Vimāna Vatthu

1. Itthi Vimāna

3. Pāricchattaka Vagga

34. (III,6): Blendend - 6. Daddalla Vimānavatthu

Im Dorfe Nāleka lebte ein wohlhabender Mann, der als Laienanhänger den ehrwürdigen Revato unterstützte. Der Mann hatte zwei Töchter, Bhaddā und Subhaddā. Die eine war, wie ihr Vater, gläubig der Lehre des Buddha zugetan. Sie war verheiratet, aber unfruchtbar. Da gab sie ihrem Mann den Rat, ihre jüngere Schwester als zweite Frau ins Haus zu nehmen, um die Familie fortzusetzen. Das tat der Mann. Bhaddā belehrte nun Subhaddā in den Tugenden des Gebens und der Lehrnachfolge. Subhaddā wurde so ebenfalls eine gläubige Anhängerin. Eines Tages lud sie den ehrwürdigen Revato zusammen mit sieben anderen Mönchen zum Mahle und versorgte diese eigenhändig mit Essen bester Art.

Als Subhaddā gestorben war, erschien sie bei den Schöpfungsfreudigen Göttern wieder, während Bhaddā, die nur einzelnen gegeben hatte, nur als Dienerin Sakkos erschien. Subhaddā fragte sich nun im Himmel, wo wohl ihre Schwester wiedergeboren sei. Sie erkannte es, und sie besuchte sie. Als Bhaddā sie sah, fragte sie sie wie folgt:

(615)
Bhaddā:
In Schönheit blendend leuchtest du,
berühmt bist du durch deinen Ruhm
die Dreiunddreißig Götter all
mit deiner Schönheit überstrahlst.
 
(616)
Nicht deiner mich erinnre ich,
ich sehe dich zum ersten Mal.
Von welchem Reiche kommst du her
o sag mir deinen Namen an.
 
(617)
Subhaddā:
Ich bin Subhaddā, Bhaddā, ja
und in der vor'gen Existenz
war damals deine Mitfrau ich
und deine jüngre Schwester auch.
 
(618)
Als ich den Leib hab abgelegt
als abgeschieden ich war frei
bei Schöpfungsfreud'gen Göttern dann
bin ich erschienen alsogleich.
 
(619)
Bhaddā:
Wer viel an Trefflichem gewirkt
solch Wesen zu den geht,
bei denen du geboren bist,
Subhaddā, wie du hast gesagt.
 
(620)
Durch welches Lobenswerte bist
durch welche Unterweisung du
gelangt zu solchem großen Ruhm,
durch welches Geben, welches Werk?
 
(621)
Gelangt zu dem, was du besitzt,
zu solcher Segensfülle reich,
ich frage also, Göttin, dich:
Von welchem Wirken ist's die Frucht?
 
(622)
Subhaddā:
Almosenspeise achtfach ich
als Gabe hab gespendet einst,
gar heiter und mit eigner Hand
dem Orden, der ist dessen wert.
 
(623)
Daher bin ich geworden so,
deshalb hab dieses ich erlangt
und fallen mir Genüsse zu,
die lieb dem Geiste immer sind.
 
(624)
So zeig ich dir, o Göttin, vielfach Mächt'ge,
durch welch Verdienst als Menschgewordne einst ich
erwirkt hab, daß ich also leuchte,
daß allerwärts mein Körper herrlich strahlet.
 
(625)
Bhaddā:
Gar viele Mönche ich bedient,
die da gezügelt, wandelnd keusch,
mit Speis und Trank ich sättigte,
gar heiter und mit eigner Hand.
Obwohl ich an viel mehr da gab,
kehrt wieder ich in niedres Reich.
 
(626)
Wie kommt's, daß weniger du gabst
und doch der Segen größer ist?
Ich frage also, Göttin, dich,
von welchem Wirken ist's die Frucht?
 
(627)
Subhaddā:
Ein Mönch, der seinen Geist beherrscht,
den habe einstmals ich erblickt.
Ihn, Revato, lud ich dann ein,
zu acht bei mir das Mahl zu nehm.
 
(628)
Er war dann auf mein Heil bedacht,
voll Mitleid war er, Revato.
"Dem Orden spende", sagt er mir,
und seinem Wort bin ich gefolgt.
 
(629)
Die Gabe, die zum Orden kam,
war unermeßlich festgefügt.
Die Gabe, die du einzeln gabst,
trägt für dich nicht so große Frucht.
 
(630)
Jetzt weiß ich also nun Bescheid:
Dem Orden geben bringt Gewinn.
Geh wieder ich zum Menschentum,
will ansprechbar ohn Geiz ich sein.
Dem Orden will ich spenden dann
mit ernstem Sinne für und für.

 

Nach diesen Worten Bhaddās ging Subhaddā in ihre Welt zurück, wohin Bhaddā ihr nicht folgen kann. Sakko hatte das Gespräch gehört und fragt nun Bhaddā:

(631)
Sakko:
Wer, Bhaddā, war die Göttin hier,
mit der du unterhieltest dich,
und deren Schönheit überstrahlt
die Dreiunddreißig Götter all?
 
(632)
Bhaddā:
Als Mensch sie war, o Götterfürst,
als früher Mensch gewesen sie,
da lebt als meine Mitfrau sie,
war meine jüngre Schwester auch.
Dem Orden hat gegeben sie
nun strahlt durch solch Verdienst sie so.
 
