Anguttara Nikaya, 10. Buch
4. Kapitel: 4. Upāli Vagga - (Pali)
A.X.31 Zweck der Ordenssatzung
- 1. Upāli Sutta
Der ehrwürdige Upāli sprach zum Erhabenen: »Aus wie vielen Gründen, o Herr,
hat wohl der Erhabene seinen Jüngern die Übungsregeln (der Ordenszucht)
vorgeschrieben und die Ordenssatzung vorgetragen?«
-»Aus zehn Gründen, Upāli, nämlich:
- um des Wohlergehens und Wohlbefindens der Gemeinde willen;
- zur Erziehung sittenloser Mönche und zur Förderung eines friedlichen
Lebens der guten Mönche;
- zur Abwehr gegenwärtiger übler Einflüsse und zur Verhütung künftiger;
- zur Weckung des Vertrauens in Vertrauenslosen und zur Stärkung des
Vertrauens in Vertrauensvollen;
- zur Stärkung und Fortdauer der Guten Lehre und zum Schutze der
Ordenszucht.«
(Vgl. A.II.201)
A.X.31 Hinderungsgründe für den Vortrag der Ordenssatzung - 2.
Pātimokkhaṭṭhapanā Sutta
(Die Suttenzählung der Konzilsausgabe (ChS), die diesen Text als Nr. 32
zählt, weicht von derjenigen der PTS-Ausgabe und der ersten Auflage dieses
Werkes ab.)
»Wieviele Hinderungsgründe für den Vortrag der Ordenssatzung (am Vollmonds-
und Neumondstage) gibt es, o Ehrwürdiger?«
-»Zehn Hinderungsgründe, Upāli, nämlich:
- Wenn ein Auszustoßender (*1) sich in der Versammlung befindet;
- wenn die Untersuchung wegen eines Auszustoßenden noch schwebt;
- wenn ein Nichtgeweihter (*2) in der Versammlung zugegen ist;
- wenn die Untersuchung wegen eines Nichtgeweihten noch schwebt;
- wenn ein dem Mönchsleben abtrünnig Gewordener (d.h. einer, der bereits
aus dem Bhikkhu-Orden ausgeschieden ist) in der Versammlung anwesend ist;
- wenn die Untersuchung wegen eines dem Mönchsleben abtrünnig Gewordenen
noch schwebt;
- wenn ein Kastrierter (*3) sich in der Versammlung befindet;
- wenn die Untersuchung wegen eines Kastrierten noch schwebt;
- wenn ein Nonnenschänder sich in der Versammlung befindet;
- wenn die Untersuchung wegen eines Nonnenschänders noch schwebt.
Das, Upāli, sind die zehn Hinderungsgründe für den Vortrag der
Ordenssatzung.«
(*1) pārājiko, ein Mönch, der eine der vier mit Ausstoßung verbundenen
Vergehen (pārājikā) begangen hat; diese sind: Menschenmord, Diebstahl,
Begattungsakt, Vorgeben von höheren Fähigkeiten.
(*2) Einer, der nicht die Bhikkhu-Weihe (upasampadā) erhalten hat;
also ein Novize (sāmanera) oder irgendein anderer, dem Orden (sangha)
nicht Angehörender.
(*3) Kastrierte (Eunuchen) dürfen, offenbar wegen ihres Mangels an geistiger
Entwicklung und Charakterfestigkeit, nicht in den Orden aufgenommen werden.
Wurden sie aber dennoch aufgenommen, so müssen sie, sobald man sie als solche
erkannt hat, wieder entlassen werden.
»Wieviele Eigenschaften, o Herr, muß ein Mönch besitzen, um zum Ausweiser
(ausgestoßener Mönche) ernannt zu werden?«
-»Zehn Eigenschaften, Upāli. Welche zehn?
- »Da ist der Mönch sittenrein; er befolgt die Ordenssatzung, ist vollkommen
in Wandel und Umgang, und, vor den kleinsten Vergehen zurückschreckend, schult
er sich in den Übungsregeln, die er auf sich genommen.
