"Geist- gelenkt sind die Dinge, Geist- geprägt, Geist- gemacht" so lauteten die
drei Thesen, die wir unserer Untersuchung der gestaltenden Kräfte des Geistes
voranstellten. Am Leitfaden eines Jahrtausende alten Dhammapada- Verses drangen
wir ins verwirrende Labyrinth der Daseinsgebilde vor und forschten nach den
gemeinsamen Bewegungs- und Bildegesetzen der Gestaltungen, wobei wir auch die
moderne Wissenschaft zu Rate zogen. Solange es nur um die möglichen
Erscheinungsformen der Dinge ging und um die Gesetze ihrer Bewegung und
wechselseitigen Beziehung, leistete uns die Wissenschaft treffliche Diensten was
aber das Wesen der Dinge sei, konnte sie uns nicht erklären. Hier versagt nicht
nur die Wissenschaft, sondern jeder auf Synthese beruhende Erkenntnisweg.
Wir erinnern uns, daß wir unter "Synthese" eine Untersuchungsmethode verstanden, bei der der Gegenstand der Untersuchung in irgendeiner Weise manipuliert und verändert wird. Wenn ein Kernphysiker ein Materieteilchen im Zyklotron auf eine Bewegungsenergie von mehreren Milliarden Elektronenvolt beschleunigt, so ist dies offensichtlich eine grobe Manipulation des zu untersuchenden Objekts. Ein Neurologe, der einem Affen Elektroden ins Gehirn pflanzt, eine Lampe rhythmisch aufblitzen läßt und die Gehirnströme mißt, vergewaltigt ein Lebewesen. Ein Yogi, der seine Gedanken, Wahrnehmungen und Empfindungen willkürlich unterdrückt, beraubt sich selbst seines Erkenntnisvermögens. Und ein Philosoph, der den pulsierenden, vibrierenden, ebbenden und flutenden Lebensstrom in abstrakte Begriffe einfangen und konservieren will, vergewaltigt die lebendige Wirklichkeit.
Kann man durch physikalische, biologische, psychologische Experimente oder durch
bloße Spekulation zur höchsten Erkenntnis vorstoßen? Kann man dadurch, daß man
die Dinge seinem Willen unterwirft, das Wesen der Dinge begreifen? - Das
Endresultat eines solchen Bemühens ist im Grunde immer das gleiche: der
wissenschaftliche Erkenntnisversuch endet im Widerspruch leerer Begriffe, die
Konzentrationsübung des Jogi gipfelt in der Aufhebung des Bewußtseins, die
philosophische Spekulation endet im Eingeständnis: Ich weiß, daß ich nichts
weiß. In jedem Fall führt der synthetische Erkenntnisversuch sich selbst ad
absurdum.
Wenn wir die Sache aber recht durchschauen, liegt hierin ja gerade sein entscheidender Beitrag zum Verständnis der Wirklichkeit. Indem er nämlich erkennen läßt, auf welche Weise man immer weiter vom Ziele abkommt, macht er indirekt auch klar, wie man sich dem Ziele wieder nähern kann. Hierin liegt der eigentliche Wert alles weltlichen Wissens. Es ist zunächst nur ein potentieller Wert und es liegt an uns, ob wir bereit sind, ihn zu realisieren. Wir können die Diagnose, daß wir nichts wissen, als der Weisheit letzten Schluß ansehen, uns mit ihr bescheiden und in der Sackgasse der Unwissenheit steckenbleiben. Wir können aber auch umkehren und den vom Buddha gewiesenen Weg zu wirklicher Erkenntnis, zu lebendigem Wissen, zur Erleuchtung und zur Befreiung einschlagen. Niemand zwingt uns zu diesem Schritt, es sei denn, unsere eigene Einsicht.
