neu übersetzt von Dr. Hellmuth Hecker; Buddhistische Gesellschaft Hamburg e.V. 1994; Widmung zum Neudruck des Itivuttaka zum 70. Geburtstag von Dr. Hellmuth Hecker am 12. Oktober 1993
[Eine Übersetzung von Ṭhānissaro Bhikkhu (Engl.), Deutsch von K.Pavoni steht als PDF Dokument (1MB) zur Verfügung]
[Eine Übersetzung von Karl Seidenstücker ist als WinWord Dokument erhältlich].
Mit der neuen Gestaltung der bedeutsamen Aphorismen von überlieferten Aussprüchen des Buddho steht ein Kurzkompendium der Buddhalehre wieder zur Verfügung. Die von Dr. Karl Seidenstücker 1919 veröffentlichte Erstübersetzung wurde von Dr. Hellmuth Hecker neu und in metrischer Form übersetzt. Sicher wird diese Veröffentlichung, die zum siebzigsten Geburtstag des Autors von der Buddhistischen Gesellschaft Hamburg verlegt wird, ihren interessierten Leserkreis finden.
Dr. Hecker ist aufgrund seiner jahrzehntelangen literarischen und publizistischen Arbeiten in Kreisen der Buddhisten weltweit bekannt geworden. Schon als 22jähriger Student kam er von der Existenzphilosophie zum Kreis Hamburgischer Buddhisten. Zusammen mit dem buddhistischen Freundeskreis um Paul Debes und der in den frühen fünfziger Jahren gegründeten Buddhistischen Gesellschaft Hamburg gelang es Dr. Hecker, neben seiner Tätigkeit am Institut für Völkerrecht und ausländisches öffentliches Recht der Universität Hamburg, eine umfangreiche, wissenschaftlich fundierte Reihe von buddhistischen Veröffentlichungen zu schaffen, die inzwischen weltweite Anerkennung gewonnen haben. 48 Jahre eines intensiven und wirkungsvollen Forscherlebens haben die Persönlichkeit "Dr. Hellmuth Hecker" geformt. Sein Weg in der Buddhalehre war eindeutig und unbeirrbar. Seine Schaffenskraft hat maßgeblich dazu beigetragen, die Buddhalehre nicht nur im deutschen Sprachraum zu besserem Verständnis bei Wissenschaftlern und Laien zu bringen. Mögen dem Jubilar noch viele gute und zufrieden stellende Schaffensjahre vergönnt sein.
Wir alle wünschen dafür Zufriedenheit, Gemütsruhe und hohe Erkenntnisse.
G. Neumeyer
Der Titel dieses Werkes, Itivuttakam, bedeutet wörtlich "So (iti) Gesprochenes (vuttakam)", nämlich etwas, das vom Erwachten so gesprochen worden ist. Es handelt sich dabei um kurze Aussprüche, eben um das was wir Aphorismen nennen.
Das Itivuttakam ist das vierte der 15 Werke, die sich in der so genannten Kürzeren Sammlung des Palikanons vereint finden und bei denen die Versform überwiegt. Nach der südbuddhistischen Überlieferung (*1) hatte eine Laienanhängerin in Kosambi namens Khujjuttarā, die an der Spitze deren stand, die viel vernommen und erfahren hatten, diese Sammlung von Buddhaworten zusammen getragen. Zu dem Prosatext wurden dann Verse hinzugefügt, die das vom Buddha Gesagte befestigen und manchmal auch erläutern sollen. Im 5. nachchristlichen Jahrhundert wurde von Dhammapalo auf Pali ein Kommentar zum Itivuttakam verfaßt (*2).
Die erste Übersetzung des Itivuttakam erfolgte bereits vor der Zeitenwende ins Sanskrit, in welchem das Werk den Titel Ityukta trägt. Diese Rezension der Mahāsanghikas, einer der Sekten des Hinayānam, enthält gegenüber den 112 Stücken des Pālitextes 137 Stücke, wofür dort andererseits 34 Stücke des Pālitextes fehlen (22,43,50-58,61,63-73,75,77-78,81,87-88,92-94,96,99). Dieser Sanskrittext ist selber verloren gegangen. Erhalten ist davon nur eine chinesische Übersetzung des 7. Jahrhunderts, die in das chinesische Tripitakam aufgenommen worden ist (*3).