- Er ist wissensreich, ein Bewahrer des Wissens, hat sich große Kenntnisse
angesammelt, und jene Lehren, die am Anfang vorzüglich sind, in der Mitte
vorzüglich und am Ende vorzüglich, die in vollendetem Sinn und Ausdruck ein
gänzlich vollkommenes, geläutertes Reinheitsleben verkünden, diese Lehren hat
er sich häufig angehört, sich eingeprägt, im Wortlaut gelernt, im Geiste
erwogen und sie weise verstanden.
- Mit beiden Ordenssatzungen hat er sich in allen Einzelheiten gut vertraut
gemacht, kennt sie gut in ihren Gliederungen, beherrscht sie vollständig und
hat sie gut studiert nach Regeltext und zusätzlichen Erläuterungen. (Siehe
Anm. zu
A.VII.78)
- In der Ordenszucht ist er fest und unerschütterlich.
- Er ist fähig, beide Parteien [in einem Streitfall] zur Fühlungnahme, zur
Verständigung, zur Freundlichkeit, Rücksichtnahme und Versöhnlichkeit zu
veranlassen.
- Er versteht es, einen Streit in seinem Entstehen zu schlichten.
- Er kennt die Streitfälle, kennt die Entstehung von Streitfällen, kennt die
Aufhebung von Streitfällen, kennt den zur Aufhebung von Streitfällen führenden
Weg.
Diese zehn Eigenschaften, Upāli, muß ein Mönch besitzen, um als Ausweiser
(ausgestoßener Mönche) ernannt zu werden.«
(*1) ChS: ubho attapaccatthike saññāpetum paññāpetum nijjhāpetum pekkhetum
pasādetum.
»Wieviele Eigenschaften, o Herr, muß ein Mönch besitzen, um die volle
Mönchsweihe erteilen zu können - (34) um den 'Beistand' (siehe
A.V.251 m. Anm.) (anderer Mönche)
übernehmen zu können, um einen Novizen aufnehmen zu können?«
-»Zehn Eigenschaften, Upāli, muß er besitzen, nämlich:
- »Da ist der Mönch sittenrein..., wissensreich..., hat sich mit beiden
Ordenssatzungen gut vertraut gemacht...
- Er ist fähig, einen Kranken zu pflegen oder ihn pflegen zu lassen.
- Er ist fähig, die Unzufriedenheit [mit dem Mönchsleben bei seinen
Ordensbrüdern] zu vertreiben oder vertreiben zu lassen.
- Er ist fähig, die [in seinen Ordensbrüdern] aufgestiegene Gewissensunruhe
der Lehre gemäß zu verscheuchen.
- Er ist fähig, eine aufgestiegene falsche Ansicht der Lehre gemäß abzutun.
- Er ist fähig, zu hoher Sittlichkeit anzuspornen, zu hoher Geistigkeit, zu
hoher Weisheit.
Diese zehn Eigenschaften, Upāli, muß der Mönch besitzen, um die volle
Mönchsweihe erteilen, den 'Beistand' übernehmen und einen Novizen aufzunehmen.«
»Von Ordensspaltung redet man, o Herr. Inwiefern aber, o Herr, gilt der Orden
als gespalten?«
-»Da geben, o Upāli,
- die Mönche eine falsche Lehre für die rechte aus und die rechte Lehre für
eine falsche;
- sie geben eine falsche Ordenszucht für die rechte aus und die rechte
Ordenszucht für eine falsche;
- sie geben das vom Vollendeten nicht Gesprochene und nicht Gelehrte für
von ihm gesprochen und gelehrt aus, und das von Gesprochene und Gelehrte für
von ihm nicht gesprochen und gelehrt;
- sie geben vom Vollendeten nicht Getane und nicht Angeordnete für von ihm
getan und angeordnet aus und das von ihm Getane und Angeordnete für von ihm
nicht getan und nicht angeordnet.