Vielleicht fragen wir uns, ob denn das Wissen wirklich eine so große Rolle
spielen sollte. Wir mögen uns danach sehnen, intensiver, direkter, sinnenhafter
zu leben, unsere Wahrnehmungsfähigkeit zu erhöhen, das Bewußtsein zu erweitern,
stärkere, tiefere Erfahrungen zu machen. Stört Wissen nicht die Unbefangenheit
der Wahrnehmung? Schafft gedankliche Reflexion nicht ständig neuen
Konfliktstoff? - Fragen wir uns zunächst, warum wir nach tieferer Erfahrung
suchen. Wenn wir Erfahrung nicht als Lernprozess betrachten, nicht in Wissen
umsetzen wollen, so müssen wir uns darüber klar werden, was Erfahrung sonst für
uns bedeutet. Indem wir so forschen, lernen wir uns selbst ein wenig besser
kennen und produzieren Wissen. Dieses Wissen sagt uns möglicherweise, daß die
Triebfeder unseres Verlangens Gier ist. Können wir eine solche Diagnose
akzeptieren? In unserem Denken entsteht ein Konflikt, weil das Bild, das wir uns
von unserer "Persönlichkeit" gemacht haben, nicht mehr ganz stimmt. Aber ist
deshalb das Denken falsch? Können wir auf das Wissen verzichten, wenn es uns im
Augenblick unbequem ist? Wirklichkeitsgemäße Erkenntnis enthält immer das
Element der Ent-täuschung und wird um so schmerzhafter sein, je stärker wir
unseren alten Vorstellungen, Bildern und Irrtümern verhaftet sind.
Auch Erkenntnisdrang kann eine Art Gier sein. Wenn wir Erfahrungen und Wissen
suchen, nur um zu konsumieren, die Leere in uns zu füllen und unser
Selbstwertgefühl zu stärken, dann gieren wir. Wir können aber auch Erfahrungen
in Wissen umsetzen und dieses Wissen in lebendige Praxis verwandeln, zum Wohle
anderer Wesen und zum eigenen Wohl. Praxis kann nützliche Dinge hervorbringen,
in tätiger Hilfeleistung bestehen oder auch Belehrung und gütiger Zuspruch sein.
Praxis kann aber auch unsichtbar bleiben und als Gedanke der Liebe, des
Mitleids, der Mitfreude und des Gleichmuts ihr Werk wirken; und schließlich kann
Praxis in der Enthaftung ihre höchste Vollendung finden.
Ohne in Wissen verwandelt zu werden, sind Erfahrungen nur ein sinnloser Spuk, und ohne Praxis ist aufgehäuftes Wissen ein toter, nutzloser, wenn nicht gefährlicher Ballast. Wenn wir aber weder gieren noch aufhäufen, sondern verwandeln und weitergeben, dann transformieren wir psychische Energie niederer, passiver Art in höhere, aktive spirituelle Energieformen: Erfahrungen in Wissen, Wissen in Liebe. Dann konsumieren wir nicht nur, sondern produzieren auch und leisten in unserer eigenen Befreiungsarbeit zugleich einen Beitrag aller Wesen, und nur so hat unser Dasein einen Sinn. Solange unser Wissen unvollkommen ist, wird auch unsere Praxis unvollkommen sein, aber wir werden aus unseren Fehlern lernen; unser Wissen wird sich der Wirklichkeit immer besser anpassen. Ohne vollständiges, den gesamten Kreis von Bewußtseinsformationen durchdringendes Wissen ist das höchste Ziel des Buddhaweges nicht zu erreichen.
Der Erhabene lehrt: "Ohne daß man das All vollständig verstanden und erkannt hat, ohne daß man sich von ihm losgesagt und es aufgegeben hat, ist man unfähig, dem Leiden ein Ende zu machen. (Se. 35, 26)
Was ist das All? Das Auge und die Formen, das Ohr und die Töne, die Nase und die Gerüche, die Zunge und die Geschmäcke, der Körper und die Testempfindungen, das Denken und die Gedankenobjekte. Wenn jemand sagen würde: das erkenne ich nicht an, ich würde das All anders erklären, so wäre das eine bloße Wortbehauptung und nicht zu beweisen." (Se. 35, 23).
