Vimāna Vatthu

2. Purisa Vimāna

7. Sunikkhitta Vagga

83. (VII,9): Glänzende Ohrringe - 9. Maṭṭhakuṇḍalī Vimānavatthu

In Sāvatthi lebte ein steinreicher Brahmane, der war ungläubig, von falschen Ansichten besessen und geizig. Weil er niemandem etwas abgab, hieß er Adinnapubbako (der früher nichts gab). Er mochte den Erwachten und seine Jünger nicht sehen, und er erzog seinen Sohn Mattakundalin (glänzende Ohrringe) ebenfalls dazu, den Buddha zu meiden. Der Sohn gehorchte ihm und vermied es, den Buddha auch nur zu sehen. Eines Tages erkrankte der Sohn. Aus Geiz bestellte der Vater ihm keinen Arzt. Als aber die Krankheit sich verschlimmerte, sah er sich doch dazu gezwungen, Ärzte hinzuzuziehen. Diese untersuchten den Sohn, erkannten, daß er unheilbar krank war und gingen fort. Der Vater überlegte, wenn der Sohn im Hause sterben würde, dann würden die Menschen hereinkommen und seinen Reichtum sehen, und das wäre ein Unglück für ihn. So ließ er den Sohn auf seinem Bett in den Hauseingang verlegen.

Vor Tagesanbruch blickte der Erwachte in Sāvatthi über die Welt und sah, daß die Lebenskraft des Sohnes zu Ende ging und daß er wegen üblen früheren Wirkens der Hölle verfallen war. Er sah aber auch, daß eine Zuwendung des Sohnes zu ihm, dem Vollendeten, ausreichen würde, ihn zur Götterwelt kommen zu lassen. Von dort könnte er dann die Lehre hören. So ging der Erwachte morgens auf den Almosengang, begleitet von vielen Mönchen. Beim Hause des Vaters blieb er stehen.

Da sah der Sohn ihn, sah seine 32 Merkmale und die 80 Nebenmerkmale, sah den Glanz, der von ihm ausging, und er erfaßte die unvergleichliche Majestät eines Vollkommen Erwachten. Da dachte er:

 

"Es ist der Erwachte, der Herr, der da gekommen ist der mit seiner Helligkeit selbst Sonne und Mond überstrahlt und der mit seiner Ruhe alle Asketen und Brahmanen übertrifft, mit seiner Ruhe, die hier erworben werden muß. Ich glaube, er ist der Höchste in der Welt und er ist aus Mitleid zu mir gekommen."

 

Da durchdrang Entzücken und Jubel Körper und Herz, und er grüßte den Erwachten mit dem Handgruß. Da dachte der Buddha: "Das genügt für den Himmel" und ging weiter. Während den Sohn noch jene Freude erfüllte, schied er von seinem irdischen Körper und erschien bei den Dreiunddreißig in einem prächtigen Vimāna.

 

Sein Vater verrichtete am nächsten Morgen die Sterberiten am Scheiterhaufen, den er weinend umwanderte, immer nach seinem Sohn rufend. Der Göttersohn aber hatte gerade darüber nachgedacht, durch welches Wirken er in den Himmel gekommen war. Nachdem er gesehen hatte, daß die Zuwendung zum Buddha ihn dahin geführt hatte, wurde er wieder mit großer Freude und Ehrfurcht erfüllt. Da sah er auf Erden seinen Vater weinen, und er dachte: "Er, der mir nicht einmal ärztliche Behandlung gewähren wollte, weint nun nutzlos am Scheiterhaufen, ich will ihn trösten." Er nahm seine frühere Gestalt an und erschien so am Verbrennungsplatz, weinend und schluchzend und rufend: "O Mond, o Sonne!" Da sprach sein Vater ihn an:

(1200)
Vater:
Ohrringe schmücken dich, die glänzen
trägst Kränze da, besprengt mit goldnem Sandel,
doch deine Arme streckst du aus und jammerst
inmitten dieses Walds. Was macht dich leiden?
 
(1201)
Sohn:
Von Gold gefertigt und gar prächtig glänzend
hab ich erhalten einen Wagenkasten,
doch find ich nicht dazu das Räderpaar.
Aus Schmerz darüber möcht ich lieber sterben.
 
(1202)
Vater:
Ob er aus Gold gemacht, aus Edelsteinen
sei er aus Eisen oder auch aus Silber,
sag's mir nur an, mein lieber Jüngling,
dazu ein Räderpaar verschaff ich dir.
 
(1203)
Sohn:
Der Jüngling ihm erwidert also:
Die Sonne und der Mond, zu sehen beide,
die sollen sein das Räderpaar, von dem
der goldgemachte Wagen mir erglänzt.
 
(1204)
Vater:
Ein Tor bist du, Brahmanenjüngling,
der du nicht zu Erreichendes begehrst.
Ich glaube, eher wirst du sterben,
als daß erhalten kannst du Sonn und Mond.
 
(1205)
Sohn:
Von beiden sieht man Auf- und Untergang,
auch die Gestalt und Art und ihre Bahn.
Von einem Toten aber sieht man nichts,
wer ist denn törichter als der, der klagt?
 
(1206)
Vater:
Fürwahr, die Wahrheit redest du, o Jüngling,
ich bin noch törichter als die, die weinen,
denn wie ein Knabe nach dem Monde jammert,
so sehn ich mich nach einem toten Leichnam.
 
