Majjhima Nikaya, Mittlere Sammlung
M. 40. (IV,10) Cūla-assapura Sutta, Vor Assapuram II - (Pali
Version)
DAS HAB' ICH GEHÖRT. Zu einer Zeit weilte der Erhabene in Bengalen, bei einer
Stadt der Bengalier namens Assapuram. Dort nun wandte sich der Erhabene an die
Mönche: "Ihr Mönche!" - "Erlauchter!" antworteten da jene Mönche dem Erhabenen
aufmerksam. Der Erhabene sprach also:
"'Asketen, Asketen sind's: so denken, ihr Mönche, von
euch die Leute. Ihr aber, wenn ihr gefragt werdet: 'Was seid ihr?', bekennet:
'Wir sind Asketen.' Die ihr also bekannt seid, ihr Mönche, die ihr euch also
bekennet, ihr habt auch die Pflichten zu üben: 'Den geraden Weg des Asketentums,
den werden wir wandeln. Und so soll dieser Name, den man uns gibt, wahr und
unser Bekenntnis wirklich sein. Und für das Almosen von Kleidung, Speise, Obdach
und Arznei, dafür sollen die Geber bei uns hohen Lohn haben, hohe Förderung.
Unsere Pilgerschaft aber soll nicht unfruchtbar bleiben, sondern Zweck und Ziel
erwirken.'
"Wie aber, ihr Mönche, wandelt der Mönch den geraden
Weg des Asketentums nicht?
Ein Mönch, der da
- gierig die Gier nicht verleugnet hat,
- gehässig den Haß nicht verleugnet hat,
- zornig den Zorn nicht verleugnet hat,
- feindselig die Feindschaft nicht verleugnet hat,
- heuchlerisch die Heuchelei nicht verleugnet hat,
- neidisch den Neid nicht verleugnet hat,
- eifernd die Eifersucht nicht verleugnet hat,
- selbstsüchtig die Selbstsucht nicht verleugnet hat,
- listig die List nicht verleugnet hat,
- gleisnerisch die Gleisnerei nicht verleugnet hat,
- boshaft die Bosheit nicht verleugnet hat,
- falsch die Falschheit nicht verleugnet hat:
der wandelt, sage ich, ihr Mönche, weil er diese
Flecken, Schäden und Schwären des Asketentums, diese abwärts, zum Verderben
führenden Eigenschaften nicht verleugnet hat, den geraden Weg des Asketentums
nicht. Wie eine Mordwaffe, ihr Mönche, zur Schlacht geeignet, zweischneidig,
blinkend geschliffen, und mit einer Kutte umhangen, umhüllt: so erscheint mir,
ihr Mönche, eines solchen Mönches Pilgerschaft.
- "Nicht spreche ich, ihr Mönche, einem Kuttenträger,
weil er die Kutte trägt, das Asketentum zu.
- Nicht spreche ich, ihr Mönche, einem Unbekleideten,
weil er unbekleidet ist, das Asketentum zu.
- Nicht spreche ich, ihr Mönche, einem
Schmutzbeschmierten, weil er schmutzbeschmiert ist, das Asketentum zu.
- Nicht spreche ich, ihr Mönche, einem
Wasserbesprenger, weil er sich mit Wasser besprengt, das Asketentum zu.
- Nicht spreche ich, ihr Mönche, einem Waldeinsiedler,
weil er im Walde wohnt, das Asketentum zu.
- Nicht spreche ich, ihr Mönche, einem Feldeinsiedler,
weil er auf dem Felde wohnt, das Asketentum zu.
- Nicht spreche ich, ihr Mönche, einem Stetigsteher,
weil er sich nicht setzt, das Asketentum zu.
- Nicht spreche ich, ihr Mönche, einem Fastenpfleger,
weil er Fasten pflegt, das Asketentum zu.
- Nicht spreche ich, ihr Mönche, einem
Spruchgewaltigen, weil er Sprüche in seiner Gewalt hat, das Asketentum zu.
- Nicht spreche ich, ihr Mönche, einem Flechtenträger,
weil er Flechten trägt, das Asketentum zu.