Solange wir wissenschaftsgläubig sind, werden wir allerdings einer solchen
Definition kaum zustimmen. Wir haben Theorien über die Welt und ihre
Bewegungsgesetze, über die Evolution des Weltalls, die Entstehung des Lebens
usw., aber bei Licht besehen sind dies alles nur Gedankenobjekte. Unser Wissen
ist außerordentlich einseitig und bruchstückhaft; deshalb muß es aber nicht
unbedingt falsch sein. Die Frage ist, ob dieses Wissen zu einer Praxis führt,
die uns in unserer Entwicklung voran bringt. Man kann drei Stufen des Wissens
unterscheiden:
1. das synthetische Wissen des Intellekts,
2. das analytische Wissen der reinen Anschauung und
3. das überweltliche Wissen der Intuition.
Diese drei Stufen des Wissens sind aufs engste miteinander verbunden und
entwickeln sich in gerader Linie eine aus der anderen: Die höchste
Erkenntnisform des synthetischen Wissens ist der Grundwiderspruch, der, wenn er
wirklich begriffen wird, zur analytischen Erkenntnismethode der
vipassanā führt. Die höchste
Erkenntnisform der vipassanā
wiederum ist der Klarblick, der unmittelbar zum intuitiven Wissen der
überweltlichen Pfade überleitet. Als höchste Erkenntnisform des überweltlichen
Wissens aber gilt die letzte der Vier Edlen Wahrheiten, der Edle Achtgliedrige
Pfad:
"Was es auch an Gestaltetem gibt, als höchstes darunter gilt der Edle Achtgliedrige Pfad. Was es aber an Gestaltetem und Ungestaltetem gibt, darunter gilt als höchstes die Entsüchtung, nämlich die Dünkelzerstörung, die Stillung des Durstes, die Vernichtung des Haftens, das Durchbrechen der Daseinsrunde, die Triebversiegung, das Erlöschen, das Nibbana." (Ang. 4, 34).
Auch die höchste Wahrheit ist also noch eine geistige Gestaltung, ihre Vergegenwärtigung noch eine Bewußtseinsformation, aber ihre Verwirklichung in der Praxis führt aus dem Kreis der Gestaltungen heraus ins Ungestaltete, ins Nibbāna.
Die Aussage, daß Auge und Formen, Ohr und Töne, Nase und Düfte, Zunge und
Geschmäcke, Körper und Testempfindungen, Denken und Gedankenobjekte das All
bilden, kann man als eine summarische Bestandsaufnahme aller
Bewußtseinsformationen ansehen. In Ergänzung hierzu liefert dann die Lehre von
der Bedingten Entstehung das Entwicklungsgesetz dieser Formationen und zeigt die
abhängige, bedingte Natur aller Daseinsphänomene. In Kürze lautet die Formel für
die Bedingte Entstehung:
In dieser Entwicklungskette einander bedingender Daseinsphänomene können wir
drei Erfahrungsebenen der Wirklichkeit unterscheiden, die den vorerwähnten drei
Wissensstufen entsprechen. Wenn wir die Formel von ihrem Ende her aufrollen, so
beschreiben die letzten drei Glieder (10-12) den körperlichrealen Aspekt des
Daseins, der dem intellektuellen Wissen und der wissenschaftlichen Forschung
zugänglich ist: der Werdeprozeß im Mutterleib, die Geburt, der Prozeß des
Alterns, Krankwerdens und Sterbens. - Die mittleren sechs Glieder der Formel
(4-9), hier in synthetischer Reihenfolge geordnet, beschreiben den
psychologischen oder geistigen Aspekt des Daseinsprozesses, wie er durch
anschauliches Erleben in der vipassanā
- Meditation zurückverfolgt werden kann: Geist- Körperlichkeit,
Sinnesgebiet, Berührung, Gefühl, Begehren, Anhaften. Die obersten drei Glieder
(1-3) schließlich sowie der innere Zusammenhang der drei Erfahrungsebenen können
nur intuitiv erkannt werden und beschreiben den Daseinsprozeß als einen karmisch
bedingten Bewußtwerde-Vorgang, der in Unwissenheit wurzelt und dessen letztes
Resultat das Leiden ist. Diese tiefste Durchschauung der Daseinsphänomene
entspricht dem überweltlichen Wissen.
