Zu jener Zeit lebten in Kitāgiri flegelhafte, schlechte Mönche, Anhänger von Assaji und Punabbasu. Die führten auf folgende Art einen unpassenden Lebenswandel: Sie pflanzten kleine Blütenbäume oder ließen sie pflanzen, gossen sie oder ließen sie gießen, pflückten davon (Sträuße) oder ließen pflücken, banden sie oder ließen sie binden. Girlanden mit Stängeln auf einer Seite oder auf beiden Seiten wanden sie oder ließen sie winden, Blumenarrangements stellten sie zusammen oder ließen sie zusammenstellen, Kränze flochten sie oder ließen sie flechten, Blumenschmuck für Stirn, Ohr, Brust fertigten sie oder ließen Blumenschmuck für Stirn, Ohr, Brust fertigen. Sie schickten diese Blütengebilde Frauen, Töchtern, Mädchen, Schwiegertöchtern aus angesehenen Familien samt deren Dienerinnen... Mit ihnen aßen sie aus einer Schüssel,... tranken aus einem Becher, saßen auf einer Sitzbank, teilten eine Liege, eine Matte, eine Decke, [6] aßen zur unrechten Zeit, [7] tranken mit ihnen berauschende Getränke, verwendeten mit ihnen Kränze, Duftstoffe und Kosmetika, tanzten, sangen, spielten Instrumente und trieben Sport mit ihnen.
Sie spielten auf Spielbrettern mit acht oder zehn Quadraten auf jeder Seite, spielten Gartenschach... und allerlei andere Spiele, bliesen auf einer Blattpfeife, spielten mit einem Spielzeugpflug,... mit einem Windrädchen,... mit einem Spielzeugwägelchen, einem Spielzeugbogen, lösten Silbenrätsel, spielten Gedanken-Erraten, äfften Körperbehinderte nach,... lernten Elefantenbändigen, Rossezähmen, Wagenlenken,... Bogenschießen, ... Schwertfechten, rannten vor einem Elefanten oder einem Pferd oder einem Rennwagen her und dann hinterher, pfiffen, schnalzten mit den Fingern, rangen und boxten; sie breiteten ihr Obergewand auf einer Treppe aus und riefen einer Tänzerin zu: "Los Schwester, tanz'!" und klatschten Beifall und zeigten ein unangemessenes Betragen.
Damals kam ein Mönch, der die Regenzeit unter den Leuten von Benares verbracht hatte, auf dem Weg zum Erhabenen nach Sāvatthi durch Kitāgiri und legte dort einen Zwischenaufenthalt ein. In der Frühe erhob er sich, nahm Schale und Obergewand und ging auf Almosengang nach Kitāgiri hinein, stillzufrieden beim Kommen und Gehen, beim Hinblicken und Wegblicken, beim Beugen und Strecken, den Blick gesenkt, gesammelt in jeder Körperhaltung. Als die Leute diesen Mönch sahen, dachten sie: "Wer ist dieser Vollidiot, [8] diese Niete, dieser Finsterling? Wer wird dem schon Almosenspeise geben! Wir sind doch Anhänger der Herren Assajji und Punabbassu, die sind liebenswürdig, genial, redegewandt, immer vergnügt, heißen einen stets willkommen, sind keine Finsterlinge, sondern umgänglich und aufgeschlossen. Denen sollte man Almosenspeise geben."
Aber ein im Haus lebender Anhänger des Erwachten sah diesen Mönch den Almosengang durch Kitāgiri gehen. Da ging er zu dem Mönch hin, grüßte ihn ehrerbietig und fragte ihn: "Hat der Herr schon Almosenspeise bekommen?" – "Almosenspeise ist nicht zu bekommen." – "Komm, Herr, laß uns zu meinem Haus gehen." Und dieser Anhänger führte den Mönch zu seinem Haus, speiste ihn und fragte ihn: "Herr, wo will der Ehrwürdige hingehen?"– "Ich will nach Sāvatthi, Freund, den Erhabenen besuchen." – "Dann bringe dem Erhabenen zu Füßen meine Grüße dar und sage ihm: Herr, Kitāgiri ist als Aufenthaltsort heruntergekommen: In Kitāgiri leben die Anhänger von Assaji und Punabbasu, flegelhaften, schlechten Mönchen, die führen einen unpassenden Lebenswandel:" (Und er beschrieb alle ihre Verfehlungen). "Und auch die Menschen, Herr, die früher voller Vertrauen und Zuversicht waren, Herr, die haben heute kein Vertrauen und keine Zuversicht mehr; die früheren Spendenquellen für den Orden sind heute versiegt; die guten Mönche vernachlässigen sie, und schlechte Mönche nisten sich ein. Es wäre gut, Herr, wenn der Erhabene Mönche nach Kitāgiri entsenden würde, damit Kitāgiri wieder ein geeigneter Aufenthaltsort wird." – "Gut, Freund", stimmte der Mönch dem Anhänger zu, erhob sich von seinem Sitz und machte sich auf den Weg nach Sāvatthi. Von Ort zu Ort wandernd, kam er zum Siegerwaldkloster und suchte den Erhabenen auf, grüßte ihn ehrerbietig und setzte sich seitwärts. Es ist der Brauch der Erwachten, Erhabenen, ankommende Mönche freundlich zu begrüßen. So sprach der Erhabene zu diesem Mönch: "Geht es dir gut, Mönch? Bist du vorangekommen? Hast du die Zeit ohne Schwierigkeiten verbracht? Und wo kommst du her, Mönch?" – "Es geht gut, Herr. Ich bin vorangekommen und habe die Zeit ohne Schwierigkeiten verbracht. Ich habe die Regenzeit in der Gegend von Benares zugebracht und bin auf dem Weg zum Erhabenen... in Kitāgiri auf Almosen gegangen... Da hat mich ein Anhänger gebeten, dem Erhabenen zu berichten, Kitāgiri... sei als Aufenthaltsort wegen der Anhänger schlechter Mönche, Asajji und Punabbasu, heruntergekommen..."