"Wenn durch das Tragen der Kutte, ihr Mönche,
- des gierigen Kuttenträgers Gier verschwinden
könnte,
- des gehässigen Haß verschwinden könnte,
- des zornigen Zorn verschwinden könnte,
- des feindseligen Feindschaft verschwinden könnte,
- des heuchlerischen Heuchelei verschwinden könnte,
- des neidischen Neid verschwinden könnte,
- des eifernden Eifersucht verschwinden könnte,
- des selbstsüchtigen Selbstsucht verschwinden
könnte,
- des listigen List verschwinden könnte,
- des gleisnerischen Gleisnerei verschwinden könnte,
- des boshaften Bosheit verschwinden könnte,
- des falschen Falschheit verschwinden könnte,
würden Blutsverwandte und Freunde einem Neugeborenen
die Kutte bringen, nur die Kutte verleihen: "Komm', du Glückskind, sei
Kuttenträger! Als Kuttenträger wird dir,
- dem Gierigen, durch das Tragen der Kutte die Gier
schwinden,
- dem Gehässigen der Haß schwinden,
- dem Zornigen der Zorn schwinden,
- dem Feindseligen die Feindschaft schwinden,
- dem Heuchlerischen die Heuchelei schwinden,
- dem Neidischen der Neid schwinden,
- dem Eifernden die Eifersucht schwinden,
- dem Selbstsüchtigen die Selbstsucht schwinden,
- dem Listigen die List schwinden,
- dem Gleisnerischen die Gleisnerei schwinden,
- dem Boshaften die Bosheit schwinden,
- dem Falschen die Falschheit schwinden!'
Da ich nun aber, ihr Mönche, auch manchen Träger der
Kutte hier sehe, der gierig, gehässig, zornig, feindselig, heuchlerisch,
neidisch, eifersüchtig, selbstsüchtig, listig, gleisnerisch, boshaft, falsch
ist, so spreche ich keinem Träger der Kutte, weil er die Kutte trägt, das
Asketentum zu.
- "Durch Wasserbesprengen,
- durch Waldeinsiedlertum,
- durch Feldeinsiedlertum,
- durch Stetigstehn,
- durch Fastenpflege,
- durch Spruchgewalt,
- durch Flechtentragen
- des gierigen Unbekleideten,
- des gierigen Schmutzbeschmierten,
- des gierigen Wasserbesprengers,
- des gierigen Waldeinsiedlers,
- des gierigen Feldeinsiedlers,
- des gierigen Stetigstehers,
- des gierigen Fastenpflegers,
- des gierigen Spruchgewaltigen,
- des gierigen Flechtenträgers Gier verschwinden
könnte,
- des gehässigen Haß,
- des zornigen Zorn,
- des feindseligen Feindschaft,
- des heuchlerischen Heuchelei,
- des neidischen Neid,
- des eifernden Eifersucht,
- des selbstsüchtigen Selbstsucht,
- des listigen List,
- des gleisnerischen Gleisnerei,
- des boshaften Bosheit,
- des falschen Falschheit verschwinden könnte,
würden Blutsverwandte und Freunde dem Neugeborenen
vorschreiben:
- Unbekleidetsein ,
- Schmutzbeschmierung,
- Wasserbesprengung,
- Waldeinsiedlertum,
- Feldeinsiedlertum,
- Stetigstehn,
- Fastenpflege,
- Spruchgewalt,
- Flechtentragen,
würden ihn damit belehnen: 'Komm', du Glückskind,
- sei unbekleidet,
- sei schmutzbeschmiert,
- sei wasserbesprengt,
- werde Waldeinsiedler,
- werde Feldeinsiedler,
- werde ein Stetigsteher,
- werde ein Fastenpfleger,
- werde Spruchgewaltiger,
- werde Flechtenträger!
Also wird dir,
- dem Gierigen, die Gier schwinden,
- dem Gehässigen der Haß,
- dem Zornigen der Zorn,
- dem Feindseligen die Feindschaft,
- dem Heuchlerischen die Heuchelei,
- dem Neidischen der Neid,
- dem Eifernden die Eifersucht,
- dem Selbstsüchtigen die Selbstsucht,
- dem Listigen die List,
- dem Gleisnerischen die Gleisnerei,
- dem Boshaften die Bosheit,
- dem Falschen die Falschheit schwinden!'
Da ich nun aber, ihr Mönche, auch manchen
Unbekleideten, Schmutzbeschmierten, Wasserbesprenger, Waldeinsiedler,
Feldeinsiedler, Stetigsteher, Fastenpfleger, Spruchgewaltigen, Flechtenträger
hier sehe, der gierig, gehässig, zornig, feindselig, heuchlerisch, neidisch,
eifersüchtig, selbstsüchtig, listig, gleisnerisch, boshaft, falsch ist, so
spreche ich keinem solchen aus solchem Grunde das Asketentum zu.
"Wie aber, ihr Mönche, wandelt der Mönch den geraden
Weg des Asketentums?
Ein Mönch, der da
- gierig die Gier verleugnet hat,
- gehässig den Haß verleugnet hat,
- zornig den Zorn verleugnet hat,
- feindselig die Feindschaft verleugnet hat,
- heuchlerisch die Heuchelei verleugnet hat,
- neidisch den Neid verleugnet hat,
- eifernd die Eifersucht verleugnet hat,
- selbstsüchtig die Selbstsucht verleugnet hat,
- listig die List verleugnet hat,
- gleisnerisch die Gleisnerei verleugnet hat,
- boshaft die Bosheit verleugnet hat,
- falsch die Falschheit verleugnet hat:
der wandelt, sage ich, ihr Mönche, weil er diese
Flecken, Schäden und Schwären des Asketentums, diese abwärts, zum Verderben
führenden Eigenschaften verleugnet hat, den geraden Weg des Asketentums. Er
merkt, daß er von all diesen bösen, schlechten Dingen geläutert ist, daß er
befreit ist. Dieses Merken durchwonnigt ihn. Der Durchwonnigte wird beseligt.