Erst wenn der ganze Kreis von Bewußtseinsformationen völlig durchschaut und
begriffen ist, kann man auch von Besonderheiten abstrahieren und gemeinsame
Grundstrukturen in den Formationen erkennen. Es sind dies die
khandha oder Daseinsgruppen, nämlich
Körperlichkeit, Gefühl, Wahrnehmung, geistiges Gestalten und Bewußtsein. Ob die
elementare Bewußtseinsformation der Geist-Körperlichkeit erlebt wird oder das
überweltliche Wissen die höchste Wahrheit erkennt - immer sind diese fünf
Gruppen als Erfahrungsmöglichkeit vorhanden. Dabei handelt es sich aber nicht
etwa um bleibende Entitäten, sondern lediglich um verschiedene Aspekte des
unaufhörlich sich wandelnden Bewußtwerdeprozesses: unabhängig von
Körperlichkeit, Gefühl, Wahrnehmung und geistigem Gestalten ist ein Bewußtwerden
nicht möglich (S.22,53). Die
fünf Daseinsgruppen werden auch die fünf Gruppen des Anhangens genannt, denn der
unwissende Weltmensch haftet an diesen Gruppen und betrachtet sie als sein
Selbst oder zumindest als zum Selbst gehörend.
Der Erhabene aber erklärt die Daseinsgruppen so:
"Körperlichkeit, Gefühl, Wahrnehmung, Gestaltungen, Bewußtsein, ihr Mönche, sind vergänglich; was vergänglich ist, das ist leidvoll; was leidvoll ist, das ist Nicht- Ich; was Nicht- Ich ist, davon gilt: ,Dies gehört mir nicht, das bin ich nicht, das ist nicht mein Selbst'. So ist dies der Wirklichkeit gemäß mit rechter Einsicht zu verstehen. Dem, der dies so mit rechter Weisheit versteht, wird der Geist entsüchtet und ohne Anhangen befreit von den Trieben. (S. 22, 54)
Denkt gründlich nach über die Körperlichkeit, ihr Mönche, über das Gefühl, die Wahrnehmungen, die Gestaltungen, das Bewußtsein. Wer über diese Dinge gründlich nachdenkt, der wendet sich von ihnen ab. Durch Versiegen der Gier kommt es zum Versiegen der Lust. Aufgrund der Versiegung von Gier und Lust spricht man von einem befreiten, einem völlig befreiten Geiste." (S. 22, 52)
Die Fähigkeit, denken zu können, ist eine unerläßliche Voraussetzung für das Werk der Befreiung. Unsere Denkkraft ist begrenzt, und wir werden nicht gleich die ganze Tiefe der überweltlichen Wahrheiten ermessen können, geschweige denn solches Wissen aus uns selbst heraus entwickeln. Aber wir sollten eine möglichst klare, wirklichkeitsnahe Vorstellung von den geistigen Prozessen haben, die unser Dasein bestimmen. Dabei sollten wir uns darüber klar sein, daß Vorstellungen nur als Orientierungshilfe für die Praxis Bedeutung haben und ansonsten geistige Gestaltungen ohne Wert sind, für die gleichermaßen gilt: 'Dies gehört mir nicht, dies bin ich nicht, dies ist nicht mein Selbst.'
Wir müssen sehr achtsam sein, daß wir uns nicht in Ideen und Theorien verstricken, die wir dann verbissen verteidigen als unser geistiges Eigentum, anstatt wirklich an unserer Befreiung zu arbeiten. Der Wert einer Vorstellung besteht darin, daß sie Richtpunkte für die Praxis setzt, nach welchen wir unser Verhalten ausrichten können, vor allem in Situationen, in denen unsere Erfahrung gestört ist. Jeder vernunftbegabte Mensch wird einmal in Ruhe seinen Verstand zusammennehmen und die einzelnen Faktoren seiner Wirklichkeit gründlich durchdenken. Es geht hier nicht um absolute Wahrheiten, sondern lediglich darum, den Wust der bisherigen Erfahrungen zu ordnen und zu einer realistischen Anschauung dieser Dinge zu kommen. Da wir in jedem Augenblick neue Erfahrungen machen und ständig dazulernen. werden wir unsere Anschauung laufend korrigieren müssen. Wichtig ist nur, daß wir Übersicht gewinnen und behalten, d.h. den jeweiligen geistigen Standort finden, von dem aus alle im Beobachtungsfeld erscheinenden Daseinsvorgänge möglichst widerspruchsfrei erklärlich und in ihrem Zusammenwirken durchschaubar werden.
