Ende der Erzählung von der vollen Schüssel
[1] Steinthal scheint in seiner Übersetzung (Zeitschrift für vergleichende Literaturgeschichte, Band VII, S. 302) diesen Ausdruck sonderbar zu finden; denn er schreibt: „sogar Kluge (!) zu betrügen“. Doch ist die Stelle nicht auffällig, denn mit dem Worte „pandita“ meint Buddha in der Regel sich selbst in der früheren Existenz.