Des Beseligten Körper wird still. Der Körpergestillte fühlt Heiterkeit. Des
Heiteren Herz wird einig.
- "Liebevollen Gemütes weilend
strahlt er nach einer Richtung, dann nach einer zweiten, dann nach der
dritten, dann nach der vierten, ebenso nach oben und nach unten: überall in
allem sich wiedererkennend durchstrahlt er die ganze Welt mit liebevollem
Gemüte, mit weitem, tiefem, unbeschränktem, von Grimm und Groll geklärtem.
- "Erbarmenden Gemütes weilend
strahlt er nach einer Richtung, dann nach einer zweiten, dann nach der
dritten, dann nach der vierten, ebenso nach oben und nach unten: überall in
allem sich wiedererkennend durchstrahlt er die ganze Welt mit erbarmendem
Gemüte, mit weitem, tiefem, unbeschränktem, von Grimm und Groll geklärtem.
- "Freudevollen Gemütes weilend
strahlt er nach einer Richtung, dann nach einer zweiten, dann nach der
dritten, dann nach der vierten, ebenso nach oben und nach unten: überall in
allem sich wiedererkennend durchstrahlt er die ganze Welt mit freudevollem
Gemüte, mit weitem, tiefem, unbeschränktem, von Grimm und Groll geklärtem.
- "Unbewegten Gemütes weilend
strahlt er nach einer Richtung, dann nach einer zweiten, dann nach der
dritten, dann nach der vierten, ebenso nach oben und nach unten: überall in
allem sich wiedererkennend durchstrahlt er die ganze Welt mit unbewegtem
Gemüte, mit weitem, tiefem, unbeschränktem, von Grimm und Groll geklärtem.
"Gleichwie etwa, ihr Mönche, ein Lotusweiher mit
klarem, süßem, kühlem Wasser, hell spiegelnd, leicht zugänglich, entzückend
gelegen: wenn da von Osten ein Mann herankäme, vom Sonnenbrande gebraten, vom
Sonnenbrande verzehrt, erschöpft, zitternd, dürstend; der gelangte nun zu dem
Lotusweiher und löschte den Durst, löschte die quälende Glut; wenn da von Westen
oder von Norden oder von Süden ein Mann herankäme, vom Sonnenbrande gebraten,
vom Sonnenbrande verzehrt, erschöpft, zitternd, dürstend; der gelangte nun zu
dem Lotusweiher und löschte den Durst, löschte die quälende Glut: ebenso nun
auch, ihr Mönche, erlangt, wer da aus einem Kriegergeschlechte vom Hause fort in
die Hauslosigkeit gezogen und zu des Vollendeten dargelegter Lehre und Ordnung
gekommen ist und also die Liebe, das Erbarmen, die Freude, den Gleichmut gezeugt
hat, die eigene Ebbung. Weil er die eigene Ebbung erlangt hat, sage ich, wandelt
er den geraden Weg des Asketentums. Wer da aus einem Priestergeschlechte oder
Bürgergeschlechte oder Dienergeschlechte oder aus was immer für einem
Geschlechte vom Hause fort in die Hauslosigkeit gezogen und zu des Vollendeten
dargelegter Lehre und Ordnung gekommen ist und also die Liebe, das Erbarmen, die
Freude, den Gleichmut gezeugt hat, erlangt die eigene Ebbung. Weil er die eigene
Ebbung erlangt hat, sage ich, wandelt er den geraden Weg des Asketentums.
"Wenn da einer aus einem
- Kriegergeschlechte vom Hause fort in die
Hauslosigkeit gezogen ist und durch die Wahnversiegung die wahnlose
Gemüterlösung, Weisheiterlösung noch bei Lebzeiten sich offenbar gemacht,
verwirklicht und errungen hat, so wird er durch die Wahnversiegung Asket. Wenn
da einer aus einem
- Priestergeschlechte oder
- Bürgergeschlechte oder
- Dienergeschlechte oder aus was immer für einem
Geschlechte vom Hause fort in die Hauslosigkeit gezogen ist und durch die
Wahnversiegung die wahnlose Gemüterlösung, Weisheiterlösung noch bei Lebzeiten
sich offenbar gemacht, verwirklicht und errungen hat, so wird er durch die
Wahnversiegung Asket."
Also sprach der Erhabene. Zufrieden freuten sich jene
Mönche über das Wort des Erhabenen.