Durch diese zehn Dinge aber lenken sie ab, leiten irre, verrichten getrennt
die Ordenshandlungen, tragen getrennt die Ordenssatzung vor. Insofern, Upāli,
gilt der Orden als gespalten.«
»Von Ordenseinigkeit redet man, o Herr. Inwiefern aber, o Herr, gilt der
Orden als einig?«
-»Da, Upāli,
- erklären die Mönche eine falsche Lehre für falsch und die rechte Lehre
für recht;
- falsche Ordenszucht für falsch und rechte Ordenszucht für recht;
-
erklären das vom Vollendeten nicht Gesprochene und nicht Gelehrte als von ihm
nicht gesprochen und nicht gelehrt und das von ihm Gesprochene und Gelehrte
für von ihm gesprochen und gelehrt;
- das von ihm nicht Getane und Angeordnete als nicht getan und angeordnet
und das von ihm Getane und Angeordnete als von ihm getan und angeordnet.
Durch diese zehn Dinge aber lenken sie nicht ab, leiten nicht irre,
verrichten nicht getrennt die Ordenshandlungen, tragen nicht getrennt die
Ordenssatzung vor. Insofern, Upāli, gilt der Orden als einig.«
»Von Ordensspaltung spricht man, o Herr. Inwiefern aber, o Herr, gilt der
Orden als gespalten?«
»Da geben, o Ānanda,
- die Mönche eine falsche Lehre für die rechte aus und die rechte Lehre für
eine falsche;
- sie geben eine falsche Ordenszucht für die rechte aus und die rechte
Ordenszucht für eine falsche;
- sie geben das vom Vollendeten nicht Gesprochene und nicht Gelehrte für
von ihm gesprochen und gelehrt aus, und das von Gesprochene und Gelehrte für
von ihm nicht gesprochen und gelehrt;
- sie geben vom Vollendeten nicht Getane und nicht Angeordnete für von ihm
getan und angeordnet aus und das von ihm Getane und Angeordnete für von ihm
nicht getan und nicht angeordnet.
-»Was aber, o Herr, erwirkt sich einer, der den einigen Orden spaltet?«
-»Eine für ein Weltzeitalter andauernde Strafe, Ānanda.«
-»Worin aber, o Herr, besteht die für ein Weltzeitalter andauernde Strafe?«
-»Darin, daß er ein Weltzeitalter in der Hölle leidet.«
- »Ein Ordensspalter für Äonen lang
- gehört der Hölle an, der Abgrundwelt.
- An Zwist erfreut, ergeben falscher Lehre,
- irrt er vom Friedensziele immer weiter ab.
- Wenn er den einigen Orden spaltet,
- trifft ihn äonenlang die Höllenpein.«
»Von Ordenseinigkeit redet man, o Herr. Inwiefern aber, o Herr, gilt der
Orden als einig?«
-»Da erklären, o Ānanda,
- die Mönche eine falsche Lehre für falsch und die rechte Lehre für recht;
- falsche Ordenszucht für falsch und rechte Ordenszucht für recht;
-
erklären das vom Vollendeten nicht Gesprochene und nicht Gelehrte als von ihm
nicht gesprochen und nicht gelehrt und das von ihm Gesprochene und Gelehrte
für von ihm gesprochen und gelehrt;
- das von ihm nicht Getane und Angeordnete als nicht getan und angeordnet
und das von ihm Getane und Angeordnete als von ihm getan und angeordnet.
-»Was aber erwirkt sich einer, der den entzweiten Orden wieder einigt?«
-»Er erwirkt sich göttlichen Lohn.«
-»Worin aber, o Herr, besteht der göttliche Lohn?«
-»Darin, daß er ein Weltzeitalter im Himmel frohlockt.«
- »Ein Segen ist Eintracht im Orden der Jünger,
- ein Glück, die Geeinten in Eintracht zu stützen.
- Voll Freude an Eintracht, im Guten verharrend,
- irrt nimmermehr ab man vom Friedensziel.
- Wer da im Orden Einigkeit bewirkt,
- erfährt äonenlang das Himmelsglück.«
(Die Gliederung und Zählung der Texte in ChS weicht hier ab.)