Die erste und einzige Edition des Palitextes in lateinischen Schriftzeichen ist 1889 im Rahmen der Pali Text Society herausgegeben worden (*4), und zwar besorgt durch den Leipziger Indologen Ernst Windisch. Er benutzte für seine vorzügliche Ausgabe fünf Palmblattmanuskripte und drei Papiermanuskripte. Von diesen acht Vorlagen stammte je die Hälfte aus Burma und Ceylon (*5).
Die erste Übersetzung in eine europäische Sprache erschien 1908 in Amerika (*6) auf englisch. Bessere englische Übersetzungen kamen 1935 und 1991 heraus (*7). Eine deutsche Übersetzung legte 1919 der buddhistische Indologe Rarl Seidenstücker vor, eine italienische Übersetzung folgte 1968.
Das vor 50 Jahren erschienene Buch Seidenstückers ist lange vergriffen. Obwohl die Übersetzung Seidenstückers gründlich und zuverlässig ist, war sie für einen Nachdruck doch nicht geeignet, insbesondere deshalb, weil er leider die Verse nicht metrisch übersetzt hat, wodurch ein wesentlicher Zug dieser Sammlung verloren geht.
Im Pali enthalten die Stücke meist die bei Nr. 1 übersetzten drei Formeln am Anfang, am Ende und vor den Versen. Im zweiten Teil des Werkes sind diese Formeln teilweise nicht vorhanden. Ich habe die Formeln nur bei Nr. 1 angegeben, ebenso die Anrede "ihr Mönche".
Weitaus die meisten Verse sind im achtsilbigen Rhythmus des so genannten Sloka abgefaßt. Dieses Versmaß habe ich stets beibehalten. Bei den selteneren langsilbigen Strophen habe ich die Silbenzahl in der Übersetzung gelegentlich verkürzt, und zwar meist zugunsten des Sloka (ausgenommen Nr. 87) (*10). Bei den Versen, die Neumann an Parallelstellen bereits übersetzt hatte, bin ich ihm weitgehend gefolgt, ebenso wie in vielen Prosapassagen. Ich betrachte die hier vorgelegte Übersetzung des Itivuttakam als eine Fortführung des Übersetzungswerkes von Neumann.
Auf Fußnoten habe ich verzichtet. Dagegen habe ich alle mir bekannt gewordenen Parallelen angegeben. Dabei bedeutet die Abkürzung "m. Ä.", daß es sich um einen Text mit Änderungen leichter Art handelt. Nur ganz selten bin ich in einer Lesart von Windisch abgewichen: dies ist durch einen Hinweis gekennzeichnet (v. l. - varia lectio).
Bei der Übersetzung habe ich angestrebt, ein und dasselbe Paliwort möglichst stets auch mit einem deutschen Wort wiederzugeben. Abgesehen von Gründen des Versmaßes bin ich von diesem Prinzip nur selten abgewichen, wie z. B. bei dem vieldeutigen Begriff dhammo (Gesetz, Lehre, Ding, Eigenschaft). Nur wenige Paliworte habe ich unübersetzt gelassen, nämlich Nibbānam (bei mir in der gebräuchlicheren Sanskritform Nirvana wiedergegeben) und den sonst mit "Bewußtsein" wiedergegebenen Begriff "Viññānam" (nur in Nr. 77 und 94 vorkommend). Gelegentlich habe ich Buddha, Brahma, Brahmana, Sankhara stehen gelassen. Die Übersetzung im Einzelnen zu begründen, ist hier nicht der
Ort. Es seien als Beispiele nur erwähnt: Bezug (upadhi), Überblick (abhiññā) Triebe (āsava), Sucht (lobha).
Der Inhalt des Werkes mag für sich sprechen. Ich möchte aber nicht versäumen, die schöne Würdigung Seidenstückers (*11) hier wiederzugeben:
"Ich glaube, unser Werk enthält eine große Anzahl wertvoller Juwelen in der edlen Fassung schlichter Aussprüche und eine Reihe von feinen Bildern und Gleichnissen, die es wohl verdienen, auch über den verhältnismäßig kleinen Kreis derer hinaus bekannt zu werden, die am Itivuttaka ein ernstes Interesse nehmen".
