(Texte 9-11)
"Töten, so erkläre ich, ihr Mönche, wird dreifach veranlaßt: durch Gier, durch Haß und durch Verblendung.
Auch das Nehmen des Nichtgegebenen, unrechter Wandel in Sinnenlüsten, Lügen, Hintertragen, rohe Rede, Geschwätz, Habsucht, Übelwollen und falsche Ansichten - alle diese, so erkläre ich, werden dreifach veranlaßt: durch Gier, durch Haß und durch Verblendung.
So ist also, ihr Mönche, Gier ein Urheber der Wirkensverkettung, Haß ein Urheber der Wirkensverkettung, Verblendung ein Urheber der Wirkensverkettung. Durch die Vernichtung der Gier, des Hasses und der Verblendung aber kommt es zur Aufhebung der Wirkensverkettung."
"Drei Entstehungsgründe des (karmischen) Wirkens gibt es, ihr Mönche: Gier, Haß und Verblendung.
Aus Gier, ihr Mönche, entsteht nicht Gierlosigkeit; es ist Gier, die aus der Gier entsteht. Aus Haß entsteht nicht Haßlosigkeit; es ist Haß, der aus Haß entsteht. Aus Verblendung entsteht nicht Unverblendung; es ist Verblendung, die aus der Verblendung entsteht.
Aufgrund eines Wirkens, das aus Gier, Haß und Verblendung geboren ist, erscheinen weder Himmelswesen noch Menschen oder andere Wesen in glücklicher Wiedergeburt. Vielmehr sind es die Höllenwelten, das Tierreich, das Gespensterreich oder irgendeine andere Art von Leidensstätte, die aufgrund eines Wirkens aus Gier, Haß und Verblendung erscheinen. Dies sind, ihr Mönche, drei Entstehungsgründe des Wirkens.
Drei weitere Entstehungsgründe des Wirkens gibt es, ihr Mönche: Gierlosigkeit, Haßlosigkeit und Unverblendung. Aus Gierlosigkeit, ihr Mönche, entsteht nicht Gier; es ist Gierlosigkeit, die aus Gierlosigkeit entsteht. Aus Haßlosigkeit entsteht nicht Haß; es ist Haßlosigkeit, die aus Haßlosigkeit entsteht. Aus Unverblendung entsteht nicht Verblendung; es ist Unverblendung, die aus Unverblendung entsteht. Aufgrund eines Wirkens, das aus Gierlosigkeit, aus Haßlosigkeit und Unverblendung geboren ist, erscheinen weder die Höllenwelten, noch das Tierreich, das Gespensterreich, noch irgendeine andere Art von Leidensstätte. Vielmehr sind es die Himmelswesen, die Menschen oder irgendeine andere Art glücklichen Daseins, die aufgrund eines Wirkens erscheinen, das aus Gierlosigkeit, Haßlosigkeit und Unverblendung geboren ist.
Auch dies, ihr Mönche, sind drei Entstehungsgründe des Wirkens."
Erläuterung. - Es verdient bemerkt zu werden, daß dieser Text die Ablehnung jener Maxime bedeutet, wonach "der Zweck die Mittel heilige", ein Leitsatz, der oft in der Politik und manchmal sogar von religiösen Institutionen befolgt wird. Unser Text besagt außerdem, daß die Hoffnung derer grundlos ist, die diesen Grundsatz im Glauben anwenden, sie würden im Jenseits ihre Belohnung dafür erhalten, daß sie mit Anwendung aller Mittel ihrer Sache gedient hätten; oder bei nicht-religiöser Anwendung: daß eine zukünftige Generation die Belohnung in einem "Paradies auf Erden", in einer idealen Gesellschaft, ernten wird.