(Und er richtete dem Erhabenen aus, was ihm der Anhänger mitgeteilt hatte...)
Aus diesem Anlaß ließ der Erhabene den Mönchsorden zusammenkommen und fragte, ob es zuträfe, was über die schlechten Mönche berichtet worden sei. "Es trifft zu, Herr." Da hielt der Erhabene den Mönchen vor: "Wie konnte es dazu kommen!... Das führt nicht zur Befriedung solcher, die noch keinen Frieden gefunden haben, ihr törichten Männer, nicht zur Vermehrung der Zahl derer, die Frieden gefunden haben, sondern das führt zur Verderbnis derer, die noch keinen Frieden gefunden haben und macht manche schon ruhiger Gewordene unsicher." [9]
Nachdem der Erhabene ihnen das vorgehalten und die Lehre dargelegt hatte, sprach er zu Sāriputto und Mahāmoggallāno: "Ihr beide, Sāriputto, geht nach Kitāgiri, und verbannt Asajji und Punnabassus Mönche durch Ordensbeschluß aus Kitāgiri; [10] die beiden haben schließlich einmal mit euch die Zelle geteilt." [11] – "Aber Herr, wie können wir Asajjis und Punnabassus Mönche aus Kitāgiri verbannen; diese Mönche sind unbeherrscht und dickköpfig." – "Dann geht zusammen mit vielen Mönchen hin, Sāriputto. – "Ja, Herr," bestätigten Sāriputto und Mahāmoggalläno...
Der Erhabene zeigte sodann das bei Verbannung (Ortssperre) anzuwendende Verfahren auf und legte die Voraussetzungen fest, unter denen die Verbannung wieder aufgehoben werden konnte und unter welchen nicht. Da ein Ortsverweis sonst am Status der Mönche nichts änderte - sie sollten ja "Bürger der vier Weltgegenden" ohne festen Wohnsitz sein - galt hierfür das sonst geltende Rückwirkungsverbot nicht.
Nun begaben sich Sāriputto und Mahāmoggallāno an der Spitze einer Mönchsgemeinschaft nach Kitāgiri und faßten einen Verbannungsbeschluß gegen die Mönche, die Anhänger von Assajji und Punnabbasu waren, wonach diese sich nicht in Kitāgiri aufhalten durften... Die hielten sich aber nicht daran, unterwarfen sich ihm nicht, änderten ihr Verhalten nicht, baten die Mönche nicht um Vergebung, sondern beschimpften sie, schmähten sie, warfen ihnen vor, einen falschen Weg aus Gier, Haß, Verblendung, Angst zu gehen, und sie gingen fort und schieden aus dem Orden aus. [12]
Wohl für den Fall, daß sie später wieder in den Orden aufgenommen würden, ordnete der Erwachte an, daß gegen diese Ex-Mönche die Aufenthaltssperre für Kitāgiri nicht mehr aufgehoben werden dürfe (Die Begegnung mit ihren früheren Bewunderern in der Bevölkerung hätte dann Probleme schaffen können).
Die Ordensregeln umfassen – wie wir hier sehen – neben "Ordensverfassungsrecht", "Disziplinarrecht", "Zivilrecht", "Verwaltungsrecht" unter anderem auch eine Fülle von Verfahrensregeln, verteilt über die fünf Pāli-Bände. Das Verzeichnis des Disziplinarrechts (Pātimokkha), das an jedem Voll-und Neumondfeiertag (Uposatha) den Mönchen zur Erinnerung rezitiert wird, enthält 227 Regeln.
[6] Von sexuellen Bezügen ist aber hier nirgends die Rede; neben ihrem erschreckenden Maß von Blendung und Lässigkeit schimmert manchmal auch eine kindliche Naivität durch.
[7] Vgl. M 70.
[8] Abala abala (Schwachsinniger verdoppelt).
[9] Die Mönche außerhalb von Kitāgiri haben zwar kein Vergehen begangen; waren aber ihrer Verantwortung für das Gedeihen des Ordens nicht gerecht geworden, als sie diese Entwicklung einreißen ließen.
[10] Nicht aus dem Orden, nur aus einem bestimmten Ort, vgl. Mrs. Homer, Einl. zu Bd.5 der engl. Übersetzung S. VII.
[11] Sāriputto und Mahāmoggallāno waren die Lehrer von Assaji und Punabbassu. Das macht verständlich, weshalb der Vorhalt an die anwesenden Mönche gerichtet war, obwohl die schlechten Mönche von Kitāgiri gar nicht anwesend waren.
[12] Bei dem Verbannungsbeschluß ist nicht die Rede von Assajji und Punnabbasu, auch nicht von allen Mönchen, die deren Anhänger waren, sondern nur von denjenigen ihrer Anhänger, die sich in Kitāgiri eingenistet hatten. Nur diese sind also aus dem Orden ausgeschieden. Dies macht verständlich, daß noch an so vielen anderen Stellen des Vinaya die Sechsermönche als die Veranlasser von Ordensregeln erwähnt werden (von den 227 Regeln des Pātimokkha allein 125).