(633)
Sakko:
Die früher deine Schwester war,
Bhaddā, im Rechten leuchtet sie.
Die Gab, die sie dem Orden gab,
ist unermeßlich festgefügt.
 
(634)
Erwachtem auf dem Geierkulm
dort auf dem Berg hab ich gefragt,
was Reife wohl des Gebens ist
und wann die Gab bringt große Frucht.
 
(635)
Wer da zu opfern ist bereit
die Wesen, auf Verdienst bedacht,
die wirken für ein nächstes Sein,
denn Geben bringet reiche Frucht.
 
(636)
Da hat Erwachter mir gesagt,
der selber kennt des Wirkens Frucht
was Reife wohl des Gebens ist
und wann die Gab bringt große Frucht.
 
(637)
Die vier da wandelnd auf dem Pfad,
die vier, die fest in seiner Frucht,
das ist der Orden, ehrlich-grad
in Weisheit, Tugend, Einigung.
 
(638)
Wer da zu opfern ist bereit
die Wesen, auf Verdienst bedacht,
die wirken für ein nächstes Sein,
dem Orden geben bringt Gewinn.
 
(639)
Und dieser Orden mächtig ist an Größe,
wie Wasser unermeßlich meeresgleich.
Die besten Menschen sind's, die Heldenjünger,
sie machen Helle, wenn sie lehren.
 
(640)
Gegeben gut, gespendet und geopfert gut
ist, was dem Orden widmet man allhier.
Die Gabe, die dem Orden gilt, gegründet fest,
bringt große Frucht, die Weltenkenner lobens.
 
(641)
An solches Opfer hier gedenkend,
wer durch die Welt geht, sich dran freuend,
reißt aus des üblen Geizes Wurzel
untadelig geht er zum Himmel ein.

Bemerkungen:

Diese Erzählung mag bei manchen Christen Kritik auslösen. Polygamie und sogar Heirat mit zwei Schwestern erscheint als Gipfel heidnischer Verworfenheit und Sünde. Der Buddha fand solche Eheformen aber in Indien vor. Die Mahārājas hatten einen Harem, und reiche Adlige hatten oft vier Frauen, wie es auch der Islam erlaubt. Der Vater des Buddha war mit zwei Schwestern verheiratet. Dergleichen hat der Buddha nie als Untugend bezeichnet, wohl aber Gewalt, Kälte, Rücksichtslosigkeit im Umgang der Geschlechter. Solche Eigenschaften der Psyche bestimmen das Geschick, nicht die äußeren Eheformen, die mit den Kulturen wechseln.

 

Hier kommt der Mönch Revato vor. Im Orden gab es zwei dieses Namens. Da aber beide Heilige waren, ist es gleich, welcher hier gemeint ist. Verwundern könnte aber, daß ein Heiliger nicht die eigentliche Lehre darlegt und sich nur damit begnügt, das Mahl anzunehmen, um der Spenderin eine gute Wiedergeburt zu ermöglichen. Dabei ist zu bedenken, daß auch im damaligen Indien längst nicht jeder Gläubige auch fähig war, die Erlösungslehre des Erwachten anzunehmen. Man kann daher vermuten, daß Subhaddhā dafür noch nicht reif war und daß Revato deshalb gar nicht erst den Versuch machte, ihr etwas aufzudrängen, was ihr doch keinen Nutzen bringen würde.

 

Am Fragwürdigsten ist aber der Bericht, daß Subhaddā durch die einmalige Spende eines Mahles an eine Ordensgruppe dadurch zu den Schöpfungsfreudigen Gottheiten gelangt sein soll. Das wäre nur denkbar, wenn sie entweder im Herzen schon die entsprechende Reinheit besessen hatte oder daß sie aus früherem Wirken ein solches Dasein angebaut hatte und es jetzt nur "abzurufen" brauchte. Die Gabe an die acht Mönche bewirkte dann nur, daß sie innerhalb solcher Daseinsform dann noch die Fülle erlebte.

 

Die Gabe an den Orden bringt unermeßliches Verdienst - innerhalb jener Existenz -, führt sie aber nicht als solche herbei. Die Einladung an eine Gruppe des Ordens für einige Zeit täglich ist mehr als die Tatsache, daß jemand nur dann spendet, wenn ein Mönch zu seinem Haus kommt und nicht spendet, wenn keiner kommt.

 

Verse:

610: Schöpfungsfreudige, wie in Vv Nr. 17, 20 und 44

620: "Werk" (su-bhata) = Praxis, Gehaben, Gelübde

630. "ansprechbar" (vadañnu), nämlich auf Bitten, auch die stummen Bitten der Mönche auf dem Almosengang.

Wenn Bhaddā nach den Millionen Jahren, die ihre Götterexistenz dauert, wieder Mensch wird, dürfte es keinen Orden mehr geben.

637: Der Orden sind nur die Edlen: die vier, die unterwegs sind, und die vier, die an ihrem Ziel sind nämlich Stromeingetretener, Einmalwiederkehrer, Nichtwiederkehrer Heiliger. Denen zu geben, bringt großen Gewinn. Jedes Geben aber bringt die Reife von Gutem.


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