Vimāna Vatthu
2. Purisa Vimāna
7. Sunikkhitta Vagga
80. (VII, 6): Der Kuhhirt -
6. Gopāla Vimānavatthu
In Rājagaham lebte einmal ein Kuhhirte. Am Morgen verließ er die Stadt, um
zum Weidegrund der Kühe zu gehen. In einem Korb hatte er sich Kummāsa-Kekse zum
Essen mitgebracht. In der Nähe weilte der ehrwürdige Mahāmoggallāno. Dieser
hatte gerade mit seinem Hellblick erkannt, daß der Kuhhirt noch an diesem Tage
sterben würde. Aus Mitleid mit ihm trat er näher. Der Kuhhirt wollte ihm gerade
die Kummāsa-Kekse geben, da sah er, wie seine Kühe in ein benachbartes
Bohnenfeld einbrachen. Da überlegte er, ob er erst die Kühe zurückholen oder die
Kekse geben sollte. Er kam zu dem Ergebnis, daß, was immer die Eigner des
Bohnenfeldes ihm tun möchten, es besser sei, zuerst die Kekse zu spenden. Der
Mönch könnte ja inzwischen weitergegangen sein, und er hätte dann wegen der
vorgerückten Zeit keine Gelegenheit mehr, heute noch etwas an Essen zu spenden.
So gab er zuerst dem Ordensälteren den Kekskorb, den dieser von Mitleid
bewogen annahm. Dann beeilte er sich, zu dem Nachbarfeld zu kommen. Dabei
übersah er eine Schlange auf dem Weg, trat auf sie und wurde von ihr gebissen.
Er scheuchte dann die Kühe zurück und ging wieder zu dem Mönch. Als er sah, daß
dieser die Kekse aß, wurde er von Freude erfüllt. Inzwischen hatte sich das
Schlangengift überall in seinem Körper durch die Blutbahn verbreitet, und als es
den Kopf erreicht hatte, starb er.
Er erschien bei den Dreiunddreißig, in einem goldenen Vimāna, wo Moggallāno
ihn später auf einer Himmelsreise sah und ansprach.
- (1152)
- Sprecher:
- In dem Vimāna, hoch und lang bestehend
- an Händen Schmuck da tragend und gar ruhmreich
- im himmlischen Vimāna leuchtend wie der Mond
- als so der Mönch den Gott gesehn, er fragt ihn.
Frage wie 1087 - 1090 = 1153 - 1156
- (1153)
- Moggallāno:
- Geschmückt, bekränzt und schön gekleidet bist du
- Ohrringe trägst du, Haar und Bart gepflegt,
- geschmückt sind deine Hände auch, berühmt bist du
- in deinem Vimāna himmlisch, gleichst dem Monde.
-
- (1154)
- Und himmlisch lieblich auch ertönen Lauten
- und achtmal acht der Himmelsjungfern lieblich,
- gut eingeübt, großartig weilend bei den Dreißig,
- sie tanzen, singen und erfreuen dich.
-
- (1155)
- Hast göttliche Magie und große Macht.
- Als Mensch du warst, durch welch Verdienst wohl
- hast du bewirkt denn, daß du also leuchtest,
- daß allerwärts dein Körper herrlich strahlet?
-
- (1156)
- Sprecher:
- Die Gottheit, die im Geist beglückt
- als Moggallāno sie befragt,
- erklärt auf seine Frage ihm
- welch Wirken diese Frucht erzeugt.
- (1157)
- Gottheit:
- Als unter Menschen einst ich Mensch geworden,
- die Herden andrer habe ich gehütet
- Da hat sich ein Asket mir wohl genähert,
- als grad die Kühe in die Bohnen brachen.
-
- (1158)
- "Die Pflicht ist doppelt, zu erfüllen beide sind",
- so überlegte ich, o Herr, im Augenblick,
- doch als das Richtige mir klar vor Augen stand
- entleerte ich den Korb: "Hier ist's für dich o Herr".
-
- (1159)
- Schnell eilte ich sodann zum Bohnenfelde,
- bevor die Küh zerstörten anderer Eigen.
- Doch eine schwarze, äußerst giftge Schlange
- biß in den Fuß mich, als ich eilte vorwärts.
-
- (1160)
- Da ward von Schmerz gequält ich, überwältigt.
- Der Mönch sah es und öffnete den Korb.
- Er aß den Keks, von Mitleid da bewogen.
- Ich starb und kam sofort zur Götterwelt.
-
- (1161)
- Das heilsam Wirken, das einst ward getan von mir
- das Werk, das Wohl aufziehet, das genieße ich.
- Du nahmst dich meiner an, o Herr, voll Mitleid,
- so bin ich dankbar dir und grüß dich also.
-
- (1162)
- Nicht gibt es in der Welt mit Göttern, Māros
- noch einen andern Muni gleichen Mitleids.
- Du nahmst dich meiner an, o Herr, voll Mitleid,
- so bin ich dankbar dir und grüß dich also.
-
- (1163)
- Nicht gibt's in dieser Welt und nicht in jener
- noch einen andern Muni gleichen Mitleids.
- Du nahmst dich meiner an, o Herr, voll Mitleid,
- so bin ich dankbar dir und grüß dich also.
Bemerkungen:
Der Kuhhüter hatte sich sowohl die Giftschlange als auch den Mönch gewirkt.
Das war die äußere Seite. Daß er aber so voll Mitleid mit dem Mönch war und
sogar in Kauf nahm, von seinem Arbeitgeber schlecht behandelt zu werden, das
zeigt seine innere Herzensverfassung der Zuwendung. Aus beiden Anteilen gemischt
ergab sich die karmische Ernte im Himmel.
Zum Verständnis wichtig ist noch, daß nach der Ordensregel die Mönche kein
Essen über Nacht aufbewahren dürfen und bis Mittag gegessen haben müssen. Da es
kurz vor Mittag war, bestand die einzige Gelegenheit zum Spenden darin, sofort
etwas zu geben. Das lateinische Sprichwort bis dat qui cito dat (doppelt gibt,
wer sofort gibt), bewahrheitete sich hier.