Majjhima Nikaya, Mittlere Sammlung
M. 23. (III,3) Vammīka Sutta, Der Ameisenhügel - (Pali
Version)
DAS HAB' ICH GEHÖRT. Zu einer Zelt weilte der Erhabene bei Sāvatthī, im
Siegerwalde, im Garten Anāthapindikos. Zu jener Zeit nun weilte der ehrwürdige
Kumarakassapo im Dunkeln Walde. Als nun
die Nacht eingetreten war, erleuchtete eine gewisse Gottheit den ganzen großen
Dunkeln Wald mit ihrem Glanze, begab sich dorthin wo der ehrwürdige
Kumarakassapo weilte, und stellte sich seitwärts hin. Seitwärts stehend sprach
nun jene Gottheit zum ehrwürdigen Kumarakassapo also:
"Mönch, o Mönch!
- Dieser Ameisenhügel raucht bei
Nacht und flammt bei Tage. Der Geistliche sagte : Grab' auf, o Weiser, mit
scharfer Waffe. Der Weise grub auf mit scharfer Waffe und fand einen Keil:
- Ein Keil, o Herr! Der
Geistliche sagte: Weg mit dem Keil, grab' auf, o Weiser, mit scharfer Waffe.
Der Weise grub auf mit scharfer Waffe und fand eine Blase:
- Eine Blase, o Herr! Der
Geistliche sagte: Weg mit der Blase, grab' auf, o Weiser, mit scharfer Waffe.
Der Weise grub auf mit scharfer Waffe und fand einen Zweizack:
- Ein Zweizack, o Herr! Der
Geistliche sagte: Weg mit dem Zweizack, grab' auf, o Weiser, mit scharfer
Waffe. Der Weise grub auf mit scharfer Waffe und fand ein Geflecht:
- Ein Geflecht, o Herr! Der
Geistliche sagte: Weg mit dem Geflecht, grab' auf, o Weiser, mit scharfer
Waffe. Der Weise grub auf mit scharfer Waffe und fand eine Schildkröte:
- Eine Schildkröte, o Herr! Der
Geistliche sagte: Weg mit der Schildkröte, grab' auf, o Weiser, mit scharfer
Waffe. Der Weise grub auf mit scharfer Waffe und fand ein Schlachtbeil:
- Ein Schlachtbeil, o Herr! Der
Geistliche sagte: Weg mit dem Schlachtbeil, grab' auf, o Weiser, mit scharfer
Waffe. Der Weise grub auf mit scharfer Waffe und fand einen Fleischfetzen:
- Ein Fleischfetzen, o Herr! Der
Geistliche sagte: Weg mit dem Fleischfetzen, grab' auf, o Weiser, mit scharfer
Waffe. Der Weise grub auf mit scharfer Waffe und fand eine Kobra:
- Eine Kobra, o Herr! Der
Geistliche sagte: Halt, es bleibe die Kobra, die Kobra rühre nicht an,
Verehrung erweise der Kobra! -
Diese Rätsel, o Mönch, wolle vor dem Erhabenen
berichten und der Erklärung des Erhabenen gemäß bewahren. Keinen seh' ich, o
Mönch, in der Welt mit ihren Göttern, ihren bösen und heiligen Geistern, mit
ihrer Schar von Büßern und Priestern, Göttern und Menschen, der durch eine
Erklärung dieser Fragen das Herz gewinnen könnte, den Vollendeten ausgenommen,
oder einen Jünger des Vollendeten, und die es von da gehört haben."
Das sprach jene Gottheit und verschwand hierauf von
dort.
Nachdem nun die Nacht verflossen war, begab sich der
ehrwürdige Kumarakassapo zum Erhabenen, begrüßte den Erhabenen ehrerbietig und
setzte sich zur Seite nieder. Hierauf nun sprach der ehrwürdige Kumarakassapo
zum Erhabenen also:
"Diese Nacht, o Herr, beim Eintritt der Dämmerung,
erleuchtete eine gewisse Gottheit den ganzen großen Dunkeln Wald mit ihrem
Glanze, kam zu mir heran und stellte sich seitwärts hin. Seitwärts stehend
sprach nun, o Herr, jene Gottheit also zu mir:
'Mönch, o Mönch!
