Im Reiche Kosalo, in der Stadt Setavya lebte ein brahmanischer Jüngling namens Chatto. Sein Vater hatte ihn nach Ukkatthā geschickt, wo er bei dem berühmten Brahmanen Pokkharasāti die Veden lernte. Da er sehr aufgeschlossen und intelligent war, lernte er schnell und wurde wohlvertraut mit den Mantras und der brahmischen Wissenschaft. Als er ausgelernt hatte, fragte er seinen Meister, was er an Lehrgeld zu zahlen habe. Pokkharasāti erwiderte, das hänge von den finanziellen Möglichkeiten des Schülers ab. Er würde hier 1.000 Kahapanas vorschlagen. Chatto kehrte also zu seinen Eltern zurück und bat seinen Vater, das Lehrgeld zu entrichten. Seine Eltern waren einverstanden, sagten aber, es genüge, wenn er am nächsten Tag seinem Lehrer das Geld überbringen würde, denn er wollte sofort umkehren. Eine Räuberbande aus der Gegend erfuhr davon und beschloß, Chatto unterwegs aufzulauern und ihn zu erschlagen, um ihm das Geld abzunehmen.
Um diese Zeit blickte der Erwachte am Morgen des folgenden Tages mit dem Buddha-Auge über die Welt, und er sah hellsichtig Chattos Zukunft. Wenn er ihn so belehren könnte, daß er in einer tugendhaften Verfassung in die Götterwelt käme und sich dort seiner erinnern würde, dann könnte er ihn zum Stromeintritt bringen. So setzte er sich am Rand des Weges, den Chatto kommen mußte, nieder. Morgens brach Chatto von Setavyā mit dem Geld nach Ukkatthā auf. Da sah er den Erwachten unter einem Baum sitzen, ging zu ihm und blieb bei ihm stehen. Der Buddha fragte ihn, wohin er gehe. Er berichtete es. Da fragte er ihn, ob er die drei Zufluchten und die fünf Tugenden kenne. Als der Jüngling dies verneinte, erklärte der Erwachte es ihm und sprach dazu folgende drei Verse über die drei Zufluchten:
Der Jüngling folgte mit größter Aufmerksamkeit der Darlegung des Erwachten und lernte die drei Verse sofort auswendig und machte sich den damit verbundenen Segen klar. Dann sprach der Erwachte über die Tugenden, die sich daraus ergeben und all das Gute, das damit verbunden ist.
Dann aber setzte er seinen Weg fort und dachte ununterbrochen nur an das Gehörte und bewegte es im Herzen. Während er so ganz diesen Betrachtungen hingegeben war, schoß einer der Räuber, der sich hinter einem Busch versteckt hatte, mit einem scharfen, vergifteten Pfeil auf ihn und brachte ihn sofort zu Tode. Der Räuber ergriff das Bündel mit dem Geld und suchte mit seinen Komplizen das Weite.
Der Jüngling aber erschien in der Götterwelt der Dreiunddreißig. Ihm war, als ob er von einem Schlaf erwache. Da sah er sich umgeben von vielen Nymphen in einem schönen, goldenen Vimāna, das nach allen Seiten hell strahlte.
Inzwischen fand man auf Erden seine sterblichen Überreste, und seine Eltern und sein Lehrer wurden benachrichtigt. Da versammelten sich alle samt ihrem Anhang an der Unglücksstätte und errichteten einen Scheiterhaufen für die Einäscherung. Auch der Erwachte begab sich dorthin, um die Menge zu belehren.
Chatto hatte im Himmel sofort über sein früheres Leben und sein Wirken, das ihn zum Himmel geführt hatte, nachgedacht. Da erkannte er, wie er die dreifache Zuflucht genommen und die fünf Tugenden in sich befestigt hatte. Große Freude und Dankbarkeit stieg in ihm auf, und er begab sich sofort in seinem Vimāna an die Leichenstätte. Er materialisierte sich mit seinem Gefolge vor dem Buddha und der Menge, begrüßte den Erhabenen ehrfürchtig. Die Leute aber staunten über die leuchtende Erscheinung und fragten sich, ob es ein Gott oder gar Brahma sei. Da wandte sich der Buddha an den Göttersohn:
Damit bat er nun den Erwachten, ihn jetzt weiter zu belehren und weiterzuführen. Der Erwachte erkannte die Herzensverfassung des Göttersohns und wußte, daß er empfänglich war, zum tieferen Verständnis der Lehre zu gelangen, und daß auch in der Versammlung welche dazu bereit waren. So führte er die Anwesenden allmählich in die Lehre ein, und dieses gipfelte in der Darlegung der vier Heilswahrheiten, die aus dem Wandelsein herausführen. Am Ende dieser Darlegung erlangte der Göttersohn die Frucht des Stromeintritts und seine Eltern ebenso. Als Chatto so das Auge der Wahrheit aufgegangen war, sprach er noch folgenden Vers über das künftige Ziel auf dem Wege:
Bemerkungen:
Der Brahmane Pokkharasāti war einer der angesehensten Lehrer der vedischen Tradition. Er war, wie berichtet wird, eine königliche Erscheinung und kam aus einer Götterwelt zum Menschentum. Trotzdem lernte Chatto bei ihm nicht einmal die Ausnahmslosigkeit der fünf Tugenden. Er berichtet ja, wie er bisher in seiner Ausbildung weder von der dreifachen Zuflucht noch von den fünf Sīlas etwas gehört habe und daß beides ihm ganz neu war. Die Brahmanen billigten ja blutige Tieropfer und erkannten nicht einmal das erste Sīla unbeschränkt an. Und sie billigten den Rauschtrank des Soma, kannten also auch nicht das fünfte Sīla. Später nach der Belehrung des Göttersohnes Chatto, wurde auch Pokkharasāti durch den Erwachten zum Stromeintritt geführt, wie es in D.3 berichtet wird.
Wenn der Erwachte Chatto nicht auf der Straße belehrt hätte, wäre er nach dem Tode wohl wieder Mensch geworden, d.h. er wäre für viele Jahre für die Lehre nicht ansprechbar gewesen. Um in die Götterwelt zu kommen, bedurfte es aber jener Belehrung über die dreifache Zuflucht und die fünf Sīlas. So ging der Buddha also ganz systematisch vor. Erst brachte er ihn dazu, eine gewisse Sympathie und Liebe zum Erwachten zu erwerben, da er damals offenbar für die letzte Wahrheit noch nicht aufgeschlossen genug war. Erst als Gottheit und kraft der Einsicht in das Karmagesetz war er dann genügend vorbereitet, daß er für den Stromeintritt empfänglich war. Ob er durch die erste Belehrung schon auf den Weg dazu gebracht worden war, also ein Nachfolger (anusari) und damit der erste der acht edlen Jünger war, ist nicht gesagt. Wahrscheinlich war es nicht der Fall, da der Buddha damals noch nichts über die Auflösung der ersten Fessel gesagt hatte. Er legte nur den Keim der Zuwendung.
Vers 881: Kraft und Stärke (bala-viriya)
Vers 898: Dreierhimmel (Ti-diva), gekürzt für Dreiunddreißig
Vers 899: Sehnsucht (piha) braucht nicht mit Neid verbunden zu sein: Die niederen Gottheiten hätten auch gern Chattos Glanz, gönnen ihn ihm aber auch.