Bei der Gewinnung dieser Übersicht leistet uns die Buddhalehre unschätzbare
Dienste, denn hinter ihr steht das Wissen eines Mannes, der den Quellpunkt alles
Wirkens in Erfahrung brachte und völlige Macht über das Denken gewann. Mit
keinen Worten ist dieser letzte Standort beschreibbar, aber die Buddhalehre
umkreist ihn von allen Seiten und weist immer wieder auf ihn hin; sie setzt
Richtpunkte, auf die man sich verlassen kann.
Wenn wir begreifen könnten, daß Dasein ein Bewußtwerdeprozeß ist, würden wir
verstehen, daß die Krise der Wissenschaft, der Religion, der Philosophie
gleichermaßen die Krise unseres eigenen Denkens ist. Die scharfe Trennung, die
wir gewöhnlich zwischen Ich und Umwelt ziehen, beruht auf einer selektiven
Blindheit unseres Erkenntnisvermögens, auf Unwissenheit. Wir sehen die Situation
nur oberflächlich und haben keinen Einblick in den inneren Zusammenhang dessen,
was wirklich geschieht. Auf der Ebene der normalen Alltagserfahrung treten wir
zu anderen Lebewesen in Beziehung und operieren mit materiellen Dingen, von
deren Existenz wir ebenso überzeugt sind wie von der Existenz unserer eigenen
Person. Aus Unwissenheit halten wir diese Ebene der Erfahrung für die einzig
mögliche.
vipassanā aber erschließt einen ganzen Kosmos neuer Erfahrungsebenen, und je tiefer der Geist in die Struktur der Erfahrung eindringt, desto mehr wird das Ich -Umwelt- System eingeschmolzen in die Realität eines unpersönlichen Wahrnehmungs- und Bewußtwerdeprozesses. Es ist aber die Frage, ob wir eine solche Erfahrung überhaupt wünschen. Nichts fürchten wir mehr, als über "unsere" Gefühle, "unsere" Wahrnehmungen, "unseren" Verstand die Gewalt zu verlieren. Gewalt ist ein unbewußter Reflex des Lebenswillens (tanhā), und der Intellekt ist geradezu spezialisiert auf. die Technik der Verdrängung, der Projektion, der Gewaltanwendung gegenüber der Wirklichkeit. Wir wähnen uns in diesem Ich -Umwelt- System in Sicherheit, aber wir führen ein strategisch zweifelhaftes Spiel auf des Messers Schneide. Irgendwann, das fühlen wir, wird dieses ganze System von Stützen, Masken, Rollen, Lügen. Widerständen in sich zusammen krachen und das Begehren in eine grauenhafte Leere greifen. Die Angst vor dem Tode, vor dem Ich-Verlust lauert beständig in der Tiefe. -
Wir können es auf die Katastrophe ankommen lassen; wir können aber auch allmählich unsere Verhaftungen lösen und unserem "Ich" ersterben. Dies erfordert eine völlige Umstellung des Denkens, eine Willenswendung. ein Loslassen. In Wahrheit lernen wir erst im Sterben wirklich zu leben. Wirkliches Leben ist Wachsein, Klarsein, Gegenwärtigsein und ein unmittelbares Schauen der Wahrheit, und die Schule des Sterbens und Lebens ist vipassanā.
"Einem Schaumball gleicht der Körper, einer Wasserblase das Gefühl, ein
Luftphantom ist die Wahrnehmung der Sinne, die Gestaltungen sind kernlos wie ein
Bananenstamm, und Gaukelkünsten ähnelt das Bewußtsein. So hat es der Sonnenheld
aufgezeigt, und so möge der krafterfüllte Mönch tags und nachts die
Daseinsgruppen betrachten, achtsam und wissensklar." (A.4.34)