(1207)
Wie Feuer brannte Kummer mir,
in das man flüss'ge Butter gibt.
Gleichwie man Wasser gießt hinein,
hast alles Weh du mir gelöscht.
 
(1208)
Des Kummers Stachel zog er raus,
der mir in meinem Herz gesteckt.
Den Kummer, der mich ganz erfüllt,
den Vaterkummer nahm er mir.
 
(1209)
Der Kummerstachel der ist fort,
bin kühl geworden brandgelöscht,
ich traure nicht ich wein nicht mehr,
nachdem ich, Jüngling, dich gehört.
 
(1210)
Bist Gottheit du, bist Gandhabbo,
bist Sakko du, der Mauern stürzt?
Wer bist du oder wessen Sohn,
wie können wir erkennen dich?
 
(1211)
Sohn:
Den du beweintest und beklagst,
der Sohn bin ich vom Leichenplatz.
Nachdem ich heilsam Werk gewirkt,
gelangt zu Dreiunddreißig ich.
 
(1212)
Vater:
An Gaben gabst im eignen Haus
du weder viel noch wenig nur,
auch hieltst du nie den Feiertag.
Wieso erwirkst du Götterwelt?
 
(1213)
Sohn:
Beschwerden hatt ich, schwer erkrankt,
lag siech im eignen Hause ich.
Der frei von Makel Zweifel ist,
der Buddha sah, voll Weisheit, mich.
 
(1214)
Im Herzen heiter, froh im Geist
grüßt ich da den Vollendeten.
Nachdem ich heilsam Werk gewirkt,
gelangt zu Dreiunddreißig ich.
 
(1215)
Vater:
Erstaunlich ist es, wunderbar,
daß Handgruß solche Wirkung hat.
Im Herzen heiter, froh im Geist
nehm Zuflucht heut zum Buddha ich.
 
(1216)
Sohn:
Zum Buddha nimm heut Zuflucht du
zur Lehre und zur Jüngerschaft
im Herzen heiter übernimm
fünf Übungsschritte unbegrenzt.
 
(1217)
Vom Töten stehe ab sofort
was ungegeben in der Welt vermeide,
trink keinen Rauschtrank, lüge nicht
zufrieden sei mit eigner Frau.
 
(1218)
Vater:
Mein Heil, das wünscht o Yakkho, du,
mein Wohl hast, Gottheit, du im Sinn.
Ich will befolgen gern dein Wort,
sei du mein Lehrer mir dabei.
 
(1219)
Zum Buddha komm zur Zuflucht ich
zur allerbesten Lehre auch
zum Göttermenschen-Orden noch,
ich nehme also Zuflucht dort.
 
(1220)
Vom Töten steh sofort ich ab,
was ungegeben in der Welt vermeid ich
trink keinen Rauschtrank, lüge nicht,
zufrieden mit der eignen Frau.

 

Danach verschwand die Gottheit, weil sie alles für den Vater erreicht hatte. Dieser ging auch sofort zum Kloster des Buddha in Sāvatthi. Das verwunderte die Leute aufs höchste, weil sie wußten, daß er bisher streng vermieden hatte, den Buddha auch nur zu sehen. Daher folgten ihm viele Menschen. Er fragte dann als erstes den Buddha, ob wirklich ein einfacher Handgruß ihm gegenüber genüge, um in die Götterwelt zu gelangen. Der Buddha erwiderte ihm, genau das habe ihm sein Sohn doch heute ausgiebig erklärt. In diesem Augenblick materialisierte sich der Sohn vor der versammelten Menge, nachdem er aus seinem Vimāna herausgetreten war, und grüßte den Buddha ehrfürchtig. Darauf belehrte der Erwachte alle, als er merkte, daß sie im Herzen bereit waren. Dadurch wurden Vater und Sohn und viele Zuhörer in der Lehre befestigt.


Bemerkungen:

Diese Erzählung wird als Pv II,5 wiederholt, weil zweimal das Wort Peta (1205, 1206) vorkommt, obwohl von der Petawelt nichts gesagt wird. Im Petavatthu stehen aber einige Berichte über die Sinnlosigkeit des Trauerns um Verstorbene, und das ist auch der Inhalt dieser Erzählung. In Jat.449 stehen auch die Verse 1200 - 1209, aber die Vorgeschichte ist dort sehr gekürzt und weniger verständlich. Ebenfalls steht die Geschichte in Dh A Bd. I, S. 25.

Die Verse 1207 - 1208 sind höchst beliebt. Sie kommen noch sechsmal außer hier und in Jat.449 vor: Jat.352, Jat.372, Jat.410, Jat.454, Pv 50 - 52, 222 -224. Am Ende ist nichts davon gesagt, daß jemand den Stromeintritt erlangte, möglicherweise soll damit aber der Weg dazu (anusari) angedeutet sein.

Der Sohn hatte früher aus Gehorsam gegenüber seinem Vater den Buddha gemieden, war aber im Herzen nicht so unreligiös wie sein Vater, obwohl ihm andererseits die Hölle bevorstand, aus früherem Wirken. Jedenfalls führte der bloße Anblick des Buddha bei ihm zur Zuwendung und zu starker Gemütsbewegung. Diese in der Tiefe vorhandene Verehrung wirkte in der Sterbestunde so, daß sie ihn zum Himmel führte. Und als Gottheit wurde er dann vom Buddha in der Lehre befestigt, ebenso wie sein Vater, der aber bis zuletzt noch Zweifel hatte, daß so eine "Lappalie" wie ein Handgruß zum Himmel führen sollte.


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