- Dieser Ameisenhügel raucht bei
Nacht und flammt bei Tage. Der Geistliche sagte: Grab' auf, o Weiser, mit
scharfer Waffe. Der Weise grub auf mit scharfer Waffe und fand einen Keil:
- Ein Keil, o Herr! Der
Geistliche sagte: Weg mit dem Keil, grab' auf, o Weiser, mit scharfer Waffe.
Der Weise grub auf mit scharfer Waffe und fand eine Blase:
- Eine Blase, o Herr! Der
Geistliche sagte: Weg mit der Blase, grab' auf, o Weiser, mit scharfer Waffe.
Der Weise grub auf mit scharfer Waffe und fand einen Zweizack:
- Ein Zweizack, o Herr! Der
Geistliche sagte: Weg mit dem Zweizack, grab' auf, o Weiser, mit scharfer
Waffe. Der Weise grub auf mit scharfer Waffe und fand ein Geflecht:
- Ein Geflecht, o Herr! Der
Geistliche sagte: Weg mit dem Geflecht, grab' auf, o Weiser, mit scharfer
Waffe. Der Weise grub auf mit scharfer Waffe und fand eine Schildkröte:
- Eine Schildkröte, o Herr! Der
Geistliche sagte: Weg mit der Schildkröte, grab' auf, o Weiser, mit scharfer
Waffe. Der Weise grub auf mit scharfer Waffe und fand ein Schlachtbeil:
- Ein Schlachtbeil, o Herr! Der
Geistliche sagte: Weg mit dem Schlachtbeil, grab' auf, o Weiser, mit scharfer
Waffe. Der Weise grub auf mit scharfer Waffe und fand einen Fleischfetzen:
- Ein Fleischfetzen, o Herr! Der
Geistliche sagte: Weg mit dem Fleischfetzen, grab' auf, o Weiser, mit scharfer
Waffe. Der Weise grub auf mir scharfer Waffe und fand eine Kobra:
- Eine Kobra, o Herr! Der
Geistliche sagte: Halt, es bleibe die Kobra, die Kobra rühre nicht an,
Verehrung erweise der Kobra! -
Diese Rätsel, o Mönch, wolle vor dem Erhabenen
berichten und der Erklärung des Erhabenen gemäß bewahren. Keinen seh' ich, o
Mönch, in der Welt mit ihren Göttern, ihren bösen und heiligen Geistern, mit
ihrer Schar von Büßern und Priestern, Göttern und Menschen, der durch eine
Erklärung dieser Fragen das Herz gewinnen könnte, den Vollendeten ausgenommen,
oder einen Jünger des Vollendeten, und die es von da gehört haben.' So sprach, o
Herr, jene Gottheit, und verschwand hierauf von dort.
Was ist nun, o Herr, der Ameisenhügel, was das "Rauchen
bei Nacht und das Flammen bei Tage, wer der Geistliche, wer der Weise", was die
scharfe Waffe, was das Aufgraben, was der Keil, was die Blase, was der Zweizack,
was das Geflecht, was die Schildkröte, was das Schlachtbeil, was der
Fleischfetzen, was ist die Kobra?"
- "Ameisenhügel: das ist, o
Mönch, eine Bezeichnung für diesen Körper, der aus den vier Hauptstoffen
entstanden, von Vater und Mutter gezeugt, durch Speise und Trank entwickelt,
dem Vergehen, dem Untergang, der Aufreibung, Auflösung, der Zerstörung
verfallen ist.
- "Was er, o Mönch, für das
Tagewerk in der Nacht überlegt und erwägt, das ist das Rauchen bei Nacht.
- "Was er, o Mönch, nach der
nächtlichen Überlegung und Erwägung am Tage in Taten, Worten und Gedanken
wirkt, das ist das Flammen bei Tage.
