DAS HAB' ICH GEHÖRT. Zu einer Zeit weilte der Erhabene bei Rājagaham, in der Aue am Tapodo.
Da verließ denn der ehrwürdige Samiddhi bei Nacht, vor Sonnenaufgang, sein Lager und schritt zum Tapodo hinab, ein Bad zu nehmen. Als er das Bad im Tapodo genommen und sich erfrischt hatte, hing er den Mantel um, nachdem er die Glieder getrocknet.
Wie nun die Dämmerung anbrach, ließ irgendeine Gottheit die ganze Fläche des Tapodo in immer hellerem Glanze erstrahlen und kam bis dorthin wo der ehrwürdige Samiddhi weilte. Dort angelangt stand sie beiseite, und beiseite stehend sprach sie den ehrwürdigen Samiddhi also an:
"Kennst du, o Mönch, des Glückseligeinsamen Stempel und Abzeichen?"
"Nein, o Bruder, ich kenne des Glückseligeinsamen Stempel und Abzeichen nicht: du aber, Bruder, kennst du des Glückseligeinsamen Stempel und Abzeichen?"
"Auch ich, o Mönch, kenne nicht des Glückseligeinsamen Stempel und Abzeichen: kennst du aber, o Mönch, den glückseligeinsamen Sang?"
"Nein, o Bruder, ich kenne den glückseligeinsamen Sang nicht: du aber, Bruder, kennst du den glückseligeinsamen Sang?"
"Auch ich, o Mönch, kenne nicht den glückseligeinsamen Sang; erforsche du, Mönch, des Glückseligeinsamen Stempel und Abzeichen, erfasse du, Mönch, des Glückseligeinsamen Stempel und Abzeichen, bewahre du, Mönch, des Glückseligeinsamen Stempel und Abzeichen: sinnreich ist, o Mönch, des Glückseligeinsamen Stempel und Abzeichen, urasketentümlich."
Also sprach jene Gottheit. Als sie das gesagt, war sie alsbald verschwunden.
Wie es nun Tag geworden, begab sich der ehrwürdige Samiddhi dorthin wo der Erhabene weilte. Dort angelangt bot er dem Erhabenen ehrerbietigen Gruß dar und setzte sich seitwärts nieder. Seitwärts sitzend erzählte da der ehrwürdige Samiddhi dem Erhabenen Wort um Wort die ganze Begegnung, die er mit jener Gottheit gehabt hatte. Dann sprach er also:
"Gut wär' es, o Herr, wollte mir der Erhabene des Glückseligeinsamen Stempel und Abzeichen aufweisen."
"Wohlan denn, Mönch, so höre und achte wohl auf meine Rede."
"Gewiß, o Herr!" sagte da der ehrwürdige Samiddhi zum Erhabenen aufmerksam,
Der Erhabene sprach also:
- "Kein Sehnen nach vergangner Zeit,
- Kein Hoffen auf die Zukunft hin;
- Ist abgetan was vorher war
- Und was noch künfig kommen wird,
- "Und hat man immer Ding um Ding
- Gewärtig in der Gegenwart:
- Was keiner rauben, rütteln kann,
- Durchbohrend finden mag man das.
- "Noch heute gilt der heiße Kampf:
- Ob morgen tot, wer weiß es wohl?
- Es muß die Schlacht geschlagen sein,
- Mit seiner Heerschar Er, der Mord.
- "Wer also ausharrt unverzagt
- Und unermüdlich Tag und Nacht,
- Glückseligeinsam ist er da,
- Der stille Denker, wie man sagt."
Also sprach der Erhabene. Als der Willkommene das gesagt hatte, stand er auf und zog sich in das Wohnhaus zurück.
Da gedachten denn die Mönche, bald nachdem der Erhabene fortgegangen war, unter sich: 'Diesen Stempel, ihr Brüder, hat uns der Erhabene im Umrisse dargestellt, ohne die Abzeichen ausführlich zu erläutern, ist aufgestanden und hat sich in das Wohnhaus zurückgezogen. Wer könnte nun wohl dieser kurzen Andeutung Inhalt ausführlich begründen?' Da sagten sich nun jene Mönche: "Der ehrwürdige Mahākaccano wird selbst vom Meister gepriesen, von den verständigen Ordensbrüdern aber verehrt: wohl wäre der ehrwürdige Mahākaccano imstande, den Inhalt dieser kurzen Andeutung ausführlich zu begründen; wie, wenn wir uns nun zum ehrwürdigen Mahākaccano begeben und ihn bitten würden, uns den Inhalt darzulegen?' Und jene Mönche begaben sich zum ehrwürdigen Mahākaccano, wechselten höflichen Gruß und freundliche, denkwürdige Worte mit ihm und setzten sich seitwärts nieder. Seitwärts sitzend sprachen nun jene Mönche zum ehrwürdigen Mahākaccano also:
"Diesen Stempel, Bruder Kaccano, hat uns der Erhabene im Umrisse dargestellt, ohne die Abzeichen ausführlich zu erläutern, ist aufgestanden und hat sich in das Wohnhaus zurückgezogen. Da kam uns, Bruder Kaccano, bald nachdem der Erhabene fortgegangen war, der Gedanke: 'Diesen Stempel, ihr Brüder, hat uns der Erhabene im Umrisse dargestellt, ohne die Abzeichen ausführlich zu erläutern, ist aufgestanden und hat sich in das Wohnhaus zurückgezogen. Wer könnte nun wohl dieser kurzen Andeutung Inhalt ausführlich begründen?' Da sagten wir uns, Bruder Kaccano: "Der ehrwürdige Mahākaccano wird selbst vom Meister gepriesen, von den verständigen Ordensbrüdern aber verehrt: wohl wäre der ehrwürdige Mahākaccano imstande, den Inhalt dieser kurzen Andeutung ausführlich zu begründen; wie, wenn wir uns nun zum ehrwürdigen Mahākaccano begeben und ihn bitten würden, uns den Inhalt darzulegen?' Mög' es der ehrwürdige Mahākaccano tun!"