"Für den ernsteren Leser jedoch, der mehr sucht und tiefer schürft, verliert das Werk seine anfängliche Einförmigkeit sehr bald, und willig tut es ihm die reichen Schätze auf, die es in sich birgt und die dem flüchtigen Blick verborgen bleiben. Die Mühe des Suchens und In-die-Tiefe-Gehens wird auch hier reichlich belohnt, und wer der Lehre des Indischen Meisters ein reiferes Verständnis entgegenbringt, wird auch den Wert des Itivuttaka richtig einzuschätzen wissen".
Hamburg, den 12. Januar 1973 (*12)
Hellmuth Hecker
1.) S. 32 des in Anm. 2 erwähnten Kommentars.
2.) Paramattha-Dīpanī, hrsg. von M. M. Bose, London, Bd. 1, 1934, 180 S.; darin Pt. II, Reprint 1977 (PTS).
3.) Vgl. K. Watanabe, Chinese collection of Itivuttakas, in JPTS 1907, S. 44-49. In Nanjio Nr. 714 und A. J. Edmunds, The Chinese Itivuttaka and its Proof of Pali Additions; in: Light of Dharma (S. Franzisco), 1905 (Bd. 5), S. 85f. Abschnitt IV - It 101-112 fehlt im Chinesischen.
4.) Itivuttaka, London 1889,151 S., Reprint 1948.
5.) a. a. O., S. III.
6.) J. H. Moore, Sayings of Buddha. The Itivuttaka, New York 1908,142 S. (Columbia University, Indo-Arian Series, Vol. V).
7.) F. L. Woodward, in: The minor Antologies of the Pali Canon II, London 1935, S. 115-199. Reprint 1948 (Sacred Books of the Buddhists, Bd. 8). John D. Ireland, The Itivuttaka, The Buddha's Sayings, Kandy 1991,134 S. (BPS), mit Anm.
8.) Vorabdruck in: Buddhistischer Weltspiegel (Leipzig), 1. Jg. (1919/20), S. 32ff. und 2. Jg. (1920/21), S. 30ff. Einl. im 3. Jg. (1921/2), S.262-276 - Yāna 1959-1963 wiederabgedruckt. Auszug in Buddh. Welt 1909/10, S.77-79. Als Buch: Itivuttaka. Das Buch der Herrnworte. Eine kanonische Schrift des Pali-Buddhismus, in erstmaliger deutscher Übersetzung aus dem Urtext, Leipzig 1922, 79 S. Reprint: Moers 1982.
9.) P. Filippani-Ronconi, in: Canone Buddhista. Discorsi brevi, Turin 1968, S.255-345 (im Versmaß, aber nicht im Sloka). Darin ist als weitere ital. Übersetzung eine von V. Talamo, Turin 1962, angegeben (ohne nähere Angaben) sowie eine Teilübersetzung von P. E. Pavolini in: Testi di morale buddhistica, Lanciano 1919.
10.) J. H. Moore, Metrical Analysis of the Pali Itivuttaka, a collection of Discorses of the Buddha; in: Journal of the American Oriental Society, 1907 Bd XXVIII), S. 317.
11.) Seidenstücker, 1922, S. XX und XXIII.
12.) Einige Literatur ist 1993 nachgetragen.
A Angereihte Sammlung (bei I-III zit.
nach 2. Aufl. u. PTS)
BPS Buddhist Publication Society, Kandy
CV Cullavagga (im Vinaya)
D Digha-Nikaya (Längere Sammlung)
Dh Dhammapada
It Itivuttaka
J Jātaka
JE Einleitung zu einem Jātaka
M Majjhima-Nikāya (Mittlere Sammlung)
m.Ä. mit Änderungen
PTS Pali Text Society, London
S Samyutta-Nikāya
Sn Suttanipāta
Thag Theragāthā (Lieder der Mönche)
Ud Udāna
v.l. varia lectio (Lesart)