- "Der Geistliche: das ist, o
Mönch, eine Bezeichnung für den Vollendeten, den Heiligen, vollkommen
Erwachten.
- "Der Weise: das ist, o Mönch,
eine Bezeichnung für den kämpfenden Mönch.
- "Die scharfe Waffe: das ist, o
Mönch, eine Bezeichnung der heiligen Weisheit.
- "Das Aufgraben: das ist, o
Mönch, eine Bezeichnung der standhaften Ausdauer.
- "Der Keil: das ist, o Mönch,
eine Bezeichnung des Nichtwissens. Weg mit dem Keil: fort mit dem Nichtwissen.
Grab' auf, o Weiser, mit scharfer Waffe. Das ist der Sinn.
- "Die Blase: das ist, o Mönch,
eine Bezeichnung für Zorn und Verzweiflung. Weg mit der Blase: fort mit Zorn
und Verzweiflung. Grab' auf, o Weiser, mit scharfer Waffe. Das ist der Sinn.
- "Der Zweizack: das ist, o
Mönch, eine Bezeichnung des Zweifels. Weg mit dem Zweizack: fort mit dem
Zweifel. Grab' auf, o Weiser, mit scharfer Waffe. Das ist der Sinn.
- "Das Geflecht: das ist, o
Mönch, eine Bezeichnung der fünf Hemmungen: der Hemmung durch Sinnenlust, der
Hemmung durch Übelwollen, der Hemmung durch Stumpfheit und Mattheit, der
Hemmung durch stolzen Unmut, der Hemmung durch skeptischer Zweifel. Weg mit
dem Geflecht: fort mit den fünf Hemmungen [nīvarana].
Grab' auf, o Weiser, mit scharfer Waffe. Das ist der Sinn.
- "Die Schildkröte: das ist, o
Mönch, eine Bezeichnung der fünf Daseinsgruppen, als da ist Anhangen an der
Form, Anhangen am Gefühl, Anhangen an der Wahrnehmung, Anhangen an den
Geistesformationen, Anhangen am Bewußtsein. Weg mit der Schildkröte: fort mit
den fünf Stücken des Anhangens. Grab' auf, o Weiser, mit scharfer Waffe. Das
ist der Sinn.
- "Das Schlachtbeil: das ist, o
Mönch, eine Bezeichnung der fünf Begehrungen: der durch das Gesicht ins
Bewußtsein tretenden Formen, der ersehnten, geliebten, entzückenden,
angenehmen, dem Begehren entsprechenden, reizenden; der durch das Gehör ins
Bewußtsein tretenden Töne, der ersehnten, geliebten, entzückenden, angenehmen,
dem Begehren entsprechenden, reizenden; der durch den Geruch ins Bewußtsein
tretenden Düfte, der ersehnten, geliebten, entzückenden, angenehmen, dem
Begehren entsprechenden, reizenden; der durch den Geschmack ins Bewußtsein
tretenden Säfte, der ersehnten, geliebten, entzückenden, angenehmen, dem
Begehren entsprechenden, reizenden ; der durch das Getast ins Bewußtsein
tretenden Tastungen, der ersehnten, geliebten, entzückenden, angenehmen, dem
Begehren entsprechenden, reizenden. Weg mit dem Schlachtbeil: fort mit den
fünf Begehrungen. Grab' auf, o Weiser, mit scharfer Waffe, Das ist der Sinn.
- "Der Fleischfetzen: das ist, o
Mönch, eine Bezeichnung der Genügenslust. Weg mit dem Fleischfetzen: fort mit
der Genügenslust. Grab' auf, o Weiser, mit scharfer Waffe. Das ist der Sinn.
- "Die Kobra: das ist, o Mönch,
eine Bezeichnung des wahnversiegten Mönchs. Halt, es bleibe die Kobra, die
Kobra rühre nicht an, Verehrung erweise der Kobra. Das ist der Sinn."
Also sprach der Erhabene. Zufrieden freute sich der
ehrwürdige Kumarakassapo über das Wort des Erhabenen.