Unser Text lehnt weiterhin die Meinung ab, lustvolle Leidenschaft oder ihre Betätigung, die gewöhnlich als unheilsam oder doch als weltliche Bindung betrachtet wird, sei nicht notwendig ein Hindernis für das Ziel der Befreiung oder Erlösung, sondern sogar eine Hilfe. Derartige Ideen in verschiedener Ausprägung finden sich im Gnostizismus, in mittelalterlichen und auch späteren christlich-häretischen Sekten, im vor-buddhistischen Indien sowie im hinduistischen und buddhistischen Tantrismus. Der Glaube, daß der Zweck die Mittel heilige, erscheint auch in anderen Zusammenhängen, wie etwa dem folgendermaßen formulierten: "Was immer mit der Absicht getan wird, der Welt etwas Gutes zu tun, das ist recht getan."
"Drei Entstehungsgründe des Wirkens gibt es, ihr Mönche: Gier, Haß und Verblendung.
Ein Wirken (Kamma), aus Gier betätigt, aus Gier geboren, durch Gier verursacht, aus Gier entstanden;
ein Wirken, aus Haß betätigt, aus Haß geboren, durch Haß verursacht, aus Haß entstanden;
ein Wirken, in Verblendung betätigt, aus Verblendung geboren, durch Verblendung verursacht, aus Verblendung entstanden;
ein solches Wirken wird dort zur Reife gelangen, wo immer man wiedergeboren wird; und wo immer dieses Wirken zur Reife gelangt, dort wird man die Frucht davon ernten, sei es in diesem Leben, sei es im nächsten oder in einem späteren Leben.
Es ist, ihr Mönche, wie mit Samenkörnern, die unversehrt, unverdorben, durch Wind und Hitze unbeschädigt und keimfähig, sorgfältig auf einem guten Feld ausgesät und in wohl vorbereitete Erde gelegt wurden; wenn es dann reichlich regnet, werden diese Samenkörner zum Wachstum, zur Entwicklung und zu voller Entfaltung kommen. Ebenso auch wird ein Wirken, aus Gier, Haß oder Verblendung betätigt, dort zur Reife gelangen, wo immer man wiedergeboren wird; und wo immer dieses Wirken zur Reife gelangt, dort wird man die Frucht davon ernten, sei es in diesem Leben, sei es im nächsten oder in einem späteren Leben."
"Drei weitere Entstehungsgründe des Wirkens gibt es, ihr Mönche: Gierlosigkeit, Haßlosigkeit und Unverblendung.
Ein Wirken, in Gierlosigkeit betätigt, aus Gierlosigkeit geboren, durch Gierlosigkeit verursacht, aus Gierlosigkeit entstanden, wenn dabei Gier vollständig geschwunden ist;
ein Wirken, in Haßlosigkeit betätigt, aus Haßlosigkeit geboren, durch Haßlosigkeit verursacht, aus Haßlosigkeit entstanden, wenn dabei Haß vollständig geschwunden ist;
ein Wirken, in Unverblendung betätigt, aus Unverblendung geboren, durch Unverblendung verursacht, aus Unverblendung entstanden, wenn dabei Verblendung vollständig geschwunden ist;
ein solches Wirken wird dadurch aufgehoben, an seinen Wurzeln abgeschnitten, (unfruchtbar) gemacht wie ein Palmstumpf, zum Nichtsein gebracht und ist nicht länger fähig, künftig in Erscheinung zu treten.
Es ist, ihr Mönche, wie mit Samenkörnern, die unversehrt und unverdorben, durch Wind und Hitze unbeschädigt und keimfähig, sorgfältig auf einem guten Feld ausgesät und in wohlvorbereitete Erde gelegt wurden; wenn nun ein Mann diese verbrennen, sie zu Asche werden ließe und in alle Winde oder in einen rasch fließenden Wasserlauf streuen würde, der sie davontrüge, dann würden diese Samenkörner vollständig zerstört und unfähig sein, je wieder zu sprießen.
Ebenso ist es mit einem Wirken, das in Gierlosigkeit, Haßlosigkeit und Unverblendung betätigt wurde; wenn Gier, Haß und Verblendung vollständig geschwunden sind, dann ist ein solches Wirken dadurch aufgehoben, an seinen Wurzeln abgeschnitten, unfruchtbar gemacht wie ein Palmstumpf, zum Nichtsein gebracht und nicht länger fähig, künftig in Erscheinung zu treten."