"Gleichwie etwa, Brüder, wenn ein Mann, der Kernholz begehrt, Kernholz sucht, auf Kernholz ausgeht, über Wurzel und Stamm eines großen kernig dastehenden Baumes hinaufkletterte und im Laubgezweige Kernholz finden wollte: so ergeht es nun hier euch Ehrwürdigen, die ihr vor dem Meister gewesen seid, den Herrn übergangen habt und von mir die Lösung der Frage erwartet. Doch der Erhabene, ihr Brüder, ist der kennende Kenner und der sehende Seher, der Auggewordene, Erkenntnisgewordene, Wahrheitgewordene, Heiligkeitgewordene, der Künder und Verkünder, der Eröffner des Inhalts, der Spender der Unsterblichkeit, der Herr der Wahrheit, der Vollendete. Und es war ja wohl noch an der Zeit gewesen, daß ihr den Erhabenen selbst befragen und diesen Gegenstand der Erklärung des Erhabenen gemäß bewahren konntet."
"Freilich, Bruder Kaccano, ist der Erhabene der kennende Kenner und der sehende Seher, der Auggewordene, Erkenntnisgewordene, Wahrheitgewordene, Heiligkeitgewordene, der Künder und Verkünder, der Eröffner des Inhalts, der Spender der Unsterblichkeit, der Herr der Wahrheit, der Vollendete. Und es war ja wohl noch an der Zeit gewesen, daß wir den Erhabenen selbst befragen und diesen Gegenstand der Erklärung des Erhabenen gemäß bewahren konnten. Aber der ehrwürdige Mahākaccano wird ja selbst vom Meister gepriesen und von den verständigen Ordensbrüdern verehrt: wohl wäre der ehrwürdige Mahākaccano imstande, den Inhalt jener vom Erhabenen kurz gegebenen Andeutung ausführlich darzulegen. Mög' es der ehrwürdige Mahākaccano tun und es nicht übelnehmen!"
"Wohlan denn, ihr Brüder, so höret und achtet wohl auf meine Rede."
"Gewiß, o Bruder!" antworteten da aufmerksam jene Mönche dem ehrwürdigen Mahākaccano. Der ehrwürdige Mahākaccano sprach also:
"Den Stempel, ihr Brüder, den uns der Erhabene im Umrisse dargestellt hat, ohne die Abzeichen ausführlich zu erläutern: diese kurze Andeutung, ihr Brüder, stelle ich ihrem Inhalt gemäß in folgender Weise ausführlich dar.
Wie also, ihr Brüder, sehnt man sich (nicht) nach vergangener Zeit?
Also, ihr Brüder, sehnt man sich (nicht) nach vergangener Zeit.
"Wie aber, ihr Brüder, hofft man auf die Zukunft hin?
Also, ihr Brüder, hofft man auf die Zukunft hin.
"Wie aber, ihr Brüder, wird man bei gegenwärtigen Dingen aus der Fassung gebracht?
Also, ihr Brüder, wird man bei gegenwärtigen Dingen aus der Fassung gebracht.
"Wie aber, ihr Brüder, wird man bei gegenwärtigen Dingen nicht aus der Fassung gebracht?
Also, ihr Brüder, wird man bei gegenwärtigen Dingen nicht aus der Fassung gebracht.
"Das, ihr Brüder, betrachte ich als den ausführlich dargelegten Inhalt jener Andeutung, die uns der Erhabene in kurzer Fassung gegeben hat. Wenn es euch Ehrwürdigen nun recht ist, so gehet hin und befragt den Erhabenen selbst hierüber: wie es uns der Erhabene erklärt wollet es behalten."
Da waren nun jene Mönche über des ehrwürdigen Mahākaccano Rede erfreut erhoben sich befriedigt von ihren Sitzen und begaben sich dorthin wo der Erhabene weilte, begrüßten den Erhabenen ehrerbietig und setzten sich seitwärts nieder. Seitwärts sitzend berichteten da jene Mönche dem Erhabenen Wort um Wort die ganze Begegnung, die sie mit dem ehrwürdigen Mahākaccano gehabt hatten: "Da hat uns, o Herr, der ehrwürdige Mahākaccano auf solche Weise, in solcher Art, mit solchen Bestimmungen den Inhalt dargestellt."
"Weise, ihr Mönche, ist Mahākaccano, wissensmächtig, ihr Mönche, ist Mahākaccano. Wolltet ihr mich, ihr Mönche, um Aufklärung angehn, ich würde den Gegenstand genau so erläutern, wie ihn Mahākaccano erläutert hat: denn eben das ist der Inhalt, und den sollt ihr derart bewahren."
Also sprach der Erhabene. Zufrieden freuten sich jene Mönche über das Wort
des Erhabenen.