Erläuterung. - Gier und Verblendung, einschließlich ihrer schwächsten Formen, sind bei Erlangung der Arahantschaft (Heiligkeit) völlig geschwunden, während Haß (wiederum bis zu seinem schwächsten Grad) schon auf der Stufe des Nichtwiederkehrers (anāgāmi) gänzlich überwunden ist. Der zweite Abschnitt unseres Textes ist daher nur auf ein Wirken anwendbar, das auf diesen Stufen endgültiger Befreiung betätigt wird. Nur dann ist dieses Wirken endgültig 'aufgegeben' und führt nicht mehr zu einer zukünftigen Wiedergeburt. Es geschieht also nur auf der Stufe der Heiligkeit, daß alle drei unheilsamen Wurzeln 'vollständig geschwunden' sind, und zwar als Folge entscheidender Schwächung auf den früheren drei Stufen der Befreiung.
Derselbe Typ von Handlungen eines Arahants, der nicht mehr Wiedergeburt bewirkt, erscheint als der vierte Begriff in einer vierfachen Einteilung des Kamma:
"Dunkles Wirken, das dunkle Ergebnisse bringt; helles Wirken, das helle Ergebnisse bringt; teils helles und teils dunkles Wirken, das teils helle und teils dunkle Ergebnisse bringt; weder helles noch dunkles Wirken, das weder helle noch dunkle Ergebnisse bringt und zur Erschöpfung des Wirkens (kamma-kkhaya) führt."
Als Erklärung des letzten Wirkens-Typs wird gesagt, daß er auf dem "Wollen (cetanā) zum Aufgeben" aller anderen drei Wirkensweisen beruht. Dies bezieht sich auf das Wollen, das in den Bewußtseinszuständen gegenwärtig ist, die zu den vier hohen Pfaden der stufenweisen Befreiung gehören, nämlich der Pfad des Stromeintritts, usw.
Aber auch die Handlungen eines Arahants, die im gewöhnlichen Leben getan werden, führen ihn nicht in karmische Verstrickung oder in künftige Wiedergeburt hinein. Obgleich seine guten Handlungen den sittlichen Taten eines "edlen (aber unbefreiten) Weltlings" (kalyāna-puthujjana) sehr ähnlich sein können, ist doch der Beweggrund der Handlung eines Arahants völlig verschieden davon, da sich in ihm auch nicht die leichteste Spur von Begehren und Unwissenheit findet. In den Handlungen eines Arahants gibt es keinerlei Begehrlichkeit, auch nicht als Wunsch, seine Tugend möge anerkannt und gewürdigt werden. Auch keine Verblendung (Unwissenheit) gibt es dann als stolze Befriedigung über das Errungene oder als illusorische Erwartung von Ergebnissen seiner guten Handlungen; noch ist da irgend eine andere Ichbeziehung bei der Durchführung dieser Handlungen. Die guten Handlungen eines Arahants sind der spontane Ausfluß eines vollkommen geläuterten Herzens, das ohne Zögern auf Situationen, in denen Hilfe nötig und möglich ist, reagiert. Obwohl in den Handlungen des Arahant innere Abgelöstheit und tiefe Abgeklärtheit herrschen anstelle von gefühlsmäßigem Einbezogensein, so entbehren seine Handlungen doch nicht der menschlichen Sympathie und Mitfühlsamkeit.
Da der Geist des Arahant sich nicht mehr an irgendetwas hängt, auch nicht an die Ergebnisse seiner Handlungen, bleibt keine Möglichkeit für irgendeine künftige Wiedergeburt. Der lebenserhaltende Saft, den die Wurzeln weiterleiten, hat zu fließen aufgehört, und die Wurzel-Bedingungen fortgesetzter Existenz sind abgeschnitten. Aber so lange das Ausschwingen vergangener Lebenskräfte anhält, wird der Arahant als Verkörperung von Weisheit und Mitleid weiterleben.